Normen
EO §35
Drittes Rückstellungsgesetz §15
Drittes Rückstellungsgesetz §23
EO §35
Drittes Rückstellungsgesetz §15
Drittes Rückstellungsgesetz §23
Spruch:
Die Aufrechnung von Gegenforderungen, für die das Prozeßgericht unzuständig ist oder für deren Geltendmachung eine andere Art des gerichtlichen Verfahrens - z. B. vor der Rückstellungskommission - bestimmt ist, ist zulässig.
Entscheidung vom 8. Jänner 1964, 3 Ob 172, 173/63.
I. Instanz: Exekutionsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Auf Antrag der betreibenden Partei hat das Erstgericht wider die Verpflichteten auf Grund des vollstreckbaren Notariatsaktes vom 2. September 1959 zur Hereinbringung zweier Forderungen von je 3500 S s. A. die Fahrnisexekution bewilligt. Gegen diese im Exekutionswege geltend gemachten Ansprüche erheben die Verpflichteten Einwendungen. Sie behaupten, daß die betriebenen Forderungen durch Kompensation mit einer ihnen gegen die betreibenden Parteien zustehenden Gegenforderung getilgt seien. Die betreibenden Parteien hätten ihnen die ihnen gehörigen 2/3 Anteile der EZ. X. verkauft. Hinsichtlich eines Drittelanteiles sei von der Sammelstelle A gegen die Verpflichteten das Rückstellungsverfahren eingeleitet worden, da es sich um ein entzogenes Vermögen gehandelt habe. Die Verpflichteten seien rechtskräftig zur Rückstellung dieses einen Drittelanteiles verpflichtet worden, hätten jedoch mit der Sammelstelle A einen Vergleich abgeschlossen, durch den die gegenseitigen Ansprüche gegen Zahlung von 98.000 S und eines Kostenbeitrages von 1900 S bereinigt worden seien. Diese Summe, deren Ersatz den Verpflichteten im Regreßwege zustehe, machen sie gegen die betriebene Forderung kompensationsweise geltend. Mit ihrer Klage haben die Verpflichteten den Antrag auf Aufschiebung der eingangs angeführten Exekutionen verbunden.
Der Erstrichter schob die Exekutionen gegen Erlag einer Sicherheit von je 875 S bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Oppositionsklage auf.
Infolge Rekurses der betreibenden Parteien wies das Rekursgericht die Aufschiebungsanträge ab.
Die von den verpflichteten Parteien eingebrachten Klagen seien ohne Erfolgsaussicht. Über die Vorfrage, ob den Verpflichteten gegen die betreibenden Gläubiger eine Gegenforderung zustehe, könne im ordentlichen Verfahren nur dann entschieden werden, wenn dieses Verfahren für die Geltendmachung der Gegenforderung zulässig sei. Diese Voraussetzung fehle jedoch bei der von den Verpflichteten eingewendeten Gegenforderung, da über Rückgriffsansprüche auch dann ausschließlich die Rückstellungskommission zu entscheiden habe, wenn sie zwischen mehreren Erwerbern geltend gemacht werden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der verpflichteten Parteien Folge und änderte den rekursgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß die erstgerichtlichen Beschlüsse wiederhergestellt wurden.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Den verpflichteten Parteien droht bei Durchführung der Exekution ein zumindest schwer ersetzbarer Vermögensnachteil, da ohne Aufschiebung der exekutive Verkauf bevorsteht und es offenbar ist, daß um den Erlös die versteigerten Gegenstände nicht mehr beschafft werden könnten.
Der Erstrichter hat den Verpflichteten eine angemessene Sicherheitsleistung aufgetragen; aus der ganz allgemein gehaltenen Behauptung der betreibenden Parteien, daß die ihnen drohenden Vermögensnachteile durch die Sicherungsleistung nicht gedeckt seien, läßt sich nicht erkennen, aus welchen Gründen die Sicherungssumme zu niedrig bemessen sein soll.
Es bleibt daher nur noch zu prüfen, ob die weitere Voraussetzung, daß die Oppositionsklage nicht aussichtslos sei, vorliegt. Nach Meinung des Rekursgerichtes ist der Oppositionsklage der verpflichteten Parteien jede Aussicht auf Erfolg abzusprechen; es handle sich nämlich um eine Gegenforderung der verpflichteten Parteien, die im ordentlichen Rechtsweg nicht geltend gemacht und daher vor ihrer Feststellung durch die zuständige Behörde im Kompensationsweg nicht eingewendet werden könne. Mit Recht wenden sich die verpflichteten Parteien gegen diese Rechtsansicht des Rekursgerichtes.
Richtig ist, daß im Kompensationsweg auf einen Anspruch, der nicht im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden kann, nicht Bedacht genommen werden kann, sofern er nicht von der zuständigen Behörde rechtskräftig festgestellt worden ist. Diese in SZ. XXII 50 (aus dem Jahre 1949 stammend) ausgesprochene Rechtsansicht hält der Oberste Gerichtshof aufrecht. Dies gilt etwa für Gegenforderungen, die auf den Verwaltungsweg oder vor ein Schiedsgericht gehören (Gschnitzer in Klang[2] VI S. 502). So hat auch der Oberste Gerichtshof in letzter Zeit zu 3 Ob 142/63 und den dort zitierten Entscheidungen, insbesondere JBl. 1957 S. 647 ausgesprochen, daß Forderungen, die vor ein vereinbartes Schiedsgericht gehören, vor dessen Entscheidung nicht eingewendet werden können, weil eine Kompensation in diesem Fall wegen des im Schiedsvertrag vereinbarten Verzichtes auf gerichtliche Geltendmachung geradezu eine Sanktionierung der Vertragsbrüchigkeit bedeuten würde.
Dagegen hindert die Tatsache, daß das Prozeßgericht für die Gegenforderung unzuständig ist, die Aufrechnung im Prozeß nicht (SZ. XXIII 149 und Gschnitzer a. a. O.). Gemäß § 35 (2) EO. kann Tilgung durch Aufrechnung geltend gemacht werden, obwohl für die Entscheidung über die Gegenforderung das Arbeitsgericht sachlich zuständig wäre (SZ. XXXI 119). Im Spruch 47 neu (EvBl. 1957 Nr. 7) hat der Oberste Gerichtshof erklärt, es sei eine Frage der sachlichen Zuständigkeit und nicht der Zulässigkeit des Rechtsweges, ob eine Streitsache vor die ordentlichen oder die Arbeitsgerichte gehöre, obwohl § 1 (2) ArbGerG. bestimmt, daß die Arbeitsgerichte unter Ausschluß der ordentlichen Gerichte ... zuständig seien.
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Gegenforderung um einen Regreßanspruch auf Grund des 3. RG. Nach § 15 (1) dieses Gesetzes entscheiden über die dort angeführten Ansprüche einschließlich der Rückgriffsansprüche zwischen mehreren Erwerbern ausschließlich Rückstellungskommissionen. § 22 (1) des 3. RG. spricht von Unzulässigkeit des Rechtsweges und dem Ausspruch der sachlichen Zuständigkeit der Rückstellungskommission. Nach § 23 (1) des 3. RG. gilt für das Verfahren vor den Kommissionen sinngemäß das Verfahren Außerstreitsachen, jedoch sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über den Beweis sinngemäß anzuwenden. Der Verfassungsgerichtshof hat mit seiner Entscheidung vom 16. Juni 1948, B 98/48, ausgesprochen, daß die Rückstellungskommissionen, wenn sie auch nicht ordentliche Gerichte sind, doch als Gerichte (Sondergerichte) zu qualifizieren seien. Bei vergleichender Betrachtung der Rechtsprechung zur Frage der Zuständigkeit oder Zulässigkeit des Rechtsweges in arbeitsgerichtlichen Rechtssachen muß davon ausgegangen werden, daß die Regelung in § 15 (1) des 3. RG. auch nichts anderes bedeutet wie die Regelung dieser Frage in § 1 (1) ArbGerG. Auch Regreßansprüche nach § 15 (1) des 3. RG. müssen vor Sondergerichten, also vor Gerichten, geltend gemacht werden. Es handelt sich daher auch in diesem Fall nicht um eine Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges in dem Sinne, daß ein gerichtliches Verfahren überhaupt ausgeschlossen wäre. Soweit die Entscheidung SZ. XXII 50 einen gegenteiligen Standpunkt einnimmt, wird diese Rechtsansicht vom Obersten Gerichtshof mit Rücksicht auf die geänderte Rechtsprechung bei den gleichgelagerten Fallen der Geltendmachung von Gegenforderungen in arbeitsgerichtlichen Rechtssachen nicht aufrechterhalten. Eine weitere Begründung für die nunmehrige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes liegt darin, daß für die Rückstellungskommission im allgemeinen die Vorschriften des Verfahrens Außerstreitsachen gelten, wobei beträchtliche Teile der Zivilprozeßordnung anzuwenden sind. Wie z. B. in der Entscheidung SZ. XVI 17 ausgesprochen wurde, kann die Unzulässigkeit einer Exekution zur Hereinbringung eines im außerstreitigen Verfahren festgesetzten Unterhaltsanspruches im Rechtsweg gem. § 35 EO. infolge Erlöschens des Unterhaltsanspruches geltend gemacht werden; es bedarf nicht einer vorherigen Entscheidung über den Unterhaltsanspruch im außerstreitigen Verfahren. Hieraus ergibt sich, daß in einem Verfahren nach § 35 EO. auch über Ansprüche entschieden werden kann, bezüglich deren zwar das streitige Verfahren unzulässig, aber ein gerichtliches Verfahren möglich ist. (so sagt auch Gschnitzer a. a. O.: "Die Aufrechnung von Gegenforderungen, für welche das Prozeßgericht unzuständig oder für deren Geltendmachung eine andere Art des Verfahrens bestimmt ist, muß für zulässig erklärt werden.").
Aus dem vom Rekursgericht herangezogenen Umstand, daß die Gegenforderung gem. § 15 (1) des 3. RG. nur vor der Rückstellungskommission geltend zu machen wäre, kann daher nicht geschlossen werden, daß die Oppositionsklage keinen Erfolg haben kann.
Aus der Oppositionsklage ergeben sich keine weiteren Anhaltspunkte, daß diese Klage etwa aus anderen Gründen aussichtslos wäre.
Im übrigen wird durch diese Entscheidung den Ergebnissen des Prozeßverfahrens selbst nicht vorgegriffen.
Es waren daher die erstrichterlichen Beschlüsse wiederherzustellen.
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