OGH 4Ob355/67

OGH4Ob355/6712.12.1967

SZ 40/163

Normen

Zugabengesetz §1
Zugabengesetz §1

 

Spruch:

Verbotene Zugabe einer Armbanduhr, wahlweise an Stelle des sonst gewährten Geld- oder Naturalrabatts, bei Abnahme e er bestimmten größeren Menge von Kaffee, Tee oder Gewürzen (§ 1 ZugabenG.).

Entscheidung vom 12. Dezember 1967, 4 Ob 355/67.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die klagende und gefährdete Partei (im folgenden kurz Klägerin genannt) behauptet in der Klage, daß die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (in der Folge Beklagte genannt) ihren Kunden bei Erteilung eines größeren Auftrages über Kaffee, Tee und Gewürze die unentgeltliche Überlassung einer Herren, oder Damenarmbanduhr verspreche. Nach Erteilung eines entsprechenden Auftrages werde den Kunden dann tatsächlich unentgeltlich eine Herren- oder Damenarmbanduhr übersandt. Die Klägerin erblickt darin einen Verstoß der Beklagten gegen das Zugabengesetz. Sie begehrt, die Beklagte u. a. schuldig zu erkennen, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr neben ihren Waren Armbanduhren als unentgeltliche Zugabe anzubieten oder einem größeren Personenkreis zu gewähren.

Zur Sicherung dieses Anspruches begehrt sie auf Grund des Zugabengesetzes, der Beklagten durch einstweilige Verfügung zu verbieten, Armbanduhren als unentgeltliche Zugaben neben Tee anzubieten und einem größeren Personenkreis zu gewähren.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte einstweilige Verfügung. Es nahm auf Grund der von der Klägerin vorgelegten eidesstättigen Erklärungen ihres Reisenden Rudolf E. als bescheinigt an, daß zwei ihrer Kunden diesem Reisenden im Juli 1967 erklärten, sie hätten mit der Beklagten einen Abschluß über Tee, Kaffee und Gewürze in der Höhe von 5000 bzw. 6000 S deshalb getätigt, weil ihnen der Vertreter der Beklagten versprochen habe, daß sie gleichzeitig mit der ersten Bestellung nach Wunsch eine Herren- oder Damenarmbanduhr unentgeltlich erhalten würden. Auf Grund der Aussagen der von der Beklagten beantragten Auskunftsperson nahm das Erstgericht weiter als bescheinigt an: Die Beklagte ist die einzige Komplementärin der Firma "F." Gesellschaft m. b. H. & Co. Der Gewerbeschein dieses Unternehmens lautet auf den Handel mit Waren ohne Beschränkung. Die Gesellschaft handelt jedoch nur mit Tee, Kaffee und Gewürzen. Die Beklagte selbst hat keinen Gewerbeschein. Die Kunden der Firma "F."

Ges. m. b. H. & Co. erhalten bei Einkauf von Tee, Kaffee oder Gewürzen bei Abnahme einer Warenmenge im Fakturenbetrag von 3000 S Geld- oder Naturalrabatt im Ausmaß von 5%, bei Abnahme von Waren im Jahresbetrag von über 3000 S 10% entsprechend den Rechnungsbeträgen. Seit einigen Jahren geben die Vertreter auf Wunsch der Kunden an Stelle des Bargeldrabatts Bifora-Uhren, an denen der Originalpreis, wie er von Uhrenhändlern verlangt wird, befestigt ist. Der Kaufpreis entspricht genau dem gewährten Rabatt. Die Kunden erhalten die Uhr entweder sofort bei der Warenbestellung oder mit der Warenlieferung. Eine Rechnung über die Uhr wird in einem solchen Falle nicht ausgestellt, die Kunden können aber die Uhr auch zum Originalpreis kaufen, ohne Tee, Kaffee oder Gewürze bestellen zu müssen.

Das Erstgericht vertrat die Auffassung, daß diese Vorgangsweise der Beklagten gegen die Bestimmungen des Zugabengesetzes verstoße, weil eine Konvertierung des Rabattes in eine andere Ware im Werte des Rabattbetrages verboten sei. Bei dem vom Zugabengesetz ausdrücklich für zulässig erklärten Geldrabatt handle es sich nicht um eine zusätzliche Leistung, sondern um einen Abzug vom Kaufpreis. Auch eine unentgeltliche Mehrlieferung sei nur dann zulässig, wenn die zugegebene Ware mit der gekauften Ware in Qualität und Sorte übereinstimme. Die von der Beklagten versuchte Konstruktion der Verrechnung der kostenlos an die Kunden abgegebenen Uhren mit einem sich aus der Rabattgewährung ergebenden Guthaben stelle eine unzulässige Umgehung des Zugabengesetzes dar.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes auf Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es fand einen Widerspruch in dem vom Erstgericht als bescheinigt angesehenen Sachverhalt und sah auf Grund der vorliegenden Bescheinigungsmittel als bescheinigt an, daß die Beklagte ihren Kunden beim Einkauf von Tee, Kaffee oder Gewürzen auf deren Wunsch an Stelle des bei der Abnahme einer gewissen Warenmenge eingeräumten Geld- oder Naturalrabattes Bifora-Uhren gebe, an denen deren Originalpreis befestigt sei, der Kaufpreis dieser Uhren genau dem den Kunden zustehenden Rabatt entspreche und die Kunden über die Höhe des ihnen zustehenden Rabattes Bescheid wüßten. In diesen Fällen werde eine Rechnung über die Uhr nicht ausgestellt. Der Käufer habe aber auch die Möglichkeit, bei der Beklagten eine Uhr zum Originalpreis zu kaufen, ohne eine Bestellung über Tee, Kaffee oder Gewürze tätigen zu müssen. Als nicht bescheinigt sah das Rekursgericht an, daß Kunden der Klägerin bei der Beklagten deshalb Waren bestellten, weil ihnen gleichzeitig mit der ersten Bestellung eine Herren- oder Damenarmbanduhr unentgeltlich versprochen wurde.

Nach Ansicht des Rekursgerichtes liegt kein Verstoß gegen das Zugabengesetz vor. Es liege überhaupt keine Zugabe im Sinne dieses Gesetzes, also ein zusätzlicher Vorteil, der ohne besonderes Entgelt gewährt werde, vor. Die Käufer hätten die Wahl, ob sie den ihnen zukommenden Rabatt oder ob sie statt desselben eine Uhr nehmen wollten. Weil überdies die Uhr, die an Stelle dieses Rabattes gegeben werde, mit dem Originalpreis versehen sei und nur dann an Stelle des Rabattes abgegeben werde, wenn der Kaufpreis der Uhr der Höhe des Rabattes entspreche und der Käufer eine solche Uhr zum gleichen Preis auch dann, wenn er keine Ware bestelle, bei der Beklagten erwerben könne, werde beim Käufer nie der Eindruck erweckt, daß es sich nur um einen zusätzlichen besonderen Vorteil handle, der unentgeltlich gewährt werde, da er ja wisse, daß er sonst Anspruch auf einen entsprechenden Rabatt hätte. Ein Zugabenverstoß würde nur vorliegen, wenn der Käufer keine Wahlmöglichkeit hätte, wenn er also an Stelle des Rabattes die Uhr nehmen müßte, dann würde der Rabatt (Zugabe) nicht mehr in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag bzw. in einer bestimmten oder lediglich nach Bruchteilen zu berechnenden Menge derselben Ware bestehen. Liege aber keine Zugabe im Sinne des § 1 Zugabengesetz vor, dann müsse nicht untersucht werden, ob ein Ausnahmetatbestand nach den §§ 2 und 3 des Zugabengesetzes vorliege.

Der Oberste Gerichtshof stellte die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof ist auch im Provisorialverfahren nur Rechts- und nicht auch Tatsacheninstanz. Er hat daher bei der rechtlichen Beurteilung von dem vom Rekursgericht als bescheinigt angesehenen Sachverhalt auszugehen. Alle Versuche der Klägerin darzutun, das Rekursgericht habe die vorliegenden Bescheinigungsmittel unrichtig gewürdigt, sind daher unbeachtlich. Unbeachtlich sind aber auch alle Rechtsausführungen, die nicht von dem vom Rekursgericht als bescheinigt angesehenen Sachverhalt ausgehen. Wenn man von dem vom Rekursgericht als bescheinigt angesehenen Sachverhalt ausgeht, ergibt sich, daß die beklagte Partei ihren Kunden, wenn sie eine bestimmte Menge Kaffee, Tee oder Gewürze abnahmen, unter anderem zusätzlich eine Ware (Herren- oder Damenarmbanduhr) angeboten und auch tatsächlich gewährt hat. Dieses Verhalten erfüllt den Tatbestand nach § 1 (1) ZugabenG., wonach im geschäftlichen Verkehr verboten ist, neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zusagen (Prämien) anzubieten, anzukundigen oder einem größeren Kreis von Personen zu gewähren. Nach dieser Gesetzestelle ist es belanglos, ob die Zugaben im vorhinein, gleichzeitig mit der Ware oder Leistung oder erst später gewährt werden sollen oder gewährt werden und ob sie in Waren oder Leistungen bestehen. Dieses Verbot gilt nach § 1

(2) ZugabenG. auch dann, wenn die Unentgeltlichkeit der Zugabe durch Gesamtpreise für Waren oder Leistungen, durch Scheinpreise für eine Zugabe oder auf andere Art verschleiert wird.

Eine solche unzulässige Verschleierung nimmt die beklagte Partei dadurch vor, daß sie nach den getroffenen Feststellungen den Kunden die Wahl läßt, entweder einen Geldrabatt oder einen Warenrabatt oder eine Ware (Uhr) zusätzlich in Anspruch zu nehmen. Eine erlaubte Warenkoppelung liegt nicht vor, weil die Warenkombination unzusammengehörig und willkürlich ist und nur dazu dient, den Kunden zur Abnahme der Hauptware zu veranlassen. Dabei spielt es keine Rolle, daß nach den Feststellungen des Rekursgerichtes einzelne Kunden der Beklagten dieser gesetzwidrigen Veranlassung nicht unterlegen sind.

Nach dem bescheinigten Sachverhalt gibt die beklagte Partei ihren Kunden bei Abnahme von bestimmten Warenmengen die Möglichkeit, eine andersartige Ware (Uhr) zu beziehen, ohne daß die Kunden hiefür ein Entgelt leisten müssen. Dies widerspricht der Vorschrift des § 1 ZugabenG., und zwar gleichgültig, ob damit ein Geld- oder Warenrabatt, also eine gleichfalls unentgeltliche Zuwendung eines Geldbetrages oder einer Warenmenge abgegolten werden soll oder nicht.

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