Spruch:
Aus Auflagen im Bewilligungsbescheid des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds kann der Subunternehmer des bauausführenden Generalunternehmers gegen den Darlehensempfänger keine Rechte ableiten.
Entscheidung vom 24. November 1964, 8 Ob 330/64. I. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die beklagte Partei erhielt zur Wiederherstellung der Wohnhausanlage in Wien, A.-straße 65, ein Darlehen des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds von 2.394.700 S. In dem Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau vom 13. Mai 1960, mit dem das Darlehen bewilligt wurde, heißt es u. a.: "Die dem Bewerber vom Fonds zugezählten Beträge sind binnen 14 Tagen an die bauausführenden Unternehmungen zu überweisen; die Vereinbarung eines Haftrücklasses bei der letzten Zahlung ist jedoch zulässig. Sofern vom Bewerber ein Generalunternehmer bestellt wurde, hat auch dieser die ihm vom Bewerber ausbezahlten Beträge binnen 14 Tagen an die Subunternehmer weiterzuleiten. Der Bewerber hat die Erfüllung dieser Verpflichtung durch Vereinbarung mit dem Generalunternehmer sicherzustellen. Der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds kann die Leistung weiterer Zahlungen vom Nachweis der Erfüllung dieser Verpflichtung abhängig machen." Die beklagte Partei übertrug die Ausführung des Baues der Bauunternehmung H. & Co. als Generalunternehmer. Der Kläger lieferte über Auftrag des Generalunternehmers für diesen Bau im Jahre 1961 Kunststeinstufen um den vereinbarten und angemessenen Preis von
11.240.40 S. Dieser Betrag wurde von der beklagten Partei dem Generalunternehmer auf Grund einer von diesem gelegten Teilrechnung im Rahmen der Darlehensauszahlung durch den Wohnhaus-Wiederaufbaufonds bezahlt, der Generalunternehmer bezahlte aber den Kläger nicht. Über das Vermögen der Fa. H. & Co. wurde inzwischen das Ausgleichsverfahren eröffnet; ein Konkursantrag wurde mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen.
Der Kläger begehrte nunmehr von der beklagten Partei die Bezahlung seiner Lieferung und machte als Rechtsgrund seiner Forderung Schadenersatz geltend, weil die beklagte Partei ihrer Verpflichtung, die Weiterleitung der an den Generalunternehmer ausbezahlten Beträge an die Subunternehmer sicherzustellen, schuldhaft nicht nachgekommen sei. Außerdem brachte er vor, daß in der Vereinbarung zwischen dem Wohnhaus-Wiederaufbaufonds und der beklagten Partei, der Generalunternehmer habe die ihm vom Bauwerber ausbezahlten Beträge binnen 14 Tagen an die Subunternehmer weiterzuleiten, ein Vertrag zugunsten Dritter gelegen sei. Die beklagte Partei habe daher auch nach § 881 (1) ABGB. ein Recht darauf gehabt, daß der Generalunternehmer dem Kläger leiste. Sie hätte im Sinne der erwähnten Sicherstellungsverpflichtung die Pflicht gehabt, von diesem Rechte Gebrauch zu machen; auch die Unterlassung dieser Pflicht mache sie schadenersatzpflichtig. Schließlich stützte die klagende Partei ihren Anspruch auf die Bestimmung des § 1041 ABGB. und auf einen Auftrag zur Leistung an Dritte.
Das Erstgericht hat dem Klagebegehren stattgegeben. Es hat festgestellt, der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds habe mit der oben wiedergegebenen Bestimmung des Bescheides sicherstellen wollen, daß der Generalunternehmer die ihm vom Darlehensnehmer ausbezahlten Beträge auch tatsächlich an die Subunternehmer weiterleite. Die beklagte Partei habe sich dem Generalunternehmer gegenüber vorbehalten, die Vorlage der Rechnungen der Subunternehmer zu verlangen und bei Nichterfüllung der dem Generalunternehmer auferlegten vertraglichen Verpflichtung zur Weiterleitung der an ihn ausbezahlten Beträge binnen 14 Tagen, selbst keine Zahlungen mehr an den Generalunternehmer zu leisten. In rechtlicher Hinsicht hat das Erstgericht ausgeführt, daß die vertragliche Überbindung der Verpflichtung auf den Generalunternehmer, die an ihn bezahlten Beträge rechtzeitig weiterzuleiten, allein nicht ausreichend gewesen sei, die tatsächliche Weiterleitung zu gewährleisten. Es wäre der beklagten Partei ein leichtes gewesen, die Subunternehmer auf die vertragliche Verpflichtung des Generalunternehmers hinzuweisen und aufzufordern, der beklagten Partei sofort zu berichten, wenn der Generalunternehmer seiner Verpflichtung nicht nachkomme. Die beklagte Partei habe außer der bescheidmäßig auferlegten Verpflichtung zur Sicherstellung der Weiterleitung der Zahlungen an die Subunternehmer durch die vertragliche Überbindung dieser Verpflichtung auf den Generalunternehmer auch die Pflicht einer Kontrolle des Generalunternehmers übernommen, daß dieser die Verpflichtung tatsächlich einhalte. Diese Kontrollpflicht habe die beklagte Partei vernachlässigt und dadurch sei der klagenden Partei ein Schaden in der Höhe des eingeklagten Betrages entstanden, für den die beklagte Partei hafte.
Das Berufungsgericht hat das Ersturteil abgeändert und das Klagebegehren abgewiesen. Es hat in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, daß es an einer vertraglichen Beziehung zwischen der beklagten Partei und dem Kläger fehle. In der von der beklagten Partei und der Fondsverwaltung getroffenen Vereinbarung könne auch kein Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 881 ABGB. erblickt werden. Dadurch seien nur Rechte zwischen der Fondsverwaltung und der beklagten Partei begrundet worden. Mangels einer vertraglichen Beziehung zwischen den Streitteilen könne der Kläger keine Ansprüche aus der schuldhaften Verletzung einer der beklagten Partei obliegenden Verpflichtung ableiten, da es an einem rechtswidrigen Verhalten der beklagten Partei gegenüber dem Kläger fehle. Ebensowenig lasse sich der Klagsanspruch auf § 1041 ABGB. stützen, da die Baufirma H. & Co. keine wirtschaftlich unselbständige Mittelsperson gewesen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Mit dem Revisionsgrunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpft der Kläger die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß in der zwischen der beklagten Partei und der Verwaltung des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds am 13. Mai 1960 geschlossenen Vereinbarung kein Vertrag zugunsten Dritter zu erblicken sei. Bereits das Berufungsgericht hat auf die bescheidmäßige Auferlegung der Verpflichtungen verwiesen. Diese Ansicht wird vom Obersten Gerichtshof geteilt. Die Grenzziehung zwischen Privatwirtschaftsverwaltung und Hoheitsverwaltung ist ausschließlich nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften zu beurteilen (Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechtes[5], I, S. 10). Ob im Einzelfall der Abschluß eines privatrechtlichen Vertrages oder ein behördlicher Verwaltungsakt im Rahmen der Hoheitsverwaltung in Frage kommt, hängt nur von der Regelung des Gesetzgebers ab (Adamovich, a. a. O., S. 11). Durch das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz vom 16. Juni 1948, RGBl. Nr. 130, ist zur Finanzierung der Wiederherstellung der durch Kriegseinwirkung beschädigten oder zerstörten Wohnhäuser der Wohnhaus-Wiederaufbaufonds geschaffen worden, der nach der Rechtsnatur der den Fonds bildenden Vermögensmasse ein öffentlich-rechtlicher Fonds ist (Hainzer - Heller, Das Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz[2], S. 50). § 19 WWG. sagt ausdrücklich, daß über die Bewilligung der Fondshilfe durch einen Bescheid zu entscheiden sei. Daher stehen die Kommentatoren des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes auch auf dem Standpunkt, daß auf das Verfahren über Ansuchen um Fondshilfe die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes Anwendung finden (Hainzer - Heller, a. a. O., zu § 19, III, S. 99). Wenn aber die Bewilligung des Darlehens kein privatrechtlich zu beurteilendes Vertragsangebot, sondern ein verwaltungsbehördlicher Bescheid ist, dann fallen der vom Kläger zur Begründung seines Anspruches angeführte Rechtsgrund des Vertrages zugunsten Dritter und der auf einen solchen Vertrag gestützte Schadenersatzanspruch in sich zusammen. Der Kläger könnte daher selbst dann gegen die beklagte Partei keinen Anspruch erheben, wenn diese tatsächlich die Erfüllung von Auflagen, die ihr in dem Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau (Wohnhaus-Wiederaufbaufonds) auferlegt worden sind, unterlassen hätte. Dadurch, daß das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau der beklagten Partei in dem Bescheid Auflagen erteilt hat, wurde nur eine Verpflichtung der beklagten Partei gegenüber dem Bundesministerium erzeugt. Dritte Personen, die an dem Verwaltungsverfahren nicht beteiligt waren und in dem Bescheid auch namentlich nicht genannt sind, wie der Kläger, können aus solchen Auflagen keine Rechte für sich in Anspruch nehmen. Dies ergibt sich auch aus den Sanktionen, die in dem Bescheid für den Fall der Nichterfüllung der Auflage angedroht sind.
Das Berufungsgericht hat ferner mit Recht erkannt, daß der Kläger seinen Anspruch auch nicht auf die Bestimmung des § 1041 ABGB. stützen kann. Der Kläger meint, dies sei unrichtig, weil der Generalunternehmer nur als bloße Mittelsperson angesehen werden könne. Die Untergerichte haben festgestellt, daß die beklagte Partei der Bauunternehmung H. & Co. den ganzen Wiederaufbau ihrer Wohnhausanlage übertragen hat. Sie haben weiter festgestellt, daß die Fa. H. & Co. beim Kläger Kunststeinstufen für diesen Bau bestellt, und daß der Kläger diese geliefert hat. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist die Verwendungsklage nach § 1041 ABGB. ein ergänzendes Mittel, das nur in dem Fall anwendbar ist, daß ein Vertrag oder vertragsmäßige Verhältnisse zwischen dem Verwendungskläger und einem Dritten zur Beurteilung nicht herangezogen werden können (SZ. XXV 13, XXIII 53 u. a.). Die Klage gemäß § 1041 ABGB. hat also nur eine ergänzende und nicht eine subsidiäre Funktion, kann somit dann nicht angestellt werden, wenn bloß der Besteller nicht bezahlen kann oder nicht bezahlen will (SZ. XXIII 53). Im vorliegenden Fall kann nach den Feststellungen der Untergerichte nicht zweifelhaft sein, daß ein Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Fa. H. & Co. bestanden hat, denn letztere hat, wie der Kläger schon in der Klage ausführte, ihm den Auftrag zur Lieferung der Kunststeinstufen gegeben. Davon, daß die Firma H. & Co. wirtschaftlich keine selbständige Rolle gespielt, lediglich im Interesse der Beklagten gehandelt habe und ökonomisch, etwa als Strohmann der Beklagten, nur Durchgangsstation gewesen sei, kann keine Rede sein. Dafür besteht nicht der mindeste Anhaltspunkt. Die Fa. H. & Co. hat die Errichtung der Wohnhausanlage zu einem bestimmten, ihr auch bezahlten Preis übernommen, ist bei der Vergebung der Aufträge an die Subunternehmer im wesentlichen frei gewesen und haftete auch der Beklagten für ihre und der Subunternehmer Arbeiten.
Was schließlich die rechtliche Beurteilung des Klagsanspruches unter dem Gesichtspunkt des "Auftrages zur Leistung an einen Dritten" anlangt, kann den Ausführungen des Klägers nicht entnommen werden, auf welchen "Auftrag" er damit Bezug nimmt. Wenn er damit wieder die Auflage im Bescheid des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau (Wohnhaus-Wiederaufbaufonds) gemeint haben sollte, ist er auf das oben Gesagte zu verweisen.
Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung liegt daher
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