Spruch:
Ein Begehren auf Feststellung der teilweisen Echtheit einer Urkunde ist zulässig.
Entscheidung vom 12. Jänner 1967, 5 Ob 336/66. I. Instanz:
Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Mit der am 2. März 1966 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Feststellung, daß die Unterschrift der Beklagten auf dem von der Beklagten als Bezogenen unterfertigten und auf 39.320 S lautenden Wechsel des August K. vom 17. August 1966 echt sei. Die Klage stützt sich Behauptung, daß August K., der inzwischen Selbstmord begangen habe und über dessen Nachlaß der Konkurs eröffnet sei, der Klägerin als Teilzahlung für eine durch seine Vermittlung von der Klägerin an die Beklagte gelieferte Maschine den im Klagebegehren genannten Wechsel übergeben habe. Die Beklagte bestreite die Echtheit ihrer Unterschrift auf dem angeführten Wechsel. Der inzwischen von der Klägerin girierte Wechsel werde erst am 6. Juni 1966 fällig. Die Klägerin müsse aber für die Deckung des möglicherweise notleidenden Wechsels Vorsorge treffen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung (2. August 1966) sei der Wechsel vom 17. August 1964 bereits fällig gewesen. Die Klägerin habe diesen Wechsel auch zu 2 Cg .../66 eingeklagt; in diesem Verfahren müsse die Frage der Echtheit der Unterschrift der Beklagten als Vorfrage gelöst werden. Deshalb sei das für einen Prozeßerfolg im vorliegenden Verfahren erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin weggefallen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die vorliegende Klage ist als eine solche nach § 228 ZPO. zu beurteilen, da die begehrte Feststellung der Echtheit der Unterschrift der Beklagten auf dem Wechsel vom 17. August 1964 trotz der Vorschrift des Art. 7 WG. die Frage der Echtheit der genannten Urkunde insoweit zum Gegenstand hat, als nach der Behauptung der Klage strittig ist, ob der Wechsel von der Beklagten unterfertigt wurde. Es handelt sich also um ein Begehren auf Feststellung der teilweisen Echtheit einer Urkunde, welches Begehren in Übereinstimmung mit der Lehre (Sperl, Lehrbuch S. 311, Fasching, Kommentar III S. 65, zu § 228 ZPO., Anm. 23) als zulässig zu erachten ist. Der Umstand, daß das Klagebegehren nicht dem Wortlaut
der Vorschrift des § 228 ZPO. ("es kann ... auf Anerkennung der Echtheit einer Urkunde ... Klage erhoben werden") entspricht,
schadet nicht, da, wie Neumann (Kommentar zu § 228 ZPO. S. 889) ausführt, der erwähnte Ausdruck des Gesetzes nicht im Sinne einer Erklärung der Beklagten, sondern im Sinne der Feststellung der Echtheit der Urkunde durch richterliches Urteil aufzufassen ist. Voraussetzung jeder Klage nach § 228 ZPO. und somit auch der vorliegenden ist das rechtliche (und nicht etwa bloß das wirtschaftliche) Interesse des Klägers an der alsbaldigen gerichtlichen Feststellung. Dieses rechtliche Interesse muß jedenfalls im Zeitpunkt des Urteils gegeben sein, andernfalls die Klage abzuweisen ist (Neumann a. a. O. S. 887, JBl. 1965 S. 316 f., Pollak, System des österreichischen Zivilprozeßrechtes S. 14, 8 Ob 325/62). Grundsätzlich ist ein rechtliches Interesse für eine Feststellungsklage nur dann gegeben, wenn sie im konkreten Fall das geeignete Mittel ist, um die durch Ungewißheit der Rechtslage hervorgerufene Gefährdung des Klägers wirksam zu beseitigen (Fasching a. a. O. Anm. 24 S. 68, SZ. XXVI 116, ZBl. 1920 Nr. 206, ebenso 1 Ob 103/63 u. v. a.). Daraus folgt, daß die Feststellungsklage nur dort zuzulassen ist, wo durch eine Leistungsklage nicht der gleiche Erfolg erzielt werden kann. Die Auffassung der Revisionswerberin, daß nur eine Identität des Begehrens der Leistungsklage mit der Feststellungsklage die letztere unstatthaft mache, übersieht, daß eine solche Identität schon aus der Natur der beiden Klagen ausgeschlossen ist.
Gewiß ist auch die Verbindung einer Feststellungsklage mit einem Leistungsbegehren möglich, nur darf dadurch die prozeßökonomische Aufgabe der Feststellungsklage nicht aufgehoben und überflüssiger Prozeßaufwand verursacht werden (Fasching a. a. O. S. 70). Wenn man nun überhaupt auf Grund der Klagsbehauptungen ein rechtliches Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung bejaht, so ist, wie die Untergerichte zutreffend erkannten, die prozeßökonomische Aufgabe der vorliegenden Feststellungsklage jedenfalls mit der Geltendmachung der wechselmäßigen Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte weggefallen, denn ein weitergehendes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung, als daß damit die Grundlage für ihren wechselmäßigen Anspruch geschaffen werde, hat die Klägerin weder behauptet noch ist solches aus ihrem Vorbringen ersichtlich. Ein Erfolg im Wechselprozeß würde die Klägerin gewiß völlig klaglos stellen, andererseits ist nicht einzusehen, welchen rechtlichen Vorteil die Klägerin von einem ihrer Feststellungsklage stattgebenden Urteil hätte, wenn sie im Wechselprozeß aus anderen Gründen als der Unechtheit der Unterschrift der Beklagten unterliegen würde.
Den weiteren Revisionsausführungen ist entgegenzuhalten, daß aus der Form, in der die Beklagte die Echtheit ihrer Unterschrift auf den Wechsel vom 17. August 1964 bestritt, für die Klägerin nichts gewonnen werden kann. Hätte die Beklagte die Echtheit ihrer Unterschrift schon vor der Klagserhebung anerkannt, wäre kein Anlaß zur Prozeßführung gewesen. Darauf, ob sie im Prozeß die Echtheit ihrer Unterschrift "mit der hiezu erforderlichen Ernstlichkeit" bestritt, kommt es nicht an. Ein prozessuales Anerkenntnis liegt jedenfalls nicht vor. Aber selbst ein solches Anerkenntnis würde dann nicht zum Klagserfolg verhelfen, wenn das rechtliche Interesse der klagenden Partei an der begehrten Feststellung nicht gegeben wäre, worauf von Amts wegen in allen Instanzen geachtet werden müßte (SZ. XXVI 116, SZ. XXIV 267). Die Entscheidung der Untergerichte beruht auch entgegen der Meinung der Revision nicht auf der Litispendenz des Wechselprozesses, sondern auf dem sich zumindest aus diesem Verfahren ergebenden mangelnden rechtlichen Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung.
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