Normen
GesmbH.-Gesetz §17
HGB §15
GesmbH.-Gesetz §17
HGB §15
Spruch:
Der Gesellschafter ist nicht "Dritter" im Sinne des § 15 HGB.
Entscheidung vom 20. Oktober 1967, 2 Ob 193/67.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die klagende Partei begehrt die Nichtigerklärung des gegen sie am 5. August 1966 ergangenen Versäumungsurteiles, GZ. 13 Cg .../66, mit dem sie vom Erstgericht rechtskräftig verurteilt wurde, dem Beklagten 44.000 S samt Nebengebühren zu bezahlen. Gestützt auf die Bestimmung des § 529 (1) Z. 2 ZPO. brachte sie hiezu vor, daß Ladislaus S., zu dessen Handen die Klage eingebracht worden sei, am Tag der Klagseinbringung nicht mehr Geschäftsführer der Firma V. Kleider- und Strickwaren Gesellschaft mbH., der Gesellschafterin der klagenden Partei, gewesen sei, daß ihm aber auch Klage und Ladung zur ersten Tagsatzung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die klagende Partei sei daher infolge eines nichtigen Zustellvorganges im Vorprozeß gar nicht vertreten gewesen.
Das Erstgericht wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht bestätigte.
Infolge Revision der klagenden Partei änderte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgericht dahin ab, daß das Versäumnisurteil des Handelsgerichtes Wien vom 5. August 1966, GZ 13 Cg .../66, mit dem die beklagte Partei V-Kleider- und Strickwaren Gesellschaft mbH. & Co., KG., schuldig erkannt wurde, der klagenden Partei Kurt St. binnen 14 Tagen 44.000 S samt Nebengebühren zu bezahlen und ihr die Prozeßkosten zu ersetzen, als nichtig aufgehoben wurde.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen ist die V. Kleider- und Strickwaren Gesellschaft mbH. persönlich haftende Gesellschafterin der klagenden KG. Ladislaus S. als Geschäftsführer der Gesellschaft mbH. berief für den 5. Juli 1966 eine Generalversammlung derselben ein mit der Tagesordnung "Abberufung des bisherigen Geschäftsführers und Bestellung eines neuen Geschäftsführers". Der Beklagte Kurt St., der Gesellschafter der Gesellschaft mbH. ist, erschien zu dieser Generalversammlung trotz Einladung nicht. Wegen Beschlußunfähigkeit wurde für den 15. Juli 1966 eine weitere Generalversammlung mit derselben Tagesordnung einberufen. Auch an dieser nahm der ordnungsgemäß verständigte Kurt St. nicht teil. In dieser Generalversammlung wurde Ladislaus S. als Geschäftsführer abberufen und Berthold K. zum Geschäftsführer bestellt. Dieser Wechsel wurde dem Handelsregister am 29. Juli 1966 angezeigt und dort am 3. August 1966 vollzogen. Kurt St. hatte von dem Geschäftsführerwechsel vor Erlassung des Versäumungsurteils vom 5. August 1966 keine Kenntnis erlangt. Am 18. Juli 1966 brachte er die Klage zu 13 Cg .../66 ein. Er begehrte von der beklagten KG., deren Gesellschafter er gewesen sei, die Klagssumme als vereinbarte Vergütung für die Abnützung von Kraftfahrzeugen, die er der KG. zur Verfügung gestellt habe. Den Entwurf zur Klage hatte ihm sein Vertreter vorher zur Begutachtung übersendet. Dem Entwurf war nicht zu entnehmen, zu wessen Handen der KG. auf Antrag seines Vertreters die Klage zugestellt werden sollte.
Beide Vorinstanzen vertraten den Standpunkt, daß die Klage gegen die KG, der zu ihrer Vertretung befugten persönlich haftenden Gesellschaft mbH. (§§ 125 (2), 161 (2 HGB) .) zu Handen des diese vertretenden Geschäftsführers Ladislaus S. (§ 18 (1) und § 4 GesmbHG.) zugestellt werden konnte, dessen Abberufung erst am 3. August 1966 ins Handelsregister eingetragen wurde. Den ihr im Sinn des § 15 HGB. obliegenden Beweis, daß dem Kurt St. die auf Grund des Generalversammlungsbeschlusses vom 15. Juli 1966 einzutragende Tatsache der Abberufung des Ladislaus S. als Geschäftsführers der GesmbH. bekannt gewesen sei, habe die klagende KG. nicht erbracht.
Der Oberste Gerichtshof vermag sich diesen Erwägungen nicht anzuschließen.
Der Hinweis auf die Bestimmung des § 15 HGB. geht fehl; denn Kurt St. als Gesellschafter der Gesellschaft mbH. kann nicht als Dritter im Sinn dieser Bestimmung bezeichnet werden (vgl. Würdinger in RGR Komm. z. HGB.[3] I. Band S. 262). Aber auch dem Umstand, daß der Wechsel in der Geschäftsführung erst am 3. August 1966 im Handelsregister eingetragen wurde, kommt nicht die von den Vorinstanzen vermeinte Bedeutung zu. Denn ist schon eine Eintragung im Handelsregister im allgemeinen in der Regel nicht konstitutiv vgl. Würdinger a. a. O. S. 221), so ist jedenfalls die Wirksamkeit der gemäß § 17 GesmbHG. zum Handelsregister anzumeldenden Eintragung betreffend eine Änderung in der Geschäftsführung von dieser Eintragung unabhängig (vgl. - bei wesentlich gleicher Rechtslage - Baumbach - Hueck, GmbH-Gesetz[11] Anmerkung 2. C, S. 151). Bei diesen Umständen konnte die Klage gegen die KG. am 18. Juli 1966 nicht mehr wirksam zu Handen des Ladislaus S. zugestellt werden und es erübrigt sich zu erörtern, ob ein bei dieser Zustellung unterlaufener Mangel geheilt wurde.
Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nach § 529 (1) Z. 2 ZPO. ist daher gegeben, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.
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