Spruch:
Vollmachtsunterfertigung bloß mit Vornamen und in Blockschrift.
Zu § 14 ZPO.
Entscheidung vom 10. Juli 1968, 5 Ob 154/68.
I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Unbestritten ist, daß der Kläger Alleineigentümer der Liegenschaft K., F.-Straße 4, ist. Antonia P. bewohnte im ersten Stock des angeführten Hauses eine aus 3 Zimmern, Kabinett, Küche und Nebenräumen bestehende Wohnung.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen brachte der Kläger gegen Antonia P. am 20. Februar 1963 eine auf die Kündigungsgrunde des § 19 (2) Z. 3 und 4 MietG. gestützte Aufkündigung ein. Im Zuge des Kündigungsverfahrens schlossen der Kläger und Antonia P. am 10. Juli 1964 einen Vergleich. Danach wurde einvernehmlich festgelegt, daß das zwischen dem Kläger und Antonia P. bestehende Bestandverhältnis, das bisher ein Bestandverhältnis auf unbestimmte Zeit war, in ein solches auf bestimmte Zeit geändert wird, u. zw. dergestalt, daß das Bestandverhältnis bis zum Lebensende der Antonia P. für den Kläger unkundbar dauert, jedoch mit diesem Zeitpunkt von selbst erlöscht. Der Mietzins ist wie bisher weiterhin bis zum Lebensende der Antonia P. zu bezahlen.
Antonia P. starb am 5. Juli 1967. Mangels eines Nachlaßvermögens fand eine Verlassenschaftsabhandlung nicht statt.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Wohnung binnen 14 Tagen von ihren Fahrnissen zu räumen und ihm geräumt zu übergeben. Die Klage wird darauf gestützt, daß mit dem Ableben der Erblasserin Antonia P. das auf bestimmte Zeit geänderte Bestandverhältnis beendet sei und die Erstbeklagte (Verlassenschaft nach Antonia P.) die Wohnung ohne Rechtstitel benütze. Auch der Zweitbeklagte, der Sohn der Erblasserin, besitze keinen Rechtstitel zur Benützung des Mietgegenstandes. Auf keinen tauglichen Rechtsgrund zum Bewohnen des Bestandgegenstandes könne sich die Drittbeklagte, die von der Erblasserin aufgenommen worden sei, berufen. Die Viert- und Fünftbeklagten hingegen seien vom Zweitbeklagten nach dem Tod seiner Mutter aufgenommen worden und besäßen gleichfalls keinen gültigen Titel zur Benützung der Wohnung.
Bei der für den 28. August 1967 anberaumten Tagsatzung erhoben die Erst- und Zweitbeklagten die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit und bestritten im übrigen das Klagebegehren. Die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten erschienen trotz ausgewiesener Ladung nicht.
Das Erstgericht erließ auf Antrag des Klägers gegen die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten Versäumungsurteil.
Das Berufungsgericht hob dieses Versäumungsurteil auf, wies den Antrag des Klägers auf Fällung eines Versäumungsurteiles gegen die Dritt- bis Fünftbeklagten ab und trug dem Erstgericht unter Rechtskraftvorbehalt die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens auf. Es ging davon aus, daß der Kläger nicht die Räumung der Wohnung deshalb begehre, weil mit Antonia P. nie ein Bestandvertrag bestanden habe. Die Klage werde vielmehr darauf gestützt, daß das Bestandverhältnis beendet und daher der Mietgegenstand nach § 1109 ABGB. zurückzustellen sei. Im Streit, ob die Erst- und der Zweitbeklagte einen Rechtstitel zur Benützung des Bestandgegenstandes besitzen, seien Personen, die ihre Rechte, sei es als Untermieter, sei es als Mitbewohner, von der Erst- und dem Zweitbeklagten ableiten, notwendige Streitgenossen im Sinne des § 14 ZPO. Die Bestreitung des Klagebegehrens durch die Erst- und den Zweitbeklagten wirke daher auch für die übrigen Beklagten, sodaß gegen die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten kein Versäumungsurteil gefällt werden durfte.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach der Darstellung der Klage war die Erblasserin Antonia P. Mieterin der zu räumenden Wohnung. Ihr auf bestimmte Zeit vereinbartes Mietverhältnis sei durch ihr Ableben beendet. Die Erst- und der Zweitbeklagte bestritten das und stellten die Behauptung auf, daß ursprünglich Mieter der Wohnung der Ehemann der Erblasserin und Vater des Zweitbeklagten gewesen sei. In seine Mietrechte seien nach seinem Ableben Antonia P. als Ehefrau und der Zweitbeklagte als Sohn nach § 19 (2) Z. 11 MietG. eingetreten. Der am 10. Juli 1964 abgeschlossene Vergleich habe sich nur auf die Ansprüche der Erblasserin, nicht aber auf die Mietrechte des Zweitbeklagten erstreckt. Dieser benütze die Wohnung auf Grund der ihm zustehenden Mietrechte. Die übrigen Beklagten leiten von ihm, sei es als Untermieter, sei es als Wirtschaftsführerin, ihr Benützungsrecht an der Wohnung ab.
Auf Grund dieses Vorbringens der Parteien folgt, daß es von Belang ist, ob der Zweitbeklagte, von dem die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten ihr Recht zur Benützung der Wohnung ableiten, dem Anspruch des Klägers, ungeachtet des gerichtlichen Vergleiches vom 10. Juli 1964, ein aufrechtes Mietrecht entgegensetzen kann. Sollte es sich als richtig erweisen, daß, sei es der Erstbeklagten, sei es dem Zweitbeklagten, Mietrechte an der gegenständlichen Wohnung zustehen, dann könnten auch die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten nicht auf Räumung des Bestandgegenstandes mit Erfolg geklagt und zur Räumung verhalten werden. Das Bestehen von Bestandrechten der Erstbeklagten oder des Zweitbeklagten würde vielmehr zu dem Ergebnis führen, daß der Kläger als Liegenschaftseigentümer nicht in der Lage wäre, gegen sie einen Räumungsanspruch oder Anspruch auf Rückstellung des Bestandgegenstandes durchzusetzen.
Wohl liegt keine Streitgenossenschaft in dem Sinne vor, daß der Kläger seinen Anspruch nur gegen alle Beklagten geltend machen kann. Ein gegen die Erst- und Zweitbeklagten ergangenes, der Klage stattgebendes Urteil wäre auch gegen die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten vollstreckbar (§ 568 ZPO.). Allein eine einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO. ist trotzdem gegeben, weil die Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen zwangsläufig zu einer Einheitlichkeit der Entscheidung führen muß. Besitzen die Erst- und der Zweitbeklagte Hauptmietrechte, dann besteht auch kein Anspruch des Liegenschaftseigentümers auf Räumung und auf Zurückstellung des Mietgegenstandes gegen die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten, die ihre Rechte vom Hauptmieter ableiten. Verfügen die Erst- und der Zweitbeklagte über keinen Rechtstitel zur Benützung der Wohnung, dann können sich auch die übrigen Beklagten gegenüber dem Liegenschaftseigentümer auf keinen tauglichen Rechtsgrund berufen. Da die Nichtbehandlung aller Benützer des Bestandobjektes als Streitgenossen im Sinne des § 14 ZPO. zu widersprechenden Entscheidungen führen würde, sind sie, wie der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit dem Schrifttum (Fasching, Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen Bd II S. 194, 195) ausgesprochen hat (6 Ob 325/58, 1 Ob 27/67, 8 Ob 306/67 u. a.), als einheitliche Streitpartei anzusehen. Das hat aber zur Folge, daß die bei der ersten Tagsatzung von den Erst- und Zweitbeklagten vorgenommene Bestreitung des Anspruches die Fällung eines Versäumungsurteiles gegen die Dritt-, Viert- und Fünftbeklagten nicht mehr zuließ (Fasching, a. a. O. S. 199).
Nicht beigetreten werden kann dem Rekurswerber, daß die von der Dritt- und dem Fünftbeklagten auf den vorgelegten Vollmachten erteilten Unterschriften nicht hinreichen. Zur Abgabe der Unterschrift ist jede der im Inland üblichen Schriftarten ausreichend, sofern die Schriftzeichen anderen Personen bekannt und für Dritte verständlich sind (Soergel - Siebert, BGB.[10], Allgemeiner Teil, Anm. 12 zu § 126 DBGB.). Dazu zählt auch die Unterfertigung der Vollmacht der Drittbeklagten in Blockschrift mit Vor- und Zunamen.
Es schadet auch nicht, daß der Fünftbeklagte die Vollmacht lediglich mit seinem Vornahmen in Blockschrift unterfertigt hat. Soweit keine Zweifel über die Person des Ausstellers bestehen und seine Identifizierung möglich ist, ist eine Urkunde auch dann als unterschrieben anzusehen, wenn der Aussteller mit seinem Vornamen unterfertigt (Fasching, a. a. O. Bd III S. 378 Anm. 4, Gschnitzer in Klang[2] IV 269).
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