OGH 2Ob72/63 (2Ob76/63)

OGH2Ob72/63 (2Ob76/63)12.6.1963

SZ 36/81

Normen

ZPO §17
ZPO §18 (2)
ZPO §17
ZPO §18 (2)

 

Spruch:

Im Zwischenverfahren nach § 18 (2) ZPO. ist lediglich der Intervenient und diejenige Prozeßpartei beteiligt, welche die Zurückweisung der Nebenintervention beantragt hat. Der anderen Prozeßpartei, die gegen die Nebenintervention nichts vorgebracht hatte, steht der Rekurs gegen den Beschluß (erster oder zweiter Instanz) nicht zu, wodurch die Nebenintervention für nicht zulässig erklärt worden ist.

Entscheidung vom 12. Juni 1963, 2 Ob 72, 76/63.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Am 16. August 1958 verunglückte Gottfried W. auf der Drautaler Bundesstraße vor Töplitsch durch den Zusammenstoß des von ihm gelenkten Personenkraftwagens mit dem infolge eines Dienstauftrages vom Zweitbeklagten gelenkten Lastkraftwagen des Erstbeklagten tödlich.

Gottfried W. war deutscher Staatsangehöriger und aktiver Offizier beim Deutschen Bundesheer im Range eines Generalmajors gewesen. Der Zweitbeklagte ist vom Strafgerichte rechtskräftig schuldig erkannt worden, den Verkehrsunfall vom 16. August 1958 zufolge verkehrswidrigen Verhaltens verschuldet zu haben. Die Klägerin macht geltend, daß den Zweitbeklagten das Alleinverschulden am Unfalle des Gottfried W. treffe und der Erstbeklagte als Kraftfahrzeughalter für das Verschulden des Zweitbeklagten gemäß Art. IV EinfV. z. KraftfVerkG. hafte; den Hinterbliebenen des Gottfried W., nämlich seiner Witwe Ursula und seinen beiden Kindern Wolfgang und Heike, seien Ersatzansprüche gegen die beiden Beklagten gemäß § 1327 ABGB. zugestanden; die Klägerin habe an diese Hinterbliebenen im Zusammenhange mit dem Ableben des Gottfried W. verschiedene Leistungen, insbesondere Witwen- und Waisengeld, erbringen müssen und nehme nunmehr die beiden Beklagten auf Ersatz zufolge der Legalzession des § 51 des deutschen Soldatenversorgungsgesetzes in Anspruch. Nach dem letzten Stande des erstgerichtlichen Verfahrens verlangt die Klägerin die Zahlung von 41.258.10 DM s. A. sowie die Feststellung, daß die beiden Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig seien, der Klägerin für alle jene Versorgungsleistungen, welche diese an die Hinterbliebenen des ... Gottfried W.... bis zum 31. März 1964 noch zu erbringen habe, insoweit Regreß zu leisten, als im Ersatzanspruch dieser Hinterbliebenen an die Beklagten wegen des Unfalls vom 16. August 1958 gemäß § 1327 ABGB. unter Berücksichtigung der Leistungen der Klägerin ein Deckungsfonds vorhanden sei. Die beklagten Parteien haben den Anspruch bestritten.

Mit Schriftsatz vom 31. Mai 1961 hat die Versicherungsanstalt der österreichischen Bundesländer-Versicherungs-Aktiengesellschaft erklärt, diesem Rechtsstreite auf Seite der erstbeklagten Partei beizutreten. In der Tagsatzung vom 6. Juni 1961 hat sich die Klägerin gegen diese Nebenintervention ausgesprochen.

Das Erstgericht hat über den Antrag der Klägerin auf Zurückweisung der Nebenintervenientin verhandelt und hierauf die Nebenintervention auf Seite des Erstbeklagten zugelassen.

Das Streitverfahren ist auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt und mit Urteil vom 10. August 1962 das Klagebegehren abgewiesen worden.

Infolge des Rekurses der Klägerin - diese hat auch das Ersturteil mit Berufung angefochten - hat die zweite Instanz mit Beschluß vom 14. Jänner 1963 in Abänderung des bezeichneten Beschlusses des Erstgerichtes ausgesprochen, daß die Nebenintervention auf Seite der erstbeklagten Partei nicht zugelassen werde.

Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richten sich:

1. der Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei; darin wird beantragt, den angefochtenen Beschluß "aufzuheben bzw. dahin abzuändern, daß die Nebenintervention zugelassen und der Beschluß der ersten Instanz wiederhergestellt werde";

2. der Revisionsrekurs der Nebenintervenientin, worin die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses der ersten Instanz beantragt wird.

Über die Berufung der Klägerin gegen das Ersturteil hat die Berufungsinstanz noch nicht entschieden.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei zurück und gab dem Revisionsrekurs der Nebenintervenientin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs der erstbeklagten Partei ist unzulässig.

In § 18 (2) ZPO. wird das Zwischenverfahren für den Fall des Antrages einer der Prozeßparteien auf Zurückweisung des Nebenintervenienten geregelt. Darnach ist zwischen dem Bestreitenden und dem Intervenienten mündlich zu verhandeln und hierauf beschlußmäßig über den bezeichneten Antrag zu entscheiden; der Fortgang des Hauptverfahrens wird hiedurch nicht gehemmt. Am erwähnten Zwischenverfahren sind also lediglich der Bestreitende (vorliegendenfalls die Klägerin) und der Intervenient beteiligt; die erstbeklagte Partei, die ihrerseits gegen die Nebenintervention nichts vorgebracht hatte, war am Zwischenverfahren nicht beteiligt. Bei diesen Umständen steht also der erstbeklagten Partei auch kein Rechtsmittel gegen den Beschluß der zweiten Instanz zu, womit diese in Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses die Nebenintervention nicht zugelassen hat, zumal Interessen des Erstbeklagten aus der Regelung des § 41 ZPO. über die Kostenersatzpflicht durch die negative Inzidenzentscheidung niemals beeinträchtigt werden können; denn selbst im Falle des endgültigen Unterliegens im Rechtsstreite wäre der Erstbeklagte nicht gegenüber der ihm beigetretenen Nebenintervenientin ersatzpflichtig (die im Rechtsstreite vollständig unterliegende Partei hat ja ihrem Gegner sowie dem diesem beigetretenen Nebenintervenienten die notwendigen Kosten zu ersetzen). Der Beschwerdeführer hat sich in keiner Weise mit der Zulässigkeit seines Rechtsmittels auseinandergesetzt. Es ist nicht seine Sache, die Interessen der Nebenintervenientin wahrzunehmen. Ein Recht einer Prozeßpartei, die Unterstützung des Nebenintervenienten zu genießen, ist aus der Prozeßordnung nicht abzuleiten. Das Institut der Nebenintervention wird ja in § 17 (1) ZPO. darauf abgestellt, ob eine dritte Person ein rechtliches Interesse daran habe, daß in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreite die eine Partei obsiege; im erwähnten Zwischenverfahren geht es also um das rechtliche Interesse des Intervenienten (nach der Lehre - vgl. Pollak, System[2], S. 123; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts[9], S. 201 - liegt der sogenannte Interventionsgrund darin, daß der Nebenintervenient nach Maßgabe der im Hauptprozesse aufgestellten Parteibehauptungen ein rechtliches Interesse am Siege der Hauptpartei hat). Dem Erstbeklagten fehlt also die Legitimation zu dem von ihm erhobenen Rechtsmittel. Demnach war sein Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Der Revisionsrekurs der Nebenintervenientin ist aus den nachstehenden Erwägungen nicht begrundet.

Das Rekursgericht hat unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände dieses Falles das in § 17 ZPO. geforderte rechtliche Interesse der Beschwerdeführerin am Obsiegen des Erstbeklagten im vorliegenden Rechtsstreite verneint; im Falle des Unterliegens des Erstbeklagten könnte dieser seinen Haftpflichtversicherer (die Nebenintervenientin) aus dem Versicherungsvertrage deswegen nicht belangen, weil die Leistungen daraus bereits durch die Abfindung der Direktansprüche der Ursula W. gänzlich ausgeschöpft worden seien; aber auch ein Schadenersatzanspruch stunde dem Erstbeklagten gegen den Haftpflichtversicherer im Falle des Unterliegens nicht zu, weil der Haftpflichtversicherer die allfälligen Ansprüche der Klägerin im voraus bedacht und mit ihr vereinbart habe, daß die Direktansprüche der Witwe vorrangig zu befriedigen seien; von dieser Vereinbarung aber habe der Erstbeklagte Kenntnis gehabt, bevor er sich mit Ursula W. verglichen habe.

Die breiten Ausführungen der Revisionsrekurswerberin sind nicht geeignet, diese Beurteilung der Vorinstanz hinsichtlich des Mangels des Interventionsgrundes zu widerlegen. Richtig ist zwar, daß der Haftpflichtversicherungsgesellschaft im allgemeinen das in § 17 ZPO. erwähnte rechtliche Interesse am Obsiegen ihres Versicherten im Haftpflichtprozesse zukommt (vgl. die Darlegungen zu diesem Problem in SZ. XXX 26 sowie Rosenberg, a. a. O., S. 201); die Beschwerdeführerin übersieht aber die besonderen Umstände dieses Falles, woraus die Vorinstanz die Annahme eines Interventionsgrundes auf Seite der Beschwerdeführerin abgelehnt hat.

Die Revisionsrekurswerberin übersieht vor allem ihre eigene Erklärung in der Tagsatzung vom 6. Juni 1961; sie hat damals ausgeführt, die abgegebene Beitrittserklärung unter der Voraussetzung sofort zurückzuziehen, daß die Klägerin ihrerseits die Erklärung abgebe, aus dem Deckungsverhältnis keinerlei Ansprüche zu stellen bzw. die Nebenintervenientin aus allen Ansprüchen der beklagten Parteien, die diese aus dem Versicherungsvertrag im Zusammenhange mit dem Unfalle vom 16. August 1958 geltend machen würden, klag- und schadlos zu halten. In der Folge hat die Klägerin diese Erklärung abgegeben und die Nebenintervenientin hat dies zur Kenntnis genommen und zugleich ausgeführt, "der Rücktritt (von der Nebenintervention) werde unter dem Vorbehalte vorgenommen, daß die Aktivlegitimation der Klägerin ordnungsgemäß sei". Mit ihren eigenen Erklärungen in erster Instanz hat somit die Nebenintervenientin jene Erwägungen gebilligt, aus denen das Rekursgericht den Mangel eines Interventionsgrundes angenommen hat. Die Beschwerdeführerin kann nunmehr nicht mit Erfolg in Widerspruch zu ihren früheren Erklärungen die Gründe für die Zurückweisung der Nebenintervention seitens des Rekursgerichtes bekämpfen. Bereits im Zeitpunkte der Beschlußfassung erster Instanz (vgl. SpR. Nr. 215, Rechtssatz 2, vom 18. Februar 1913) hatte die Nebenintervenientin die bezogenen Erklärungen abgegeben; der spätere Eintritt der Bedingung für die Wirksamkeit ihrer Erklärung ist nach allgemeinen Grundsätzen auf den Zeitpunkt der Erklärung rückzubeziehen. Der später erklärte Vorbehalt hinsichtlich der "Aktivlegitimation" kann schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil der Intervenient den Rechtsstreit in der Lage annehmen muß, in welcher sich derselbe zur Zeit seines Beitrittes befindet (§ 19 (1) Satz 1 ZPO.); die klagende Partei hat sich im Verlaufe dieses Verfahrens nicht verändert; die durch den erwähnten Vorbehalt der Nebenintervenientin aufgeworfenen Fragen betreffen nicht den in diesem Verfahrensabschnitt allein maßgeblichen Zwischenstreit nach § 18 (2) ZPO.

Bereits aus diesen Erwägungen muß dem Revisionsrekurse der Nebenintervenientin der Erfolg versagt bleiben.

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