OGH 5Ob12/68

OGH5Ob12/687.2.1968

SZ 41/16

Normen

ABGB §1392
ABGB §1393
ABGB §1392
ABGB §1393

 

Spruch:

Die Vereinbarung eines vertraglichen Zessionsverbotes ist zulässig und auch Dritten gegenüber wirksam.

Entscheidung vom 7. Februar 1968, 5 Ob 12/68.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die klagende Partei begehrte mit der vorliegenden Klage die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung des Betrages von 250.598.25 S s. A. Sie begrundete ihr Begehren damit, daß die Firma "R. Garten-Heim" Export und Import P. & Co., K., NÖ. - im folgenden kurz Firma R. genannt - der beklagten Partei bestellungsgemäß Waren in der Höhe des eingeklagten Rechnungsbetrages geliefert, ihre Forderung zur Gänze dem Österr. Creditinstitut abgetreten und dieses Creditinstitut die Forderung an die Klägerin weiter zediert habe, welcher die Beklagte jetzt Zahlung verweigere. Der beklagten Partei sei die Zession jeweils durch einen Vermerk auf den betreffenden Fakturen zur Kenntnis gebracht worden.

Die beklagte Partei wendete u. a. die Vereinbarung eines Zessionsverbotes ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die beklagte Partei verwendet Auftragsformulare, die unter anderem folgenden Vordruck enthalten: "Die Abtretung des Fakturenbetrages ist ohne unsere ausdrückliche Genehmigung ausgeschlossen", ferner "obige Bedingungen werden durch teilweise oder gänzliche Ausführung des Auftrages anerkannt". Diese Formulare wurden von der beklagten Partei auch bei den dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Aufträgen mit den Nummern 16.770, 16.771 und 16.772 verwendet. Am 14. September 1964 benachrichtigte das Österreichische Creditinstitut AG. die beklagte Partei davon, daß die Firma R. die klagsgegenständliche Forderung an das Österreichische Creditinstitut AG. abgetreten habe, und forderte die beklagte Partei zur schriftlichen Anerkennung der Forderung mittels beigelegtem Formular auf. Die beklagte Partei sandte den Vordruck mit Schreiben vom 15. September 1964 nicht unterfertigt zurück und teilte mit, daß sie zur Vermeidung von Mehrarbeit ihre Lieferanten schon durch Hinweis auf dem Bestellformular im vorhinein darauf aufmerksam mache, daß die Abtretung einer Forderung ihrer Zustimmung bedürfe, und sie deshalb auch die gegenständlichen Fakturenbeträge direkt an die Lieferfirma bezahlen werde.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, daß die beklagte Partei mit der Firma R. den Ausschluß der Zession vereinbart habe. Der Vermerk auf den Auftragsformularen, daß die Abtretung des Fakturenbetrages ohne ausdrückliche Genehmigung der beklagten Partei ausgeschlossen sei und daß diese Bedingung durch Teil- oder gänzliche Ausführung des Auftrages anerkannt werde, hätte die Firma R., wenn sie sich dem Zessionsverbot nicht hätte unterwerfen wollen, zu ausdrücklichem Widerspruch oder aber zur Ablehnung der Ausführung des Auftrages veranlassen müssen. Mit der Unterlassung des Widerspruches und der unbestrittenen, zumindest zum Teil erfolgten Ausführung der Aufträge sei das Zessionsverbot stillschweigend vereinbart worden, dieses Verbot sei auch gegenüber der klagenden Partei wirksam.

Das Berufungsgericht bestätigte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Vorinstanzen haben aus den von ihnen angeführten Erwägungen mit Recht angenommen, daß ein vertragliches Zessionsverbot grundsätzlich zulässig und auch Dritten gegenüber wirksam ist.

Wolff in Klang[2] VI S. 295 meint allerdings, ein zwischen den Parteien vereinbartes Abtretungsverbot wirke nur zwischen ihnen und hindere die Gültigkeit der dennoch erfolgten Abtretung gegenüber einem Dritten nicht, und leitet dies aus dem allgemeinen Grundsatz ab, daß Verträge im Zweifel nur die Parteien binden, und daraus, daß die §§ 1392 ff. ABGB. im Zweifel die Abtretbarkeit einer Forderung festsetzen; doch kann dies nicht durchgreifen. Denn zufolge der in unserem Obligationenrecht grundsätzlich herrschenden Vertragsfreiheit kann es den Parteien nicht verwehrt werden, ihre gegenseitigen Rechtsbeziehungen so zu gestalten, wie es ihrer Willkür entspricht; sie können demgemäß von vornherein ein Forderungsrecht so schaffen, daß der Schuldner ausdrücklich erklärt, nur Schuldner einer bestimmten Person sein zu wollen und niemals Schuldner eines anderen. Eine solche Vereinbarung ist dann als ein wesentlicher Teil des Rechtsverhältnisses zu dessen Rechtsinhalt geworden und ist daher wie jeder sonstige Teil des Rechtsinhaltes - etwa eine Bedingung oder Befristung - auch von jedem Dritten zu beachten (siehe Gellner in ZBl. 1913 S. 6). Ähnlich begrundet auch Ehrenzweig (II/1[2] § 329 S. 255) seine Ansicht von der Zulässigkeit und absoluten Wirkung eines Abtretungsverbotes. Gschnitzer führt in seinem Schuldrecht (Allgemeiner Teil 1965 S. 100) aus, die Abtretung könne durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen werden; dann sei sie auch bei gutem Glauben des Übernehmers wirkungslos und dieser könne nur auf den Übergeber greifen. Krasnopolski hielt (Band III Obligationenrecht 1910 S. 268) die absoluten Wirkungen eines vertragsmäßigen Zessionsverbotes für zweifelhaft, doch sei "seines Erachtens die Frage zu bejahen".

Bereits Gellner hat a.a.O. auch durchaus einleuchtend ausgeführt, daß man dann, wenn man in sinngemäßer Anwendung des § 367 ABGB. den redlichen Erwerber einer Forderung, hinsichtlich der ein Abtretungsverbot vereinbart wurde, schützen wollte, zum Ergebnis käme, daß man den redlichen Erwerber auch dann schützen müßte, wenn die Forderung gar nicht oder nicht mehr existiert, bereits bezahlt ist oder an eine Bedingung geknüpft ist, von deren Vorhandensein der Zessionar beim Erwerb keine Kenntnis hatte. Von einer solchen ausdehnenden Auslegung des § 367 ABGB. auf die Übertragung von Forderungen - außer von solchen aus Inhaberpapieren oder von Forderungen, deren Geltendmachung von dem Besitz eines bestimmten Legitimationspapieres (§ 296 EO.) abhängig ist - kann selbstverständlich keine Rede sein (siehe hiezu bereits GlUNF. 4114, wo überzeugend dargetan wird, daß § 367 ABGB. nur bei solchen beweglichen Sachen Anwendung findet, welche ihrer Natur nach die Ausübung des Besitzes, der Innehabung, der Verwahrung oder des Gebrauches gestatten).

Das Berufungsgericht hat auch durchaus zutreffend erkannt, daß die dem Sachenrecht angehörende Bestimmung des § 364c ABGB. nur körperliche Sachen und dingliche Rechte betrifft und nicht ausdehnend auf bloß obligatorische Rechtsverhältnisse angewendet werden kann.

Entgegen der in der Revision vorgetragenen Ansicht kann auch nicht daraus, daß im § 1393 ABGB. bestimmte höchstpersönliche Rechte für unübertragbar erklärt werden, abgeleitet werden, daß die Übertragung aller anderen Rechte auch nicht vertragsmäßig beschränkt oder ausgeschlossen werden kann. Der Oberste Gerichtshof hat dies wohl in der, in der Revision zitierten Entscheidung vom 18. Dezember 1902, ZBl. 1904 Band 22 Nr. 184 = GlUNF. 2139, einmal gesagt, doch kann dies mit Rücksicht auf die im Obligationsrecht grundsätzlich herrschende Vertragsfreiheit aus den oben erwähnten Gründen nicht aufrecht erhalten werden. Die von der Revisionswertierin zitierte weitere Entscheidung vom 3. November 1908, ZBl. 27 Nr. 88 = GlUNF. 4363, behandelt einen etwas anders gelagerten Fall (Vereinbarung der Rechtsfolge der Erlöschung der Forderung auf Grund eines Zessionsverbotes). Die weitere in der Revision zitierte Entscheidung vom 18. Mai 1887, GlU. 11.602, behandelt die Wirkung der Anmerkung eines gerichtlichen Verbotes und ist überholt. Hingegen hat der Oberste Gerichtshof mit seiner Entscheidung vom 17. September 1912 (ZBl. 31 Nr. 6) bereits die Wirkung eines vertragsmäßigen Zessionsverbotes auch gegenüber Dritten bejaht (siehe auch 1 Ob 93/37 = Rspr. 1937 Nr. 86).

Schließlich kann auch der Hinweis der Revision auf exekutionsrechtliche Bestimmungen über die Pfändung und Überweisung einer Forderung nicht durchgreifen, weil es sich dort um zwingende öffentlich-rechtliche Gesetzesvorschriften handelt.

Der Bezugnahme der Revision auf § 1409 ABGB. ist aber entgegenzuhalten, daß es sich dort um die Übernahme eines gesamten Vermögens oder Unternehmens und nicht um die Abtretung einer einzelnen Forderung handelt.

Wird im Sinne der vorstehenden Erwägungen von der Zulässigkeit der Vereinbarung eines Zessionsverbotes und dessen Wirkung auch gegenüber Dritten ausgegangen, so ist der Revisionswerberin sicherlich darin beizustimmen, daß ein solches Abtretungsverbot nur dann als stillschweigend im Sinne der §§ 863 ABGB. bzw. 346 HGB. vereinbart gelten könne, wenn dies bei der gegebenen Sachlage nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen anzunehmen sei.

Der Revisionswerberin ist auch zuzugeben, daß ein Abtretungsverbot immerhin nicht eine sich durchaus im Rahmen des üblichen haltende Vereinbarung ist und daß eine solche Vertragsbedingung, soll sie durch Annahme des Auftrages zum Vertragsinhalt erhoben werden, wohl nicht derart auf dem Auftragschein angebracht sein darf, daß sie überhaupt nicht auffällt; dies wäre unter Umständen dann der Fall, wenn sich der Vermerk auf der Rückseite des Auftragscheines befinden würde (vgl. HS. 675, auch 8 Ob 191/63 und 6 Ob 327/64 = HS. 4359 u. a.). Hievon kann aber hier nicht gesprochen werden, denn der betreffende Vermerk - laut dem die Abtretung des Fakturenbetrages ohne ausdrückliche Genehmigung des Auftraggebers ausgeschlossen sein sollte - befindet sich auf der Vorderseite des Auftragscheines, und zwar unter den angeführten Bedingungen sogar an erster Stelle. Die betreffende Bestimmung war also nicht versteckt auf der Urkunde angebracht und da sich - gleichfalls auf der Vorderseite - noch der Vermerk befindet, daß die angeführten Bedingungen durch teilweise oder gänzliche Ausführung des Auftrages anerkannt werden, hätte die Fa. R. nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs der beklagten Partei vor Ausführung des Auftrages eindeutig zur Kenntnis bringen müssen, daß sie das Abtretungsverbot nicht akzeptieren könne. Wenn aber die Fa. R. wirklich - wie in der Revision vorgebracht wird - den erwähnten unmißverständlichen Hinweis auf der Vorderseite des Auftragscheines unberücksichtigt gelassen und es unterlassen hat, sich vor Ausführung des Auftrages des näheren Inhaltes des Auftragscheines zu vergewissern, so geht dies zu ihren Lasten (SZ. XXXVII 119, insbesondere 6 Ob 231/67 u. z. a.).

Im Sinne der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen ist daher das Abtretungsverbot in diesem Falle stillschweigend zum Vertragsinhalt geworden.

Zutreffend führte das Berufungsgericht noch aus, die Fa. R. habe die Vertragsbedingungen der beklagten Partei gemäß dem Inhalt des auf dem Formular enthaltenen Aufdrucks "durch teilweise oder gänzliche Ausführung des Auftrages anerkannt", wobei unter den Bedingungen an erster Stelle angeführt gewesen sei, daß die Abtretung des Fakturenbetrages ohne ausdrückliche Genehmigung seitens der beklagten Partei ausgeschlossen sei, und im folgenden Text von der beklagten Partei überdies als Bedingung festgelegt worden sei, daß andere als in diesem Auftrag enthaltene Preise und Bedingungen sowie von ihnen abweichende, nach Erhalt dieses Auftrages an die beklagte Partei abgegebene Bestätigungen nur rechtsverbindlich seien, wenn diese von der Geschäftsleitung schriftlich anerkannt worden seien. Die Fa. R. habe durch Übersendung von Fakturen, die einen Zessionsvermerk getragen haben, nach Auslieferung der Waren nicht einseitig von dem bereits geschlossenen Vertrage abgehen können. Es wäre ihre Sache gewesen, vor Ausführung des Auftrages der Vereinbarung eines Zessionsverbotes ausdrücklich zu widersprechen und darauf hinzuweisen, daß sie den Auftrag nur ausführen werde, wenn ein Zessionsverbot nicht vereinbart werde. Mit Rücksicht darauf, daß auf den Auftragsformularen der beklagten Partei noch vermerkt war, daß irgendwelche Abweichungen von den Auftragsbedingungen von der beklagten Partei nur dann als rechtsverbindlich angesehen würden, wenn sie von ihrer Geschäftsleitung schriftlich anerkannt würden, hätte die klagende Partei, um ein Zessionsverbot auszuschließen, in diesem besonderen Fall den Auftrag überhaupt erst ausführen dürfen, nachdem ihr von der beklagten Partei schriftlich bestätigt worden wäre, daß ein Zessionsverbot nicht gelten solle. All dies ist auf Grund des festgestellten Sachverhaltes nicht geschehen; zufolge des eigenen Vorbringens der klagenden Partei in ihrer Berufung - wonach der beklagten Partei sofort nach Auslieferung der Waren Fakturen zugegangen seien, die den deutlich sichtbaren Vermerk über eine Zession des Fakturenbetrages an das Österreichische Creditinstitut getragen haben - konnte das Berufungsgericht sogar davon ausgehen, daß die betreffenden Fakturen nicht vor oder bei Lieferung, sondern erst nach Lieferung der Waren der beklagten Partei übersendet worden seien. Dem Berufungsgericht ist durchaus darin beizustimmen, daß im vorliegenden Fall, nachdem das Abtretungsverbot bereits zum Vertragsinhalt geworden war, hievon durch die bloße Übersendung von Fakturen mit dem Zessionsvermerk nach Lieferung der Waren weder von der klagenden Partei einseitig abgegangen werden konnte, noch auch dadurch, daß die beklagte Partei nach Erhalt der Fakturen nicht neuerlich auf den vereinbarten Ausschluß der Zession hingewiesen habe, stillschweigend vom bereits vereinbarten Zessionsverbot wieder Abstand genommen worden sei. Zu einem neuerlichen ausdrücklichen Hinweis auf das vereinbarte Zessionsverbot nach Erhalt der Fakturen war die beklagte Partei auch unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 346 HGB. bzw. 863 ABGB. in diesem besonderen Fall schon deshalb nicht verpflichtet, weil - wie oben bereits dargelegt wurde - auf Grund der zum Vertragsinhalt gewordenen Auftragsbedingungen ein Abgehen vom vereinbarten Zessionsverbot für die beklagte Partei ohnehin nur wirksam geworden wäre, wenn eine solche Abweichung von den vereinbarten Vertragsbedingungen von der Geschäftsleitung der beklagten Partei schriftlich anerkannt worden wäre.

Es ist schließlich auch nicht richtig, daß die beklagte Partei im Sinne der Ausführungen in der Revision der Zession, als sie ihr vom Österreichischen Creditinstitut angezeigt wurde, nicht sogleich widersprochen habe; denn auf die bezügliche Mitteilung des Creditinstitutes vom 14. September 1964 hat die beklagte Partei mit ihrem Schreiben vom 15. September 1964 ausdrücklich darauf verwiesen, daß eine Abtretung der Forderung ohne ihre Zustimmung laut Vereinbarung ausgeschlossen worden sei.

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