Spruch:
Zulässigkeit der Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Forderung gegen den Zedenten bei der Inkassozession.
Entscheidung vom 26. März 1963, 8 Ob 56, 57/63.
I. Instanz: Bezirksgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.
Text
Der Kläger begehrte, mit Urteil zu erkennen, es werde zwischen den Streitteilen festgestellt, daß 1. der Kläger aus dem Verkauf eines Musikautomaten vom 21. September 1961 außer dem Kaufpreis von 70.000 S samt 0.65% Zinsen pro Monat vom jeweils ausständigen Betrag, dies alles zahlbar in 36 gleichen Monatsraten, abzüglich bereits bezahlter Beträge, nichts schulde; 2. daß die beiden vom Kläger akzeptierten Blankowechsel nur zur Deckung der zu Punkt 1 angeführten Forderungsbeträge verwendet werden dürften.
Mit Urteil vom 1. Oktober 1962 wies das Erstgericht das Klagebegehren gegen die Erstbeklagte ab. Bezüglich der Zweitbeklagten war Ruhen des Verfahrens vereinbart worden. Das Erstgericht stellte fest, der Kläger habe am 21. September 1961 bei einem Vertreter der Erstbeklagten einen Musikautomaten zum Preise von 70.000 S bestellt. Laut Bestellschein seien mündliche oder schriftliche, nicht in diesen Bestellschein aufgenommene Abmachungen für bzw. gegen den Verkäufer und Käufer unwirksam, Sonderabmachungen mit dem Vertreter ungültig. Die Bezahlung des Kaufpreises für den Musikautomaten sei in 36 Monatsraten mittels Akzepten vereinbart worden. Mit Schreiben vom 17. November 1961 sei der Kläger seitens der Zweitbeklagten, der Sparkassa St. F. verständigt worden, daß die Sparkassa die Ratenwechsel von der Firma der Erstbeklagten übernommen und daß die Einlösung der Wechsel ausschließlich bei der Sparkassa St. F. zu erfolgen habe. In diesem Schreiben sei bei nicht rechtzeitiger Einlösung der Wechsel Terminsverlust angedroht sowie angekundigt worden, daß in diesem Falle der gesamte Restbetrag unter Zuhilfenahme der gleichfalls übernommenen Blanko-Deckungswechsel geltend gemacht werden würde. Auf Grund dieser Feststellungen gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, durch die unbestrittene Tatsache der erfolgten Zession der Forderung der erstbeklagten Partei an die zweitbeklagte Partei sei die Erstbeklagte aus dem Rechtsverhältnis gegenüber dem Kläger ausgeschieden. Es sei gleichgültig, um welche Art der Zession (Inkassozession, Sicherungszession) es sich dabei gehandelt habe. Die Erstbeklagte habe daher die Einwendung der mangelnden Passivlegitimation zu Recht erhoben.
Über Berufung des Klägers hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der erstbeklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Erstbeklagte wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, es komme bei der Lösung der Frage der Passivlegitimation darauf an, ob im vorliegenden Fall eine bloße Inkassozession oder eine Zession, verbunden mit der Übertragung der vollen Verfügungsgewalt über die abgetretene Forderung, vorliege. Die Erstbeklagte führt dazu aus, auch der Inkassomandatar habe die volle prozessuale Verfügungsgewalt und könne mit Wirkung für den Mandanten sogar auf den Anspruch verzichten. Zutreffender rechtlicher Beurteilung nach hat das Berufungsgericht nicht die von der Erstbeklagten angeschnittene Frage des Außenverhältnisses, sondern das zwischen den beiden Beklagten bestandene Innenverhältnis für entscheidungswesentlich angesehen. Nach ständiger Rechtsprechung erlaubt die grundsätzlich bestehende Vertragsfreiheit den Parteien, sich auf Forderungsabtretungen zu einigen, bei welchen die abgetretene Forderung im Vermögen des Abtretenden bleibt und bei der die Abtretung bloß als Auftrag wirkt, die im Vermögen des Überträgers bleibende Forderung zwar im Namen des Übernehmers, aber auf Rechnung des Überträgers geltend zu machen (SZ. XII 295 u. a.). In solchen Fällen bleibt die volle Verfügungsmacht über die abgetretene Forderung beim Überträger, von dem unter Umständen der Zessus den Widerruf des Inkassomandates verlangen kann (8 Ob 120/62), und der Überträger bleibt - da, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, auch Rechtsbeziehungen zu einem Dritten den Gegenstand der Feststellungsklage bilden können (Neumann, Kom. zu den ZP.-Gesetzen[4] II, S. 881, EvBl. 1957 Nr. 150) - trotz einer solchen Abtretung für Feststellungsansprüche der vorliegenden Art passiv legitimiert. Denn dieses Verfügungsrecht des Überträgers rechtfertigt das Interesse des Klägers daran, daß dem Verfügungsberechtigten gegenüber der Bestand oder Nichtbestand des strittigen Rechtes festgestellt werde. Die Erstbeklagte wendet ferner ein, sie habe außer Streit gestellt, daß sie die streitgegenständliche Forderung an die Zweitbeklagte abgetreten habe, an diese Außerstreitstellung sei sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht gebunden. Bereits das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, daß diese "Außerstreitstellung" nicht genüge, weil sich ihr nicht entnehmen lasse, welcher Art die Abtretung gewesen sei, was die erst- und zweitbeklagte Partei mit der Abtretung bezweckt und welche Vereinbarungen sie diesbezüglich getroffen hätten. Da das Parteienvorbringen hierüber nicht gleichlautend war - der Kläger stellte unter anderem unter Beweis, es habe sich bei der gegenständlichen Zession offensichtlich nur um eine "Proformazession" gehandelt - und das Erstgericht, von einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache ausgehend, eine Klärung des Sachverhaltes unterlassen hat, hat das Berufungsgericht entsprechend seiner richtigen rechtlichen Beurteilung der Sache, das angefochtene Urteil wegen Feststellungsmängeln mit Recht aufgehoben.
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