OGH 6Ob104/69

OGH6Ob104/6930.4.1969

SZ 42/70

Normen

Todeserklärungsgesetz §14
Todeserklärungsgesetz §14

 

Spruch:

Der für einen Abwesenden bestellte Kurator ist nicht befugt, den Antrag zu stellen, den von ihm Vertretenen für tot zu erklären.

Entscheidung vom 30. April 1969, 6 Ob 104/69.

I. Instanz: Landesgericht Eisenstadt; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Für Arnold G., Architekten, zuletzt in L., Ungarn, der seit dem Jahre 1944 unbekannten Aufenthaltes ist, wird beim Bezirksgericht Eisenstadt eine Abwesenheitspflegschaft geführt. Mit Beschluß vom 1. Dezember 1966 wurde Johann G. zum Abwesenheitskurator bestellt. Der Abwesenheitskurator beantragte die Todeserklärung seines Kuranden. Er brachte vor, der Abwesende sei Eigentümer verschiedener Liegenschaften in T., die seit 1938 verpachtet seien. Der Pachtzins werde an den Kurator bezahlt und von diesem auf ein Sparbuch eingelegt.

Das Erstgericht leitete nach Vernehmung von Auskunftspersonen, welche über die Person des Abwesenden keine konkreten Angaben machen konnten, mit Beschluß vom 7. März 1969 das Verfahren auf Todeserklärung des Arnold G. ein und erließ das Edikt.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs der Staatsanwaltschaft Eisenstadt Folge und wies den Antrag des Abwesenheitskurators mit der Begründung ab, der Abwesenheitskurator könne die Todeserklärung des Abwesenden nicht beantragen, weil dies den Interessen des Kuranden widerstreite.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Abwesenheitskurators nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Rechtsmittel ist zwar nach § 9 AußStrG. zulässig, weil dem Abwesenheitskurator durch die Beschlußfassung des Rekursgerichtes ein vor dem Erstgericht erzielter Erfolg entzogen wurde. Der Revisionsrekurs ist aber unbegrundet.

Legitimiert zum Antrag auf Todeserklärung ist nur derjenige, auf dessen Rechte und Pflichten der Tod des Verschollenen Einfluß ausübt, der also ein rechtliches Interesse an der Todeserklärung besitzt (SZ. XXVI 196, 7 Ob 252/57). Der im Revisionsrekurs ins Treffen geführte Umstand, daß im Falle eines Unterbleibens der Todeserklärung der Antragsteller - mit Rücksicht auf den Standpunkt der Staatsanwaltschaft - "noch viele Jahre die Kuratel für ein Phantom führen müsse", vermag das erforderliche rechtliche Interesse nicht zu begrunden. Denn damit soll die Todeserklärung lediglich zu dem Zwecke erfolgen, dem Abwesenheitskurator die Grundlagen für seine Enthebung als Abwesenheitskurator, bzw. einen Anspruch auf Beendigung der Kuratel zu schaffen, was ein rechtliches Interesse an dem Antrag auf Todeserklärung nicht rechtfertigt. Der Antragsteller ist als Kurator nach § 276 ABGB. verpflichtet, die Interessen seines abwesenden Kuranden zu wahren, einer Person also, von der vorausgesetzt wird, daß sie am Leben ist. Diese Interessen stehen im Vordergrund und werden, wie das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, durch die beantragte Einleitung des Verfahrens auf Todeserklärung einschneidend beeinträchtigt. Eine dem § 16 (2) lit. b bzw. (3), des in der Bundesrepublik Deutschland in Geltung stehenden Verschollenheitsgesetzes, analoge Bestimmung, wonach der gesetzliche Vertreter des Verschollenen - worunter nach der Rechtsprechung (BGH. 18, 393, vgl. auch Palandt, Komm. zum BGB. Ausf. zu § 1911 Anm. 3) auch ein Abwesenheitskurator zu verstehen ist - ausdrücklich berechtigt wird, mit vormundschaftsbehördlicher Genehmigung die Todeserklärung des Verschollenen zu beantragen, ist dem österreichischen Recht fremd.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte