OGH 8Ob176/63

OGH8Ob176/632.7.1963

SZ 36/96

Normen

ZPO §168
ZPO §168

 

Spruch:

Die außergerichtliche, mit einem Ratenvergleich verbundene, dem Gericht nicht angezeigte Vereinbarung ewigen Ruhens verhindert nicht die Verfahrensfortsetzung wegen der fälligen Raten.

Entscheidung vom 2. Juli 1963, 8 Ob 176/63.

I. Instanz: Kreisgericht Ried i. I.; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Das Erstgericht gab dem auf Zahlung des eingeschränkten Betrages von 14.000 S gerichteten Klagebegehren Folge. Es ging im wesentlichen von nachstehendem Sachverhalt aus: Der Kläger habe in der Klage für gelieferte Landmaschinen den Betrag von 19.043 S 80 g s. A. begehrt. Am 15. November 1961 sei es zu einer Vereinbarung gekommen, wonach der Beklagte sich verpflichtete, den geltend gemachten Betrag in Monatsraten von je 1000 S zu bezahlen. Lediglich hinsichtlich der Kosten sei eine Einschränkung gemacht worden. Am 20. November 1961 sei dem Gericht das Ruhen des Verfahrens angezeigt worden. Am 27. Februar 1962 habe der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Mit Schreiben vom 23. März 1962 habe der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter den Vorschlag gemacht, das Verfahren für immer ruhen zu lassen. Gleichzeitig habe er dem Beklagtenvertreter eine von ihm vorbereitete Eingabe an das Gericht, die diesem Vorschlag entsprochen habe, zukommen lassen. Der Beklagtenvertreter habe wohl diese Eingabe mitunterfertigt, die Überreichung bei Gericht sei dann aber unterblieben. In der Folge habe der Klagevertreter diese Eingabe vom Beklagtenvertreter zurückverlangt, welchem Verlangen der Beklagtenvertreter nachgekommen sei. Der Kläger habe nunmehr sein Begehren zunächst auf die nach der Vereinbarung bereits fälligen Ratenbeträge in Höhe von 4000 S eingeschränkt und sodann sein Begehren auf die im Verlauf des Verfahrens fällig gewordenen weiteren Ratenbeträge ausgedehnt. Der Erstrichter war der Ansicht, der Kläger könne die nach Vereinbarung zu zahlenden Ratenbeträge nicht mit gesonderter Klage geltend machen, weil im Hinblick darauf, daß die Vereinbarung des ewigen Ruhens des Verfahrens dem Gericht nicht angezeigt worden sei, hinsichtlich der Forderung des Klägers weiterhin Streitanhängigkeit vorliege.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Das Berufungsgericht war ebenso wie der Erstrichter der Ansicht, die dem Gericht nicht angezeigte Vereinbarung über das ewige Ruhen des Verfahrens sei in prozessualer Hinsicht wirkungslos. In materiellrechtlicher Hinsicht stehe die Vereinbarung, mit der nicht etwa auf den Anspruch verzichtet, sondern dessen Abdeckung durch Ratenzahlungen festgelegt worden sei, einer erfolgreichen Geltendmachung der bereits fälligen Ratenbeträge im vorliegenden Verfahren nicht im Wege.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Den Ausführungen in der Revision, mit denen dargetan werden soll, der weiteren Verfolgung des Anspruches des Klägers im vorliegenden Verfahren stehe die Vereinbarung des ewigen Ruhens des Verfahrens im Wege, kann nicht beigepflichtet werden. Zutreffend hat schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß hinsichtlich dieser Vereinbarung die prozessuale Seite und die materiellrechtliche Seite auseinanderzuhalten seien. Daß der Vereinbarung keine prozessualen Wirkungen zukommen, ergibt sich aus der Bestimmung des § 168 ZPO., wonach eine solche Vereinbarung erst von dem Zeitpunkt an wirksam ist, in welchem sie dem Gericht angezeigt wird. Da es zu einer solchen Anzeige an das Gericht nicht gekommen ist, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, welcher Art die prozessualen Wirkungen der Anzeige an das Gericht gewesen wären, wenn diese Anzeige gemacht worden wäre. Worauf es zurückzuführen ist, daß es zu der Anzeige an das Gericht nicht gekommen ist, ist vom verfahrensrechtlichen Standpunkt aus nicht entscheidend.

Was die materiellrechtliche Seite der Vereinbarung anlangt, so führt der Beklagte nunmehr in der Revision aus, der Kläger habe mit der Vereinbarung seinen Klagsanspruch aufgegeben. Was er mit der Wendung, der Kläger habe seinen Anspruch aufgegeben, meint, ist seinen Ausführungen nicht eindeutig zu entnehmen. Daß der Grund der Vereinbarung des ewigen Ruhens des Verfahrens ein Verzicht des Klägers auf den geltend gemachten Anspruch gewesen sei, hat der Beklagte jedenfalls in erster Instanz nicht behauptet. Er hat vielmehr selbst den Standpunkt eingenommen, es seien Ratenzahlungen vereinbart worden, und auch die Feststellungen der ersten Instanz hinsichtlich der Höhe der nach der Vereinbarung fälligen Ratenbeträge nicht bekämpft.

Hat aber die Vereinbarung des ewigen Ruhens des Verfahrens mangels Anzeige an das Gericht keine prozessualen Wirkungen, dann kann sie der weiteren Verfolgung des dem Kläger zustehenden Anspruches im vorliegenden Verfahren nicht im Wege stehen. Der materiellrechtlichen Seite der Vereinbarung hat der Kläger ohnehin dadurch Rechnung getragen, daß er sein Begehren zunächst auf die nach der Vereinbarung bereits fälligen Ratenbeträge einschränkte und sein Begehren jeweils nur auf die im Verlauf des Verfahrens fällig gewordenen weiteren Ratenbeträge ausdehnte.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

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