OGH 6Ob312/65

OGH6Ob312/6526.1.1966

SZ 39/13

Normen

ABGB §141
AußStrG §1
JN §29
ABGB §141
AußStrG §1
JN §29

 

Spruch:

Über den vom ehelichen Vater vor erreichter Großjährigkeit seines Sohnes gestellten Antrag, das Erlöschen der Unterhaltspflicht auszusprechen, hat das Pflegschaftsgericht auch nach erreichter Großjährigkeit im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden

Entscheidung vom 26. Jänner 1966, 6 Ob 312/65

I. Instanz: Bezirksgericht Zell am See; II. Instanz: Landesgericht Salzburg

Text

Am 20. Juli 1965 stellte der unterhaltspflichtige Vater mit der Behauptung, daß sein ehelicher Sohn infolge Ablegung der Reifeprüfung selbsterhaltungsfähig sei, den Antrag "auf Streichung der monatlichen Alimentation in der Höhe von 1350 S."

Am 2. August 1965 hat der Sohn Wolfgang das 21. Lebensjahr vollendet.

Das Erstgericht hat ausgesprochen, daß der eheliche Vater mit seinem Antrag auf Enthebung von einer weiteren Unterhaltspflicht auf den Rechtsweg verwiesen wird. Es begrundete seinen Beschluß damit, daß der Sohn Wolfgang am 2. August 1965 infolge Vollendung des 21. Lebensjahres die Eigenberechtigung erlangt habe und daß damit die Tätigkeit des Pflegschaftsgerichtes beendet sei.

Dem vom Vater gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht Folge. Der Beschluß des Erstgerichtes wurde aufgehoben und diesem aufgetragen, nach Ergänzung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem Weisungsgrund neuerlich zu entscheiden.

Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, daß zufolge der Bestimmung des § 29 JN. das Vormundschafts- und Pflegschaftsgericht trotz der infolge der Großjährigkeit des Mundels oder Pflegebefohlenen eingetretenen Beendigung seiner Tätigkeit weiterhin zur Entscheidung über solche Anträge zuständig sei, welche vor erreichter Großjährigkeit gestellt worden sind. Es sei daher der eheliche Vater mit seinem vor erreichter Großjährigkeit seines Sohnes gestellten Antrag nicht auf den Rechtsweg zu verweisen, vielmehr sei über den Antrag nach Prüfung des Sachverhaltes meritorisch zu entscheiden gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Sohnes nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Ausführungen im Revisionsrekurs gehen unter Hinweis auf die Entscheidung SZ. XVI 142 im wesentlichen dahin, daß die vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht deshalb verfehlt sei, weil mit Beendigung der Pflegschaft die Tätigkeit des Pflegschaftsgerichtes von selbst entfalle. Auch dann, wenn der Antrag des ehelichen Vaters kurz vor Erreichung der Großjährigkeit des Kindes eingebracht wurde, stehe dem Pflegschaftsgericht, wenn es erst nach erreichter Großjährigkeit des Kindes über diesen Antrag entscheide, keine Pflegschaftsgerichtsbarkeit mehr zu. Gegen das Fortbestehen des Exekutionstitels, welcher nach wie vor in Kraft sei, könne das Erlöschen der Unterhaltspflicht nur im Wege einer Oppositionsklage oder einer negativen Feststellungsklage geltend gemacht werden. Keinesfalls aber sei der Außerstreitrichter berechtigt, nach Erreichung der Großjährigkeit des Pflegebefohlenen noch eine Entscheidung zu fällen, weil mit der Erreichung der Großjährigkeit die Zuständigkeit des Außerstreitrichters von selbst weggefallen sei.

Diesen Ausführungen kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Der Entscheidung SZ. XVI 142 liegt gegenüber dem vorliegenden Sachverhalt insoweit ein anderer Sachverhalt zugrunde, als dort vom ehelichen Vater drei Tage vor erreichter Großjährigkeit seines Kindes der Antrag gestellt wurde, auszusprechen, daß seine Unterhaltspflicht vom Tage der erreichten Großjährigkeit erloschen sei, während hier mit der Begründung, daß der eheliche Sohn selbsterhaltungsfähig sei, der Ausspruch des Erlöschens der Unterhaltspflicht des Vaters mit dem Tage der Antragstellung (20. Juli 1965) begehrt wird und die Großjährigkeit des Sohnes erst am 2. August 1965 eintrat.

In der Sache selbst ist davon auszugehen, daß auf Grund des Judikates 237 = GlUNF. 7608 und anderer zahlreicher Entscheidungen über Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist, während Unterhaltsansprüche eigenberechtigter Kinder auf dem Rechtsweg geltend zu machen sind. In diesem Zusammenhang wurde wiederholt ausgesprochen, daß das Pflegschaftsgericht dann, wenn ein Erhöhungsantrag vor erreichter Großjährigkeit beim Pflegschaftsgericht gestellt worden ist, dieses dann, wenn es erst nach erreichter Großjährigkeit des Pflegebefohlenen darüber entschieden hat, seine Kompetenz deshalb nicht überschritten hat, weil es gemäß § 29 JN. bis zur Beendigung der rechtmäßigerweise bei ihm angängig gemachten Sache zuständig bleibt, obwohl mittlerweile der Pflegebefohlene großjährig geworden ist (3 Ob 661/50 = JBl. 1951 S. 574, 5 Ob 227/63). Insbesondere in der letztgenannten Entscheidung, welcher ein Antrag auf Herabsetzung des Unterhaltes zugrunde lag, wurde die Auffassung vertreten, daß das Vormundschaftsgericht auch dann zur Unterhaltsentscheidung zuständig bleibt, wenn das Kind vor der Beschlußfassung großjährig wird, sofern nur der Antrag, über den zu entscheiden ist, vor Erreichung der Großjährigkeit gestellt wurde.

Diese Erwägungen sind uneingeschränkt auch auf den vorliegenden Fall, wo es sich zwar nicht um eine Herabsetzung der Unterhaltsleistung, sondern um den Ausspruch des Erlöschens der Unterhaltspflicht handelt, anwendbar.

Aus allen diesen Gründen hat im vorliegenden Fall das Rekursgericht zutreffend erkannt, daß über den vom Vater vor erreichter Großjährigkeit seines Sohnes gestellten Antrag auf Ausspruch des Erlöschens seiner Unterhaltspflicht wegen Selbsterhaltungsfähigkeit des Sohnes, trotz der inzwischen eingetretenen Großjährigkeit des Sohnes, noch vom Pflegschaftsgericht im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist.

Soweit im Revisionsrekurs auf Fasching, Kommentar zu den ZP.- Gesetzen, I. Band S. 136 zu § 1 JN. verwiesen wird, so findet darin der Standpunkt des Rekurswerbers keine Stütze, denn Fasching sagt bloß, daß das Begehren des Vaters, festzustellen, daß der Unterhaltsanspruch des ehelichen Sohnes mit Eintritt der Großjährigkeit erloschen ist, nach Eintritt der Großjährigkeit nicht mehr im außerstreitigen Verfahren geltend gemacht werden kann. Im vorliegenden Fall wurde aber nicht die erreichte Großjährigkeit als Erlöschensgrund, sondern die erreichte Selbsterhaltungsfähigkeit geltend gemacht, der Ausspruch nicht mit dem Zeitpunkt der erreichten Großjährigkeit, sondern mit dem vorher liegenden Tag der Antragstellung begehrt und der Antrag nicht nach erreichter Großjährigkeit des Kindes gestellt, sondern zu einem Zeitpunkt, als dieses noch minderjährig gewesen ist.

Auch der Umstand, daß Fasching bei seinen oben wiedergegebenen Ausführungen die Entscheidung SZ. XVI 142 zitiert, vermag an diesen Erwägungen nichts zu ändern, da, wie bereits oben dargelegt wurde, der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ein anderer als im vorliegenden Fall ist.

Was schließlich den Umstand anlangt, daß der Vater in seinem Antrag mit den Worten "Ich habe ihm die Finanzierung seines Studiums unter der Voraussetzung zugesagt ..." auf das Vorliegen einer über die Selbsterhaltungsfähigkeit und Großjährigkeit des Sohnes hinausgehenden Unterhaltungsvereinbarung hinzuweisen scheint und daß auch die Mutter eine derartige Vereinbarung über eine Unterhaltungsleistung des Vaters bis zum 25. Lebensjahr seines Sohnes behauptet, so stehen diese Behauptungen für sich allein vorläufig einer Entscheidung über den vom Vater gestellten Antrag im außerstreitigen Verfahren zufolge der Bestimmung des § 2 (2) Z. 7 AußStrG. so lange nicht entgegen, als nicht feststeht, daß die Mittel des außerstreitigen Verfahrens zu einer sachgemäßen Entscheidung nicht ausreichen.

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