OGH 2Ob12/64

OGH2Ob12/6430.1.1964

SZ 37/19

Normen

ABGB §1375
Mietengesetz §17 (2)
ABGB §1375
Mietengesetz §17 (2)

 

Spruch:

Auf die Rückforderung der Ablöse kann nachträglich gültig verzichtet werden, z. B. durch nachträgliches Anerkenntnis der Verpflichtung zur Zahlung der vereinbarten Ablöse.

Entscheidung vom 30. Jänner 1964, 2 Ob 12/64. I. Instanz:

Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Beklagte erwarb im Sommer 1962 von der Klägerin ein bis dahin von dieser gemietetes Geschäftslokal und bezahlte hiefür eine Ablöse. Darüber hinaus vereinbarten die Parteien, daß der Beklagte der Klägerin zwei Persianerklauenmäntel normaler Größe übergebe. Hierüber stellte er der Klägerin eine Urkunde mit folgendem Wortlaut aus: "Gutschein über 2 (zwei) Persianerklauenmäntel, normaler Größe. Lieferbar bis 15. August. Gültig bis 31. Dezember 1962". Diese Urkunde übergab er der Klägerin bei Abschluß des Mietvertrages zwischen ihr und der Hausverwaltung. Ende Oktober oder Anfang November 1962 erschien die Klägerin im Geschäft des Beklagten, wo gerade Pelze vorgeführt wurden, und wollte sich zunächst einen Mantel abholen. Die Gattin des Beklagten forderte die Klägerin auf, Mäntel und Jacken zu probieren. Die Klägerin fand an einer Jacke Gefallen und fragte den Beklagten, ob sie diese an Stelle der Persianerklauenmäntel haben könne, worauf der Beklagte zunächst ihr Ansinnen mit dem Bemerken ablehnte, wieso sie überhaupt etwas von ihm verlangen könne, über Vorhalt des Gutscheines aber erklärte, sie könne nur das haben, was auf dem Gutschein stehe. Die Klägerin verlangte nun die Herausgabe der beiden Persianerklauenmäntel, doch erklärte der Beklagte, daß in der Qualität, in der er zu liefern bereit sei, nichts fertig sei; auch könne die Klägerin den Gutschein erst am 31. Dezember 1962 realisieren. Über dieses Verhalten verärgert, verließ die Klägerin das Geschäft. Der Beklagte ließ in der Folge nichts von sich hören. Mit Schreiben vom 20. November 1962 forderte der Klagevertreter den Beklagten auf, binnen 8 Tagen eine verbindliche Erklärung zur sofortigen Ausfolgung zweier Persianerklauenmäntel normaler Größe und mittlerer Art und Güte abzugeben. Am 28. November 1962 brachte die Klägerin die vorliegende Klage ein. Nach Zustellung der Klage an den Beklagten schrieb er am 7. Dezember 1962 der Klägerin unter Bezugnahme auf die Klage, er sei bereit, ihr die zwei Persianerklauenmäntel zu übergeben, und fordere sie auf, sich diese während der üblichen Geschäftszeiten abzuholen. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nicht nach. Am 3. April 1963, also während des gegenständlichen Prozesses, forderte der Vertreter der Klägerin in Begleitung eines öffentlichen Notars vom Beklagten in dessen Geschäft die Ausfolgung der Pelzmäntel. Da eine Einigung über den Wortlaut der die Übergabe der Pelzmäntel betreffenden Quittung nicht zustande kam, verweigerte der Beklagte deren Ausfolgung.

Das Erstgericht gab dem bei Schluß der Verhandlung auf Lieferung zweier Persianerklauenmäntel normaler Größe und mittlerer Art und Güte gerichteten Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision ist nicht begrundet.

Sie bestreitet nicht das Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses des Beklagten in der Form des Schreibens vom 7. Dezember 1962, wendet sich jedoch gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß dieses Anerkenntnis trotz der Verbotssanktion des § 17 MietG. deshalb auch rechtswirksam sei, weil nur unverzichtbare Einwendungen der Wirksamkeit eines konstitutiven Anerkenntnisses entgegenstunden, auf die Rückforderung einer Ablöse nach § 17 MietG. aber nur im voraus nicht verzichtet werden könne. Nach Ansicht der Revision ist der vom Berufungsgericht aus den Worten "im voraus" gezogene Umkehrschluß nicht gerechtfertigt. Die Mangelhaftigkeit wird darin erblickt, daß das Berufungsgericht keine Feststellungen in der Richtung getroffen habe, ob der Klagsanspruch auf einen der Tatbestände des § 17 MietG. gegrundet ist.

Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Gesetzes begegnet keinen Bedenken. Solche zu erwecken, ist auch keinesfalls das einzige von der Revision geltend gemachte Argument, daß nämlich die Worte "im voraus" lediglich dem Zweck dienten, die Unzulässigkeit und Nichtigkeit jeglicher Ablösevereinbarung zu betonen, geeignet. Denn dies wäre bereits durch die lapidaren Einleitungsworte des § 17 (1) lit. g ("Ungültig und verboten sind ...") in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck gebracht. Gegenüber der Ansicht der Revision muß auf den vom Obersten Gerichtshof bereits wiederholt vertretenen und auch von der Rechtslehre gebilligten Standpunkt verwiesen werden, daß nach Aufhören der Zwangslage des Mietinteressenten der Grund für das im § 17 (2) MietG. angeordnete Verzichtsverbot weggefallen ist. So sind nach der in RZ. 1933 S. 142 veröffentlichten Entscheidung vom 7. März 1933 Verzichtserklärungen auf den Rückforderungsanspruch des § 17 MietG. wirksam, wenn sich der Mieter im Zeitpunkt des Verzichtes in keiner Zwangslage mehr befand. In der Entscheidung vom 5. März 1932 AnwZ. 1932 S. 296, wurde ausgesprochen, daß "im voraus" erfolgt und daher unwirksam der Verzicht auf den Rückforderungsanspruch dann ist, wenn er vor der tatsächlichen Übergabe des Bestandgegenstandes an den neuen Mieter stattgefunden hat. Mit dieser Auffassung steht auch die Lehre im Einklang. Swoboda (Kommentar zum MietenG.[2] S. 174 ff.) verweist darauf, daß alle gesetzlichen Ausnahmen von dem im § 1174 ABGB. verankerten Rückforderungsverbot streng auszulegen sind und daß dies insbesondere auch für die Vorschrift des § 17 (2) MietG. gilt, ferner, daß die Zeitbestimmung "im voraus" nach dem Zweck des Gesetzes gedeutet werden muß, daß die Ausnützung der Zwangslage eines Wohnungssuchenden verhindern will. "Späterhin ist eine Verzichtsleistung zulässig" (a. a. O. S. 176). Auch nach der Ansicht Sternbergs (Das Mietengesetz[4] S. 266) entfällt die Rückforderbarkeit, wenn auf sie nachträglich verzichtet wird.

Sternberg fügt hinzu: "Gleichbedeutend ist u. E. nachträgliche Anerkennung, eine der im § 17 (1) genannten und versprochenen Zahlungen zu schulden". Er löst also den hier zur Entscheidung stehenden Fall ausdrücklich im Sinn der auch vom Revisionsgericht gebilligten Auffassung des Berufungsgerichtes. Daß auch Zingher (Das MietG.[13] S. 47) in Ansehung des Verzichtes auf den Rückforderungsanspruch der gleichen Meinung ist, muß die Revision selbst zugeben. Zwar beziehen sich die im Vorstehenden wiedergegebenen Meinungen Swobodas und Zinghers ihrem Wortlaut nach nur auf den Fall, daß es sich um eine Wohnung handelt. Daß sie auch auf Geschäftsräume zutrifft, ergibt sich mittelbar aus den Gründen der in JBl. 1958 S. 512, veröffentlichten höchstgerichtlichen Entscheidung, auf die, um Weitläufigkeiten zu vermeiden, verwiesen werden kann.

Der Beklagte konnte somit im maßgeblichen Zeitpunkt (7. Dezember 1962), nachdem er die ihm von der Klägerin abgetretenen Mietrechte längst ausübte, die in Rede stehenden Verpflichtungen wirksam eingehen. Das darauffolgende Verhalten der Klägerin, insbesondere der in der Folge unternommene Versuch, entsprechende Mäntel zu erhalten, kann nur dahin verstanden werden, daß sie die im Schreiben vom 7. Dezember 1962 enthaltene Erklärung des Beklagten auch angenommen hat. Das Berufungsgericht hat die einzige offene Rechtsfrage richtig beantwortet. Daraus folgt aber, daß es auch irgendwelcher Beweisaufnahmen in der Richtung, ob der Verpflichtung zur Lieferung der beiden Persianerklauenpelzmäntel einer der im § 17

(1) MietG. verbotenen Tatbestände zugrunde liege, nicht bedurfte, weshalb auch die insoweit erhobene Mängelrüge und damit auch der in der Hauptsache allein gestellte Aufhebungsantrag nicht gerechtfertigt ist.

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