OGH 4Ob505/67

OGH4Ob505/6731.1.1967

SZ 40/14

Normen

ZPO §235
ZPO §519
ZPO §235
ZPO §519

 

Spruch:

Wenn die zweite Instanz über das Vorliegen und die Zulässigkeit einer Klagsänderung in Urteilsform abspricht, so kann dies den Parteien nicht mehr Rechte geben, als wenn mit Beschluß entschieden worden wäre.

Entscheidung vom 31. Jänner 1967, 4 Ob 505/67.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Die Klägerin begehrt, die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von 71.000 S s. A. zu verurteilen. Sie führt in der Klage aus, sie habe zur Jahreswende 1964/1965 vom Erst- und der Zweitbeklagten in S. eine Wohnung gemietet. Den Vormietern dieser Wohnung, dem Dritt- und der Viertbeklagten, habe sie für den Erwerb der Hauptmietrechte an dieser Wohnung im Hause des Erst- und der Zweitbeklagten eine Ablöse von 88.000 S bezahlen müssen, wobei allerdings Wohnungseinrichtungsgegenstände im Werte von 17.000 S verkauft worden seien, sodaß die eigentliche Ablösezahlung 71.000 S betrage. Diese Ablöse hätten der Dritt- und die Viertbeklagte in Empfang genommen. Auf Grund dieser Ablösezahlung hätten der Erst- und die Zweitbeklagte der Klägerin in ihrem Hause mit Mietvertrag vom 26. Jänner 1965 eine Wohnung vermietet. Das Mietverhältnis bestehe noch aufrecht; die Klägerin habe ungeachtet der enorm hohen Ablöse einen monatlichen Mietzins von 500 S zu bezahlen, ohne über die Hauptmietrechte hinaus irgendwelche Rechte erworben zu haben. Sämtliche Beklagten seien nicht bereit, vom Ablösebetrag etwas zurückzuzahlen, selbst wenn die Klägerin die Wohnung räumen würde. Bei der mündlichen Streitverhandlung vom 1. März 1966 erklärte die Klägerin, den Rechtsgrund der Klage nach § 13 MietG. fallen zu lassen und das Klagebegehren auf die Bestimmung des § 879 ABGB. (Sittenwidrigkeit) bezüglich der allgemeinen Norm und Abs. 4 zu stützen. Sie beantragte im Sinne des § 261 (6) ZPO. zufolge der Einwendung der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes die Überweisung der Rechtssache an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Das Erstgericht faßte

I. den Beschluß: Die Klagsänderung anläßlich der mündlichen Streitverhandlung vom 1. März 1966, womit die klagende Partei das Klagebegehren an Stelle des § 17 MietG. nunmehr auf die Bestimmung des § 879 ABGB. stützt, wird für unzulässig erklärt; erkannte

II zu Recht: Das Klagebegehren auf Bezahlung von 71.000 S samt Anhang wird abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Berufung, in der sie die Ansicht vertrat, das Erstgericht hätte auch die Entscheidung über die Unzulässigerklärung der vermeintlichen Klagsänderung in Urteilsform treffen müssen; sie war auch der Rechtsansicht, es liege keine Klagsänderung vor, und behauptete überdies, eine solche wäre zu bewilligen gewesen, wenn sie vorläge.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, daß über die Klagsänderung zu Recht beschlußmäßig abgesprochen worden sei. Nach Lehre und Rechtsprechung habe das Gericht zwar die Möglichkeit, die Entscheidung über die Klagsänderung sofort in einem abgesonderten Beschluß zu treffen, könne sie aber auch als Beschluß in die Ausfertigung seines Urteils aufnehmen. Mit Rücksicht darauf, daß die Klägerin ohnehin das umfassendere Rechtsmittel der Berufung erhoben habe, mit dem neben der Überprüfung der Entscheidung in der Hauptsache zufolge der Bestimmung des § 462 (2) ZPO. auch die Überprüfung des noch nicht in Rechtskraft erwachsenen Beschlusses über die Nichtzulassung der Klagsänderung durch das Berufungsgericht veranlaßt werden konnte, ergäben sich keine weiteren erörterungsbedürftigen verfahrensrechtlichen Momente.

Der Oberste Gerichtshof wies mit Beschluß die Revision der Klägerin insoweit als unzulässig zurück, als sie sich gegen die Nichtzulassung einer Klagsänderung richtete. Im übrigen gab der Oberste Gerichtshof mit Urteil der Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Oberste Gerichtshof ist gleich den Untergerichten der Ansicht, daß die Entscheidung, ob eine Klagsänderung vorliegt und ob sie zulässig ist, in Beschlußform zu erlassen ist, aber auch, daß die Anfechtung eines solchen Beschlusses durch Berufung der Klägerin nicht schaden kann, weil dieser Vorgang durch § 462 (2) ZPO. gedeckt ist.

Wenn die zweite Instanz über die Frage des Vorliegens und der Zulässigkeit einer Klagsänderung abspricht, so entfaltet sie dabei in Wahrheit eine rekursgerichtliche Tätigkeit (vgl. Novak, zur Tragweite des § 519 ZPO., JBl. 1953, S. 62 f.). Die Aufnahme des diesbezüglichen Teiles der Entscheidung der zweiten Instanz in das Urteil über die Hauptsache kann aber der Klägerin nicht mehr Rechte geben, als wenn das Berufungsgericht die Anfechtung der Entscheidung über das Vorliegen und die Zulässigkeit einer Klagsänderung mit Beschluß erledigt hätte. Die Revision der Klägerin ist daher, soweit sie sich mit der Frage, ob eine Klagsänderung vorliegt und ob eine solche zulässig ist, als Revisionsrekurs zu werten, der nach § 528 ZPO. wegen konformer Entscheidungen der Untergerichte unzulässig und daher zurückzuweisen ist (vgl. Fasching III S. 123 f.).

Zur Frage des Unterbleibens der Überweisung der Klage an das Landesgericht für ZRS. Graz übersieht die Klägerin, daß eine der Voraussetzungen für eine solche Überweisung nach § 261 (6) ZPO. wäre, daß der Unzuständigkeitseinrede der beklagten Partei stattgegeben wurde, was hier nicht zutrifft. Beide Untergerichte haben vielmehr konform die Zuständigkeit des Erstgerichtes nicht verneint, sondern nach § 49 (2) Z. 5 JN. als gegeben angenommen.

Mit dem, was zulässigerweise Gegenstand der Revision sein könnte, mit der Abweisung des Klagebegehrens durch die Untergerichte, beschäftigt sich die Revision überhaupt nicht; sie stellt auch keinen diesbezüglichen Revisionsantrag, sodaß der Revision nicht Folge gegeben werden kann.

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