OGH 6Ob280/65

OGH6Ob280/6510.11.1965

SZ 38/191

Normen

ABGB §879 (1)
ABGB §916
Grundverkehrsgesetz für Steiermark §1
Grundverkehrsgesetz für Steiermark §4
Grundverkehrsgesetz für Steiermark §26
ABGB §879 (1)
ABGB §916
Grundverkehrsgesetz für Steiermark §1
Grundverkehrsgesetz für Steiermark §4
Grundverkehrsgesetz für Steiermark §26

 

Spruch:

Umgehungsgeschäfte, die den gleichen Zweck verfolgen wie das ursprüngliche Geschäft, dem die Genehmigung rechtskräftig versagt wurde, sind ungültig

Entscheidung vom 10. November 1965, 6 Ob 280/65

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz

Text

Die am 12. Februar 1961 verstorbene Emma G. verkaufte mit den Verträgen vom 30. Jänner und 17. April 1959 dem Beklagten die Ackergrundstücke 593, 598/1, 598/2 und 603 ihrer Liegenschaft EZ. 192 KG. P. Diesen Kaufverträgen wurde mit Bescheid vom 11. August 1959 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt, weil hiedurch Ackergrundstücke im Ausmaß von rund 4 ha der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen worden wären; der Käufer beabsichtigte, auf diesen Grundstücken Schotter zu gewinnen, und habe auf einem kleinen Teil hievon auch schon mit dem Abbau begonnen; durch die Zulassung der Eigentumsübertragung würde entgegen der Bestimmung des § 4 (1) lit. a GVG. für Steiermark wertvoller landwirtschaftlicher Grund vernichtet werden. Die vom Beklagten gegen diesen Bescheid erhobene Berufung blieb erfolglos.

Daraufhin schlossen Emma G. und der Beklagte am 14. und 16. November 1960 Zusatzvereinbarungen, in denen sie sich verpflichteten, die nicht genehmigten Kaufverträge beiderseits zuzuhalten und solange als geschlossen aufrecht zu halten, bis eine Genehmigung durch die Grundverkehrskommission letzten Endes erfolge. Im Hinblick auf die Versagung der Genehmigung wurden die Kaufverträge dahin modifiziert, daß dem Beklagten das Recht eingeräumt wurde, Schotter, Sand und Kies aus dem Kaufobjekt nach Gutdünken und Bedarf zu entnehmen. Er verpflichtete sich, ab 20. September 1960, dem Tage der Nichtgenehmigung der Kaufverträge durch die Grundverkehrslandeskommission, die auf das Kaufobjekt fallenden Steuern und Abgaben sowie Gefahr und Zufall zu tragen. Der noch offene Kaufschillingsrest solite ab 20. September 1960 vom Beklagten wie ein ihm gewährtes Darlehen mit 8% verzinst werden. Emma G. stellte dem Beklagten eine Rangordnung für diese beabsichtigte Veräußerung des Kaufobjektes aus und verpflichtete sich, diese alljährlich auf Kosten des Beklagten so lange zu erneuern, bis die Kaufverträge genehmigt werden oder bis der Beklagte das für ihn brauchbare Abbaumaterial zur Gänze entnommen habe. Die Grundstücke sollten jedoch auch nach vollständiger Ausbeutung Eigentum des Beklagten bleiben. Diese Vereinbarungen sollten beiderseits auf die Rechtsnachfolger übergehen. Der Beklagte zahlte an Emma G. in Erfüllung der getroffenen Vereinbarungen mehr als 100.000 S.

Emma G. stellte dem Beklagten auch einmal die Klägerin als ihre künftige Erbin vor und es wurde in Gegenwart der Klägerin davon gesprochen, daß der Beklagte die Grundstücke gekauft habe und dort Schotter abbauen dürfe.

Nach dem Tode der Emma G. wurde ihr Nachlaß einschließlich der genannten Liegenschaften mit Beschluß des Erstgerichtes vom 8. Februar 1962 der Klägerin als Universalerbin eingeantwortet; ihr Eigentum am den Liegenschaften wurde grundbücherlich einverleibt.

Der Beklagte hat bisher noch nicht um Betriebsgenehmigung für den Abbau auf der Liegenschaft der Klägerin angesucht. Hingegen wurde mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G. vom 16. April 1957 einem gewissen Ludwig K. eine solche Genehmigung hinsichtlich der Grundstücke für 593, 598/1 und 602, nicht aber hinsichtlich der gleichfalls zur Liegenschaft EZ. 192 KG. P. gehörigen Grundstücke 598/2 und 603 erteilt.

Auf Grund dieses Sachverhaltes wies das Erstgericht das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, jeglichen Eingriff, insbesondere jene Maßnahme zur Schottergewinnung auf der Liegenschaft EZ. 192 Grundbuch P, insbesondere hinsichtlich der Parzellen 593, 598/1, 598/2 und 603, alle Acker, zu unterlassen, ab. Es führte in rechtlicher Beziehung aus, zwischen Emma G. und dem Beklagten sei nach der Versagung der Genehmigung des Kaufvertrages hinsichtlich der strittigen Grundstücke am 14. und 16. Oktober 1960 ein Abbauvertrag geschlossen worden. Abbauverträge seien keine Bestandverträge, sondern Verträge besonderer Art, die nicht der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedürften. Der Abbauvertrag sei daher gültig und rechtswirksam und binde kraft ausdrücklicher Vereinbarung auch die Klägerin als Erbin, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie im Zeitpunkt ihrer Erbserklärung vom Bestehen des Vertrages Kenntnis gehabt habe oder nicht. Für die Prozeßentscheidung sei es auch unerheblich, ob der Beklagte über die gewerbebehördliche Berechtigung zum Schotterabbau verfüge. Es stehe der Klägerin frei, bei der Verwaltungsbehörde ein Abbauverbot gegen den Beklagten zu erwirken. Im übrigen sei die dem Ludwig K. hinsichtlich dreier Grundstücke erteilte Genehmigung nach ihrem Inhalt offensichtlich auch für den Beklagten wirksam. Für die zwei weiteren Grundstücke, von denen das Grundstück 603 schon völlig abgebaut sei, liege allerdings keine Genehmigung vor, jedenfalls aber stehe die zwischen Emma G. und dem Beklagten geschlossene Vereinbarung, die auch die Klägerin binde, des Klagebegehren entgegen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige. Es billigte die Beweiswürdigung des Erstgerichtes und übernahm dessen Feststellungen mit Ausnahme jener, die Vereinbarungen zwischen Emma G. und dem Beklagten hätten auch das Grundstück 602/1 mitumfaßt; diese Feststellung sei aktenwidrig, sie sei aber für die Prozeßentscheidung ohne Bedeutung. Ebenso wie das Erstgericht erachtete es den Abbauvertrag als gültig und verbindlich.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision teilweise Folge und entschied hinsichtlich der Grundstücke 593, 598/1, 598/2 und 603 der Liegenschaft EZ. 192 KG. P. nach dem Klagebegehren. Hinsichtlich der übrigen Grundstücke dieser Liegenschaft, insbesondere hinsichtlich des ausdrücklich angeführten Grundstückes 602/1, wies er das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gemäß § 879 (1) ABGB. ist ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Diese Nichtigkeit erstreckt sich auch auf Umgehungsgeschäfte, mittels welcher, gedeckt durch den Buchstaben des Gesetzes, dessen Zweck vereitelt werden soll (Gschnitzer in Klang[2] IV 185). Nach § 1 des Grundverkehrsgesetzes für Steiermark vom 18. Juni 1954, LGBl. Nr. 24, ist die Übertragung des Eigentums und die Einräumung des Fruchtnießungsrechtes an einem ganz oder teilweise dem landwirtschaftlichen Betrieb gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden nur mit Zustimmung der zuständigen Grundverkehrskommission zulässig. Wird die Zustimmung versagt, so ist das Rechtsgeschäft ungültig (Abs. 3). Gemäß § 4 (1) lit. a des Gesetzes ist die Zustimmung nur zu erteilen, wenn die Gewähr für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung gegeben ist und wenn sie dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen nicht widerspricht. Gemäß § 26 wird bestraft, wer zum Zwecke der Umgehung und Vereitlung der Bestimmungen des Gesetzes unwahre oder unvollständige Angaben macht oder sonst diese Bestimmungen zu umgehen sucht.

Der Revisionswerberin muß darin beigepflichtet werden, daß die Vereinbarungen zwischen Emma G. und dem Beklagten vom 14. und 16. November 1960 ausschließlich dazu dienten, die Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes für Steiermark zu umgehen und den Zweck dieses Gesetzes zu vereiteln. Dem Beklagten wurde hiedurch keineswegs - wie die Untergerichte meinen - bloß ein Abbaurecht eingeräumt, sondern es wurden ihm alle Rechte und Pflichten eines Eigentümers übertragen, soweit dies ohne Übergang des bücherlichen Eigentums möglich war. Nicht nur, daß ihm die Gewinnung von Schotter, Sand und Kies nach seinem Gutdünken und Bedarf und bis zum gänzlichen Abbau der Grundstücke eingeräumt wurde, somit also gerade das, was den Grund für die Versagung der Genehmigung der ursprünglichen Kaufverträge durch die Grundverkehrskommission bildete; es erklärten beide Vertragspartner, daß sie zur Aufrechterhaltung der Kaufverträge stunden, daß sie sich verpflichteten, diese einzuhalten und so lange als geschlossen anzusehen, bis letzten Endes eine Genehmigung durch, die Grundverkehrskommission erfolgen werde. In diesem Sinn wurde auch vereinbart, daß der Beklagte nach gänzlicher Ausbeutung der Grundstücke deren Eigentümer bleibe und daß diese Vereinbarungen auch die beiderseitigen Rechtsnachfolger binden sollten. Der vom Beklagten zu entrichtende Kaufpreis wurde auch nicht etwa in einen auf das Abbaurecht und einen anderen auf den Eigentumserwerb entfallenden Betrag untergeteilt.

Die Zusatzvereinbarungen stellen demnach eine Einheit dar, aus denen nicht willkürlich einzelne Bestandteile herausgenommen und einer gesonderten rechtlichen Beurteilung als Abbauvertrag unterzogen werden können (§ 878 ABGB.)

Es kann daher die Frage, ob Abbauverträge, die von der Rechtsprechung im anderen Zusammenhang als Verträge eigener Art bezeichnet wurden (SZ. XXVIII 227, JBl. 1962 S. 319), obwohl in § 1 GVG. für Steiermark nicht angeführt, genehmigungspflichtig sind, weil sie dem Berechtigten mehr Rechte einräumen als die ausdrücklich der Genehmigung unterworfenen Fruchtnießungsverträge, nämlich einen Eingriff in die Substanz (SZ. XXVIII 227), ebenso auf sich beruhen, wie die weitere Frage, ob solche Verträge im Sinne der Lehre und ständigen Rechtsprechung (Klang, Komm.[2] II 145; SZ. II 28, EvBl. 1958 Nr. 30. 8 Ob 39, 40/65, 8 Ob 215/64, 6 Ob 325/64 u.v.a.) bis zur Versagung der Genehmigung schwebend gültig sind. Die Zusatzvereinbarungen stellen in ihrer Gänze eine Umgehung der Bestimmungen des Grundverkehrsgesetzes für Steiermark dar und ist daher gemäß § 26 des Gesetzes verboten. Sie verstoßen gegen den aus § 4 (4) lit. a des Gesetzes hervorleuchtenden Zweck und sind ungültig.

Da der Beklagte das von ihm in Anspruch genommene Recht der Gewinnung von Schotter, Sand und Kies ausschließlich auf diese ungültigen Vereinbarungen stützt, ist das Unterlassungsbegehren der Klägerin gerechtfertigt. Dies trifft allerdings nur hinsichtlich jener Grundstücke zu, die nach den Feststellungen der Untergerichte Gegenstand der Vereinbarungen zwischen Emma G. und dem Beklagten waren, nicht aber hinsichtlich aller übrigen zur gleichen Grundbuchseinlage gehörigen Grundstücke, auf die sich das Klagebegehren teils in allgemeiner Formulierung, teils unter ausdrücklicher Nennung der Zahl 602/1 zu Unrecht gleichfalls erstreckt.

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