Spruch:
Dem Vermieter steht nicht das Recht zu, dem Mieter zu untersagen, aus der Hauswasserleitung das Wasser auf eigene Kosten in seine Wohnung zu leiten und dort ein Wasserklosett zu errichten.
Entscheidung vom 13. Mai 1969, 8 Ob 89/69.
I. Instanz: Bezirksgericht Mauthausen; II. Instanz: Landesgericht Linz.
Text
Die Kläger sind Mieter einer Wohnung im Hause der Beklagten in Sch. In der Wohnung ist weder das Wasser eingeleitet noch ein Wasserklosett vorhanden. Das Wasser muß aus einem Ziehbrunnen im Hofe entnommen werden. Als Abort steht ein Fallklosett ohne Wasserspülung zur Verfügung. Nunmehr hat die Beklagte aus eigenem Entschluß eine Zuleitung des Wassers von der öffentlichen Wasserleitung der Gemeinde Sch. zum Hause herstellen lassen. Sie hat aus diesem Anlaß an die Gemeinde Sch. eine Akontozahlung von 5000 S geleistet. Die endgültige Abrechnung steht noch aus. Das Anschlußstück von der Abzweigungsstelle bis zum Wasserzähler kostete die Beklagte weitere 550 S. Die Beklagte wäre bereit gewesen, das Wasser auch in die Mietwohnung der Kläger einleiten und dort ein Wasserklosett errichten zu lassen, wenn sich die Kläger mit einer Erhöhung des Mietzinses von monatlich 100 S auf monatlich 300 S einverstanden erklärt hätten. Da die Kläger eine Erhöhung des Mietzinses in diesem Ausmaß ablehnten, stimmte die Beklagte nicht zu, daß die Kläger auf eigene Kosten das Wasser in ihre Wohnung leiten und dort ein Wasserklosett errichten lassen. Die Kläger begehren die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung der Zustimmung zu diesen Installationen. Die Beklagte beantragte, für den Fall, daß dem Klagebegehren stattgegeben werden sollte, den Urteilsspruch dahin einzuschränken, daß die Zustimmung zu den beabsichtigten Installationen nur Zug um Zug gegen Zahlung des Betrages von 2775 S, zuzüglich eines allfälligen weiteren an die Gemeinde Sch. für den Wasseranschluß zu leistenden Betrages, und von 50% des jeweiligen Wasserzinses zu erteilen sei. Darüber hinaus stellte die Beklagte den Zwischenantrag auf Feststellung, daß die Kläger zur ungeteilten Hand die Hälfte der Wasseranschlußkosten und die Hälfte des Wasserzinses an die Beklagte zu bezahlen haben.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren ohne Einschränkung statt. Den Zwischenantrag der Beklagten auf Feststellung wies es zurück. Es war der Ansicht, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihre Zustimmung zu den von den Klägern beabsichtigten Installationen zu erteilen. Es handle sich dabei um Vorkehrungen, die einer baubehördlichen Bewilligung nicht bedürften, der Übung des Verkehrs entsprächen und wichtigen Interessen der Kläger dienten. Eine Einschränkung des Urteilsspruches durch Aufnahme einer Zug-um-Zugverpflichtung der Kläger komme nicht in Betracht, weil der Beklagte vor Ausführung der von den Klägern beabsichtigten Installationen ein Anspruch auf die geltend gemachten Gegenleistungen nicht zustehe. Hinsichtlich des von der Beklagten gestellten Zwischenantrages auf Feststellung war das Erstgericht der Ansicht, daß es an den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung im Sinne des Antrages der Beklagten fehle.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige. Ob - wie das Erstgericht angenommen habe - die Wohnung den Bestimmungen des Mietengesetzes unterliege sowie ob die beabsichtigten Installationen einer baubehördlichen Bewilligung bedürften, sei nicht entscheidend. Die Beklagte müsse schon auf Grund des § 1098 ABGB. die Installationen dulden, weil die damit verbundenen baulichen Änderungen nicht erheblich seien und im übrigen sogar eine Erhöhung des Wertes des Bestandgegenstandes zur Folge hätten. Sache der Kläger werde es sein, eine allenfalls erforderliche bau- und wasserrechtsbehördliche Genehmigung zu erwirken.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Meinung der Beklagten, sie könne keinesfalls gegen ihren Willen dazu verhalten werden, den von den Klägern beabsichtigten baulichen Veränderungen zuzustimmen, ist unzutreffend. Die Rechtsprechung war wohl früher geneigt, den Befugnissen des Bestandnehmers enge Grenzen zu ziehen. In SZ. X 8 wurde auch das Recht, Wasser aus einer Wasserleitung in die Mietwohnung einzuleiten, abgelehnt. Später, insbesondere unter dem Einfluß des § 18 MietG., der, über den Bereich der unter das Mietengesetz fallenden Wohnungen hinaus, der allgemeinen Interessenlage bei der Wohnungsmiete Rechnung trägt (vgl. Klang. Komm.[2] V 56, zu § 1098 ABGB., bei Anm. 49) wurden jedoch in der Rechtsprechung dem Mieter weitgehende Befugnisse eingeräumt. Es wurde, wie schon die Vorinstanzen hervorgehoben haben, aus dem dem Mieter gemäß § 1098 ABGB. zustehenden Recht des Gebrauches der Bestandsache abgeleitet, daß der Mieter, vorbehaltlich der Wiederherstellungspflicht nach Beendigung der Miete gemäß § 1109 ABGB., auch bauliche Änderungen des Bestandgegenstandes vornehmen kann, wenn diese durch die vertragsmäßige Benützung der Bestandsache erforderlich werden, die Substanz des Hauses nicht verletzt wird, die Änderungen nicht erheblich und leicht wieder zu beseitigen sind und wichtige Interessen des Vermieters oder der Mitbewohner nicht beeinträchtigt werden (vgl. JBl. 1955 S. 69 u. a.). Liegen diese Voraussetzungen vor, dann muß der Vermieter die bauliche Änderung selbst dann dulden, wenn sie einer baubehördlichen Bewilligung bedarf (vgl. MietSlg. 15.221 = EvBl. 1964 Nr. 140, JBl. 1969 S. 92 u. a.). Werden diese in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, dann kann an der Berechtigung der Kläger, das Wasser in ihre Wohnung leiten und dort ein Wasserklosett errichten zu lassen, nicht gezweifelt werden. Denn es ist nicht ersichtlich, inwiefern dadurch die Bestandsache leiden oder in schutzwürdigen Interessen des Vermieters oder eines anderen Hausbewohners eingegriffen werden sollte. Die Beklagte hat auch in dieser Richtung nichts vorgebracht. Es ergibt sich vielmehr aus ihrem Vorbringen, sie wäre bereit gewesen, das Wasser auf ihre eigenen Kosten in die Wohnung der Kläger leiten und dort ein Wasserklosett errichten zu lassen, wenn die Kläger der von ihr geforderten Mietzinserhöhung zugestimmt hätten, daß sie selber Schäden am Haus oder sonstige ernst zu nehmende Nachteile nicht in Betracht zieht. Die Modernisierung und Assanierung der Wohnungen durch Einleitung des Wassers und Errichtung von Wasserklosetts ist ein unaufhaltsamer Vorgang, dem sich der Vermieter nicht allein unter Berufung auf sein Eigentumsrecht widersetzen kann.
Ob das Mietobjekt dem Mietengesetz unterliegt sowie ob die von den Klägern beabsichtigten baulichen Maßnahmen, insbesondere die mit der Errichtung des Wasserklosetts verbundene Fäkalienabfuhr, nach der für das gegenständliche Gebiet geltenden Bauordnung einer baubehördlichen Genehmigung bedürfen, ist unter diesen Umständen nicht entscheidend. Die Beklagte hat durch Erteilung der Zustimmung zu den von den Klägern beabsichtigten Installationen das ihrige dazu beizutragen, daß die Kläger, falls eine baubehördliche Genehmigung erforderlich sein sollte, mit ihrem Ansuchen bei der Baubehörde nicht an der mangelnden Zustimmung des Hauseigentümers scheitern.
Die Folgerungen, die die Beklagte daraus ableiten zu können glaubt, daß sie freiwillig und auf eigene Kosten das Wasser vom öffentlichen Wassernetz der Gemeinde zu ihrem Hause leiten ließ, sind nicht begrundet. Ohne Rücksicht darauf, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, das Haus an das öffentliche Wassernetz anschließen zu lassen, kann sie nicht nun, wo die Wasserzuleitung zum Hause vorhanden ist, den Klägern verwehren, auf eigene Kosten das Wasser in ihre Wohnung leiten zu lassen. Der Beklagten steht auch nicht das Recht zu, sich die Zustimmung zu diesen Installationen durch die von ihr geforderte Erhöhung des Mietzinses abgelten zu lassen. Über die Frage, ob und inwieweit die Beklagte die Kosten der Zuleitung des Wassers vom öffentlichen Wassernetz in das Haus sowie den für den Bezug des Wassers zu entrichtenden Wasserzins auf die Kläger überwälzen kann, ist damit nicht abgesprochen. Im übrigen haben die Kläger ohnehin bei der mündlichen Streitverhandlung vom 18. Juni 1968 eine Erklärung abgegeben, aus der sich ergibt, daß sie sich verpflichtet fühlen, nach Einleitung des Wassers und Errichtung des WC die Hälfte der Kosten des Wasseranschlusses und des Wasserzinses zu bezahlen.
Ist aber die Verpflichtung der Beklagten, den von den Klägern beabsichtigten Installationen zuzustimmen, von einer Verpflichtung der Kläger, zu den Kosten der Einleitung des Wassers beizutragen und den auf ihren Wasserverbrauch fallenden Wasserzins zu bezahlen, unabhängig, stehen also die beiderseitigen Verpflichtungen nicht im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, dann kommt schon aus diesem Grund die von der Beklagten begehrte Einschränkung des Urteilspruches dahin, daß die Zustimmung zu den Installationen nur Zug um Zug gegen die von der Beklagten geltend gemachten Leistungen der Kläger zu erteilen sei, nicht in Betracht. Das diesbezügliche Begehren der Beklagten wurde mit Recht abgewiesen. Eines Eingehens auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob und inwieweit die Beklagte die Kosten der Wassereinleitung aus einer allfälligen Mietzinsreserve zu decken habe, bedurfte es bei dieser Sachlage im vorliegenden Prozeß nicht.
Auf die Ausführungen in der Revision, der Zwischenantrag auf Feststellung hätte nicht zurückgewiesen werden dürfen, kann schon im Hinblick darauf nicht eingegangen werden, daß der Zurückweisungsbeschluß der ersten Instanz vom Berufungsgericht bestätigt wurde, daß also insoweit eine nach § 528 (1) ZPO. unanfechtbare Entscheidung der zweiten Instanz vorliegt.
Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.
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