OGH 6Ob259/67

OGH6Ob259/678.11.1967

SZ 40/141

Normen

ABGB §469
ABGB §1369
EO §156
EO §159
EO §213
ABGB §469
ABGB §1369
EO §156
EO §159
EO §213

 

Spruch:

Nach der Zuschlagserteilung kann der bisherige Gründeigentümer keine Hypothekenlöschung mehr begehren.

Entscheidung vom 8. November 1967, 6 Ob 259/67.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger erwarb mit Kaufvertrag vom 7. Februar 1961 die Liegenschaft EZ. 413 KG. R., verkaufte aber in der Folge mehrere Anteile hievon an verschiedene Personen, sodaß ihm zuletzt nur mehr 259/670-tel Anteile verblieben. Diese wurden im Zuge einer gegen ihn geführten Zwangsversteigerung je zur Hälfte dem Frank Anton W. und der W.-Gesellschaft m. b. H. zugeschlagen. Auf Grund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 14. Januar 1965 wurde am 18. Januar 1965 die Zuschlagserteilung angemerkt.

Im Jahre 1961 wurde auf Grund der Wechselzahlungsaufträge des Handelsgerichtes Wien vom 20. und 23. Juni 1961 zugunsten der vollstreckbaren Forderungen der beklagten Partei im Betrage von 55.000 S samt Anhang das Pfandrecht auf der genannten Liegenschaft einverleibt. Diese Forderung stellt nur einen Teil der rund 300.000 S betragenden Gesamtforderung der beklagten Partei gegen den Kläger dar.

Mit beglaubigter Zessionserklärung vom 20. Mai 1965 trat die beklagte Partei diese Hypothekarforderung dem K.-Verein ab, die bücherliche Durchführung der Zession unterblieb jedoch, sodaß die beklagte Partei weiterhin grundbücherliche Gläubigerin war.

Zufolge des Beschlusses des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 8. September 1965 wurde das Pfandrecht für diese Hypothekarforderung hinsichtlich der 32/670 Anteile der Alice M. gelöscht.

Auf Grund dieses Sachverhaltes wies das Erstgericht das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die grundbücherliche Löschung der Hypothekarforderung zu bewirken, ab. Es führte hiezu folgendes aus:

Gemäß § 469 ABGB. reiche die Tilgung der Schuld zur Aufhebung der Hypothek nicht aus; vielmehr hafte die Hypothek so lange, bis die Schuld in den öffentlichen Büchern gelöscht sei. Der Hypothekarschuldner könne auf Grund der Zahlung nicht auf Löschung, sondern nur auf Ausstellung einer Löschungsquittung klagen. Das Begehren, die beklagte Partei zur grundbücherlichen Löschung zu verurteilen, sei daher verfehlt.

Obwohl sonach die Frage der Aktivlegitimation nicht zu prüfen sei, müßte auch diese beim Kläger abgesprochen werden, weil er im Zeitpunkt der Klagseinbringung zufolge der Zuschlagserteilung an die beiden Ersteher nicht einmal mehr Teileigentümer der Liegenschaft gewesen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit Teilurteil hinsichtlich der 411/670-tel Anteile der Miteigentümer Margarethe G., Alice M., Erich L., Gerhard Z., Franz K., Elfriede Kl., Karl Z. und Manfred P. Im übrigen gab es der Berufung des Klägers Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Sache unter Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück. Es führte hiezu folgendes aus:

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könne der Pfandeigentümer nicht nur auf Ausstellung einer Löschungsquittung, sondern unmittelbar auf Einwilligung in die Löschung des Pfandrechtes klagen. Dieses Recht stehe ihm auch bei einer Zwangshypothek zu.

Zur Klage auf Löschung des Pfandrechtes sei der Pfandeigentümer legitimiert. Keinesfalls ergäbe sich ein Klagerecht des Klägers daraus, daß die Übernahme der Hypothek durch die Erwerber der Liegenschaftsanteile nicht festgestellt wurde. Unrichtig sei auch die Ansicht des Klägers, daß er trotz der Veräußerung der Liegenschaft Hypothekarschuldner geblieben sei. Im Zeitpunkt der Klagseinbringung seien 411/670-tel Anteile der Liegenschaft bereits im Eigentum anderer Personen gestanden; diesbezüglich fehle dem Kläger jedenfalls die Aktivlegitimation.

Hingegen stehe sie ihm hinsichtlich der verbleibenden 259/670-tel Anteile zu, da er bei Klagseinbringung noch als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war, wenngleich die Anteile bereits gerichtlich versteigert waren.

Die beklagte Partei sei passiv legitimiert, da die Forderung, wenn auch zediert, bisher bücherlich nicht übertragen wurde und eine Hypothekarforderung bis zur Einverleibung der Übertragung im Vermögen des Zedenten verbleibt.

Richtig sei, daß der Pfandgläubiger nicht verpflichtet ist, nach Tilgung der Schuld die Löschung des Pfandrechtes im Grundbuch zu veranlassen. Dies sei schon wegen des Verfügungsrechtes des Eigentümers nach § 469 ABGB. nicht der Fall. Einer Verdeutlichung des Klagebegehrens durch das Gericht stehe jedoch nichts entgegen, zumal dieses das Begehren auf Einwilligung in die Löschung in sich schließe.

Bezüglich der 259/670-tel Anteile des Klägers sei aber das Verfahren noch nicht spruchreif, weil sich das Erstgericht von seinem Standpunkt ausgehend, mit der Frage der Tilgung der Pfandforderung nicht befaßt und hierüber keine Feststellung getroffen hat.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, hob den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem eine neue Entscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Kläger begehrt Löschung des Pfandrechtes wegen Tilgung der Forderung, zu deren Sicherstellung das Pfandrecht begrundet wurde. Das ist keine Löschungsklage im Sinne des § 61 GBG., weil sie sich nicht auf die anfängliche Ungültigkeit eines bücherlichen Rechtes, sondern auf einen später eingetretenen Aufhebungsgrund stützt (Klang[2] II 521 und 385). Die Klage findet vielmehr ihre Grundlage in den §§ 1369 und 469 ABGB. Danach ist nach Bezahlung der Schuld der Liegenschaftseigentümer und nur dieser zum Antrag auf Löschung der Hypothek berechtigt (Klang, a.a.O., 523). Verweigert der Gläubiger die Ausstellung der hiefür erforderlichen Urkunde, so kann auch wieder nur der Pfandeigentümer die Löschung des Pfandrechtes im Prozeßwege erwirken (Klang, a.a.O., 521).

Nach Durchführung der Versteigerung ist aber der im Grundbuch als Eigentümer Eingetragene nicht mehr Eigentümer, weil er mit der Erteilung des Zuschlags sein Eigentumsrecht an den Ersteher verloren hat, dessen nachträgliche grundbücherliche Einverleibung als Eigentümer nur deklarative Bedeutung hat (Neumann - Lichtblau[3] S. 560). Es hat ja vom Tage der Zuschlagserteilung der Ersteher auch alle durch die Versteigerung nicht erloschenen Lasten zu tragen und die übernommenen Schuldbeträge zu verzinsen (Neumann - Lichtblau[3] S. 561). Daß die Judikatur (MietSlg. 5261, 7784, 13.277, 13.278 u. a.) ihm trotzdem nicht das Recht einräumt, für die Liegenschaft Rechtshandlungen, wie die Einbringung von Kündigungen und wohl auch die Erhebung von Löschungsklagen vorzunehmen, ist darin begrundet, daß sein Eigentumsrecht eben ein resolutiv bedingtes ist. Daraus aber den Umkehrschluß zu ziehen, daß daher der im Grundbuch noch als Eigentümer eingetragene Verpflichtete zur Vornahme dieser Rechtshandlungen berechtigt ist, ist nicht zulässig, weil durch die Anmerkung der Erteilung des Zuschlags in einer für jedermann erkennbaren Weise klargestellt ist, daß er sein Eigentumsrecht an der Liegenschaft verloren hat und man daher gar nicht mehr von einem "bücherlichen Eigentum" sprechen kann. Dafür, daß in der Zeit zwischen Erteilung des Zuschlags und der Verbücherung des Eigentumsrechtes jemand im Interesse der Liegenschaft handelnd auftreten kann, hat das Gesetz durch die Institution der einstweiligen Verwaltung Vorsorge getroffen, die es dem einstweiligen Verwalter, der auch der Ersteher sein kann, ermöglicht, auch über den Rahmen des gewöhnlichen Wirtschaftsbetriebes hinausgehende Maßnahmen mit Zustimmung des Exekutionsgerichtes zu treffen (§§ 158, 159, 112 EO.).

Auch wenn man den Standpunkt einnehmen wollte, daß zu diesen Maßnahmen die Erhebung einer Klage auf Löschung einer Hypothek nicht gehört, bestunde kein Anlaß, das Recht zu dieser Klagserhebung ohne gesetzliche Grundlage dem noch als Eigentümer im Grundbuch Eingetragenen einzuräumen, weil das Gesetz im § 470 ABGB. vorgesorgt hat, daß bei der Verteilung im Zwangsversteigerungsverfahren auf das für eine bereits getilgte Schuld noch einverleibte Pfandrecht keine Rücksicht zu nehmen ist. Bei der Verteilungstagsatzung kann dann der Verpflichtete die von ihm behauptete Tatsache der Bezahlung der Schuld durch Erhebung eines Widerspruches gemäß § 213 EO. geltend machen. Die Erhebung des Widerspruchs oder die auf Grund des Widerspruchs vom Verpflichteten nach § 230 EO. erhobene Klage kann aber nur eine Änderung in der Verteilung des Meistbots, nicht dagegen eine Änderung des Grundbuchsstandes zur Folge haben, der nach § 237 EO. ausschließlich auf Grund des Antrages des Erstehers nach Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses und nach dem Inhalt dieses Beschlusses zu ändern ist. Dazu gehört auch die Löschung der Hypotheken. Dem Verpflichteten steht vom Tage des Zuschlags an, sofern nicht etwa durch eine Wiederversteigerung sein Eigentumsrecht wiederauflebt (SZ. X 34), das Recht, Hypothekenlöschung zu begehren, infolge Verlustes seines Eigentumsrechtes ebensowenig zu wie das Verfügungsrecht nach § 469 ABGB., welches gleichfalls durch die Zerstörung seines Eigentums vernichtet wurde (Klang a.a.O. 537). Dieses Verfügungsrecht steht nunmehr zumindest hinsichtlich der in Anrechnung auf das Meistbot übernommenen Hypotheken dem Ersteher zu (Klang in JBl. 1935 S. 509 ff.). Auch aus diesem Gründe muß die Legitimation des Verpflichteten, der durch den Zuschlag sein Eigentum verloren hat, zur Erwirkung der bücherlichen Löschung, die einen Eingriff in das dem Ersteher nach § 469 ABGB. zustehende Verfügungsrecht bedeuten könnte, verneint werden.

Dazu kommt, daß die Ersteher während des Prozesses auch als Eigentümer einverleibt wurden. Ob sich dieser Tatsache mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 234 ZPO. begegnen läßt, erscheint fraglich. Hat nämlich der Ersteher schon vor der Klagserhebung durch den Zuschlag das Eigentumsrecht erworben, so läßt sich nicht sagen, daß mit der rein deklarativ wirkenden Verbücherung dieses Rechtes während des Prozesses eine Veräußerung an ihn im Sinne des § 234 ZPO. stattgefunden habe.

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