OGH 1Ob281/68

OGH1Ob281/6819.12.1968

SZ 41/183

Normen

WechselG Art20 (1)
WechselG Art47 (3)
ZPO §411
WechselG Art20 (1)
WechselG Art47 (3)
ZPO §411

 

Spruch:

Der Aussteller, der den Wechsel als Rückgriffsschuldner eingelöst hat, tritt dadurch gemäß Art. 47 (3) WG. in seine alte Rechtsstellung. Dies bedeutet, daß er nicht als Rechtsnachfolger des bezahlten Gläubigers an dessen Stelle tritt. Das Nachindossament ist in einem solchen Falle wechselmäßig bedeutungslos. Der Leistungsklage des Ausstellers gegen den Akzeptanten kann in einem solche Falle nicht die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache aus einem Wechselzahlungsauftrag entgegen gehalten werden, den der bezahlte Gläubiger erwirkt hat.

Entscheidung vom 19. Dezember 1968, 1 Ob 281/68.

I. Instanz: Kreisgericht Krems; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Erstgericht wies die auf Zahlung von 130.808 S eingeschränkte Klage als unzulässig zurück. Der Kläger hätte den Wechsel vom 10. Jänner 1963 mit Fälligkeit vom 31. Jänner 1963, zahlbar bei der Sparkasse der Stadt E., lautend auf eine Wechselsumme von 130.808 S, ausgestellt, der Beklagte hätte ihn angenommen. Der Kläger habe dann den Wechsel an die Raiffeisenkasse für E. verkauft und auch die Wechselsumme von 130.630 S bezahlt erhalten. Die Raiffeisenkasse habe den Wechsel der Sparkasse E. zum Inkasso übermittelt. Diese habe aber mitgeteilt, daß keine Zahlung geleistet worden sei und habe den Wechsel der Raiffeisenkasse zurückgestellt. Daraufhin habe der Kläger den Wechsel an die Raiffeisenkasse indossiert und diese habe ihn eingeklagt. Auf Grund der Wechselklage sei der Wechselzahlungsauftrag vom 5. Februar 1963 erlassen worden. Der Beklagte habe wohl Einwendungen erhoben, doch sei mit dem Urteil vom 10. Juni 1963 der Wechselzahlungsauftrag zur Gänze aufrechterhalten worden. Die dagegen vom Beklagten erhobene Berufung habe keinen Erfolg gehabt, der Wechselzahlungsauftrag sei mit 10. Oktober 1963 rechtskräftig geworden. Der Beklagte habe auch diese Forderung nicht bezahlt, weil er den Standpunkt vertrete, daß sie zum Teil nicht zu Recht bestehe, zum Teil aber durch Gegenforderungen erloschen sei. Der Kläger habe auf Grund seiner Haftung als Aussteller des Wechsels die Wechselforderung samt Zinsen und Kosten an die Raiffeisenkasse gezahlt. Hierauf habe die Raiffeisenkasse den Wechsel an ihn indossiert. Es bestehe somit bezüglich der eingeklagten Forderung schon ein Exekutionstitel, von dem der Kläger im Sinne der §§ 9 und 10 EO. gegen den Beklagten Gebrauch machen könne. Er werde allerdings eine Ergänzungsklage gemäß § 10 EO. anstellen müssen.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache abwies und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrunde auftrug. Soweit der Rekurswerber vorbringe, es sei auf das Grundgeschäft zurückgegriffen worden, sei ihm zwar entgegenzuhalten, daß seine Klage zumindest in der ursprünglichen Form als Regreßklage aufgefaßt werden mußte, wobei aber zuzugestehen sei, daß das auf das Grundgeschäft bezügliche Vorbringen in Punkt 1. der Klage nach Klagseinschränkung zur Begründung des eingeschränkten Begehrens ohne weiteres ausreiche. Indessen seien die Behauptungen über das Entstehen eines wechselmäßigen Regreßanspruches nach Punkt 2. und 3. der Klage nie zurückgezogen worden. Der Kläger weise aber in seinem Rekurs zutreffend darauf hin, daß regelmäßig jeder Wechselberechtigte originäre Wechselrechte habe, die mit denen der Nachmänner nicht identisch seien, so daß ihm die Rechtskraft von bereits aus diesem Wechsel entschiedener Ansprüche weder vom Akzeptanten noch von einem Regreßpflichtigen entgegengehalten werden könne. Damit gehe aber der Hinweis des Erstgerichtes auf den Rechtssatz des Judikates 63 neu, daß der neuerlichen Leistungsklage des Übernehmers einer Forderung die Rechtskraft des für die Forderung vom Überträger erwirkten Leistungsurteils entgegenstehe, ins Leere, denn hier werde der Unterschied zwischen der Abtretung einer Forderung und der Übertragung von Wechselrechten durch Indossament übersehen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Rekursgericht hat schon zutreffend unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung (Fasching III S. 704, JBl. 1957 S. 646) dargelegt, daß vom Akzeptanten die Rechtskraft schon aus diesem Wechsel entschiedener Ansprüche einem Wechselberechtigten, der originäre Wechselrechte erworben habe, nicht entgegengehalten werden könne. Dies folgt aus der Transportfunktion des Indossaments (Art. 14 (1) WG.). Die Übertragung des Wechsels durch Indossament hat eine stärkere Wirkung als die Abtretung. Der Erwerber erhält nicht die Stellung seines Vormannes, sondern er erwirbt das Recht so, wie es im Wechsel verbrieft ist (schriftgemäß).

Nun verweist der Beklagte darauf, daß der Kläger den Wechsel durch ein sogenanntes Nachindossament erworben hätte, also durch ein Indossament, das nach Ablauf der Protestfrist auf den Wechsel gesetzt worden sei. Dies hätte aber nach Art. 20 (1) WG. nur die Wirkung einer gewöhnlichen Abtretung. Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß der Kläger den Wechsel als Rückgriffsschuldner eingelöst hat. Er tritt dadurch gemäß Art. 47 (3) WG. in seine alte Rechtsstellung. Dies bedeutet, daß er nicht als Rechtsnachfolger des bezahlten Gläubigers an dessen Stelle tritt. Das Nachindossament ist in einem solchen Falle bedeutungslos (vgl. Stranz, Komm. zum WG.[14] Anm. 9 zu Art. 14 und Anm. 13 zu Art. 20). An dieser schon in der Entscheidung 1 Ob 31, 32/68 vertretenen Rechtsansicht ist festzuhalten. Der gegenteiligen in SZ. XII 166, vertretenen Meinung kann aus den dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.

Auch wenn als Rechtsgrund der eingeklagten Forderung also nicht der Anspruch aus dem Grundgeschäft geltend gemacht wird, der mit dem Wechselrecht nicht identisch ist (vgl. SZ. XXVI 217, EvBl. 1966 Nr. 264, RiZ. 1967 S. 203), steht der Leistungsklage des Klägers, der von der Raiffeisenkasse E. erwirkte Wechselzahlungsauftrag nicht entgegen. Aus Punkt B des Spruches JB. 63 neu (SZ. XXVIII 265) kann also Unzulässigkeit der vorliegenden Leistungsklage wegen rechtskräftig entschiedener Streitsache nicht abgeleitet werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte