OGH 8Ob58/69

OGH8Ob58/6915.4.1969

SZ 42/49

Normen

Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1956 §1 (1)
Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1956 §11
Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1956 §18
Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1956 §1 (1)
Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1956 §11
Niederösterreichisches Grundverkehrsgesetz 1956 §18

 

Spruch:

Der Eigentümer einer Liegenschaft hat keine Räumungsklage gegen den Liegenschaftspächter, der - im Einvernehmen mit dem früheren Liegenschaftseigentümer - die Einholung der Zustimmung der Grundverkehrskommission zu dem Pachtvertrag unterlassen hat.

Entscheidung vom 15. April 1969, 8 Ob 58/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Hollabrunn; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

Die Kläger erwarben je zur Hälfte mit Kaufvertrag vom 4. Juni 1968 von Leopold St. ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück mit einem Flächenausmaß von mehr als drei Hektar. Dieses Grundstück ist schon seit 1962 an den Beklagten verpachtet. Obwohl die Verpachtung gemäß § 1 des nö. Grundverkehrsgesetzes 1956 genehmigungspflichtig gewesen wäre, wurde bisher um die Zustimmung der Grundverkehrskommission nicht angesucht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Räumung und Rückgabe des Grundstückes an die Kläger ab. Es vertrat die Auffassung, solange die Grundverkehrskommission ihre Zustimmung zur Verpachtung nicht versagt habe, seien die Vertragsteile und somit auch die Kläger als Rechtsnachfolger des Verpächters an die Pachtvereinbarung gebunden. Ein Rücktrittsrecht sei im Grundverkehrsgesetz nicht vorgesehen. Daran könnte auch der Umstand nichts ändern, daß die Vertragsteile ursprünglich gar nicht die Absicht gehabt hätten, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung einzuholen.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil mit Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache an die erste Instanz zurück. Es vertrat die Ansicht, wenn auch nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes bei genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäften bis zur Entscheidung der Grundverkehrskommission ein Schwebezustand bestunde, während dessen die Parteien an den Vertrag gebunden seien, so sei im gegenständlichen Fall davon auszugehen, daß der Beklagte nicht berechtigt wäre, den Klägern den Bestand des Pachtverhältnisses entgegenzuhalten, wenn er viele Jahre hindurch mit Absicht kein Genehmigungsansuchen an die Grundverkehrskommission gestellt habe, daß aber auch die Kläger, falls ihnen vom Verkäufer eine Vereinbarung, daß die Zustimmung der Grundverkehrskommission nicht eingeholt werden dürfe, überbunden worden wäre, zur Klage nicht legitimiert wären. Ob die Vertragspartner eine solche Vereinbarung abgeschlossen haben und der Verpächter den Kläger beim Kaufabschluß diese Verbindlichkeit überbunden habe, sei vom Erstgericht noch zu prüfen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, hob den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes auf und trug dem Berufungsgericht auf, über die Berufung der klagenden Parteien neuerlich zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, um ein genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 des nö. Grundverkehrsgesetzes 1956 - einen Pachtvertrag in Ansehung eines das Ausmaß von zwei Hektar übersteigenden landwirtschaftlich genutzten Grundstückes -, so ist der Vertrag für Pächter und Verpächter bindend, ob nun die Genehmigung der Grundverkehrskommission als Suspensiv- oder Resolutionsbedingung angesehen wird. Erst mit der Versagung der Genehmigung durch die Grundverkehrskommission wird der Vertrag ungültig. Ist das Ansuchen um Genehmigung, sei es in Umgebungsabsicht oder nicht, unterblieben, dann kommt zwar § 18 des nö. Grundverkehrsgesetzes 1956 zur Anwendung, wonach Gesetzesverletzungen, u. a. die Nichteinholung der Entscheidung der Grundverkehrskommission binnen zwei Monaten, als Verwaltungsübertretungen zu ahnden sind. Damit ist aber der Pachtvertrag noch nicht ungültig oder nichtig. Verbotene Geschäfte sind nur dann nach § 879 ABGB. nichtig, wenn dies in der Verbotsnorm ausgesprochen wird oder es der Zweck der Verbotsnorm verlangt (Klang Komm.[2] IV/1 179, zu § 879 ABGB. nach Anm. 28, SZ. XXXVI 78). Keine dieser Voraussetzungen ist hier gegeben, zumal die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Pachtvertrages noch erteilt werden könnte, auch wenn die Parteien zum Zwecke der Umgehung des Gesetzes vorerst keine Entscheidung der Grundverkehrskommission beantragt haben und deren Entscheidung erst verspätet einholen (vgl. RiZ. 1966 S. 88, EvBl. 1969 Nr. 409). Es kann daher selbst eine jahrelange Dauer des verbotswidrigen Schwebezustandes nicht zur Ungültigkeit des Pachtvertrages führen, sodaß auch die Frage, ob eine Vereinbarung, an die Grundverkehrskommission um die Genehmigung nicht heranzutreten, ursprünglich geschlossen und diese Verpflichtung den Klägern überbunden worden sei, rechtlich unerheblich ist. Die vom Gericht zweiter Instanz dem Erstgericht in dieser Richtung aufgetragene Verfahrensergänzung ist sohin nicht erforderlich. Die Rechtsbeziehungen zwischen den Klägern und dem Beklagten richten sich vielmehr nach der Bestimmung des § 1120 ABGB., die für die Rechtsnachfolge des Käufers in Ansehung von Bestandverhältnissen eine Sonderregelung dahin trifft, daß der Bestandvertrag durch Veräußerung des Bestandobjektes in seiner Existenz nicht berührt, wohl aber in ein Bestandverhältnis mit gesetzlicher Kündigungsfrist umgewandelt wird. Die Kläger sind daher in den Pachtvertrag eingetreten und können sich nicht, wie in der Klage, auf die Ungültigkeit des Pachtvertrages stützen. Die auf Räumung des Grundstückes mangels eines gültigen Benützungstitels gerichtete Klage ist aus diesen Erwägungen verfehlt und die Rechtssache im Sinne der erstgerichtlichen, die Klage abweisenden Entscheidung spruchreif.

Der Beschluß des Berufungsgerichtes war sohin in Stattgebung des Rekurses aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz die sachliche Entscheidung über die Berufung aufzutragen. Das Berufungsgericht wird das Ersturteil zu bestätigen haben.

Stichworte