OGH 5Ob49/66

OGH5Ob49/6621.4.1966

SZ 39/76

Normen

KO §110
KO §172
ZPO §235
KO §110
KO §172
ZPO §235

 

Spruch:

Das Klagebegehren im Prüfungsprozeß kann nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist; es gibt daher im Prüfungsprozeß keine Erweiterung oder Änderung des Klagsgegenstandes und auch keine Klagsänderung. § 235 ZPO. ist trotz § 172 KO. in diesen Fällen nicht anwendbar

Entscheidung vom 21. April 1966, 5 Ob 49/66

I. Instanz: Kreisgericht Steyr; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz

Text

Mit dem vorliegenden - im Sinne des § 187 ZPO. zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen - Klagen begehrte der Kläger gegenüber dem Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Georg T. und über das Vermögen der Margarete T. die Feststellung, daß seine Forderung im Konkurs des Georg T. mit dem Betrage von 58.000 S und im Konkurs der Margarete T. mit 50.000 S zu Recht bestehe.

Das Erstgericht gab diesem Begehren betreffend beide Konkurse hinsichtlich eines Betrages von je 20.000 S statt, wies aber das Mehrbegehren ab. Es vertrat die Auffassung, daß ein über den Betrag von 60.000 S abgegebenes Anerkenntnis ein Scheingeschäft gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers gegen die Abweisung seines Mehrbegehrens nicht Folge, änderte aber - der Berufung des Beklagten stattgebend - das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren betreffend beide Konkurse zur Gänze kostenpflichtig abwies, und zwar im wesentlichen mit folgender Begründung:

Es sei vom Erstgericht unbekämpft festgestellt worden, daß der Kläger sowohl im Konkurs Georg T. als auch im Konkurs Margarete T. eine Forderung von 60.000 S "für gewährte Darlehen und andere Leistungen" angemeldet habe. Aus den im Berufungsverfahren vorgelegten Gleichschriften der Forderungsanmeldungen, deren Echtheit unbestritten sei, ergebe sich weiter, daß eine nähere Aufschlüsselung dieses Betrages in den Anmeldungen nicht erfolgt sei. Es sei vielmehr darauf verwiesen worden, daß ein Schuldschein errichtet werden sollte, es aber zu seiner Unterfertigung nicht mehr gekommen sei, da Georg T. verhaftet und über das Vermögen der Eheleute T. der Konkurs eröffnet worden sei.

Bei den vorliegenden Rechtsstreitigkeiten handle es sich um Prüfungsprozesse. Gegenstand des Prüfungsprozesses sei immer die strittige Konkursforderung. Der Prüfungsprozeß sei stets ein Feststellungsprozeß. Das Feststellungsbegehren des Anmeldenden sei auf den im Prüfungsverfahren angemeldeten Anspruch, insbesondere auch hinsichtlich des Klagsgrundes und des Betrages beschränkt. Eine Änderung oder Erweiterung dieses Klagsgegenstandes sei unzulässig. Es gebe daher keine Klagsänderung, wenn der Anmeldende seinen Anspruch unrichtig begrundet oder unrichtig beziffert habe.

Er müsse vielmehr dann diesen Anspruch neu anmelden. Die Begrenzung der Prüfungsklage sei von Amts wegen jederzeit wahrzunehmen.

In den vorliegenden Klagen sei behauptet worden, daß Georg T. für sich und seine Frau anerkannt habe, für verschiedene Leistungen dem Kläger einen Betrag von 60.000 S zu schulden. Die Behauptung in der Anmeldung, daß über diesen Betrag ein Schuldschein habe errichtet werden sollen, könne noch als die Behauptung eines Anerkenntnisses über diesen Betrag aufgefaßt werden. Dieses Anerkenntnis sei daher der Rechtsgrund für die angemeldete Forderung und damit auch für die im Prüfungsprozeß begehrte Feststellung des Bestandes dieser Forderung.

Der Kläger könne sich aber nicht mit Recht auf dieses Anerkenntnis stützen. Aus den vom Erstgericht getroffenen unbedenklichen Feststellungen ergebe sich nämlich, daß Georg T. vor dem drohenden Konkurs noch einen Teilbetrag habe retten wollen. Dies habe in der Weise geschehen sollen, daß eine Schuld von 60.000 S anerkannt werde, davon aber nur ein Betrag von 20.000 S als schon bestehende Schuld für bisher erbrachte Leistungen gelten solle, während für den Restbetrag der Kläger Maschinen zu liefern gehabt hätte. Unbestritten sei aber, daß der Kläger Maschinen nicht geliefert habe. Aus seinem Vorbringen im vorliegenden Prozeß, laut dem er das Zustandekommen einer Vereinbarung dieses Inhaltes überhaupt bestritten habe, ergebe sich weiters, daß er auch jetzt jedenfalls nicht mehr bereit sei, diese Maschinen im Werte von 40.000 S zu liefern. Daher sei der Masseverwalter unabhängig von den in der Konkursordnung vorgesehenen Rücktrittsmöglichkeiten schon gemäß § 918 ABGB. berechtigt, wegen Verzuges des Vertragspartners mit seinen Leistungen von diesem Vertrag zurückzutreten. Da sich aus dem Verhalten und dem Vorbringen des Klägers eindeutig ergebe, daß er nicht bereit sei, die ihm obliegende Lieferung von Maschinen zu erbringen, könne auch die Setzung einer Nachfrist als zwecklos entfallen. Die Rücktrittserklärung des Masseverwalters sei in seiner Behauptung zu erblicken, daß die getroffene Vereinbarung nicht verbindlich sei, weil sie anfechtbar sei und überdies ein Scheingeschäft darstelle. Diese Erklärung des Masseverwalters wäre mit der Absicht, das Geschäft aufrecht zu erhalten und es zu erfüllen, unvereinbar. So wie die Rücktrittserklärung aber durch die Klage ersetzt werden könne, so könne sie auch durch eine entsprechende Einwendung des Beklagten, wenn dieser zurücktreten wolle, ersetzt werden.

Die Auffassung des Erstgerichtes, daß es sich bei dem Anerkenntnis des Betrages von 60.000 S um ein Scheingeschäft gehandelt habe, könne allerdings nicht geteilt werden.

Der Wille der Parteien sei wirklich auf das Anerkenntnis einer Schuld von 60.000 S gerichtet gewesen. Allerdings sei dem Erstgericht darin beizupflichten, daß die Parteien durch den Abschluß dieses Geschäftes Dritte, insbesondere Konkursgläubiger, haben täuschen wollen. Es liege daher ein sogenanntes Umweggeschäft vor, bei dem die Erklärung tatsächlich dem gewollten Geschäft entspreche, aber dieses Geschäft die anderen Absichten der Parteien habe verdecken sollen.

Beim Umweggeschäft gelte aber zwischen den Parteien das tatsächlich vereinbarte Geschäft, wenn es auch demjenigen gegenüber, der getäuscht werden sollte, nach den wahren wirtschaftlichen Absichten zu beurteilen sein möge. § 916 ABG. sei in diesem Fall nicht anwendbar.

Da aber dem erklärten Anerkenntnis wegen des berechtigten Rücktrittes des Masseverwalters keine Rechte mehr abgeleitet werden können, sei auch die Frage, ob es wegen der Absicht der Benachteiligung von Gläubigern anfechtbar sei, nicht zu erörtern und somit das Klagebegehren zur Gänze abzuweisen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei Behandlung der Rechtsrüge ist davon auszugehen, daß nach dem Inhalt der im Akte erliegenden - und hinsichtlich Echtheit und Richtigkeit anerkannten - schriftlichen Anmeldungen der Klagsforderungen im Konkurs des Georg und der Margarete T. diese Forderungen auf "gewährte Darlehen und andere Leistungen" gestützt wurden. Gemäß § 110 (1) zweiter Satz KO. kann das Klagebegehren im Prüfungsprozeß nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist. Denn die ordnungsgemäße Abwicklung des Prüfungsverfahrens erfordert, daß es keinen Prüfungsprozeß ohne vorhergehende Forderungsanmeldung gibt; es gibt daher im Prüfungsprozeß keine Erweiterung oder Änderung des Klagsgegenstandes und auch keine Klagsänderung, § 235 ZPO. ist trotz § 172 KO. in diesen Fällen nicht anwendbar. Diese Begrenzung der Prüfungsklage ist von Amts wegen jederzeit zu beachten. Erachtet der Kläger im Prüfungsprozeß ein Hinausgehen des Klagebegehrens über die seinerzeit angemeldete Konkursforderung für erforderlich, so hat er gemäß § 107 KO. die Möglichkeit, eine neue Forderungsanmeldung zu machen (s. Bartsch - Pollak[3] I S. 512, 513, Anm. 31 zu § 110 KO.). Die Norm des § 110 (1) zweiter Satz KO., daß das Klagebegehren sich auf den im Prüfungsverfahren angeführten Grund stützen muß, beruht auf der Erwägung, daß nur die Feststellung einer im Prüfungsverfahren bestrittenen Forderung erforderlich und zulässig ist; würde bei Austragung der Klage die Änderung des vorher im Prüfungsverfahren angeführten Klagsgrundes zugelassen, so würde eine Feststellungsklage hinsichtlich einer im Prüfungsverfahren gar nicht angemeldeten und daher auch dort nicht bestrittenen Forderung stattfinden (s. Lehmann, Komm. zur KO., AO., AnfO. 1916 S. 625).

Da nun in den in Betracht kommenden - übrigens vom derzeitigen Klagevertreter verfaßten - Anmeldungen ein Anspruch von insgesamt 60.000 S geltend gemacht und auf "gewährte Darlehen und andere Leistungen" gestützt wurde, hiebei aber nicht angegeben wurde, welcher Betrag aus einem Darlehen verlangt werde und welche Beträge für andere Leistungen, die noch dazu im einzelnen überhaupt nicht bezeichnet wurden, waren die Anmeldungen in beiden Konkursen nicht entsprechend der Bestimmung des § 103 KO. verfaßt, laut der der Betrag der Forderung - und zwar nicht in Bausch und Bogen, sondern bei aus verschiedenen Titeln angemeldeten Forderungen die jeweils auf die einzelnen Titel entfallenden Beträge - und die anspruchsbegrundenden Tatsachen anzuführen sind; denn nur dann ist dem Masseverwalter - auch dem Gemeinschuldner und den übrigen Konkursgläubigern - die Möglichkeit gegeben, sich sachgemäß über den Bestand des angemeldeten Anspruches zu unterrichten, damit sie in der Lage sind, sich im Prüfungsverfahren über den Bestand und allenfalls auch über die Rangordnung der angemeldeten Konkursforderung richtig zu äußern (s. Bartsch - Pollak[3] I S. 480 zu § 103 KO.).

Diesfalls hat der Kläger aber jedenfalls in seinen Anmeldungen nur von "gewährten Darlehen und anderen Leistungen" gesprochen, jedoch erst in der Klage seinen Anspruch nunmehr auf ein Anerkenntnis der Gemeinschuldner begrundet. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes hat er dies nicht bereits deshalb schon in den Forderungsanmeldungen getan, weil er dort davon gesprochen hat, es habe ein Schuldschein errichtet werden sollen; denn hiemit ist noch keineswegs ein Anerkenntnis behauptet worden.

Somit hat der Kläger seine beiden Klagen nicht auf den Rechtsgrund gestützt, auf den er in den Anmeldungen Bezug genommen hatte. Daß dies gemäß § 110 (1) zweiter Satz KO. unzulässig ist, wurde bereits oben gesagt. Er hat aber auch erst in den Klagen - und daher zu spät - überhaupt im einzelnen die Beträge und die anspruchsbegrundenden Tatsachen angeführt, die durch das nunmehr erst behauptete Anerkenntnis zwischen den Parteien geregelt werden sollten.

Da also beide Klagen auf anderen Grundlagen gestützt werden als die betreffenden Forderungsanmeldungen im Konkurs, können sie schon deshalb keinen Erfolg haben, sodaß sie mit Recht zur Gänze abgewiesen wurden.

Somit war der Revision der Erfolg zu versagen.

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