Spruch:
Vor Rechtskraft der verurteilenden Entscheidung im Hauptprozeß kann der Beklagte im Regreßweg von einem Dritten aus dem Titel des Schadenersatzes nur den Ersatz der Kosten seines eigenen Anwalts, nicht aber auch den Ersatz der Kosten des Prozeßgegners verlangen
Entscheidung vom 31. März 1965, 7 Ob 45/65
I. Instanz: Kreisgericht Ried i. I.; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz
Text
Den Klägern war als Inhabern einer Tankstelle vom Amt der oberösterreichischen Landesregierung der Auftrag erteilt worden, die Zu- und Abfahrt sowie den Vorplatz ihrer Tankstelle staubfrei zu machen. Zur Erfüllung dieses Auftrages verwendeten die Kläger das von der Beklagten erzeugte V. Im Zuge dieser von den Klägern in Eigenregie durchgeführten Arbeit setzte am 30. Juli 1961 ein starker Gewitterregen ein, durch den von der bereits bearbeiteten Fläche eine "braune Brühe" in das am Grundstück der Tankstelle vorbeifließende Fischwasser des R.-Baches geschwemmt wurde. Der Fischereiberechtigte dieses Fischwassers, Josef K., machte im Verfahren 1 a Cg ... /61 des Landesgerichtes Salzburg (im folgenden kurz Vorprozeß genannt) Ersatzansprüche gegen die Kläger mit der Behauptung geltend, er habe an seiner Fischzucht durch die Einschwemmung dieser braunen Brühe einen Schaden von 44.643.90 S erlitten. Dieses Begehren wurde in erster Instanz abgewiesen; es stehe zwar fest, daß das Fischsterben auf den Gebrauch des V. durch die Kläger zurückzuführen sei, die Kläger treffe an dem Schaden jedoch kein Verschulden. Infolge Berufung des Josef K. hat das Berufungsgericht dieses Urteil abgeändert und mit Zwischenurteil zu Recht erkannt, daß der von Josef K. erhobene Anspruch dem Gründe nach zu Recht bestehe. Dieses Zwischenurteil ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen.
Die Kläger begehren nun in diesem Rechtsstreit von der Beklagten Zahlung des gegen sie geltend gemachten Anspruches von 44.693.90 S sowie Ersatz der im Vorprozeß aufgelaufenen Kosten ihres eigenen Anwalts von 34.931.69 S und Ersatz der Kosten des Gegenanwalts in gleicher Höhe.
Der Erstrichter hat das Klagebegehren ohne Durchführung von Beweisen abgewiesen, da ein Schaden noch nicht eingetreten sei.
Infolge Berufung der Kläger hat das Berufungsgericht dieses Urteil hinsichtlich der Abweisung des Teilbetrages von 69.863.38 S (beiderseitige Kosten der Vorprozesses) als Teilurteil bestätigt, es im übrigen (hinsichtlich des Restbetrages von 44.643.90 S s. A. und im Kostenpunkt) unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfange zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. (Der Aufhebungsbeschluß blieb unbekämpft).
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei teilweise Folge, hob beide untergerichtlichen Urteile hinsichtlich der Bestätigung der Abweisung eines Teilbetrages von 34.931.69 S auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurück. Im übrigen wurde der Revision nicht Folge gegeben.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Kläger sind der Meinung, die von ihnen geltend gemachte Kostenforderung sei vom Hauptanspruch abhängig, sie erlösche daher auch mit diesem. Daraus folge, daß die Verjährung ihres Anspruches auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses gleichzeitig mit jener der Hauptforderung begonnen habe.
Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden, soweit es sich um die Kosten des Prozeßgegners im Vorprozeß handelt. Richtig ist zwar, daß nach ständiger Rechtsprechung Prozeßkosten im Normalfall einen vom Ausgang des Rechtsstreites abhängigen Teil des Hauptanspruches bilden und mit gesonderter Klage nicht geltend gemacht werden können; dies deshalb, weil der auf §§ 41 ff. ZPO. beruhende Anspruch auf Kostenersatz ein öffentlich-rechtlicher Anspruch ist, der so lange kein selbständiges Dasein führt, als der Klagsanspruch aufrechterhalten wird. Soweit die Kläger von der Beklagten den Ersatz der Kosten der Gegenseite im Vorprozeß begehren (34.931.69 S), machen sie jedoch keinen Kostenanspruch auf Grund der Bestimmungen der §§ 41 ff. ZPO. geltend, sondern sie begehren aus dem Titel des Schadenersatzes den Ersatz jener Kosten von den Beklagten, zu deren Leistung sie im Falle des Unterliegens im Vorprozeß an die Gegenseite verhalten wären. Diese Kostenforderung ist aber noch nicht existent geworden, da - wie bereits das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Entscheidung 1 Ob 232/28 (AnwZ. 1928 S. 197 f.) ausgeführt hat - der Anspruch gegen den Prozeßgegner auf Kostenersatz nicht schon durch die Prozeßhandlung, sondern erst durch deren Erfolg entsteht. Da der Vorprozeß noch nicht rechtskräftig beendet ist, der Erfolg der Prozeßhandlungen der Gegenseite in jenem Prozeß daher noch nicht feststeht, ist eine Kostenforderung gegen die Kläger noch nicht entstanden, so daß deren Ersatz durch die Beklagte von den Klägern zumindest derzeit nicht begehrt werden kann. Aus der Ausnahmebestimmung des § 24 (1) AO. (§ 54 (1) KO.) ist für den Rechtsstandpunkt der Kläger nichts zu gewinnen. Überdies ist auch dort die Berechtigung der Anmeldung einer Kostenforderung von dem späteren Erfolg abhängig (J.B. Nr. 48 neu).
Es ist daher dem Berufungsgericht, soweit es sich um das Begehren auf Ersatz der Kosten der Gegenseite im Vorprozeß handelt, darin beizupflichten, daß das Ersatzbegehren der Kläger zumindest derzeit nicht gerechtfertigt ist.
Anders verhält es sich jedoch mit den Kosten, welche die Kläger ihrem eigenen Vertreter im Vorprozeß zu bezahlen haben. Die Verpflichtung zur Zahlung der Kosten an den eigenen anwaltlichen Vertreter beruht nicht auf den §§ 41 ff. ZPO., sondern auf dem entgeltlichen Bevollmächtigungsvertrag. Der Anspruch auf Entlohnung der anwaltlichen Tätigkeit ist daher nicht öffentlich-rechtlich, sondern grundet sich auf einem privatrechtlichen Vertrag. Die Berechtigung des Kostenanspruches des eigenen Vertreters ist vom Erfolg der Vertretungshandlung sohin unabhängig.
Da das Erstgericht keine Feststellungen getroffen hat, die eine Entscheidung über Grund und Höhe des von den Klägern aus dem Titel des Schadenersatzes begehrten Ersatzes der Kosten des eigenen Vertreters im Vorprozeß ermöglichen, waren die Urteile beider Untergerichte in ihrer Entscheidung hinsichtlich dieser Kosten aufzuheben.
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