OGH 3Ob41/69

OGH3Ob41/6914.5.1969

SZ 42/76

Normen

Deutsche Zivilprozeßordnung §§592 ff
Deutsch-Österreichischer Vollstreckungsvertrag, BGBl. Nr. 105/1960 Art1 ff
EO §35
ZPO §233
Deutsche Zivilprozeßordnung §§592 ff
Deutsch-Österreichischer Vollstreckungsvertrag, BGBl. Nr. 105/1960 Art1 ff
EO §35
ZPO §233

 

Spruch:

Das in Deutschland anhängige Nachverfahren begrundet Streitanhängigkeit in bezug auf eine Oppositionsklage in Österreich gegen eine Exekution auf Grund eines im Urkundenverfahren ergangenen vorläufig vollstreckbaren Urteils.

Entscheidung vom 14. Mai 1969, 3 Ob 41/69.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Kläger wurde nach einem sogenannten Urkundenverfahren im Sinne der §§ 592 f. DZPO. vom Landgericht St. am 31. August 1967 verurteilt, der beklagten Partei 20.200 DM und die Prozeßkosten zu bezahlen. Dieses Urteil wurde als vorläufig vollstreckbar erklärt und dem Kläger vorbehalten, seine Rechte im Nachverfahren geltend zu machen.

Auf Grund dieses Urteils wurde der beklagten Partei vom Erstgericht am 1. Juli 1968 die Fahrnisexekution bewilligt. Mit der vorliegenden Oppositionsklage begehrt der Kläger, den Anspruch der beklagten Partei für erloschen zu erklären. Er wendet im wesentlichen ein, der Beklagte stehe er ihr mit dem genannten Urteil zuerkannte Betrag nicht zu, denn es sei, nachdem die Beklagte einen mit dem Kläger abgeschlossenen Vertrag über ein Grundstück in M. nicht eingehalten habe, einvernehmlich zu einer Vertragsauflösung gekommen. Die Beklagte habe daher keinen Anspruch auf die Vertragsstrafe, die ihr mit dem genannten Urteil zuerkannt worden sei. Diese Umstände habe der Kläger im Urkundenprozeß vor dem Landgericht St. nicht vorbringen können. Der Rechtfertigungsprozeß sei noch anhängig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, der Kläger bringe Tatsachen vor, die ihm schon vor Entstehung des Exekutionstitels bekannt gewesen seien. Darauf könne er eine Klage nach § 35 EO. nicht stützen.

Anläßlich der Berufung des Klägers hob das Berufungsgericht das Urteil und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es führte aus, es liege Streitanhängigkeit vor, denn in dem beim Landgericht St. anhängigen Nachverfahren würden die vom nunmehrigen Kläger erhobenen Einwendungen geprüft und im Fall seines Obsiegens das frühere Urteil und die Kostenentscheidung aufgehoben werden. Es liege Identität des Anspruches vor, denn in beiden Verfahren begehre der Kläger die Entscheidung, daß der Anspruch der Beklagten nicht zu Recht bestehe.

Der Oberste Gerichtshof gab den von dem Kläger erhobenen Rekurs nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Kläger vertritt in seinem Rekurs die Meinung, die Klage nach § 35 EO. sei nur auf die Unzulässigerklärung der laufenden Exekution gerichtet, in dem beim Landgericht St. anhängigen Verfahren gehe es dagegen um die endgültige Sachentscheidung über das Leistungsbegehren, es liege daher nicht Gleichartigkeit der Begehren vor. Dieser Ansicht kann nicht beigestimmt werden. Nach herrschender Rechtsprechung richtet sich die Oppositionsklage nicht nur gegen die Exekution, die Anlaß zur Klage gegeben hat, sondern gegen den Bestand des Anspruches. Ihr Begehren lautet, der Anspruch, zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt wurde, ist erloschen (oder gehemmt). Der Kläger hat sein Klagebegehren auch richtig in diesem Sinne gefaßt. Die Klage nach § 35 EO. greift also den Anspruch selbst an, daher wirkt das Urteil nicht nur für die Exekution, die Grund zur Einbringung der Klage war, sondern auf jede Zwangsvollstreckung zur Durchsetzung desselben Anspruches. Es bewirkt eine Änderung des im Exekutionstitel verankerten materiellen Rechtes. Die Einstellung der Exekution, die Anlaß zur Oppositionsklage gegeben hat, ist nur die Folge des dem Klagebegehren stattgebenden Urteils, nicht aber der alleinige Zweck der Klage. Die Einstellung hat von Amts wegen zu erfolgen, die Klage braucht einen solchen Antrag nicht einmal enthalten (vgl. SZ. XIX 316, SZ. XI 173, JBl. 1951 S. 115, EvBl. 1969 Nr. 327 u. a.). Dasselbe Ziel verfolgte aber auch das beim Landgericht St. anhängige Nachverfahren. In diesem Verfahren hat der Kläger, der dort Beklagter ist, dieselben Einwendungen vorgebracht, wie in der vorliegenden Klage. Wenn er damit durchdringt, wird das frühere Urteil aufgehoben und der Anspruch der dortigen Klägerin abgewiesen. Damit wird dieses Urteil als Exekutionstitel beseitigt. Mit beiden Klagen wird daher dasselbe Ziel erreicht, weshalb sie gegeneinander Streitanhängigkeit begrunden.

Mit Recht hat das Berufungsgericht die Streitanhängigkeit auch bejaht, obwohl das Nachverfahren bei einem deutschen Gericht anhängig ist, denn auf Grund des deutsch-österreichischen Vollstreckungsvertrages, BGBl. Nr. 105/1960, können die Entscheidungen deutscher Gerichte in Österreich vollstreckt werden. Die Bestimmung über die Streitanhängigkeit will aber verhindern, daß in derselben Sache zwei verschiedene, allenfalls sogar widersprechende Entscheidungen gefällt werden. Es ist daher auch den bereits vom Berufungsgericht zitierten Ausführungen im Kommentar Neumann - Lichtblau[4] S. 412 beizustimmen, wonach dann, wenn auf Grund eines ausländischen Titels Exekution geführt wird und in diesem Land eine Klage oder ein sonstiges Verfahren anhängig ist, womit dem Titel die Vollstreckbarkeit genommen werden soll, sei es, daß der Anspruch für erloschen erklärt wird, sei es, daß nur dem Titel die Vollstreckbarkeit entzogen werden soll, im Inland eine neue Klage darüber nicht eingebracht werden kann.

Das Berufungsgericht hat daher mit Recht Streitanhängigkeit angenommen und die Klage zurückgewiesen.

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