OGH 1Ob26/67

OGH1Ob26/673.5.1967

SZ 40/65

Normen

Außerstreitgesetz §6
Außerstreitgesetz §11 (2)
Liegenschaftsteilungsgesetz §32
Außerstreitgesetz §6
Außerstreitgesetz §11 (2)
Liegenschaftsteilungsgesetz §32

 

Spruch:

Wenn im außerstreitigen Verfahren von einer Partei auf die Zustellung eines Beschlusses verzichtet wird, wird der Beschluß ihr gegenüber nimmt mit der Zustellung, sondern mit dem Verzicht wirksam.

§ 11 (2) AußStrG. im Liegenschaftsteilungsverfahren

Entscheidung vom 3. Mai 1967, 1 Ob 26/67.

I. Instanz: Bezirksgericht Wels; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Der am 15. März 1957 verstorbene Karl F. hinterließ außer seiner Witwe Anna F. einen am 13. Mai 1925 geborenen ehelichen Sohn namens Franz Karl F., der voll entmundigt ist. Franz Karl F. hat einen unehelichen Sohn, den am 3. Februar 1947 geborenen mj. Helmut L., nunmehr durch Namensgebung K.; sein Vormund ist Walter K., Schulleiter in Graz. Der Erblasser hinterließ auch einen Neffen und eine Nichte, Stefan B. und Elisabeth J., geborene B.

Der Nachlaß wurde mit Einantwortungsurkunde vom 13. Oktober 1960, ONr. 44, der erblasserischen Witwe Anna F., die auf Grund des Testamentes vom 14. Jänner 1957 die bedingte Erbserklärung abgegeben hatte, eingeantwortet; zugleich wurde angeordnet, daß nach dem Ergebnis der Abhandlung ob den dem Erblasser allein zugeschrieben gewesenen Liegenschaften EZ. 1021 und 990 KG. M. "die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Anna F. mit der Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution im Sinn des Testamentes vom 14. Jänner 1957" vorzunehmen sein werde.

Mit Beschluß vom 30. August 1961, ONr. 50, wurde diese Einantwortungsurkunde "dahingehend berichtigt bzw. ergänzt", daß die Verbücherungsbestimmungen wie folgt zu lauten hatten:

"a) ob der dem Karl F. allein gehörigen Liegenschaft EZ. 990 KG. M. die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Anna F. mit der Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution im Sinne des Testamentes vom 14. Jänner 1957 zugunsten des erblasserischen Sohnes Karl Franz F. bzw. der Nachkommen des erblasserischen Sohnes Karl Franz F. bzw. des Helmut K., geboren am 3. Februar 1947 bzw. der Nachkommen des Helmut K., geboren am 3. Februar 1947; b) ob der dem Karl F. allein gehörigen Liegenschaft EZ. 1021 KG. M. die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Anna F. mit der Beschränkung durch die fideikommissarische Substitution im Sinne des Testamentes vom 14. Jänner 1957 zugunsten des Helmut K., geboren am 3. Februar 1947, bzw. der Nachkommen des Helmut K., geboren am 3. Februar 1947, bzw. des erblasserischen Sohnes Karl Franz F. bzw. der Nachkommen des erblasserischen Sohnes Karl Franz F. bzw. des Stefan B. und der Elisabeth J.".

Diese Eintragungen wurden mit Beschluß vom 21. September 1961, ONr. 51, angeordnet und am 3. Oktober 1961 im Grundbuch vollzogen.

Am 14. Jänner 1964 starb auch Anna F. Zum Gerichtskommissär für die Durchführung der Substitutionsabhandlung wurde Notar Dr. E. bestellt, der für den 3. Juli 1964 eine Tagsatzung anberaumte. Laut Protokoll, ONr. 53, erschienen "von Seiten der Parteien über Vorladung" Walter K. als Vormund des mj. Helmut K. sowie eine Machthaberin des für den vollentmundigten Franz Karl F. bestellten Kurators Anton H.; ob auch Stefan B. und Elisabeth J. sowie der schon seinerzeit zum Substitutionskurator bestellte Dr. Erich D. geladen worden waren, ist dem Protokoll nicht zu entnehmen. Bei dieser Tagsatzung beantragten Walter K. und die Machthaberin des für Franz Karl F. bestellten Kurators, in Ergänzung zur Einantwortungsurkunde im Sinne des Testamentes vom 14. Jänner 1957 Amtsurkunden zu erlassen. Nach dem Antrag des Walter K. sollte darin "nachstehende Grundbuchshandlung aufgenommen" werden: "Die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den mj. Helmut K. ... ob ... EZ. 1021 KG. M. unter gleichzeitiger Löschung der in BOZ. 2 angemerkten fideikommissarischen Substitution." Hinsichtlich der anderen Liegenschaft wurde beantragt, die Amtsurkunde auf die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Karl Franz F. unter Mitübertragung der Substitutionsbeschränkung abzustellen.

Mit Beschluß vom 28. Jänner 1965, ONr. 54, traf der Erstrichter eine Reihe von Verfügungen. Unter anderem hieß es im Punkt 4 seines Beschlusses, es werde die Amtsurkunde zur Verbücherung des Ergebnisses der Substitutionsabhandlung erlassen und die Verbücherung nach Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung verfügt werden; die Substitutionsabhandlung werde für beendet erklärt. Dieser Beschluß wurde auch dem Walter K. zugestellt, allerdings nicht persönlich von ihm übernommen.

Am gleichen Tag erging unter ONr. 55 auch die angekundigte Amtsurkunde, wurde aber den Parteien, insbesondere dem Walter K. als Vormund des mj. Helmut K., nicht zugestellt. Sie wich von den gestellten Anträgen insofern ab, als ob EZ. 1021 KG. M. zwar die Einverleibung des Eigentumsrechtes für den mj. Helmut K. vorgesehen wurde, aber unter Mitübertragung der Beschränkung des Eigentumsrechtes durch die fideikommissarische Substitution zu Gunsten seiner Nachkommen bzw. des Karl Franz F. bzw. dessen Nachkommen bzw. des Stefan B. und der Elisabeth J.

Mit Beschluß vom 5. Mai 1966, ONr. 66, wurden auf Grund dieser Amtsurkunde und über Vorliegen der Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 29 LiegTeilG. die entsprechenden Eintragungen ob EZ. 990 und 1021 KG. M. angeordnet. Dieser Beschluß wurde Walter K. und dem Kurator des Karl Franz F. am 26. Juli 1966 zugestellt; für Walter K. wurde er von seiner Gattin übernommen. Im Grundbuch waren die Eintragungen bereits am 1. Juli 1966 vollzogen worden.

Am 23. August 1966 langte im Erstgericht eine Eingabe des Walter K., vertreten durch den Notar Dr. Tr. (bzw. dessen amtlich bestellten Substituten), ein. Sie war mit 22. August 1966 datiert. Darin wurde ausgeführt, es sei das Ergebnis der Substitutionsabhandlung ob EZ. 1021 KG. M. noch nicht verbüchert worden, weil der Nacherbe die Erbschaftssteuer bis dahin nicht habe bezahlen können; da dies aber in nächster Zeit möglich sein werde und der mj. Helmut K. inzwischen die Liegenschaft verkauft habe, werde um Zustellung der Amtsurkunde zur Verbücherung des Abhandlungsergebnisses samt Unbedenklichkeitsbescheinigung an den Machthaber Notar Dr. Tr. ersucht; es solle zur Ersparung der Eintragungsgebühr für den mj. Helmut K. dann sofort der Kaufvertrag verbüchert werden.

Diesen Antrag, ONr. 69, hat der Vollmachtsträger des Einschreiters unter Behebung der Vollmacht am 29. August 1966 zurückgezogen.

Am 5. Oktober 1966 langte eine neue Eingabe des Walter K., vertreten durch Notar Dr. Tr., beim Erstgericht ein, mit der abermals um Zustellung der Amtsurkunde,hinsichtlich des Ergebnisses der Substitutionsabhandlung hinsichtlich der EZ. 1021 ersucht und auch schon die Erhebung eines Rekurses angekundigt wurde. Tatsächlich wurde nun die Amtsurkunde ONr. 55 Notar Dr. Tr. am 17. Oktober 1966 zugestellt (ONr. 71).

Am 20. Oktober 1966 bracht Notar Dr. Tr. namens des Walter K. als des Vormundes des mj. Helmut K. - richtig also namens des durch seinen Vormund vertretenen mj. Helmut K. - einen Rekurs gegen die Amtsurkunde ONr. 55 ein (ONr. 72), wobei er eine mit 16. August 1966 datierte Vollmacht des Walter K. nachbrachte (ONr. 74).

Das Rekursgericht wies dieses Rechtsmittel als verspätet zurück; es kämen im vorliegenden Fall zwar die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes zur Anwendung, doch sei eine Berücksichtigung des Rekurses gemäß § 11 (2) AußStrG. nicht mehr möglich; im übrigen sei eine Auslegung des einigermaßen verworrenen Testamentes vom 14. Jänner 1957 in dem Sinn, daß das Substitutionsband auch nach Verbücherung des Eigentumsrechtes des mj. Helmut K. ob EZ. 1021 fortzubestehen habe, keineswegs unmöglich. Zugleich veranlaßte es, daß der Verbücherungsbeschluß ONr. 66 auch dem Stefan B., der Elisabeth J. und dem Substitutionskurator zugestellt werde.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird nun von Walter K. als Vormund des mj. Helmut K. - richtig also wieder: von dem durch seinen Vormund vertretenen mj. Helmut K. - bekämpft.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Grundsätzlich wird auch in Außerstreitsachen ein Beschluß den Parteien gegenüber erst mit der Zustellung rechtswirksam; bloße Akteneinsicht der Partei genügt nicht (vgl. dazu die bei Fetter-Edlbacher zu § 6 AußStrG. unter Nr. 4 zitierte Judikatur, aus letzter Zeit insbesondere RiZ. 1966 S. 33). Anders zu beurteilen sind nur Fälle, in denen auf die Zustellung verzichtet wurde (vgl. dazu die bei Fetter-Edlbacher a. a. O. unter Nr. 3 zitierte Judikatur).

Im vorliegenden Fall liegt nun ein solcher Verzicht auf die Zustellung tatsächlich vor, denn der vom Vormund des Rekurswerbers bestellte Verfahrensvertreter hat am 29. August 1966 den erst am 23. August 1966 gestellten Antrag auf Zustellung der Amtsurkunde bezüglich der ob EZ. 1021 zu verbüchernden Rechtsverhältnisse ausdrücklich zurückgezogen. Wenn nun im Rekurs geltend gemacht wird, der Zustellungsantrag sie ausschließlich "wegen Verbücherung" der Amtsurkunde gestellt worden, dem Vormund des Rekurswerbers sei "nicht bewußt gewesen", daß die Amtsurkunde bereits verbüchert war, und wenn weiters ausgeführt wird, bei dieser Antragszurückziehung sei dem Vormund auch unbekannt gewesen, daß die Amtsurkunde nicht dem seinerzeitigen Antrag entsprechend abgefaßt worden sei, kann daraus für einen Rekurserfolg schon deshalb nichts gewonnen werden, weil der Rekurswerber das Verhalten seines gesetzlichen Vertreters, so, wie es objektiv in Erscheinung getreten ist, gegen sich gelten lassen muß; das gleiche gilt auch für das Verhalten des von seinem Vormund bevollmächtigten Verfahrensvertreters. Die nachträglich über abermaligen Antrag erwirkte Zustellung der Amtsurkunde ONr. 55 an letzteren ist unter den aufgezeigten besonderen Umständen des Falles für die Beurteilung des Rechtswirksamkeit der Amtsurkunde ohne Belang. Mit dem Zustellungsverzicht, gleichgültig, auf welche Motive er zurückging, wurde die Amtsurkunde dem Rekurswerber gegenüber rechtswirksam. Mit dem 29. August 1966 begann daher auch der Lauf der Rechtsmittelfrist und nicht erst - wie er durchsetzen möchte - mit dem 17. Oktober 1966.

Ob die Amtsurkunde schon vor Ablauf der Rekursfrist, ja sogar vor Rechtswirksamkeit den Parteien gegenüber verbüchert werden durfte, ob der Verbücherungsbeschluß dem Vormund des Rekurswerbers durch Ersatzzustellung an seine Frau statt zu eigenen Handen zugestellt werden durfte, ob und wann ein etwaiger Zustellungsmangel etwa dadurch geheilt wurde, daß der Vormund den zugestellten Verbücherungsbeschluß von seiner Frau ausgefolgt erhielt, braucht nicht erörtert zu werden, weil ein Rekurs gegen den Verbücherungsbeschluß ON. 66 nicht erhoben war und demgemäß auch von der zweiten Instanz nicht zurückgewiesen wurde.

Zu prüfen bleibt nur noch die Frage, ob zufolge der Vorschrift des Schlußsatzes des § 32 LiegTeilG aus der Bestimmung des § 11 (2) AußStrG. für den Rekurswerber etwas zu gewinnen ist. Zur Frage ihrer Anwendbarkeit im Liegenschaftsteilungsverfahren hat der Oberste Gerichtshof schon wiederholt Stellung genommen, insbesondere in der Entscheidung 2 Ob 633/55. Aus der Überschrift der Veröffentlichung in SZ. XXVIII 235 könnte sogar geschlossen werden, er habe eine Anwendbarkeit grundsätzlich verneint (so anscheinend auch die Entscheidung 5 Ob 160/66), doch ergibt sich aus der damals gegebenen Begründung, daß maßgebend doch die Erkenntnis war, durch eine Abänderung des bekämpften Beschlusses könnten Rechte eines Dritten beeinträchtigt werden. Im allgemeinen wird eine Heranziehung der Bestimmung des § 11 (2) AußStrG. bei einem nach § 32, Schlußsatz, LiegTeilG. zu beurteilenden Rekurs scheitern müssen, weil durch die hier in Betracht kommenden Beschlüsse in aller Regel Rechte Dritter berührt worden sein werden. Maßgebend sind aber doch immer die Umstände des einzelnen Falles, weil § 32, Schlußsatz, LiegTeilG. schlechthin auf die Grundsätze des Verfahrens außer Streitsachen verweist und eine Ausnahme bezüglich der Bestimmung des § 11 (2) AußStrG. nicht normiert. Dies ist im vorliegenden Fall von Bedeutung, weil die Amtsurkunde ONr. 55 - wenn man vom Rekurswerber selbst absieht - bis jetzt an keine Partei zugestellt wurde, auch keine Zustellverzichtserklärungen anderer Parteien vorliegen, dieser Beschluß des Erstrichters also keinem Dritten gegenüber unmittelbar rechtswirksam wurde, weshalb auch kein Dritter unmittelbar daraus Rechte erworben haben kann (vgl. auch dazu RiZ. 1966 S. 33). Die Rechtsstellung Dritter wurde erst dadurch berührt, daß die Amtsurkunde zur Grundlage des Verbücherungsbeschlusses ONr. 66 genommen wurde - er war im Zeitpunkt der jetzt angefochtenen Entscheidung wenigstens dem Karl Franz F. zu Handen seines Kurators Anton H. zugestellt gewesen - und daß der Verbücherungsbeschluß im Grundbuch auch tatsächlich vollzogen wurde.

Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 3 Ob 7/51, den Standpunkt eingenommen, daß nach einer im Rekursweg erreichten Aufhebung einer Einantwortungsurkunde der inzwischen in Rechtskraft erwachsene, auf Grund dieser Einantwortungsurkunde im Sinn des § 29 LiegTeilG. ergangene Verbücherungsbeschluß nicht von Amts wegen aufgehoben werden dürfe, wozu damals allerdings auch kam, daß mittlerweile eine weitere Eigentumseinverleibung außerhalb des Abhandlungsverfahrens erfolgt war. Aber selbst wenn man im vorliegenden Fall ohne weitere Prüfung ebenfalls davon ausgeht, daß eine Stattgebung des vom Rekurswerber gegen die Amtsurkunde ONr. 55 eingebrachten Rekurses noch nicht automatisch eine Behebung des Verbücherungsbeschlusses ONr. 66 bezüglich der Beschränkung durch die Substitution zur Folge hätte, müßte doch jedenfalls mit Versuchen des Rekurswerbers gerechnet werden, eine solche Maßnahme im Weg eines (allenfalls noch möglichen) Rechtsmittels, eines Antrages oder einer Prozeßführung zu erreichen. Die Stellung der durch die Mitübertragung des Substitutionsbandes Begünstigten wäre dabei - sei es auch nur in formalrechtlicher Beziehung - jedenfalls schwächer, da ja der Rekurswerber dann geltend machen könnte, der Titel für die Mitübertragung des Substitutionsbandes sei durch Abänderung der Amtsurkunde ONr. 55 weggefallen. Der Oberste Gerichtshof hat aber schon wiederholt ausgesprochen, daß auch eine bloß verfahrensrechtliche Beeinträchtigung der Rechtsstellung eines Dritten die Berücksichtigung eines verspäteten Rekurses nach § 11

(2) AußStrG. ausschließt (vgl. dazu RiZ. 1966 S. 127 und die dort zitierte weitere Judikatur). Daß der Dritte diese Rechtsstellung nicht unmittelbar durch den verspätet angefochtenen Beschluß, sondern - wie im vorliegenden Fall - mittelbar durch weitere gerichtliche Verfügungen und Vollzugshandlungen erlangt hat, macht keinen wesentlichen Unterschied, denn § 11 (2) AußStrG. stellt ganz allgemein darauf ab, daß ein Dritter durch Stattgebung des verspäteten Rekurses keinen Nachteil erleiden darf.

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