OGH 5Ob98/64

OGH5Ob98/6416.4.1964

SZ 37/60

Normen

ABGB §784
ABGB §801
ABGB §802
ABGB §819
ABGB §1445
AußStrG §174
Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 §13 (1)
ABGB §784
ABGB §801
ABGB §802
ABGB §819
ABGB §1445
AußStrG §174
Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 §13 (1)

 

Spruch:

Der Anspruch der Testamentserbin auf Zahlung des Entgeltes aus einem Dienstverhältnis mit dem Erblasser erlischt durch Vereinigung nicht schon mit der Abgabe der Erbserklärung, sondern erst im Zeitpunkt der Einantwortung. Die Verbindlichkeiten aus dem Dienstverhältnis sind bei der Berechnung des Pflichtteils Abzugsposten.

Die auf den Pflichtteilsberechtigten entfallende Erbschaftssteuer ist keine Erbgangschuld.

Entscheidung vom 16. April 1964, 5 Ob 98/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Erblasser Richard K. starb am 2. Juli 1961. In seinem Testament vom 25. November 1958 setzte er Elfriede K. als Erbin ein. Der Sohn des Erblassers J. K. wurde auf den Pflichtteil gesetzt.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes I. vom 19. Juli 1961 wurde die von Elfriede K. auf Grund der letztwilligen Anordnung vom 25. November 1958 abgegebene bedingte Erbserklärung zu Gericht angenommen, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses gemäß § 810 ABGB. und § 145 AußStrG. bewilligt und die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses angeordnet.

In der Folge beantragte der Pflichtteilsberechtigte J. K., die Absonderung der Verlassenschaft gemäß § 812 ABGB. zu bewilligen und einen Absonderungskurator zu bestellen. Er stützte seinen Antrag darauf, daß die erbserklärte Erbin ein am 24. Mai 1962 mit ihm abgeschlossenes Übereinkommen, nach dem sie einen Betrag von 1.142.765.05 S zu bezahlen habe, nicht einhalte und deshalb gegen sie eine Klage eingebracht werden mußte. Überdies verweigere die Alleinerbin die Bucheinsicht in dem zum Nachlaß gehörigen Tiefbohrunternehmen, so daß die Gefahr einer zu großen Entnahme von Vermögenswerten aus dem Unternehmen sowie die Gefahr eine Schmälerung des Pflichtteilsanspruches bestehe. Schließlich führe die erbserklärte Erbin die Geschäfte unrichtig und es sei keine Klarheit über verschiedene Transaktionen gegeben.

Das Erstgericht ordnete die Nachlaßseparation an und bestellte Dr. X. zum Separationskurator. Es sprach aus, daß mit rechtskräftiger Bewilligung der Nachlaßseparation die Befugnis der erbserklärten Erbin auf Besorgung und Verwaltung der Verlassenschaft erlösche und daß die Erbin die Nachlaßseparation abwenden könne, wenn sie eine Sicherheitsleistung für die Pflichtteilsansprüche in der Weise erbringe, daß sie einen Betrag von 7.500.000 S auf ein Sparkonto erlege. Es wurde ferner die Errichtung des Hauptinventars angeordnet. Die Begründung des erstgerichtlichen Beschlusses läßt sich dahin zusammenfassen, daß für die Bewilligung der Nachlaßabsonderung die Behauptung von Befürchtungen für die Einbringlichkeit der Forderung des Pflichtteilsberechtigten genüge. Die Nachlaßabsonderung könne jedoch durch eine Sicherheitsleistung abgewendet werden. Nach den Behauptungen der erbserklärten Erbin sei ein Reinnachlaß von 16.000.000 S und ein Pflichtteilsanspruch von 5.041.100 S gegeben. Nach den Ausführungen des Pflichtteilsberechtigten betrage der reine Nachlaß 29.190.000 S und der Pflichtteilsanspruch 10.946.000 S. Es erscheine eine Sicherheitsleistung im Betrage von 7.500.000 S angemessen, die auf ein zu eröffnendes Sparbuch zu erlegen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Pflichtteilsberechtigten nicht Folge. Dem Rekurs der erbserklärten Erbin gab es teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß, der im Ausspruch über die Anordnung der Errichtung des Inventars unangefochten blieb und im Ausspruch über die Anordnung der Nachlaßabsonderung bestätigt wurde, bezüglich der Höhe der Sicherheitsleistung dahin ab, daß an Stelle einer Sicherheitsleistung von 7.500.000 S eine solche im Betrage von 5.700.000 S zu treten habe. Nach dem Vorbringen des Pflichtteilsberechtigten - so führt das Rekursgericht aus - seien den Aktiven des Nachlasses folgende Werte zugrundezulegen:

1. Substanzwert des Unternehmens .............. 18.389.000 S 2.

Buchmäßig rückgestellte Pensionsansprüche der Erbin ...............

2.011.000 S 3. der vom Buchsachverständigen vorläufig errechnete

Liquidationsgewinn der Forderung für die Zeit von 1965 bis 1970

............. 9.000.000 S 4. Anteil der Y.-Ges.m.b.H.

................... 200.000 S 5. Die vor dem Tod der Erbin

geschenkte Villa in S. ..................... 2.000.000 S 6. andere

Aktiven ............................. 290.000 S ------------

zusammen ........ 31.890.000 S 7. abzüglich der von der

Testamentserbin bezeichneten Passiven ...... 2.700.000 S ----------

-- reiner Nachlaß somit .......................... 29.190.000 S.

Die unter 1., 6. und 7. angeführten Beträge stimmen im Wesen mit den von der Erbin angegebenen Werten überein. Die Pensionsrücklage im Betrage von 2.011.000 S sei als Passivposten zu berücksichtigen, da eine Vereinigung erst mit der Einantwortung der Verlassenschaft eintrete. Für eine Bewertung des Anteiles der Verlassenschaft an der Y.-Ges.m.b.H. mit 200.000 S sei kein Nachweis erbracht worden. Die Liegenschaft in S. gehöre nicht in die Verlassenschaft, da die Erbin schon vor dem Ableben des Erblassers Eigentum daran erlangt habe. Scheiden aber die Posten 2. (Pensionsansprüche), 4. (Anteil der Y.- Ges.m.b.H.) und 5. (Villa in S.) aus, vermindere sich der Wert der Verlassenschaft auf 24.979.000 S, wovon noch die von der Erbin anerkannte und urkundlich nachgewiesene Forderung der R.-AG. im Betrag von 9.200.000 S in Abzug komme, sodaß unvorgreiflich des Ergebnisses der Inventur der Nachlaßwert etwa 15.779.000 S zuzüglich eines Betrages von 53.000 S als Anteil der Verlassenschaft an der Y.-Ges.m.b.H. komme. Bei einem Nachlaßwert von etwa 16.000.000 S betrage der Pflichtteil rund 6.000.000 S, wovon ein bereits ausbezahlter Betrag von 300.000 S abzuziehen sei.

Der Erbin sei daher die Sicherheitsleistung durch Errichtung eines Kontos mit einer Einlage im Betrag von 5.700.000 S aufzutragen. Eine höhere Sicherheitsleistung sei nicht gerechtfertigt.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen der erbserklärten Erbin und des Pflichtteilsberechtigten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

A) Zum Revisionsrekurs der erbserklärten Erbin:

Da der Beschluß des Rekursgerichtes nur eine teilweise bestätigende Entscheidung darstellt, ist der Revisionsrekurs im Sinne des Judikates 56 (neu) = SZ. XXIV 335, das auch im außerstreitigen Verfahren anzuwenden ist, gemäß § 14 AußStrG. zulässig und nach dieser Gesetzesstelle zu beurteilen.

Sofern die erbserklärte Erbin als Aktenwidrigkeit rügt, daß bei der Bemessung des Pflichtteils auf die vom Pflichtteilsberechtigten zu entrichtende Erbschaftssteuer kein Bedacht genommen worden sei, die aber eine Passivpost des Nachlasses bilde, weil nach § 13 (2) ErbStG. der Nachlaß und jeder Erbe für die Steuer der am Erbfall Beteiligten hafte, macht sie in Wahrheit den Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend, der aber nicht gegeben ist. Denn zufolge § 13 (1) des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (BGBl. Nr. 141/1955) ist Steuerschuldner in Erbschaftssteuersachen nur der Erwerber. Nach Lehre (Dorazil, Komm. zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Manz 1961, S. 68) und Rechtsprechung (VwGH. vom 29. April 1959, Slg. Nr. 2007 (F.)) ist als Erwerber des Pflichtteils (dieser ist, wie sich aus dem Zusammenhalt des § 1 (1) und § 2 (1) Z. 1 leg. cit. zweifelsfrei ergibt, keine Zweckzuwendung im Sinne des in Rede stehenden Gesetzes, bei der auch der mit der Ausführung der Zuwendung Beschwerte Steuerschuldner ist, nur der Pflichtteilsberechtigte anzusehen. § 13 (2) ErbStG. begrundet lediglich eine Haftung des Nachlasses und zwar solange er nicht eingeantwortet ist (Dorazil, a. a. O. S. 68) sowie der Erben gleich Gesamtschuldnern für die Steuer der am Erbfall Beteiligten. Nur dem Pflichtteilsberechtigten darf daher als Schuldner mit Bescheid die auf ihn entfallende Erbschaftssteuer vorgeschrieben werden, während die im § 13 (2) ErbStG. Angeführten nur als beschränkt haftungspflichtige Personen in Betracht kommen (VwGH. vom 29. April 1959, Slg. Nr. 2007 (F.)). Daraus folgt, daß für die Berücksichtigung der auf den Pflichtteilsberechtigten entfallenden Steuern als Erbgangschulden kein Raum besteht (vgl. hiezu auch Weiss in Klang[2] III S. 141, 903).

Geht man von den Feststellungen der Untergerichte aus, dann liegt weder eine Aktenwidrigkeit noch eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, wenn das Rekursgericht für die Bemessung des Pflichtteils von einem Nachlaßwert von etwa 16 Millionen Schilling und von einem Pflichtteilsanspruch von 6 Millionen Schilling ausgeht.

B) Zum Revisionsrekurs des Pflichtteilsberechtigten:

Zu Unrecht vermeint der Rekurswerber, die der erbserklärten Erbin auferlegte Sicherheitsleistung sei unzureichend, weil die Pensionsansprüche der Erbin, die Angestellte des vom Erblasser betriebenen Tiefbohrunternehmens gewesen sei, als Passivposten der Verlassenschaft Berücksichtigung gefunden haben.

Den Untergerichten unterlief kein Verstoß gegen die Vorschrift des §

1445 ABGB., wenn sie Abfertigungs- oder Pensionsansprüche einer

Dienstnehmerin als Verbindlichkeiten des Tiefbohrunternehmens

berücksichtigten. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Ansprüche

auf Bezahlung des gebührenden Entgeltes der Testamentserbin

zustehen. Nach dem Schrifttum (Klang[2] VI S. 535, Ehrenzweig II/1

S. 347, Schell, Rspr. 1933 S. 199, Bemerkungen zur Entscheidung Nr.

278) und der Rechtsprechung (Rspr. 1933 Nr. 278), erlischt auch das

zweiseitige Dauerschuldverhältnis ebenso wie jedes andere

Schuldverhältnis durch Vereinigung nicht schon mit der Abgabe der

Erbserklärung, sondern erst im Zeitpunkt der Einantwortung und sind

Verbindlichkeiten aus einem Dienstverhältnis bei der Berechnung des

Pflichtteils als Abzüge zu berücksichtigen.

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