OGH 7Ob69/64

OGH7Ob69/644.3.1964

SZ 37/37

Normen

AktG §20
AktG §20

 

Spruch:

Der Sacheinlagevertrag kann vom Aktionär nicht wegen Willensmängel angefochten werden.

Entscheidung vom 4. März 1964, 7 Ob 69/64. I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Beklagten waren Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft Brüder T. Sie waren grundbücherliche Eigentümer der Betriebsliegenschaften sowie eines weiteren Liegenschaftsbesitzes, auf dem sie eine Landwirtschaft unter der Bezeichnung "Gutsverwaltung P.hof" betreiben.

Auf Grund des Gründungsvertrages vom 21. März 1962 wurde die klagende Aktiengesellschaft gegrundet und seitens der Beklagten das Unternehmen der offenen Handelsgesellschaft mit den Aktiven und Passiven in die Aktiengesellschaft laut Schlußbilanz vom 31. Dezember 1961 eingebracht. Dadurch gingen das Sägewerk, nicht aber der P.hof in das Eigentum der Aktiengesellschaft über. Aktionäre sind das X.-Institut und die Beklagten.

In der Schlußbilanz der offenen Handelsgesellschaft vom 31. Dezember 1961 scheinen zwei Traktoren mit einem Erinnerungswert von 1 S auf. Diese Traktoren wurden durch die offene Handelsgesellschaft angeschafft. Diese Bilanz lag den Vertragspartnern bei Abschluß des Einbringungsvertrages vor. Die Traktoren wurden bei den Besprechungen nicht ausdrücklich erwähnt. Eine physische Übergabe an die klagende Partei fand nicht statt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Herausgabe der beiden näher bezeichneten Traktoren statt; das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus: Die Einrede der mangelnden Willensübereinstimmung bzw. des Irrtums sei verfehlt, weil eine Anfechtung des gegenständlichen Übereinkommens aus diesen Gründen mit Rücksicht auf die Verkehrswirkung versagt sei. Es würde eine schwere Gefährdung des Verkehrs bedeuten, wenn die Aktiengesellschaft, nachdem sie als selbständiges Rechtssubjekt entstanden und nach außen hervorgetreten sei, nachträglich durch Anfechtung oder Annahme der Nichtigkeit einzelner Vertragsbestimmungen vernichtet werden könnte. Hinter diesem Verkehrsinteresse müsse das Interesse des einzelnen zurücktreten, da er durch seine Erklärung für die Öffentlichkeit den Rechtsschein einer einwandfrei gegrundeten Aktiengesellschaft geschaffen habe. Belanglos sei, daß die Traktoren im landwirtschaftlichen Betrieb, der nicht eingebracht worden sei, verwendet worden seien. Selbst wenn sie Zubehör dieses Betriebes gewesen seien, wäre durch die Satzung eine Umwidmung vorgenommen worden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagten (Erst- und Drittbeklagter) bekämpfen die Ansicht des Berufungsgerichtes, es sei eine Umwidmung bezüglich der Klagsgegenstände vorgenommen worden, und führen dazu aus: Nach Aussage des Zeugen Dr. H. sei Grundtendenz der Vereinbarung gewesen, daß die Industriebetriebe, nicht aber der landwirtschaftliche Betrieb übergehen sollten. Was Zubehör sei, sollte nach der wirtschaftlichen Zugehörigkeit auseinandergeteilt werden. Nach § 2 der Satzung sei als Zweck der Aktiengesellschaft die Übernahme und Weiterführung des Folienwalzwerkes mit Sägewerk und Elektrizitätswerken angeführt, so daß alle übrigen Vermögenschaften der Firma T. auszuscheiden hatten. Die Traktoren seien für die Landwirtschaft angeschafft und stets für diese verwendet worden und daher Zubehör der landwirtschaftlichen Grundstücke. Wenn auch in der Satzung als Ausnahme des Anlagevermögens nur Grundstücke angeführt seien, so gehöre das Zubehör dazu. Da die landwirtschaftlichen Grundstücke ausgenommen seien, gelte dies auch für die Traktoren.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Abgesehen davon, daß nicht feststeht, daß die Traktoren Zubehör der Landwirtschaft waren, so ist festgestellt, daß sie nach dem Gründungsvertrag (Satzung) an die Klägerin veräußert wurden. Damit wurde aber jedenfalls die Zubehöreigenschaft, falls sie bestanden haben sollte, aufgehoben. Es bleibt daher lediglich die Frage des Irrtums offen.

Diesbezüglich führen die Beklagten aus, § 20 AktG., gebe die Möglichkeit, die Unwirksamkeit von Vereinbarungen über Sacheinlagen auch nach Eintragung der Aktiengesellschaft in das Handelsregister geltend zu machen. Es sei daher die gegenteilige Ansicht des Berufungsgerichtes unrichtig, zumal durch Ausscheidung der Traktoren der Aktiengesellschaft nicht die Rechtsgrundlage entzogen werde.

Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Nach § 20 (2) erster Satz AktG. wird die Unwirksamkeit der Vereinbarung über Sacheinlagen gegenüber der Gesellschaft nur unter ganz bestimmten hier nicht vorliegenden Voraussetzungen normiert. Nach einhelliger Lehre gilt diese Bestimmung nicht für Willensmängel und ist eine Anfechtung aus diesem Grund nach Entstehung der Aktiengesellschaft ausgeschlossen (Baumbach - Hueck[11], Übersicht 1 B zu § 16 und Anm. 2 E zu § 20 AktG., Gadow - Heinichen[2], Anm. 14 zu § 20 AktG., Hämmerle, Handelsrecht, 2. Teil, S. 550). Dieser Ansicht schließt sich der Oberste Gerichtshof an. Das in der Revision angeführte Beispiel einer irrtümlichen Aufnahme eines einem Dritten gehörigen Gegenstandes in das Inventar der neu gegrundeten Aktiengesellschaft ist verfehlt. Denn der Dritte ist nicht Vertragspartner und es steht ihm daher die Eigentumsklage offen. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber um die Frage der Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrages selbst, da der Sacheinlagevertrag ein Teil des Gesellschaftsvertrages ist (Baumbach - Hueck[11], a. a. O., § 20, 2 C).

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