OGH 2Ob375/64

OGH2Ob375/6429.4.1965

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Elsigan als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Köhler, Dr. Pichler, Dr. Hötzel und Dr. Bauer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Dr. Gottfried Lindner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Friedrich K*****, vertreten durch Dr. Walter Kunisch, Rechtsanwalt in Linz, wegen 23.916,90 S sA und Zahlung einer monatlichen Rente von 1.203,70 S bis 1.155,10 S infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Oktober 1964, GZ 3 R 162/64-36, womit das Urteil des Kreisgerichts Steyr vom 29. Juli 1964, GZ 1 Cg 345/63-29, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Nach dem bisher festgestellten Sachverhalt hat sich am 7. 1. 1960 ein Verkehrsunfall ereignet, bei dem Engelbert S***** schwer verletzt wurde. Er ist auf dem vom Beklagten, seinem Schwiegersohn, gelenkten Motorrad mitgefahren. Der Beklagte ist vom Strafgericht rechtskräftig verurteilt worden, weil er die nötige Vorsicht beim Lenken des Motorrads außer Acht gelassen habe.

Mit der am 26. 8. 1963 erhobenen Klage hat die klagende Partei gemäß § 332 ASVG den Ersatz ihrer Aufwendungen an Invalidenpension für den durch der den Unfall berufsunfähig gewordenen Engelbert S***** in der oben angeführten Höhe begehrt, wobei eine von der Unfallversicherungsanstalt an S***** bezahlte Unfallsrente bei den begehrten Beträgen bereits berücksichtigt wurde.

Der Beklagte hat die Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach bestritten, Klagsabweisung beantragt und vor allem Verjährung eingewendet, weil sich der Unfall am 7. 1. 1960 zugetragen habe, die Klage aber erst am 6. 8. 1963 erhoben worden sei. Diesem Einwand gegenüber hat die klagende Partei Arglist mit der Begründung geltend gemacht, dass langwierige Verhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer des Beklagten geführt worden seien und dieser ersucht habe, mit der Einbringung der Klage über die Verjährungszeit hinaus zuzuwarten.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen. Es hat zwar eine Verjährung der Ansprüche nicht angenommen, weil Vergleichsverhandlungen geführt und dadurch bewirkt worden sei, dass die Klage auch nach Ablauf der Verjährungszeit innerhalb einer angemessenen Frist nach Abbruch der Verhandlungen eingebracht werden konnte. Auch sei der von der klagenden Partei erhobene Einwand der Arglist berechtigt. Es ist aber zur Abweisung des Klagebegehrens gekommen, weil es festgestellt hat, dass S***** durch die Unfallsfolgen allein nicht ganz, sondern nur zu 30 % invalid geworden sei, während die volle Invalidität auf seinen schon früher bestandenen schlechten Gesundheitszustand zurückzuführen sei. Der Beklagte habe aber der Klägerin bereits 31 1/3 % des Deckungsfonds ersetzt. Es sei daher kein Anspruch des S***** auf die klagende Partei übergegangen. Der klagenden Partei stehe aber auch aufgrund der Bestimmungen der §§ 254 Abs 1 und 255 Abs 3 ASVG kein Anspruch zu, auch wenn der Unfall das auslösende Moment für die völlige Invalidität des S***** gewesen wäre, weil eben der Bezug der Invaliditätspension nicht allein auf die durch die Unfallsfolgen geminderte Arbeitsfähigkeit des S*****, sondern auch auf dessen sonstige Geundheitsstörungen zurückzuführen sei. Eine andere Lösung würde zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen. S***** könnte, wenn man nur die durch den Unfall verbliebene Verletzungsfolge der Versteifung des linken Kniegelenkes berücksichtigte, einer dieser Behinderung entsprechenden anderen Beschäftigung nachgehen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück, wobei es einen Rechtskraftvorbehalt beifügte. Das Berufungsgericht war der Meinung, dass der Einwand der Verjährung der von der klagenden Partei geltend gemachten Ansprüche vom Beklagten nur mit einer gewissen Einschränkung wirksam erhoben werden könne. Die hemmende Wirkung der Vergleichsverhandlungen auf den Eintritt der Verjährung könne die Ansprüche der klagenden Partei nur insoweit betreffen, als darüber vom Haftpflichtversicherer des Beklagten ein wirksamer Vergleich abgeschlossen werden konnte. Gemäß § 10 Abs 3 AKB sei der Haftpflichtversicherer als Bevollmächtigter des Versicherungsnehmers anzusehen. Seine Ermächtigung, für den Versicherungsnehmer verbindliche Erklärungen abzugeben, gehe aber nur so weit, als er Deckung zu gewähren habe. Diese gesetzliche Bevollmächtigung gelte nicht für den die Haftpflichtsumme übersteigenden Teil des Schadenersatzanspruchs, für den der Versicherungsnehmer selbst aufzukommen habe. Der Beklagte habe nun behauptet, dass der geltend gemachte Regressanspruch weit über den Rest der noch unverbrauchten Haftpflichtsumme hinausgehe. In dieser Hinsicht fehle es an Feststellungen. Diese seien aber notwendig, weil die Hemmung der Verjährung durch die Vergleichsverhandlungen nur so weit wirken könne, als der Haftpflichtversicherer des Beklagten nach Maßgabe des Versicherungsvertrags und seiner bisherigen Inanspruchnahme noch Deckung zu gewähren verpflichtet sei, während die darüber hinausgehenden Regressansprüche bereits verjährt waren.

Außerdem war das Berufungsgericht der Ansicht, dass auch die Höhe des klägerischen Anspruchs durch das Erstgericht nicht richtig berechnet worden sei. Um zu dem Regressanspruch der klagenden Partei zu gelangen, müsse der dem Verletzten zugefügte Schaden an Verdienstentgang berechnet werden. Dieser ergebe sich aus der Differenz zwischen den Beträgen, die der Verletzte ohne den Unfall verdient hätte und die er wegen des Unfalls nicht mehr verdienen könne. Dieser Schadenersatz dürfe nicht rein abstrakt berechnet werden. Der Schädiger hafte für alle vermögensrechtlichen Auswirkungen des Unfalls, auch wenn das volle Schadensausmaß erst durch eine besondere körperliche Beschaffenheit des Verletzten eingetreten sein sollte. Es komme wegen einer solchen körperlichen Beschaffenheit nicht zu einer Schadensteilung. Der Schädiger hafte in einem solchen Fall für die volle Arbeitsunfähigkeit und deren Folgen, wenn durch den Unfall ein bereits kranker Mensch so verletzt wurde, dass er dadurch völlig arbeitsunfähig werde. Die vom Erstgericht angenommene Einschränkung auf eine 30%ige Erwerbsminderung sei nicht gerechtfertigt.

Das Erstgericht werde daher festzustellen haben, welchen Verdienst Engelbert S***** ohne den Unfall erzielen hätte können. Mit Rücksicht auf die Prozessbehauptung des Beklagten, dass S***** zufolge seines kranken Zustands, der bereits vor den Unfall vorhanden gewesen sei, den mit 1.620 S außer Streit gestellten Durchschnittsverdienst in der Folge nicht hätte erzielen können seien auch in dieser Richtung Feststellungen notwendig. Außerdem werde genau festzustellen sein, ob und inwieweit Engelbert S***** durch den Unfall mit Rücksicht auf seine schon bestehende Gesundheitsstörung tatsächlich völlig arbeitsunfähig geworden wäre. Die bisherigen Feststellungen über die derzeitige Arbeitsunfähigkeit des Engelbert S***** seien nicht eindeutig genug, um der Entscheidung zugrunde gelegt zu werden.

Gegen den Beschluss des Berufungsgerichts richten sich die Rekurse beider Parteien. Sie halten die Sache im Sinne ihrer Anträge bereits für spruchreif und beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur sachlichen Entscheidung in der einen oder anderen Richtung zurückzuverweisen, wobei die klagende Partei den Standpunkt einnimmt, dass ihre Klagsforderung, auch soweit sie in der Haftpflichtversicherungssumme nicht Deckung finde, nicht verjährt sei.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind im Endergebnis nicht gerechtfertigt.

I. Zum Rekurs der klagenden Partei:

Die klagende Partei wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die vom Geschädigten Engelbert S***** im Wege der Legalzession gemäß § 332 ASVG auf sie übergegangenen Ansprüche insoweit verjährt seien, als sie nicht durch die Haftpflichtversicherungssumme gedeckt sind. Sie ist der Meinung, dass die Verjährungszeit bei der Pensionsversicherung wegen Invalidität erst im Zeitpunkt der Antragstellung beginne und nicht bereits im Zeitpunkt des Unfalls. Außerdem sei die Verjährung durch ihre Vergleichsverhandlungen mit dem Haftpflichtversicherer bezüglich aller Ansprüche des Engelbert S***** gehemmt worden, auch soweit sie nicht durch die Haftpflichtversicherungssumme gedeckt sind.

Den Ausführungen ist insoweit beizupflichten, als eine Verjährung von Ansprüchen des Engelbert S***** nicht anzunehmen ist. Die Verhandlungen des Haftpflichtversicherers des Beklagten mit der klagenden Partei haben in bezug auf die Verjährungsfrage dieselbe Bedeutung, wie wenn sie von dem Beklagten direkt mit der klagenden Partei geführt worden wären. Sie sind durch die Unfallsmeldung des Beklagten an seinen Haftpflichtversicherer ausgelöst worden. Die vom Berufungsgericht vorgenommenen Unterscheidungen der einzelnen Ansprüche erscheint nicht gerechtfertigt. Dem Geschädigten und dessen Legalzessionar kann es nicht zum Nachteil gereichen, dass sie das Ergebnis der Vergleichsverhandlungen abgewartet und erst dann die Klage eingebracht haben. Im Sinne der Rechtslehre (Geigel, „Haftpflichtprozeß“ 12. Auflg S 213, Wussow, Unfallshaftpflichtrecht 7. Auflage S 605) bedeutet die Verjährungseinrede eine unzulässige Rechtsausübung, wenn der Geschädigte nach dem Verhalten des Schädigers oder dessen Haftpflichtversicherers der Auffassung sein darf, seine Ansprüche würden befriedigt, oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft, und er deshalb die Verjährung nicht durch Klagserhebung unterbrochen hat. Dies muss für alle Ansprüche des Geschädigten gelten. Es ist dabei nicht zu unterscheiden, ob diese durch die Haftpflichtsumme gedeckt sind. Diese Ansicht steht mit § 10 Abs 3 AKB nicht im Widerspruch. Im vorliegenden Fall waren solche Vergleichsverhandlungen im Gange. Die klagende Partei hat diese Verhandlungen selbst geführt. Ohne Rücksicht auf die Art und den Umfang der einzelnen Schadenersatzansprüche ist davon auszugehen, dass der klagenden Partei seitens des Beklagten keine anderen als rein sachliche Einwendungen, insbesondere nicht die Einrede der Verjährung, wirksam entgegengesetzt werden dürfen.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann daher der Beklagte die Einwendung der Verjährung der klagenden Partei gegenüber nicht wirksam erheben. Es erübrigt sich daher, auf die Frage des Beginns der Verjährungsfristen einzugehen. Auch sind die in diesem Zusammenhang vom Berufungsgericht noch für erforderlich gehaltenen Ergänzungen des erstgerichtlichen Verfahrens nicht mehr notwendig.

Wie noch im Zusammenhang mit der Behandlung des Rekurses des Beklagten ausgeführt werden wird, ist die Sache aber in einer anderen Hinsicht noch nicht spruchreif, sodass im Endergebnis auch dem Rekurs der klagenden Partei kein Erfolg beschieden sein kann.

II. Zum Rekurs des Beklagten:

Der Beklagte wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass eine Hemmung der Verjährung durch die zwischen der klagenden Partei und seinem Haftpflichtversicherer auch nur in dem oben aufgezeigten beschränkten Umfang eingetreten sei.

Er ist der Meinung, dass andere als im Gesetz genannte Hemmungs- und Unterbrechungsgründe für die Verjährung durch die Parteien nicht vereinbart werden können. Die Bestimmung des § 14 Abs 2 KfzVerkG sei in das neue Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz (EKHG) nicht übernommen worden, weshalb dieser Hemmungsgrund wegfalle. Es gebe auch keine Gesetzesbestimmung, wonach eine Rechtsausübung unzulässig sei, wenn sie gegen Treu und Glauben und gegen die redliche Verkehrsübung verstoße. Auch für den Fall, als die Verjährungseinrede nur zu diesem Zweck erhoben worden wäre, die klagende Partei zu schädigen, könnte eine derartige schikanöse Rechtsausübung nur eine Schadenersatzpflicht gemäß § 1295 Abs 2 ABGB begründen. Keinesfalls könne ihm aber das Recht verwehrt sein, die Verjährungseinrede zu erheben.

Diesen Ausführungen vermag sich der Oberste Gerichtshof nicht anzuschließen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass Vergleichsverhandlungen eine die Verjährung hemmende Wirkung ausüben und den im Gesetz ausdrücklich genannten Hemmungsgründen gleichzusetzen sind. Wenn Parteien über die ihnen beiden bekannten Verjährungszeiten hinaus Vergleichsverhandlungen führen, dann kann dies, wenn das Gegenteil nicht klar zum Ausdruck gebracht wird, nur bedeuten, dass der Verpflichtete von seinem Recht, in einem zukünftigen Prozess Verjährung einzuweden, keinen Gebrauch machen wolle. Der Forderungsberechtigte darf in diesem Fall nach Treu und Glauben und nach der Übung im redlichen Verkehr darauf vertrauen, dass im Falle des Scheiterns der Vergleichsverhandlungen seine Ansprüche in einem späteren Prozess nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden. Die Grundsätze von Treu und Glauben und von dem Vertrauen auf die Übung im redlichen Verkehr sind als sittliche Grundsätze so allgemein anerkannt (§§ 863, 914 ABGB), dass es zur Anwendung dieser Grundsätze keiner besonderen Gesetzesbestimmungen in jedem einzelnen Fall bedarf. Wenn sich daher der Gesetzgeber nicht veranlasst gesehen hat, die Bestimmung des § 14 Abs 2 KfzVerkG in das neue Haftpflichtgesetz zu übernehmen, dann kann daraus allein jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass er den oben angeführten Hemmungsgrund ausschließen wollte (siehe auch 2 Ob 633/57 in SZ XXXI/31, 2 Ob 155, 171/62 in ZVR 1962, Nr 306 ua).

Das Berufungsgericht ist daher auch im vorliegenden Fall mit Recht davon ausgegangen, dass durch die zwischen der klagenden Partei und dem Haftpflichtversicherer des Beklagten geführten Vergleichsverhandlungen die Verjährung gehemmt wurde, zumal die klagende Partei die Klage ohne Verzögerung nach Scheitern der Verhandlungen eingebracht hat. Dabei sind die bisherigen Feststellungen der Untergerichte über den Ablauf und den Inhalt dieser Verhandlungen zugrundezulegen, weil sie in dritter Instanz auch im Rekursweg nicht mehr bekämpft werden können. Demgemäß steht fest, dass der Zeuge Josef B*****, der Angestellte des Haftpflichtversicherers des Beklagten, noch im Juni oder Juli 1963, also zu einem Zeitpunkt, in welchem die Ansprüche des Verletzten schon verjährt gewesen wären (7. 1. 1963), ersucht hat, mit der Klagseinbringung zuzuwarten, da ein Interesse an der vergleichsweisen Regelung bestehe. Erst mit Schreiben vom 6. 8. 1963 hat der Haftpflichtversicherer die vergleichsweise Regelung abgelehnt. Die Klage wurde am 26. 8. 1963, also ohne Verzögerung, eingebracht.

Die Ansicht des Beklagten, dass das Klagebegehren wegen Verjährung abzuweisen gewesen wäre, kann daher nicht gebilligt werden. Vielmehr erstreckt sich die Verjährungshemmung, wie bereits bei der Erledigung des Rekurses der klagenden Partei zum Ausdruck gebracht wurde, auf alle Forderungen des Geschädigten und damit der klagenden Partei als dessen Legalzessionar, ohne Rücksicht auf ihre Art und ihre Höhe.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist die Sache aber noch nicht spruchreif.

Der Beklagte gibt selbst zu, dass verschiedene Außerstreitstellungen vom Berufungsgericht hätten vorgenommen werden müssen, um die Sache der Höhe nach klarzustellen. Abgesehen davon, dass damit noch nicht feststeht, ob solche Außerstreitstellungen überhaupt möglich gewesen wären, brauchte sich das Berufungsgericht darauf nicht einzulassen, sondern konnte die erforderlichen Feststellungen durch das Erstgericht vornehmen lassen.

Da nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs die Ansprüche des Geschädigten Engelbert S***** in ihrer Gesamtheit noch nicht verjährt sind und entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zwischen den Ansprüchen und zwar in solche, welche bereits verjährt sind und in solche, die zufolge ihrer Deckung in der Haftpflichtsumme noch nicht verjährt sind, nicht zu unterscheiden ist, kommt auch der Frage nach der Anwendung der §§ 155, 156 VVG keine entscheidende Bedeutung zu. Zu den darauf bezug nehmenden Ausführungen im Rekurs des Beklagten ist daher nicht weiter Stellung zu nehmen.

Bezüglich der Berechnung der Höhe des Anspruchs der klagenden Partei wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen. Der Beklagte bekämpft diese Ausführungen auch nicht, er ist nur der Meinung, das Berufungsgericht hätte auch zum Ausdruck bringen müssen (ZVR 1957 Nr 36), dass allenfalls in ausnahmsweiser Berücksichtigung des Gedankens der überhöhten Kausalität eine in absehbarer Zeit auch ohne den Unfall eintretende oder vielleicht schon eingetretenen Invalidität zur völligen Abweisung des Klagebegehrens führen könnte. Diese Ausführungen sind nicht stichhältig. Ein Fall der sogenannten überholenden Kausalität liegt hier nicht vor. Dieser Begriff ist hier auch ausnahmsweise nicht heranzuziehen. Er ist von der Lehre geprägt worden und man versteht darunter, dass durch ein widerrechtliches Verhalten (früheres Ereignis) ein Schaden herbeigeführt wird und nachher ein Ereignis (späteres Ereignis) eintritt, dass den Schaden gleichfalls herbeigeführt hätte. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Hier ist eine bereits vor dem Unfall bestehende krankhafte Anlage des Verletzten Engelbert S***** festgestellt worden. Das Berufungsgericht hat bereits richtig darauf hingewiesen, dass der Schädiger in einem solchen Fall für die volle Arbeitsunfähigkeit und deren Folgen hafte, wenn durch den Unfall ein bereits kranker Mensch so verletzt wurde, dass er dadurch völlig arbeitsunfähig wurde. Soweit das Berufungsgericht in dieser Hinsicht dem Erstgericht Verfahrensergänzungen und genaue Feststellungen hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit des Engelbert S***** aufgetragen hat, hat es dabei zu verbleiben. Demnach ist der Sachverhalt noch nicht soweit festgestellt, dass er rechtlich beurteilt werden könnte, weshalb die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils durch das Berufungsgericht im Ergebnis gerechtfertigt ist. Es kann daher auch dem Rekurs des Beklagten kein Erfolg beschieden sein.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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