Spruch:
Ist ein Unterhalt nach § 10a EO. festgelegt, dann richtet sich seine Höhe nach der Höhe der dem Unterhaltspflichtigen geschuldeten, nicht nach den ihm tatsächlich ausgezahlten Bezügen.
Entscheidung vom 28. Mai 1969, 3 Ob 55/69.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Aus den untergerichtlichen Tatsachenfeststellungen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Kläger schloß am 23. Dezember 1966 im Rahmen des beim Erstgericht zu 21 Cg .../66 stattgefundenen Ehescheidungsverfahrens mit der Beklagten, seiner nunmehr von ihm geschiedenen Frau, einen Unterhaltsvergleich. Danach ist der Kläger verpflichtet, als Beitrag zur Alimentation der Beklagten 33% seines Nettoeinkommens aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis sowie 33% seines sonstigen wie immer Namen habenden Nettoeinkommens ab 1. Jänner 1967, die folgenden Unterhaltsleistungen am Ersten jeden Monates im Vorhinein zu bezahlen. Als dann der Kläger von Wien nach Salzburg versetzt wurde, ließ er sich bei der Sparkasse Salzburg zur Überweisung seiner Dienstbezüge, die er bis dahin, nämlich bis Anfang September 1967, über das Girokonto bei einem Wiener Geldinstitut empfangen hatte, ein neues Konto eröffnen. Infolge eines beim Zentralbesoldungsamt unterlaufenen technischen Versehens wurde jedoch der Gehalt des Klägers für Oktober 1967 zunächst auf ein anderes Konto überwiesen. Dies wirkte sich dahin aus, daß die Beklagte, als sie in der ersten Woche im Oktober 1967 bei der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien, wie üblich, den Unterhaltsbeitrag beheben wollte, die Auskunft erhielt, daß das Geld noch nicht eingelangt sei. Am darauf folgenden 14. Oktober trafen Kläger und Beklagte in einem Wiener Geschäftslokal zufällig zusammen. Auf die Frage der letzteren nach dem Verbleib der ihr für den Monat Oktober zustehenden Unterhaltszahlung gab ihr der Kläger zur Antwort, sie werde noch lange nichts bekommen, er selbst habe den Oktobergehalt auch noch nicht erhalten, das hänge mit seiner Versetzung zusammen und könne noch Monate dauern. Zu ihrem Hinweis, sie verfüge über keine Geldrücklage und benötige die Zahlung dingend, bemerkte der Kläger, da könne man nichts machen. Um möglichst bald zu dem ausständigen Unterhaltbeitrag zu kommen, betrieb die Beklagte zwei Tage später, am 16. Oktober, beim Zentralbesoldungsamt die Gehaltsüberweisung an den Kläger. Dort wurde festgestellt, daß die Überweisung schon am 5. Oktober an die Salzburger Sparkasse vorgenommen worden war, allerdings mit fehlerhafter Angabe der Kontonummer. Am 18. Oktober erhielt dann die Beklagte von der Salzburger Sparkasse die lang erwartete Gutschrift über 2133.91 S. Bereits tags zuvor, am 17. Oktober 1967. hatte aber die Beklagte gegen den Kläger Gehaltsexekution beim Erstgericht beantragt, das die Exekution am 8. November 1967 bewilligte. Der dagegen erhobene Rekurs des Klägers blieb ohne Erfolg.
Mit der vorliegenden Klage auf Unzulässigerklärung der in Frage stehenden Exekution wird gegen diese eingewendet, der Kläger sei weder bei der Einbringung des Exekutionsantrages noch im Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung gegenüber der Beklagten im Zahlungsverzug gewesen, seien ihm doch infolge des Versehens des Zentralbesoldungsamtes selbst erst am 19. Oktober 1967 seine Oktoberbezüge auf dem Salzburger Konto gutgeschrieben worden; nach dem richtig verstandenen Inhalt des Vergleiches sei er aber nur verpflichtet, von den ihm bereits zugekommenen Einkommensbeträgen 33% an die Beklagte zu zahlen.
Die Beklagte machte demgegenüber geltend, ein allfälliger Überweisungsfehler könne ihren Anspruch auf rechtzeitige Unterhaltszahlung nicht berühren. Die Exekutionsführung sei berechtigt, da der Kläger mit der ihr erst am 21. Oktober 1967 zugekommenen Unterhaltszahlung in Verzug geraten sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren in der rechtlichen Erwägung ab, daß bei Einbringung des Exekutionsantrages Zahlungsverzug des Klägers bestanden habe, somit der Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht im Sinne des § 35 EO. erloschen gewesen sei.
Die zweite Instanz gab der Berufung des Klägers mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt, keine Folge.
Der Kläger ficht das Berufungsurteil an und beantragt, es im Sinne der Klage abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die angebliche Aktenwidrigkeit sei dem Revisionswerber zufolge darin zu erblicken, daß es in den berufungsgerichtlichen Ausführungen gelegentlich heißt, er habe sich zur Zahlung eines Unterhaltsbeitrages "in der Höhe" von 33% seines Nettoeinkommens verpflichtet, wogegen die diesbezügliche Formulierung im Vergleich "33% meines Nettoeinkommens" lautet. Diese Abweichung kann indes schon deshalb nicht als Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit angesehen werden, weil zwischen den beiden Ausdrucksweisen im vorliegenden Fall sachlich kein Unterschied besteht. Wie dem Berufungsgericht beizupflichten ist, kann nämlich - und dies leitet bereits zur Frage der rechtlichen Beurteilung der Sache über - keine Rede davon sein, daß der Beklagten der 33%ige Unterhaltsbeitrag lediglich nach Maßgabe des an den Kläger tatsächlich zur Auszahlung gelangten Nettoeinkommens gebühren und mithin auch nicht vor dieser Auszahlung fällig werden würde. Einer solchen Annahme steht nicht nur entgegen, daß im Vergleich die Fälligkeit eindeutig mit den Worten "am Ersten eines jeden Monates im vorhinein" umschrieben ist, sondern auch die Tatsache, daß der Vergleich einen Bruchteilstitel nach § 10a EO. bildet, zumindest soweit er auf das Nettoeinkommen "aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis" abstellt; ob auch, soweit es sich um ein allfälliges "wie immer Namen habendes Nettoeinkommen" handelt, was davon abhängen wird, ob es aus unselbständiger Tätigkeit herrührt und sich im voraus berechnen läßt, spielt hier keine Rolle und braucht daher nicht weiter erörtert zu werden. Ist aber ein Unterhalt nach § 10a EO. festgelegt, dann richtet sich seine Höhe nach der Höhe des dem Unterhaltspflichtigen geschuldeten, nicht nach den ihm tatsächlich ausgezahlten Bezügen, seine Fälligkeit aber nach dem im Exekutionstitel bezeichneten Termin. Ein sich mit diesem nicht deckender Termin der Gehalts- oder Lohnauszahlung hat nicht für die Fälligkeit, sondern nur für die Höhe des Unterhalts Bedeutung, und zwar insofern, als der betreffende Bruchteil der zum Auszahlungstermin geschuldeten - und nicht der zu diesem Termin tatsächlich ausgezahlten Bezüge - zu leisten ist (vgl. Neumann - Lichtblau[4] S. 264 Abs. 1 und die dort unter Fußnote 32 zitierte Rechtsprechung). Damit erweist sich auch die Rechtsrüge des Klägers als verfehlt, deren Ausführungen samt und sonders von der abzulehnenden Auffassung ausgehen, daß der Unterhalt der Beklagten nicht vor der Bezugsauszahlung an den Kläger fällig werden könne und der in den Vergleich aufgenommene Termin dahin zu verstehen sei, daß der Unterhalt unabhängig von der Auszahlung der jeweiligen Bezüge spätestens am Ersten des ihr folgenden Monates fällig werde. Daß sich dies jedoch mit dem Vergleich nicht in Einklang bringen läßt, wonach der Unterhalt am Ersten eines jeden Monates im vorhinein geschuldet wird, ist offenkundig.
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