OGH 2Ob389/68

OGH2Ob389/6823.1.1969

SZ 42/12

Normen

VersVG §67
VersVG §67

 

Spruch:

Von einer privaten Krankenversicherung bezahlte Heilbehandlungs- bzw. Ärztekosten unterliegen - anders als Tage- und Sterbegeld - der Legalzession.

Auch Leistungen des Sozialversicherungsträgers auf Grund freiwilliger Weiterversicherung werden von der Legalzession erfaßt.

Entscheidung vom 23. Jänner 1969, 2 Ob 389/68.

I. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis; II. Instanz:

Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Ehemann der Klägerin, Kurt Z., starb am 11. Oktober 1964 an den Folgen eines Verkehrsunfalles, den der Zweitbeklagte als Lenker eines Kraftfahrzeuges, dessen Halterin die Erstbeklagte war, am 28. September 1964 allein verschuldet hatte.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren der Klägerin betreffend die Solidarhaftung der beiden Beklagten für künftige unfallskausale Schäden statt. Es sprach der Klägerin aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes im Sinne des § 1327 ABGB. 48.021.07 S samt 4% Zinsen aus 44.411.85 S ab 1. Dezember 1966 und aus 48.020.77 S ab 1. März 1967, ferner eine monatliche Rente von 988.90 S für die Zeit vom 1. März 1967 bis 31. Dezember 1973 zu. Das Mehrbegehren nach Zahlung weiterer 19.839.48 S und einer weiteren Monatsrente von 1368.10 S wurde abgewiesen, die Prozeßkosten gegeneinander aufgehoben.

Das von beiden Teilen angerufene Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im Feststellungsausspruch sowie in der Entscheidung über das Rentenbegehren. Im übrigen gab es der Berufung der Beklagten in der Hauptsache, der der Klägerin im Kostenpunkt teilweise Folge. Es erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin 45.521.07 S samt Zinsen aus 41.911.85 S vom 1. Dezember 1966 bis 28. Februar 1967 und aus 45.521.07 S ab 1. März 1967 zu bezahlen und ihr ein Drittel der Prozeßkosten zu ersetzen. Das Mehrbegehren von 22.339.18 S samt Zinsen wies es ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Berufungsgericht begrundet seine Ansicht, die Klägerin müsse sich die Rentenzahlungen der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten anrechnen lassen, damit, daß es sich diesfalls um eine freiwillige Weiterversicherung Kurt Z.s nach § 17 ASVG. handle. Der Wortlaut des § 332 (1) ASVG. lasse nicht erkennen, daß diese Bestimmung bei Leistungen, die auf Grund freiwilliger Weiterversicherung nach der genannten Bestimmung gewährt würden, keine Anwendung finde. Infolge des gesetzlichen Überganges des diesfälligen Schadenersatzanspruches der Klägerin auf den Sozialversicherungsträger fehle ihr die Aktivlegitimation.

Die Revision macht dagegen geltend, daß die Beklagten den Mangel der Aktivlegitimation nie eingewendet hätten. Davon abgesehen, gehe aus den Gesetzesmaterialien hervor, daß regreßfähig nur jene Leistungen seien, die der Versicherungsträger auf jeden Fall erbringen müsse. Die §§ 17 ff. ASVG. seien einem Vereinsstatut gleichzuachten und nur ein Ersatz für entsprechende Bestimmungen einer Privatversicherung. Hätte Kurt Z. bei Beendigung seiner Angestelltentätigkeit "sich auszahlen lassen" und eine private Rentenversicherung abgeschlossen, dann wären deren Leistungen nicht anrechenbar. Mit der Aufnahme der §§ 17 ff. ASVG. in das Gesetz sollte lediglich ein eigenes Statut erspart werden. Die vom Haftpflichtversicherer der Beklagten im vorliegenden Fall tatsächlich erbrachten Leistungen seien freiwillig geschehen. Die Regreßfähigkeit von auf Grund freiwilliger Weiterversicherung erbrachten Leistungen hätte eine Bereicherung des Versicherungsträgers zur Folge.

Diesen Ausführungen ist nicht beizupflichten.

Die Beklagten brauchten den Mangel der Aktivlegitimation nicht ausdrücklich einzuwenden. Es genügte, daß sie vorbrachten, eine freiwillige Weiterversicherung unterliege der Lehre vom Deckungsfonds und Quotenvorrecht. Durch eine freiwillige Weiterversicherung entsteht aber auch zwischen Versicherungsträger und Versicherten kein nach den Bestimmungen über die Privatversicherung zu beurteilender Vertrag. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien vom 4. Dezember 1963, 13 R 172/63 als letzter Instanz im Verfahren in Leistungssachen (VR. 1964 Heft 2 S. 63), ist zwar die freiwillige Weiterversicherung in der Pensionsversicherung in die Dispositionsbefugnis der Versicherten gestellt, doch wird der Inhalt der Rechte und Pflichten aus dieser Versicherung durch die Gesetze in der jeweils geltenden Fassung bestimmt und ist jeder Verfügungsgewalt der Versicherungsträger und der Versicherten entzogen (vgl. hiezu auch Bauer, Die Weiterversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG. SoSi. 1960 S. 112). Damit geht aber alles, was die Revision diesfalls vorbringt, ins Leere. Wenn die Klägerin darauf verweist, daß eine Rente nicht anrechenbar wäre, die sie auf Grund einer privaten Rentenversicherung erhalten hätte, so ist ihr zu erwidern, daß es ihrem Gatten freistand, eine solche Versicherung abzuschließen, als er sich selbständig machte. Er hat sich freiwillig für die Weiterversicherung, die ihm ja eine höhere Rente verbürgte, entschieden und die Klägerin kann weder diesen Entschluß, noch sein Ergebnis rückgängig machen. Nur der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß eine Rückerstattung geleisteter Pflichtversicherungsbeträge in dem von der Klägerin vermeinten Sinn (bei Beendigung des Angestelltenverhältnisses ihres Gatten) im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Die Klägerin erhielt als Rechtsnachfolgerin Kurt Z.s von der Versicherung X. 2500 S zur Abdeckung der Kosten des Arztes Dr. E. Das Erstgericht rechnete diesen Betrag der Klägerin mit der Begründung nicht an, daß diese Zahlung auf Grund einer privaten Versicherung erfolgt sei. Das Berufungsgericht vertrat unter Hinweis auf die Lehre (Prölß, Versicherungsvertragsgesetz[16] S. 313; Ehrenzweig, Versicherungsvertragsrecht, S. 389, 390 und 451) und Rechtsprechung (SZ. XXX 7; VersSlg. Nr. 168) den Standpunkt, daß es sich diesfalls nicht - wie bei Taggeld und Sterbegeld - um eine Summenversicherung, sondern um Heilbehandlungskosten handle, die in den Bereich der Schadensversicherung fielen. Für letztere gelte aber die im § 67 VersVG. normierte Legalzession. Da die Privatversicherung X. der Klägerin die Arztkosten in der genannten Höhe ersetzt habe, sei hienach der Anspruch dieser auf jene übergegangen. Die Klägerin sei daher insoweit nicht mehr aktiv legitimiert.

Zu Unrecht wendet sich die Revision gegen diese Auffassung. Es mag zutreffen, daß die beiden von der zweiten Instanz zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen unmittelbar nichts darüber besagen, ob Gegenstand der im § 67 VersVG. verankerten Legalzession auch Heilbehandlungs- bzw. Ärztekosten seien. Wenn die Klägerin aber des weiteren aus der Systematik des Versicherungsvertragsgesetzes abzuleiten versucht, daß die für die Schadensversicherung geltenden Spezialbestimmungen des zweiten Abschnittes dieses Gesetzes auf die Krankenversicherung nicht anwendbar seien, dann ist ihr zu erwidern, daß diese Versicherung jedenfalls nach ihrer Hauptleistung (§ 1 AVB:

"Ersatz des Vermögensschadens, der durch notwendige Krankenpflege ... entsteht") echte Schadensversicherung ist (vgl. Ehrenzweig, a. a. O., S. 28). Das Berufungsgericht hat daher ohne Rechtsirrtum insoweit die Aktivlegitimation der Klägerin verneint.

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