OGH 7Ob165/66

OGH7Ob165/665.10.1966

SZ 39/161

Normen

ABGB §364c
ABGB §469
ABGB §364c
ABGB §469

 

Spruch:

Ein Belastungs- und Veräußerungsverbot bleibt auf die Einverleibung eines Pfandrechtes, das unter Ausnutzung eines dem Verbot im Range vorangehenden Pfandrechtes im Sinne des § 469 ABGB. begrundet wurde, dann ohne Einfluß, wenn im Zeitpunkt der bücherlichen Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbots die Forderung noch bestanden hat. In diesem Falle stellt diese Rangausnützung keine "Belastung" des aus dem Verbot Berechtigten dar

Entscheidung vom 5. Oktober 1966, 7 Ob 165/66

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz

Text

Die Vorinstanzen gingen von folgendem unbestritten gebliebenen Sachverhalt aus: Katharina P. hat von den Klägern am 10. März 1961 ein Darlehen von 200.000 S erhalten. Die Beklagten haben zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an einigen Grundstücken der der Katharina P. gehörigen EZ. 638 KG. L. im Wege einer einstweiligen Verfügung ein Veräußerungs- und Belastungsverbot hinsichtlich dieser Liegenschaft erwirkt. Unter Ausnützung eines diesem Belastungs- und Veräußerungsverbot vorangehenden Ranges einer inzwischen getilgten Pfandschuld wurde das Pfandrecht für die eingangs angeführte Darlehensforderung der Kläger ob der EZ. 638 KG. L. einverleibt. Katharina P. wurde in der Folge durch Urteil verhalten, den Beklagten einige Grundstücke der EZ. 638 KG. L. unter Mitübertragung der Pfandbelastung ins Eigentum zu übertragen. Für diese Grundstücke wurde die neue EZ. 1519 KG. L. gebildet, ob dieser Einlage das Eigentumsrecht der Beklagten einverleibt und das Pfandrecht für die Darlehensforderung der Kläger als Nebeneinlage übertragen.

Die Kläger begehren Zuspruch eines Teilbetrages von 100.000 S samt 8% Zinsen seit 15. Februar 1966 bei Exekution in die Liegenschaft EZ. 1519 KG. L. Die Beklagten wenden ein, die Kläger seien nicht gutgläubig gewesen, weil sie das Pfandrecht trotz des haftenden Belastungs- und Veräußerungsverbotes erworben haben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstrichters, billigte dessen Rechtsausführungen und änderte das Urteil nur in dem den Klägern zuerkannten Zinsenbetrag ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Mit dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpfen die Beklagten die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, es sei bedeutungslos, ob die Kläger beim Erwerb des Pfandrechtes gutgläubig gewesen seien. Die Gutgläubigkeit wäre nach ihrer Ansicht entscheidend dafür gewesen, ob sich die Kläger mit Recht auf eine Pfandhaftung der Beklagten berufen können. Das Vertrauen auf das öffentliche Buch komme nämlich nur demjenigen zustatten, der die Abweichung des Buchstandes von der außerbücherlichen Rechtslage nicht kenne.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist jedoch unbedenklich. Das Veräußerungs- und Belastungsverbot hätte jedenfalls solchen bürgerlichen Rechten gegenüber wirksam werden können, die ihm im Range nachgefolgt und zuwidergelaufen wären. Die Einverleibung des Pfandrechts für die Forderung der Kläger im Range des Pfandrechts der getilgten Forderung des Österreichischen Credit-Instituts hätte nur dann eine dem Belastungsverbot widersprechende Belastung zur Folge gehabt, wenn im Zeitpunkt der bücherlichen Eintragung dieses Verbotes die Forderung des Österreichischen Credit-Instituts bereits getilgt gewesen wäre. Daß dies der Fall wäre, wurde von den Beklagten nicht behauptet. Da das Pfandrecht für die Forderung der Kläger auch im Range dem Veräußerungs- und Belastungsverbot vorausgeht, blieb dieses auf den Bestand des Pfandrechts ohne Einfluß. Es kommt auch der Frage des Vertrauens auf die Eintragungen in das öffentliche Buch keine rechtsentscheidende Bedeutung zu. Es ist zwar richtig, daß die Entscheidung SZ. XXV 186 den Rechtssatz enthält, demjenigen falle Arglist zur Last, der in Kenntnis, daß ein Ansuchen um Eigentumseinverleibung aus formellen Gründen abgewiesen worden sei, ein exekutives Pfandrecht gegen den bücherlichen Eigentümer zu erwirken versucht. Dieser Rechtssatz hat jedoch für den vorliegenden Fall keine Bedeutung, weil nicht feststeht, daß ob der EZ. 638 KG. L. ein neues Pfandrecht in Kenntnis der Ansprüche der Beklagten begrundet wurde. Eine Verfügung des Eigentümers im Sinne des § 469 ABGB. hat keine weiterreichende Wirkung, als wenn der Hypothekargläubiger seine Hypothekarforderung an einen Dritten abgetreten hätte (SZ. XX 26). Dazu wäre der Hypothekargläubiger trotz Kenntnis der Ansprüche eines Dritten auf die Liegenschaft schon deshalb berechtigt, weil eine weitergehende Belastung des Dritten damit nicht verbunden wäre. Daß sich Katharina P. den Beklagten gegenüber zur Tilgung der alten Hypothekarschuld und zur vorbehaltslosen Löschung des für diese alte Hypothekarschuld einverleibten Pfandrechts bzw. zur lastenfreien Abschreibung der von den Beklagten beanspruchten Grundstücke verpflichtet hätte und daß diese Verpflichtung den Klägerin im Zeitpunkt der Begründung des Pfandrechts für ihre Forderung bekannt gewesen wäre, haben die Beklagten gleichfalls nicht behauptet.

Das Wissen um die Ansprüche der Beklagten auf Übertragung des Eigentums an einigen Grundstücken der EZ. 638 KG. L. hat daher nicht zu einer Schlechtgläubigkeit geführt, die auf die Ansprüche der Kläger gegen die Beklagten irgendeinen Einfluß hätte. Für das Vorliegen eines sittenwidrigen Vorgehens der Kläger bei Geltendmachung der ihnen zustehenden Forderung fehlt jeder Anhaltspunkt.

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