OGH 5Ob81/69

OGH5Ob81/6930.4.1969

SZ 42/67

Normen

Notariatszwangsgesetz §1
Notariatszwangsgesetz §1

 

Spruch:

Die ohne Errichtung eines Notariatsaktes getroffene ehegüterrechtliche Vereinbarung tritt durch Eintragung der vereinbarten Vermögensverschiebung in die Geschäftsbücher nach außen in Erscheinung und wird hiedurch erfüllt.

Entscheidung vom 30. April 1969, 5 Ob 81/69.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Mit der am 10. Oktober 1967 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin Zahlung eines Betrages von 590.100 S s. A. mit der Begründung, sie habe auf Grund einer mit ihrem ehemaligen Ehemann Franz W. getroffenen Vereinbarung die ihr seinerzeit bestellte Morgengabe im Betrag von einer Million Schilling in dessen Unternehmen, der nunmehrigen beklagten Partei, als Betriebseinlage eingebracht. Zufolge einer weiteren Vereinbarung sei sie berechtigt gewesen, diese Betriebseinlage in zwei gleichen Teilbeträgen aufzukundigen, was sie zum 30. Juni 1966 und zum 30. Juni 1967 getan habe. Während der erste Teilbetrag von 500.000 S termingemäß bezahlt worden sei, verweigere nun die Beklagte die Herausgabe des Restbetrages samt den vereinbarten Wertsicherungsbeträgen und Zinsen.

Die Beklagte beantragt, das Begehren abzuweisen, und wendet ein, ein klagbarer Anspruch liege mangels Errichtung eines Notariatsaktes nicht vor; eine Übergabe des versprochenen Betrages sei nicht erfolgt. Außerdem werde bewußte Irreführung des Franz W. geltend gemacht, da dieser vor der Ausfolgung der Verpflichtungserklärung über seinen Gesundheitszustand getäuscht worden sei. Falls eine Schenkung anzunehmen sei, berufe er sich auch auf groben Undank der Klägerin aus dem gleichen Gründe und weil sie die von der Beklagten erbetene Zustimmung, den restlichen Teil der Schuld in Raten zu bezahlen, verweigert habe.

Das Erstgericht gab dem Begehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es ging gleich dem Erstgericht von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Franz W. habe mit der Klägerin am 24. Dezember 1964 vor dem Standesamt B. die Ehe geschlossen. Beide hatten schon vor der Ehe einige Tage in G. verbracht. Während dieser Zeit habe sich Franz W., der schon seit 1963 an Bronchialasthma gelitten habe, eine leichte Erkältung zugezogen, die in Verbindung mit Alkohol- und Nikotingenuß am 24. Dezember 1964 zu einer Unpäßlichkeit geführt habe. Beide Ehegatten haben deswegen am Abend dieses Tages einen in ihrer Gesellschaft befindlichen Arzt um ärztliche Betreuung ersucht, die eine rasche Besserung im Befinden W.s gebracht habe, sodaß er am 25. Dezember 1964 wieder skilaufen habe können.

Am Vormittag dieses Tages habe Franz W., der damals noch Alleininhaber der beklagten Firma gewesen sei, der Klägerin ein als "Morgengabe" bezeichnetes und von ihm unterfertigtes Schriftstück übergeben, worin er erklärte, ihr als Morgengabe im Sinn des § 1232 ABGB. einen Barbetrag von einer Million Schilling zu geben, den sie als Betriebseinlage in die Firma einbringe. Diese Einlage sollte für die Dauer der Ehe zinsenlos sein. Für den Fall der Ehetrennung sollte die Einlage aber ab diesem Zeitpunkt mit 6% verzinst werden. Für den Fall des Todes des Franz W. oder der rechtskraftigen Trennung der Ehe sollte die Klägerin zur Kündigung der Einlage in der Weise berechtigt sein, daß im ersten und zweiten Jahr nach der Kündigung je 500.000 S zurückzuzahlen seien. Dieses Schriftstück sei bereits Anfang Dezember 1964 auf Ersuchen des Franz W. von einem Gerichtsbeamten konzipiert und im Betrieb des Franz W. reingeschrieben worden. Er habe das Schriftstück der Klägerin aus freien Stücken und ohne jede Beeinflussung übergeben.

Mit 1. Februar 1965 sei das Unternehmen des Franz W. in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt worden. Er sei der einzige Komplementär gewesen. Er habe mit der steuertechnischen und buchhalterischen Erledigung der "Morgengabe" seinen Steuerberater beauftragt. Der Betrag von einer Million Schilling sei der Klägerin zwar nicht bar ausbezahlt, jedoch in Form einer Betriebseinlage bei der Beklagten übergeben worden.

Schon etwa im Jänner 1965 habe Franz W. der Klägerin erklärt, er könne mit ihr nicht mehr leben und halte eine Scheidung für günstig. Die an dieser Sinnesänderung ihres Gatten schuldlose Klägerin habe schließlich auf dessen Drängen nachgegeben und in eine Scheidung eingewilligt. Die Ehe sei mit Urteil des Landesgerichtes S. vom 22. Februar 1965 aus dem Verschulden des Ehemannes rechtskräftig geschieden worden. Schon während der Scheidungsvorverhandlungen wie bei der Scheidungsverhandlung selbst habe Franz W. ausdrücklich den Anspruch der Klägerin aus der "Morgengabe" anerkannt und erklärt, daß dieser voll befriedigt werde. Eine Protokollierung dieser Verpflichtung im Scheidungsvergleich sei von beiden Teilen nur aus gebührentechnischen Gründen abgelehnt worden.

Mit Schreiben vom 10. Mai 1965 habe nun die Klägerin durch ihren Vertreter der Beklagten gegenüber die Betriebseinlage im Sinn der getroffenen Vereinbarung zum 1. Juli 1966 und zum 1. Juli 1967 aufgekundigt. In diesem Schreiben habe sie auch an die vereinbarte Wertsicherung und die Zinsenzahlung erinnert. Mit Schreiben vom 13. Mai 1965 habe die Beklagte den Eingang der Kündigung und deren einverständliche Kenntnisnahme bestätigt. Am gleichen Tage habe auch Franz W. persönlich der Klägerin geschrieben und ihr mitgeteilt, er empfinde eine innere Befriedigung seines Gewissens darüber, daß sie hiedurch in ihrem Dasein gesichert sei und nicht mehr arbeiten müsse. Mit Schreiben vom 29. Juni 1966 habe die Beklagte dem Vertreter der Klägerin unter Bezugnahme auf ihr Kündigungsschreiben mitgeteilt, daß am gleichen Tage auf das Konto der Klägerin ein Betrag von 500.000 S als Teilrückzahlung aus der aufgekundigten Betriebseinlage angewiesen werde. Die Beklagte habe auch ab der Scheidung die laut Vereinbarung fälligen Zinsen bis einschließlich November 1967 bezahlt. Am 8. August 1967 habe der Vertreter der Klägerin die Rückzahlung der zweiten Rate samt den fälligen Zinsen und den entsprechenden Wertsicherungsbeträgen eingemahnt, worauf die Beklagte in einem Schreiben vom 16. August 1967 darauf hingewiesen habe, daß sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht termingerecht zahlen könne, und vorgeschlagen habe, die ausständige Schuld in fünf Vierteljahresraten ab 15. Jänner 1968 zu tilgen, worauf die Klägerin die Klage eingebracht habe.

Diesen festgestellten Sachverhalt beurteilte das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht dahin, daß die am 25. Dezember 1964 getroffene Vereinbarung als Ehepakt gemäß § 1 (1) lit. a des Notariatszwangsgesetzes zu seiner Gültigkeit zwar der Aufnahme eines Notariatsaktes bedurft hätte, daß die Vereinbarung jedoch im vorliegenden Fall dennoch Gültigkeit erlangt habe, weil sie erfüllt worden sei. Die vollständige Erfüllung einer Vereinbarung heile eben den Formmangel auch im Fall des geforderten Notariatsaktes. Die Vereinbarung sei dadurch erfüllt worden, daß der Betrag in Form einer Betriebseinlage bei der Beklagten übergeben worden sei. Die zwischen der Klägerin und Franz W. vereinbarte ehegüterrechtliche Regelung sei in den Geschäftsbüchern der Beklagten auf Auftrag des Franz W. durchgeführt worden. Die Klägerin habe zwar selbst keine Zahlung erhalten und auch keine geleistet, doch habe die Vereinbarung auch in der Weise realisiert werden können, daß der vereinbarten Vermögensverschiebung entsprechende Buchungen in den Geschäftsbüchern der Beklagten durchgeführt worden seien. Die vom Erstgericht hierüber getroffenen tatsächlichen Schlußfolgerungen seien unbedenklich. Dafür spreche auch die Tatsache, daß der Klägerin vom Finanzamt auf Grund der von der Beklagten erstatteten Anzeige der Vereinbarung eine Schenkungssteuer vorgeschrieben worden sei. Die Durchführung der getroffenen Vereinbarung in den Geschäftsbüchern der Beklagten sei als hinreichender Übergabsakt anzusehen, weil hiedurch die beabsichtigte Vermögensverschiebung effektuiert und diese nach außen hin in Erscheinung getreten sei. Somit sei der an und für sich formbedürftige Ehepakt trotz des Formmangels wirksam geworden. Der Anspruch der Klägerin sei aber auch auf Grund der mehrfachen Anerkenntniserklärungen gegeben. Ein solches Anerkenntnis könne nur dann wegen Irrtums angefochten werden, wenn der Gegner den Irrtum listig hervorgerufen habe. Eine derartige Behauptung sei von der Beklagten aber nicht aufgestellt worden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Aktenwidrig ist zunächst die Revisionsbehauptung, das Berufungsgericht habe ausgesprochen, von einem konstitutiven Anerkenntnis könne keine Rede sein. Die Beklagte mißversteht die Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach ein wirksames konstitutives Anerkenntnis dann nicht vorliegen könnte, wenn die Bestellung der Morgengabe selbst wegen Formmangels unwirksam geblieben wäre. Es kommt aber in der Folge seiner weiteren Darlegungen zu der rechtlichen Schlußfolgerung, daß dieses Rechtsgeschäft Wirksamkeit erlangte, weil es erfüllt worden sei, und daß aus diesem Grund auch das spätere Anerkenntnis als rechtlich wirksam zu beurteilen sei.

Die Beklagte rügt die Unterlassung einer Untersuchung des Begriffes "Betriebseinlage" und behauptet, eine Einlage im Sinn der §§ 336, 337 und 339 HGB. könne darunter nicht verstanden werden, weshalb es sich nur um eine bedingte Schenkung handle und von einer vollständigen Erfüllung des Vertrages keine Rede sein könne. Nun haben aber die Parteien nicht behauptet, daß die Klägerin durch die "Betriebseinlage" die Stellung einer Gesellschafterin erhalten oder daß sie sich hiedurch etwa mit einer Vermögenseinlage im Sinn der §§ 335 ff. HGB. als stille Gesellschafterin beteiligen wollte oder sollte. Die Vertragsbestimmungen sprechen im Gegenteil eindeutig gegen die letztere Annahme, denn dadurch, daß der als Betriebseinlage bezeichnete Betrag erst nach einer allfälligen Auflösung der Ehe verzinst werden sollte, war bereits entgegen der zwingenden Bestimmung des § 336 (2) HGB. eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens ausgeschlossen. Anhaltspunkte für eine Einordnung der Bereitstellung des als Betriebseinlage bezeichneten Betrages als Gesellschaftseinlage nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches hat das Verfahren nicht ergeben. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Beklagte den ihr zugekommenen Betrag der Klägerin als Darlehen schuldet, das vereinbarungsgemäß unter der Bedingung der Auflösung der Ehe durch Tod W.s oder Scheidung gekundigt werden konnte. Die Beklagte äußert ferner Zweifel, ob dem festgestellten Auftrag des W. an den Steuerberater der Beklagten, die Morgengabe zu "erledigen", überhaupt die Wirkung einer Sanierung des wegen Formmangels nicht wirksamen Rechtsgeschäftes zukommen könne. Das Berufungsgericht hat die Tatsache, daß die vereinbarte ehegüterrechtliche Regelung in den Geschäftsbüchern der Beklagten durchgeführt wurde, als Übergabe durch Zeichen und somit als Verwirklichung des Vertrages beurteilt. Gegen diese Auffassung ergeben sich keine Bedenken. Durch die Eintragung in die Geschäftsbücher ist die beabsichtigte Vermögensverschiebung nach außen hin in Erscheinung getreten (Klang Komm.[2] IV S. 614). Die ehegüterliche Vereinbarung wurde somit verwirklicht. Nach Lehre (Klang Komm.[2] V S. 699, 702) und ständiger Rechtsprechung (SZ. X 125, EvBl. 1955 Nr. 168, EvBl. 1964 Nr. 219 u. a.) bedürfen bereits erfüllte ehegüterrechtliche Vereinbarungen zu ihrer Gültigkeit keines Notariatsaktes. Von dieser Rechtsmeinung abzugehen, besteht im vorliegenden Fall kein Anlaß.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte