OGH 8Ob150/66

OGH8Ob150/6621.6.1966

SZ 39/113

Normen

ABGB §879
ABGB §879

 

Spruch:

Die Vereinbarung, nach der eine Konzession sofort nach ihrer Verleihung zugunsten des Vertragspartners oder einer von diesem namhaft zu machenden Person zurückzulegen ist, ist wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ungültig

Entscheidung vom 21. Juni 1966, 8 Ob 150/66

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien

Text

Die Streitteile sind Brüder. Bis 1956 wohnte der Beklagte beim Kläger, der ihn unterstützte. Der Kläger ist Finanz- und Wirtschaftsberater und befaßt sich in Ausübung seines Berufes ständig mit der Beschaffung und Verwaltung von Konzessionen. Der Beklagte war eine Zeitlang in der Kanzlei des Klägers beschäftigt und war über dessen Tätigkeit in Konzessionsangelegenheiten informiert. Der Beklagte ist zumindest seit 1959 Taxiunternehmer und übte dieses Gewerbe schon damals auf Grund einer gepachteten Konzession aus. Ebenfalls 1959 wollte der Kläger um eine Taxikonzession ansuchen, um diese dann zu verwerten. Da er vermutete, daß ihm als Händler und Vermittler gewerblicher Berechtigungen eine solche Konzession schwerlich erteilt werden würde, beschloß er, eine andere Person als Konzessionswerber vorzuschieben. Hiezu erschienen ihm seine Gattin und sein Bruder geeignet. Er trat daher an den Beklagten heran und bat diesen, seine Unterschrift zu geben, damit der Kläger die Möglichkeit habe, eine Taxikonzession zu erhalten. Der Kläger erwartete vom Beklagten als seinem Bruder diese Gefälligkeit, weil er diesen jahrelang unterstützt hatte und nicht annahm, dieser werde für die bloße Unterschrift eine Gegenleistung verlangen. Der Beklagte verstand sich zu dieser Unterschrift unter der Bedingung, daß ihm dadurch keine Kosten erwüchsen. Davon, daß die auf den Namen des Beklagten zu erlangende Konzession für diesen selbst bestimmt sein sollte, war keine Rede. Der Kläger erwähnte aber, daß er zur Verwertung der Konzession noch eine Unterschrift des Beklagten benötigen werde. Dem Beklagten mußte also klar gewesen sein, daß er bei dem zu stellenden Konzessionsansuchen nur als Strohmann seines Bruders vorgeschoben werde. In der Folge unterschrieb der Beklagte eine auf Dr. W. als Vollmachtsträger lautende Vollmacht. Die Information für das im Namen des Beklagten einzubringende Gesuch sowie die erforderlichen Unterlagen übergab der Kläger dem Dr. W. Er verpflichtete sich auch zur Bezahlung der Kosten des Anwalts und hat diese Kosten auch tatsächlich entrichtet, ohne vom Beklagten Rückersatz zu begehren. Als die Konzession 1964 erteilt wurde, wurde sie dem Vertreter Dr. W. zugestellt, der sie dem Kläger ausfolgte. Als der Beklagte von der Konzessionserteilung, der Zustellung der Urkunde an Dr. W. und der Weitergabe an den Kläger erfuhr, verlangte er von letzterem unter der Drohung mit der Polizei die Herausgabe der Urkunde. Der Kläger schlug dem Beklagten hierauf vor, er möge die Konzession behalten und dem Kläger dafür 50.000 S bezahlen oder die Konzession dem Kläger gegen Zahlung von 50.000 S überlassen. Der Beklagte lehnte ab und bestand auf Herausgabe der Urkunde. Diesem Verlangen entsprach der Kläger.

Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, den zuständigen Behörden gegenüber die Erklärung abzugeben, daß er die ihm mit Konzessionsurkunde vom 25. März 1964, ausgestellt auf Grund des Bescheides des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 4. Februar 1964, erteilte Berechtigung zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerksgewerbes unter der Bedingung zurücklege, daß dem Kläger oder einer von diesem noch zu benennenden Person eine gleichlautende Konzession erteilt werde.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab.

Den Sachverhalt beurteilte das Berufungsgericht wie folgt:

Der Beklagte, dem die Geschäftspraktiken seines Bruders in Konzessionssachen bekannt gewesen seien, habe unter den gegebenen Umständen die Bitte des Klägers, eine Vollmacht zu unterschreiben, weil er die Möglichkeit habe, Taxikonzessionen zu erhalten, nicht anders verstehen können, als daß er, der Beklagte, bloß als Strohmann vorgeschoben werden solle. Der Beklagte habe, selbst wenn der Kläger dies nicht erwähnt hätte, nicht darüber in Zweifel sein können, daß er eine ihm auf Grund dieses Ansuchens erteilte Konzession dem Kläger zur Verfügung zu stellen habe. Dies könne aber, wie dem Beklagten ebenfalls bekannt sein müsse, nur dadurch geschehen, daß er die Konzession unter der Bedingung der Verleihung an den Kläger oder an eine von diesem zu bezeichnende Person zurücklege. Wenn also der Beklagte dem Kläger eine auf dessen Anwalt lautende Vollmacht in Kenntnis des ihm vom Kläger mitgeteilten Umstandes, daß diese Konzession materiell für den Kläger bestimmt sein solle, fertigte, liege darin eine im Sinne des § 863 ABGB. schlüssige Vereinbarung, daß der Beklagte nach Erteilung der Konzession alle Handlungen vorzunehmen habe, die dem Kläger die Verwertung der Konzession ermöglichten, also auch die Zurücklegung unter der erwähnten Bedingung. Eine solche Vereinbarung verstoße weder gegen das Gesetz noch gegen die guten Sitten. Denn die Erteilung einer Konzession stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, die die Einigung des Konzessionswerbers zu prüfen habe. Es stehe der Behörde frei, die bedingte Zurücklegung der Konzession nicht zur Kenntnis zu nehmen, wenn sie gegen die Person desjenigen, zu dessen Gunsten die Konzession zurückgelegt werde, begrundete Bedenken habe. Es könne daher nicht gesagt werden, daß mit der festgestellten Vereinbarung eine Täuschung der Verwaltungsbehörde oder eine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften habe bewirkt werden können. In der Erfüllung des Verlangens des Beklagten auf Ausfolgung der Konzessionsurkunde sei ein schlüssiger Verzicht des Klägers auf sein Recht aus der festgestellten Vereinbarung nicht abzuleiten. Ein Verzicht könne zwar auch stillschweigend durch schlüssige Handlungen erklärt werden, er sei aber nur dann anzunehmen, wenn besondere Umstände zwingend darauf hindeuteten. Solche Umstände lägen aber nicht vor. Die Zurückstellung der Konzessionsurkunde hänge mit der Vereinbarung, die Konzession bedingt zurückzulegen, nicht in einer Weise zusammen, daß in der unter Drohung mit der Polizei zustande gekommenen Rückgabe der Urkunde auch ein Verzicht auf die Erfüllung der Vereinbarung erblickt werden müßte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und stellte in Abänderung des zweitgerichtlichen Urteiles das Urteil der ersten Instanz wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Einwand des Beklagten, die zwischen ihm und dem Kläger getroffene Vereinbarung, wonach er die Konzession sofort nach Verleihung zugunsten des Klägers oder einer von diesem namhaft zu machenden Person zurückzulegen habe, sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ungültig, ist begrundet.

Ein solcher Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 879 (1) ABGB. liegt dann vor, wenn etwas offenbar geradezu widerrechtlich ist, ohne gegen ein ausdrückliches gesetzliches Verbot zu verstoßen, also zwar nicht gesetz-, aber grob rechtswidrig ist (vgl. Klang-Komm.[2] IV 181). Die Vereinbarung, wonach der der Behörde gegenüber als Konzessionswerber auftretende Beklagte verpflichtet sein sollte, die Konzession sofort nach Verleihung zugunsten des Klägers oder eines von diesem namhaft gemachten Dritten zurückzulegen, muß als offenbar rechtswidrig im angeführten Sinn beurteilt werden, weil Vereinbarungen dieser Art geeignet sind, die in Konzessionsangelegenheiten vorgesehene staatliche Aufsicht zu beeinträchtigen (vgl. Ehrenzweig[2] II/1, § 316 S. 177 nach Anm. 98). Ein solches Vorgehen würde es einer Person, die selber aus bestimmten Gründen gar nicht als Konzessionswerber der Behörde gegenüber mit Erfolg auftreten könnte, ermöglichen, finanziellen Nutzen aus solchen Transaktionen mit Konzessionen zu ziehen. Hebt doch der Kläger selbst in der Klage hervor, der Inhalt der zwischen ihm und dem Beklagten getroffenen Vereinbarung sei es gewesen, daß der wirtschaftliche Nutzen der Konzession dem Kläger zukommen solle. Eine Konzession darf auch nicht auf einem solchen Umweg zu einer Handelsware gemacht werden. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß die Gewerbebehörde die Möglichkeit hat, auf die bei einer solchen Konzessionsrücklegung gestellte Bedingung (Wiederverleihung an eine andere bei der Konzessionsrücklegung genannte Person) nicht einzugehen oder sogar die Konzession einzuziehen, zumal es ohne weiteres denkbar ist, daß von den Beteiligten finanzieller Vorteile wegen der Gewerbebehörde gegenüber der wahre Sachverhalt verschwiegen wird.

Der Rechtssatz, auf die Ungültigkeit eines verbotenen Geschäftes könne sich grundsätzlich nur der durch die Verbotsnorm Geschützte berufen, kommt hier nicht zur Anwendung. Er hat nur dann Geltung, wenn die Ungültigkeit die Folge eines Verbotes mit Schutzzweck ist (vgl. Klang-Komm.[2] 171 f., bei Anm. 102), was hier nicht der Fall ist. Die Rechtswidrigkeit folgt hier aus der Beeinträchtigung der in Konzessionsangelegenheiten vorgesehenen staatlichen Aufsicht.

Es war daher schon aus rechtlichen Erwägungen der Revision des Beklagten Folge zu geben und das Urteil der ersten Instanz wieder herzustellen, ohne daß es eines Eingehens auf die weiteren Ausführungen in der Revision bedurft hätte.

Stichworte