OGH 4Ob153/62

OGH4Ob153/622.4.1963

SZ 36/53

Normen

Arbeitsgerichtsgesetz §2 (2)
Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm §1
Arbeitsgerichtsgesetz §2 (2)
Einführungsgesetz zur Jurisdiktionsnorm §1

 

Spruch:

Zulässigkeit des Rechtsweges für die Klage, mit der ein Vertragsbediensteter eines Bundeslandes, der behördliche Aufgaben zu besorgen hat, seine Einstufung in eine höhere Entlohnungsgruppe verlangt.

Entscheidung vom 2. April 1963, 4 Ob 153/62.

I. Instanz: Arbeitsgericht Feldkirch; II. Instanz: Landesgericht Feldkirch.

Text

Der Kläger - ein Vertragsbediensteter des Bundeslandes Vorarlberg verlangt die Feststellung, daß ihm in Zukunft das Recht auf Entlohnung nach Entlohnungsgruppe b 1/21, 3. und 4. Jahr, nächste Vorrückung in Stufe b 1/21, 5. Jahr, am 1. Jänner 1963 zustehe.

Die beklagte Partei hat Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewendet, weil der Kläger Angestellter im Bereich der Hoheitsverwaltung sei.

Das Erstgericht wies die Einrede zurück.

Das Rekursgericht gab dagegen dem Rekurs der beklagten Partei Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückwies. Diesen Beschluß begrundet das Rekursgericht wie folgt:

Das Dienstrecht der Angestellten der Länder, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, ist, was die Gesetzgebung über die Grundsätze anbelangt, Bundessache, was hingegen die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung betrifft, Landessache (Art. 12 (1) Z. 9, richtig nunmehr Z. 8 BVerfG.). Als Angestellte, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, im Sinne der genannten Gesetzesstelle sind ohne Rücksicht auf die Art ihrer Bestellung alle im Bereich der Hoheitsverwaltung ... tätigen Angestellten ... der Länder anzusehen (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. März 1950, kundgemacht unter Nr. 107 im Bundesgesetzblatt 1950). Der Kläger, der als Vertragsbediensteter in der Hoheitsverwaltung des Bundeslandes Vorarlberg tätig ist, untersteht somit im Punkte Dienstrecht der Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung des Landes. Ein Bundesgrundsatzgesetz hinsichtlich des Dienstrechtes der hier in Frage kommenden Angestellten der Länder ist bisher nicht ergangen. Gemäß § 3 (1) VÜG. 1920 ist daher derzeit die Landesgesetzgebung zur freien Regelung befugt. Eine solche Regelung hat das Land Vorarlberg durch die Erlassung der "Dienstordnung für die Beamten und Angestellten des Landes Vorarlberg" (LGBl. Nr. 14 aus 1930) getroffen. Da die Entscheidung über den klägerischen Anspruch einen Akt der Vollziehungdarstellt, die Vollziehung aber nach der eingangs erwähnten Bestimmung des Bundesverfassungsgesetzes in die Kompetenz des Landes fällt, ist der Rechtsweg nicht zulässig. Die Vertragsbediensteten des Landes Vorarlberg, die in der Hoheitsverwaltung tätig sind, sind demnach - jedenfalls seit der Kundmachung BGBl. Nr. 107/1950 - den im § 2 (2) ArbGerG. angeführten "Personen in ihrer Eigenschaft als öffentliche Beamte", die keine Beschäftigten im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes sind, gleichzustellen.

Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zu den Ausführungen des Rekursgerichtes ist vor allem ergänzend nachzutragen, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 29. März 1950, K II-1/49, K II-1/50, VerfGH. Slg. Nr. 1936, S. 82 f., obwohl dieses über Fragen der Personalvertretung und nicht zur Einordnung der Dienstverhältnisse ergangen ist, deutlich hervorhebt, daß es für den privatrechtlichen Charakter des Dienstverhältnisses ohne Bedeutung ist, wenn der Vertragsangestellte behördliche Aufgaben zu besorgen hat. Damit liegt aber, soweit es sich - wie hier - um die Vertragsbeziehungen zwischen den Dienstvertragsparteien handelt, nicht der Kompetenztatbestand des Art. 12 (1) Z. 8 BVerfG. (Dienstrecht der Angestellten der Länder, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben), sondern jener des Zivilrechtswesens nach Art 10 (1) Z. 6 BVerfG. vor (im gleichen Sinn Erkenntnis des VGH. Nr. 3210). Dazu kommt dann noch, daß die Entscheidung über Ansprüche aus privatrechtlichen Dienstverhältnissen eine Angelegenheit der Justizpflege darstellt, die nach der bereits angeführten Bestimmung des Art. 10 BVerfG. ebenfalls Bundessache ist. Es wäre auch ein unerträglicher Rückschritt, wenn nunmehr, nachdem in langer Entwicklung die gerichtliche und zwar die arbeitsgerichtliche Zuständigkeit für Ansprüche aus allen privatrechtlichen Dienstverhältnissen erreicht wurde (s. dazu OHG. 3. Oktober 1956, 1 Ob 246/56, SprR. Nr. 47 neu, SZ. XXIX 66; Stanzl, Arbeitsgerichtliches Verfahren 4 ff.), nunmehr in gegenläufiger Entwicklung über die Ansprüche aus einigen privatrechtlichen Dienstverhältnissen wieder Verwaltungsbehörden entscheiden sollten. Diese verschiedene Behandlung der Dienstnehmer, wie sie hier in Betracht kommen, und der anderen privatrechtlichen Dienstnehmer, wäre durch nichts sachlich zu begrunden.

Schließlich ist noch darauf zu verweisen, daß gerade das Landesgericht Feldkirch in seiner Entscheidung vom 21. April 1953, Arb. 5724 mit zutreffender Begründung die Zulässigkeit des Rechtsweges in einem entsprechenden Fall auf § 2 (2) ArbGerG. gestützt hat. Durch diese Bestimmung sind nur öffentlich-rechtliche Beamte, nicht aber Vertragsbedienstete von der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit ausgenommen. Der vom Rekursgericht geäußerten Auffassung, daß es sich bei den Vertragsbediensteten, die behördliche Aufgaben zu besorgen haben, um Personen handle, die den öffentlich-rechtlichen Beamten gleichzustellen seien, vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen.

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