Normen
Allgemeine Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute Pt. 1 (1)
Allgemeine Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute Pt. 1 (1)
Spruch:
Zur Frage der Kontoinhabung und des Verfügungsrechtes über ein Bankkonto
Entscheidung vom 21. Dezember 1965, 8 Ob 283/65
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien
Text
Der Kläger begehrt die Verurteilung des beklagten Masseverwalters, in die Ausfolgung des auf dem Konto Nr. 12.732, "Hans T. & Co." beim Bankhaus Sch. & Co. erliegenden Betrages an die klagende Partei einzuwilligen.
Das Erstgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben. Es ist hiebei von folgenden wesentlichen Feststellungen ausgegangen: Der Gemeinschuldner Robert D. sei Komplementär der ebenfalls im Konkurs befindlichen Firma B. gewesen und habe den Kläger gekannt. Als sich die finanzielle Lage der Firma B. immer mehr verschlechtert habe, sei Robert D. mit mehreren Personen, darunter dem Kläger, wegen Sanierung der Firma in Verbindung getreten. Aus diesen Plänen sei aber nichts geworden. Etwas später sei D neuerlich an den Kläger herangetreten und habe ihm erklärt, daß eine Drogengroßhandlung zu erwerben sei und daß er hiezu Darlehensgeber und Teilhaber benötige. Anfang April 1962 habe D. dem Kläger erklärt, daß er (D.) die Firma Hans T. bereits gekauft habe, daß das Warenlager dieser Firma einen Wert von 100.000 S habe, Mr. L. bereit sei, einen Warenkredit von 100.000 S zu gewähren, und daß er (D.) noch einen Betrag von weiteren 100.000 S benötige, um Einkäufe zu machen und an Hans T. den restlichen Kaufpreis zu bezahlen. Er habe dem Kläger vorgerechnet, daß bei einem Warenumsatz von 300.000 S und einer Handelsspanne von 29% ein monatlicher Rohgewinn von 90.000 S, und nach Abzug der Spesen und Abgaben ein monatlicher Verdienst von 40.000 S zu erzielen sei. Tatsächlich habe jedoch Robert D. niemals einen Kaufvertrag mit Hans T. oder dessen Bevollmächtigten Mr. L. über das Unternehmen des Hans T. geschlossen. Der Kläger habe auf den Vorschlag des Robert D., dessen Teilhaber zu werden, erklärt, er wolle noch abwarten, was an diesem Unternehmen dran sei und wie es sich entwickeln werde. Da D. jedoch erklärt habe, er benötige das Geld, da sonst alles verloren sei, habe der Kläger mit D. verabredet, diesem ein Darlehen von 25.000 S zu gewähren. Vereinbarungen über Rückzahlung und Verzinsung des Darlehens seien nicht getroffen worden. Es sei nicht erwiesen, daß zwischen D. und dem Kläger damals ein Gesellschaftsverhältnis vereinbart worden wäre. Nach der Darlehenszusage durch den Kläger habe dieser sich den Betrieb der Firma T. angesehen und bemerkt, daß die früheren Angestellten der Firma B., die ihm bekannt gewesen seien, dort arbeiteten. Der Kläger sei daher überzeugt gewesen, daß Robert D. die Firma T. gekauft habe. Tatsächlich habe D. am 17. März 1962 in der Firma T. eine Inventur vorgenommen und mit seinen Familienangehörigen und seinen früheren Angestellten dort zu arbeiten begonnen. Er habe die mit T. geführten Besprechungen über den Erwerb des Unternehmens schon als perfekten Verkauf des Unternehmens betrachtet und als dessen Eigentümer gehandelt, obwohl hiefür kein objektiver Grund gegeben gewesen sei. Am 6. April 1962 habe Robert D. dem Kläger erklärt, daß sich das Unternehmen gut anlasse, daß bereits große Umsätze getätigt worden seien und noch größere bevorstunden, daß aber Waren eingekauft werden müßten, die Mr. L. nur dann liefere, wenn sie zumindest teilweise bezahlt würden. Der Kläger habe sich bereit erklärt, ein weiteres Darlehen von 50.000 S zu geben. Da er jedoch eine Kontrolle über die Verwendung dieses Geldes gewünscht habe, sei vereinbart worden, daß es auf ein Konto beim Bankhaus Sch. & Co. erlegt werden und D. die Einzelzeichnungsberechtigung über das Konto haben solle. Dieses Konto sei mit einer Einlage von 300 S eröffnet worden, welches Geld aus dem ersten Darlehen von 25.000 S, gestammt habe. Dann habe der Kläger dem Robert D. einen Scheck über 50.000 S gegeben. D. hätte diesen einlösen und das Geld auf das Konto einlegen sollen. In der Folge, sei es zwischen dem Kläger und D. zu Zerwürfnissen gekommen, da D. Schwarzverkäufe vorgenommen und sie trotz seines Versprechens, solches nicht mehr zu tun, fortgesetzt habe. Der Kläger habe D. mit der Wirtschaftspolizei gedroht, worauf D. sich mit seiner Gattin entfernte und sich im Unternehmen T. nicht mehr habe sehen lassen. D. habe bei Beginn seiner Tätigkeit bei der Firma T. in diese Firma verschiedene Waren und Geräte aus dem Bestande der Firma B. eingebracht. Die Waren seien zur Gänze, die Geräte bis auf einige Kleinigkeiten, die der Konkursmasse um 500 S abgekauft worden seien, an Robert D. bzw. die Konkursmasse zurückgegeben worden. Die auf dem klagsgegenständlichen Konto erliegenden Beträge stammten zur Gänze aus Bareinlagen des Klägers und aus dem Verkauf von Waren der Firma T. Die Zeichnungsberechtigung für dieses Konto sei später in eine kollektive Befugnis des Klägers und D.'s, dann in eine Alleinzeichnungsberechtigung des Klägers umgewandelt worden. D. habe mit einem Schreiben vom 14. Mai 1962 das Bankhaus Sch. & Co. verständigt, daß er aus der Firma T. ausgeschieden und damit sein Zeichnungsrecht über das Klagsgegenständliche Konto erloschen sei, nachdem er dies schon vorher am 17. April 1962 mündlich bekanntgegeben gehabt habe. Die Firma Hans T. sei seit 1. Juni 1960 protokolliert gewesen, Alleininhaber sei zunächst Hans T. gewesen. Am 24. Mai 1962 sei der Kläger als Alleininhaber eingetragen, am 24. Dezember 1963 sei die Firma gelöscht worden. Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 1. und 14. August 1963 sei vereinbart worden, daß das Unternehmen rückwirkend mit 19. März 1962 auf den Kläger übergehen sollte.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß durch das Zusammenwirken des Klägers und des Gemeinschuldners Robert D. jedenfalls ein Gesellschaftsverhältnis entstanden sei. Da keine nähere Vereinbarung über den Inhalt des Gesellschaftsverhältnisses getroffen worden sei, müsse das Vorliegen einer offenen Handelsgesellschaft angenommen werden. Dieses Gesellschaftsverhältnis sei durch konkludente Handlungen begrundet und ebenso beendet worden. Auf diese Weise sei die Weiterführung des Unternehmens durch den Kläger allein konkludent beschlossen worden. Daher sei gemäß Art. 7 Nr. 15 (1) der 4. Einführungsverordnung zum HGB. der Anteil des ausscheidenden D. dem übrigbleibenden Kläger zugewachsen. Auch wenn man das Vorliegen einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht annehmen sollte, hätte die beklagte Partei nur Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben, aber keinen Anspruch auf einen bestimmten Teil des Gesellschaftsvermögens. Durch Einlage des Geldes bei der Bank sei diese Eigentümerin des Geldes geworden und dem Kontoinhaber stehe nur ein obligatorisches Recht gegen die Bank zu. Das Konto sei jedoch ein Bestandteil des Unternehmens als einer Gesamtsache, die zuerst im Eigentum des Hans T. gestanden und auf Grund eines Kaufvertrages ins Eigentum des Klägers übergegangen sei. Dies würde auch gelten, wenn überhaupt kein Gesellschaftsverhältnis, sondern nur ein reiner Darlehensvertrag vorliegen sollte.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es übernahm die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, der Kläger und D. hätten sich zu einer offenen Handelsgesellschaft zusammengeschlossen, sei nicht haltbar, da festgestellt worden sei, daß ein Gesellschaftsvertrag unbewiesen geblieben sei. Entscheidend seien die Feststellungen, daß die 75.000 S nach der übereinstimmenden Absicht des Klägers und des D. als Darlehen gegeben worden seien und daß das auf dem umstrittenen Konto erliegende Geld aus den beiden Zahlungen des Klägers und aus Warenverkäufen stamme. Diese Feststellungen seien der Berufungsentscheidung zugrunde zu legen. Daraus folge, daß das Bankguthaben alleiniges Vermögen des Klägers sei und der Gemeinschuldner D. daran keinen Anteil habe. Auch eine D. gegen den Kläger zustehende Forderung im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung eines Gesellschaftsvermögens komme nicht in Betracht, da eine Gesellschaft zwischen dem Kläger und D. nie bestanden habe. Im Ergebnis sei daher das Ersturteil zutreffend.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge, hob die untergerichtlichen Urteile auf und verwies die Rechtssache zur Fortsetzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Mit dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpft die Revision die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß aus der Feststellung, das auf dem umstrittenen Konto liegende Geld stamme aus den beiden Darlehenszahlungen des Klägers und aus Warenverkäufen, folge, das Bankguthaben sei alleiniges Vermögen des Klägers. Soweit das Geld auf dem Konto aus dem Darlehen des Klägers an den Gemeinschuldner D. stammt, kann diese Ansicht nicht geteilt werden. Die Revision führt zutreffend aus, daß die dem Darlehensnehmer übergebene Darlehensvaluta mit der Übergabe Eigentum des Darlehensnehmers wird (§ 983 ABGB., Stanzl in Klang-Komm[2] IV 695, B, III, vor Anm. 29). Damit ist die Darlehensvaluta aus dem Vermögen des Klägers als Darlehensgebers ausgeschieden und der Kläger hat entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes keinen sachenrechtlichen Anspruch auf das auf dem Konto liegende Geld, soweit es aus seinem dem D. gegebenen Darlehen stammt. Daher kann er aus diesem Gründe auch die Zustimmung des Masseverwalters zur Ausfolgung des auf diesem Konto liegenden Betrages nicht begehren.
Nach den untergerichtlichen Feststellungen ist das streitgegenständliche Konto beim Bankhaus Sch. & Co. im Einvernehmen zwischen dem Kläger und D. von beiden auf den Namen "Hans T. & Co."
eröffnet worden. Auf diesem Konto sollte laut Vereinbarung zwischen dem Kläger und D. die Gebarung des Geldes, das der Kläger dem Gemeinschuldner D. für das von diesem geführte Unternehmen darlehensweise zur Verfügung gestellt hat, abgewickelt werden. Es sind aber auf dieses Konto auch Erlöse aus Warenverkäufen, die in dem von D. vorübergehend tatsächlich geführten Unternehmen des Hans T. vorgenommen wurden, eingezahlt worden. Eine Firma mit dem Wortlaut "Hans T. & Co." hat es weder zur Zeit der Errichtung des Kontos noch später gegeben. Die Firma des später vom Kläger erworbenen Unternehmens lautete: "Hans T.". Es kann daher auch nicht gesagt werden, daß das Konto zum Unternehmen "Hans T." gehörte und der Kläger mit dem Erwerb dieses Unternehmens auch das Verfügungsrecht über das Konto miterworben hat. Es erhebt sich daher die Frage, wer als Kontoinhaber des streitgegenständlichen Kontos zu betrachten ist. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute ist Kontoinhaber die Person oder die Firma, die aus der kontomäßigen Geschäftsverbindung dem Kreditinstitut gegenüber berechtigt und verpflichtet sein soll. Ursprünglich verfügungsberechtigt über ein Konto sind nur die bei der Kontoeröffnung als Kontoinhaber bezeichneten Personen. Von dieser Verfügungsberechtigung ist die Zeichnungsberechtigung anderer Personen zu unterscheiden (Schinnerer, Bankverträge, I S. 18, Punkt 1 (1) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute, Fassung 1961, abgedruckt bei Schinnerer, a. a. O., S. 178). Nach den untergerichtlichen Feststellungen über die Errichtung des Kontos waren als solche bei der Kontoeröffnung bezeichnete, ursprünglich verfügungsberechtigte Kontoinhaber der Kläger und D. gemeinsam. Nach denselben Feststellungen hat aber D. bereits am 17. April 1962, also vor Konkurseröffnung, dem Bankhaus Sch. & Co. mitgeteilt, daß er "aus der Firma T. ausgeschieden sei und damit sein Zeichnungsrecht über das klagsgegenständliche Konto erloschen sei" und diese Mitteilung am 14. Mai 1962, also nach Konkurseröffnung, wiederholt. Es fehlt nun eine Erörterung (§ 182 ZPO.) und eine Feststellung darüber, ob das Bankhaus Sch. & Co. bereits die mündliche Erklärung D.'s anerkannt hat und ob damit diese Erklärung wirksam geworden ist. Wenn dies der Fall war, ist das Konto "Hans T. & Co." bzw. der Anteil D.'s an diesem Konto vor Konkurseröffnung aus dem Vermögen D.'s ausgeschieden. Denn die Erklärung eines von mehreren Kontoinhabern, aus der die Kontobezeichnung bildenden Firma ausgeschieden zu sein und keine Zeichnungsberechtigung über das Konto mehr zu besitzen, kann nur als Übertragung aller Verfügungsrechte über das Konto auf die anderen Kontoinhaber - in diesem Falle auf den Kläger - verstanden werden.
Der Mangel dieser Erörterung und der erforderlichen Feststellungen führt zu einer wesentlichen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, sodaß das angefochtene Urteil und, da es zu einer Klarstellung des Sachverhaltes offenbar einer Verhandlung erster Instanz bedarf, auch das erstgerichtliche Urteil aufzuheben waren.
Ob durch die Handlung D.s die übrigen Gläubiger benachteiligt wurden, ist in diesem Rechtsstreit nicht entscheidend, da diesbezüglich keine Einwendung seitens der beklagten Partei in erster Instanz vorgebracht wurde.
Was schließlich den Auseinandersetzungsanspruch des Beklagten, den dieser als Gegenforderung eingewendet hat, anlangt, so ist dieser schon deshalb nicht gegeben, da nach den untergerichtlichen Feststellungen ein Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Kläger und D. nicht zustandegekommen ist. Überdies wäre eine Aufrechnung mangels Gleichartigkeit des Anspruches nicht möglich.
Der Revision war somit Folge zu geben und wie im Spruche zu entscheiden.
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