OGH 8Ob97/67

OGH8Ob97/679.5.1967

SZ 40/70

Normen

ABGB §810
ABGB §816
AußStrG §145
ABGB §810
ABGB §816
AußStrG §145

 

Spruch:

Ist nicht dem Testamentsvollstrecker, sondern dem Erben die Nachlaßverwaltung überlassen worden, schließt der Erbe den Testamentsvollstrecker von Verfügungen über Nachlaßbestandteile aus.

Entscheidung vom 9. Mai 1967, 8 Ob 97/67.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der am 16. Dezember 1965 verstorbene Franz P. hat in seinen letztwilligen Verfügungen u. a. dem Testamentsvollstrecker Dr. Ingomar K. aufgetragen, das Safe bei der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien zu beheben, die dort liegenden Wertpapiere, Gold und Schmuck zu liquidieren und den Erlös dem SOS-Kinderdorf Hinterbrühl zu überlassen.

Der Testamentsvollstrecker Dr. Ingomar K. hat sohin den Antrag gestellt, ihn zu ermächtigen, das erwähnte Safe zu öffnen, den Inhalt zu entnehmen und bestmöglich - soweit es sich um Aktien- und Wertpapiere handelt, zum Börsenkurs, Gold zum Tageskurs, Schmuck nicht unter dem Schätzpreis - zu veräußern. Die gesetzliche Erbin, die eine unbedingte Erbserklärung abgegeben hat und der die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen worden ist, hat sich gegen den Antrag des Testamentsvollstreckers ausgesprochen.

Das Erstgericht hat den Antrag abgewiesen.

Das Rekursgericht hat den Beschluß des Erstgerichtes abgeändert und dem Testamentsvollstrecker die beantragte Ermächtigung erteilt.

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs der Erbin Folge gegeben und den Beschluß des Rekursgerichtes dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß wieder hergestellt wird.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wohl sagt § 916 ABGB., daß der Testamentsvollstrecker, wenn er das Geschäft übernommen hat, verpflichtet ist, entweder als ein Machthaber die Anordnungen des Erblassers selbst zu vollziehen oder den saumseligen Erben zur Vollziehung derselben zu betreiben. Diese Bestimmung muß aber mit den übrigen gesetzlichen Vorschriften, im vorliegenden Falle mit den Vorschriften der §§ 810 ABGB., 145 AußStrG. in Einklang gebracht werden. Wie erwähnt, ist der erbserklärten Erbin Christine P. mit Beschluß vom 24. September 1966 die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen worden. Dadurch schließt die Erbin jede andere Person von Verfügungen über den Nachlaß oder über einzelne zum Nachlaß gehörende Gegenstände gegen ihren Willen aus. Deshalb kommt Schell im Klang-Komm.[1] auch zu dem zutreffenden Schluß, daß der Testamentsvollstrecker die Verpflichtung, Anordnungen des Erblassers persönlich zu vollziehen, nur in Ausnahmsfällen erfüllen kann, daß er sich aber dann, wenn ihm nicht auch die Nachlaßverwaltung übertragen wurde, damit begnügen muß, auf den Erben einzuwirken, die Anordnungen des Erblassers zu vollziehen, und entsprechende Verfügungen des Abhandlungsgerichtes zu veranlassen (Schell a. a. O., zu §§ 816, 817 ABGB., Z. 3. S. 824). Die vom Rekursgericht angeführten Stellen aus der zweiten Auflage des Klang-Kommentars sind nicht geeignet, die von der zweiten Instanz vertretene Ansicht zu stützen, da sie nur die Lehre Zeillers wiedergeben. Weiss sagt aber selbst (Klang-Komm.[2] III zu § 816 ABGB., III zweiter Abs., S. 1038), daß der von Zeiller unter Berufung auf den Wortlaut des § 816 ABGB. umschriebene Aufgabenkreis des Testamentsvollstreckers durch die §§ 80, 95, 164 AußStrG. genauer festgelegt worden sei. Das Rekursgericht hat somit dadurch, daß es mit dem angefochtenen Beschluß den Testamentsvollstrecker zu einer Veräußerung von Nachlaßgegenständen ermächtigt hat - wobei es überdies gar nicht gesagt hat, was mit dem Erlös zu geschehen hat -, in unzulässiger Weise in die Rechte der Erbin eingegriffen.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluß wieder herzustellen.

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