Normen
ABGB §613
ABGB §760
ABGB §799
ABGB §823
AußStrG §122
ABGB §613
ABGB §760
ABGB §799
ABGB §823
AußStrG §122
Spruch:
Wurde der Nachlaß unter Außerachtlassung einer Substitution dem Vorerben eingeantwortet, findet eine Substitutionsabhandlung nicht statt
Entscheidung vom 14. September 1965, 8 Ob 216/65
I. Instanz: Bezirksgericht Klagenfurt; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt
Text
Die am 9. Juni 1961 verstorbene Felicitas D. war eine Adoptivtochter der vor ihr verstorbenen Ehegatten Josef und Anna B. Diese haben im Punkt 5 der zwischen ihnen abgeschlossenen Ehepakte vom 18. Mai 1909 in der Form eines Erbvertrages und eines wechselseitigen Testamentes verfügt, daß Nacherbin nach ihnen als gegenseitigen Universalerben ihre Adoptivtochter Maria Felicitas B. (Felicitas D.) sein soll. Im Punkt 9 der Ehepakte haben die Ehegatten für den Fall, als ihre Adoptivtochter ohne eheliche, erbberechtigte Nachkommen sterben sollte, ihre Neffen und Nichten aus der Familie B. als Nacherben und Substituten, jedoch nur auf die Hälfte des der Maria Felicitas B. nach ihnen erblich zufallenden Vermögens berufen, während die Vorerbin über die andere Hälfte sollte frei verfügen können. Im Punkt 12 der Ehepakte heißt es wörtlich: "Sollte die Adoptivtochter Maria Felicitas B. ohne erbberechtigte Nachkommen sterben und keinerlei letzte Willenserklärungen hinterlassen, so setzen wir auch hinsichtlich der ihrer freien Verfügung vorbehaltenen Nachlaßhälfte und kurz hinsichtlich des ganzen von uns erblasserisch zu erwerbenden Nachlasses obige fünf B.'sche Kinder, Anton B. zu drei Zehntel, Karl und Rudolf B. zu je einem Zehntel, Aloisia B. zu einem Zehntel, also nach obigem Anteil als Substituten ein, und zwar soll jeder dieser fünf Neffen respektive Nichten oder dessen Stamm nach den hier festgesetzten Zehntelanteilen zur Nacherbschaft berufen sein". Der Nachlaß der Adoptivmutter Anna B. wurde dem unbedingt erbserklärten Erben und Gatten Josef B. als Universalerben eingeantwortet. Anläßlich der Verlassenschaftsabhandlung hat sich Josef B. auf seine Berechtigung gemäß Punkt 10 der Ehepakte berufen, wonach er alle Bestimmungen der Erbsnachfolge und Substitution nach Maria Felicitas B. wie sie im Punkt 9 der Ehepakte festgesetzt waren, einseitig vollkommen aufheben oder abändern konnte, und hat die Bestimmungen das Punktes 9 aufgehoben. Der Punkt 12 der Ehepakte hat keine Änderung erfahren.
Der Nachlaß des am 26. Juni 1916 verstorbenen Josef B. wurde mit Einantwortungsurkunde vom 17. Februar 1918 der erblasserischen Wahltochter, Maria Felicitas, B. auf Grund, der aus dem Berufungsgrunde des Testamentes unbedingt abgegebenen Erbserklärung als Alleinerbin eingeantwortet. Die fideikommissarische Substitution auf den Überrest laut Punkt 12 der Ehepakte wird in dieser Einantwortungsurkunde nicht erwähnt. Auch bei den zum Nachlaß des Josef B. gehörigen Liegenschaften wurde das Eigentumsrecht der Maria Felicitas B. ohne jede Beschränkung einverleibt.
Da die Erblasserin Maria Felicitas B. verwitwete D., ohne Hinterlassung gesetzlicher Erben und auch ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung verstorben ist, beabsichtigt die Finanzprokuratur, den Nachlaß als heimfällig für den Staat in Anspruch zu nehmen. Der gerichtsabgeordnete Notar hat im Sinne der Bestimmungen des Punktes 12 der Ehepakten die Verlassenschaftsabhandlung mit den Nacherben durchgeführt.
Das Erstgericht hat jedoch im Punkt 2 seines Beschlusses vom 5. Februar 1964 die von den Nacherben Anton B. zu 18/54 Carl B. zu 6/54 Dr. Luise P. zu 4/54. Anna P. zu 4/54, Elisabeth P. zu 4/54, Maria P. zu 4/54, Amalia R. zu 4/54, Dr. Hedwig W. zu 4/54, Dr. Gertrude Sch. zu 3/54 und Gottfried L. zu 3/54 aus dem Berufungsgrunde des Erbvertrages und wechselseitigen Testamentes der Ehegatten B. vom 18. Mai 1909 bedingt abgegebenen Erbserklärungen zurückgewiesen.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß.
Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der genannten Erbansprecher mangels Vorliegens eines der im § 16 (1) AußStrG. angeführten Gründe als unzulässig zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dadurch, daß der Nachlaß des Josef B. unter Außerachtlassung der im Punkt 12 der Ehepakte der Ehegatten B. angeordneten Substitution der Felicitas D. ohne jede Beschränkung durch diese Substitution rechtskräftig eingeantwortet wurde, war die Verlassenschaftsabhandlung nach Josef B. endgültig beendet. Für eine Substitutionsabhandlung ist kein Raum, weil eine Substitutionsnachlaßmasse nicht vorhanden ist. Das von Felicitas D. durch Einantwortung erworbene Vermögen fällt ausschließlich in ihren Nachlaß. Dieser Nachlaß ist, da Felicitas D. keine Erben hinterlassen hat, als erblos zu behandeln. Den einschreitenden Nacherben nach Josef und Anna B. stehen wohl Ansprüche auf die Sachen zu, die aus den Verlassenschaften nach Josef und Anna B. stammen und über die Felicitas D. weder unter Lebenden noch von Todes wegen verfügt hat. Diese Ansprüche können aber nicht in der Verlassenschaft nach Felicitas D. geltend gemacht werden, weil die Rechtsmittelwerber nicht Erben nach Felicitas D. sind. Als Nacherben nach Josef B. können sie aber infolge Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung nach Josef B. nur die Erbschaftsklage erheben. Diese Klage ist, solange die Republik Österreich die in den Nachlaß der Felicitas D. fallenden Nachlaßsachen noch nicht als heimfällig besitzt, gegen den vom Erstgericht gemäß § 811 ABGB. bestellten Kurator der Verlassenschaft nach Felicitas D. anzubringen (siehe hiezu auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. XXIV 234, von der abzugehen der vorliegende Fall keinen Anlaß bietet). Die Annahme der Erbserklärungen durch das Gericht setzt voraus, daß überhaupt die Einleitung und Durchführung einer Verlassenschaftsabhandlung, im Falle der Abgabe von Erbserklärungen durch die Nacherben die Durchführung einer Substitutionsabhandlung, zulässig ist. Als Erbserklärungen von Erben der Erblasserin Felicitas D. waren die abgegebenen Erbserklärungen der Rechtsmittelwerber nicht anzunehmen, weil sich aus der Aktenlage ergibt, daß die Rechtsmittelwerber als Erben nach Felicitas D. nicht in Frage kommen. Die Rechtsprechung legt die Bestimmung des § 122 AußStrG. einschränkend aus; eine Erbserklärung ist darnach zurückzuweisen, wenn von vornherein feststeht, daß die abgegebene Erbserklärung zu keiner Einantwortung führen kann. Das trifft hier zu. Eine Verletzung der Bestimmung des § 122 AußStrG. liegt daher nicht vor. Der Nachlaß nach Felicitas D. ist, da er nicht als Substitutionsmasse zu behandeln ist, nach Durchführung des im § 128 AußStrG. vorgesehenen Verfahrens als erblos anzusehen und es ist daher ein Anspruch des Staates auf dieses erblose Gut gegeben. Die angefochtene Entscheidung steht somit auch mit der Bestimmung des § 760 ABGB. im Einklang. Daß der Staat die Verlassenschaftssachen allenfalls den darauf Anspruch erhebenden Nacherben herausgeben muß und in einem Prozeß auf Grund einer Erbschaftsklage der Nacherben sachfällig werden wird, ändert an der Erblosigkeit des Nachlasses der Felicitas D. nichts. Geht man von der in den obigen Erwägungen dargelegten Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes aus, dann entsprechen die Entscheidungen der Untergerichte dem Gesetze und es kann insbesondere von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit dieser Entscheidungen durch Verletzung der Vorschriften der §§ 2 (2) Z. 7, 125, 126 und 158 AußStrG. keine Rede sein.
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