Spruch:
Vertretungsbefugnis der Finanzprokuratur für eine letztwillig angeordnete, im Konstituierungsstadium befindliche Stiftung vor Bestellung der Stiftungsorgane.
Entscheidung vom 21. Februar 1967, 8 Ob 34/67.
I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Der am 18. Jänner 1965 verstorbene Richard W. widmete in seiner letztwilligen Verfügung vom 10. Juli 1964 sein ganzes Vermögen einer zu errichtenden, seinen Namen tragenden Stiftung zum Zweck der Unterstützung von Bediensteten der Firma H., die als Verwalterin des Stiftungsvermögens tätig sein solle. Von diesem Vermögen ausgenommen war das ihm gehörige Inventar, welches dem Alfred K. zufallen sollte. Dieser wurde berechtigt, sich die Möbel um den Betrag von 50.000 S von der Firma H. als Verwalterin der Stiftung ablösen zu lassen.
Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung nahm am 14. April 1965 als Stiftungsbehörde die Stiftung an, die mittels Willbriefes errichtet werde, sobald die Höhe des Reinvermögens feststehe. Am 28. September 1966 nahm das Verlassenschaftsgericht die von der Finanzprokuratur namens der Stiftung zum Nachlaß bedingt abgegebene Erbserklärung an. Alfred K. hatte bereits am 3. Juni 1966 den Antrag gestellt, zur Vertretung der Stiftung in dem von ihm gegen diese beabsichtigten Prozeß wegen Zahlung von 50.000 S die Firma H. zur Kuratorin zu bestellen.
Das Erstgericht hat zum Kurator der Stiftung für den genannten Prozeß Erich H., Gesellschafter der Firma H., bestellt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Finanzprokuratur dahin Folge, daß sie in Abänderung des erstrichterlichen Beschlusses den Antrag des Alfred K., die Firma H. zur Entgegennahme der von Alfred K. einzubringenden Klage als Kuratorin der Stiftung zu bestellen, abwies.
Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, durch die Erklärung der Stiftungsbehörde vom 14. April 1965 habe die Stiftung bereits Rechtspersönlichkeit erlangt, doch befinde sie sich noch im Stadium der Konstituierung, weil noch kein Stiftbrief errichtet sei, der das maßgebliche Statut der Stiftung zu enthalten habe. Der Gesetzgeber habe für die Zeit, bis Stiftungsorgane vorhanden seien, der Finanzprokuratur gemäß § 2 (1) Z. 3 ProkG. die ausschließliche Vertretungsbefugnis zuerkannt.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Alfred K. nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rechtsmittelwerber hält es zwar für richtig, daß im Abhandlungsverfahren die vom Erblasser Richard W. angeordnete Stiftung von der Finanzprokuratur vertreten werde, weil es im Verlassenschaftsverfahren darum gehe, der Stiftung das ihr laut Testament zugedachte Vermögen zuzuführen, vermeint aber zu Unrecht, die Geltendmachung des Legates durch Alfred K., wodurch in die Stiftung nichts eingebracht, jedoch von der Stiftung Zahlung geleistet werden solle, diene nicht der "Einbringung des gestifteten Vermögens zum Zwecke der Konstituierung". Die Stiftung hat noch keine Statuten und deshalb keine statutengemäß bestellten Organe. Sie ist daher noch nicht "konstituiert". Der von Alfred K. gegen die Stiftung beabsichtigte Prozeß wird im Falle eines Erfolges das Reinvermögen der Stiftung verringern und somit Wirkungen auf den Vermögensstand der Stiftung erzeugen. Weil zu entscheiden sein wird, ob die strittigen 50.000 S Bestandteil des Stiftungsvermögens zu bleiben haben oder dieses um den genannten Betrag gekürzt werden soll, dient die Vertretung der Stiftung in diesem Prozeß der Erhaltung und damit der Einbringung dieses Betrages in die Stiftung, wobei sich letztere noch im Stadium der Konstituierung befindet. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß schon auf Grund des Gesetzes (§ 2 (1) Z. 3 ProkG.) zur Vertretung der Stiftung im vorliegenden Stand der Stiftungsgrundung die Finanzprokuratur berufen ist. Es bedarf daher nicht der von Alfred K. beantragten Kuratorbestellung.
Soweit der Rechtsmittelwerber konkret die Bestellung der Firma H. oder des Erich H. begehrt, fehlt ihm schon wegen der bestehenden Interessenkollision das Recht der Einflußnahme auf die Vertretung des künftigen Prozeßgegners. Insoweit kommt ihm weder eine Parteistellung noch eine Rechtsmittelbefugnis zu (vgl. EvBl. 1953 Nr. 424 S. 521).
Der Revisionsrekurs konnte sohin zu keinem Erfolg führen.
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