OGH 5Ob47/63

OGH5Ob47/637.3.1963

SZ 36/35

Normen

ABGB §1029
ABGB §1029

 

Spruch:

Schutz des vom Architekten beauftragten gutgläubigen Professionisten gegenüber dem Bauherrn, der den Architekten mit der Bauführung betraut hat.

Entscheidung vom 7. März 1963, 5 Ob 47/63.

I. Instanz: Bezirksgericht Zell am See; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.

Text

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Bezahlung der Elektroinstallationsarbeiten im Betrage von 7310 S samt Anhang, die er im Auftrag des Beklagten in dessen Haus in Saalbach durchgeführt habe.

Der Beklagte bestritt, dem Kläger einen solchen Auftrag erteilt zu haben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, weil zwar der Architekt M., der die Arbeiten beim Kläger im Vollmachtsnamen des Beklagten bestellt habe, als falsus procurator aufgetreten sei, dem Kläger aber der Schutz des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand zustatten komme und der Beklagte sich den Vorteil des Geschäftes zugewendet habe.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil nach Beweiswiederholung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Es stellte im wesentlichen folgendes fest: Im Winter 1958/1959 habe der Architekt M. dem befreundeten Beklagten den Vorschlag gemacht, sie sollten sich beide in Saalbach ein Haus bauen, er könne den Baugrund zu günstigen Preisen verschaffen, er habe als Architekt alles billiger in der Hand als der Beklagte, der amerikanischer Staatsbürger sei und in München wohne, nach Fertigstellung werde das Haus real in zwei Hälften geteilt werden, dem Beklagten werde der Bau auf etwa 70.000 S kommen. Der Beklagte habe sich damit einverstanden erklärt. Danach hätte M. als Bauherr auftreten sollen. Ein Architektenhonorar sei nicht vereinbart worden, weil es sich um einen Freundschaftsdienst gehandelt habe. M. habe später mehrfach die Bausumme erhöht. Seinen nachträglichen Forderungen sei der Beklagte nachgekommen. Dieser habe seine Beteiligung am Hausbau als eine finanzielle aufgefaßt, weil er keinen bestimmten Auftrag zur Bauführung gegeben habe, viel abwesend sei und auf die Bauführung weiter keinen Einfluß habe nehmen können. Durch seine finanzielle Beteiligung stehe ihm ein Anspruch auf Übertragung einer der beiden Haushälften zu. Das Baugrundstück sei von M. erworben worden, ohne daß der Beklagte als Käufer aufgeschienen oder im Grundbuch als Miteigentümer eingetragen worden sei. Die Liegenschaft sei von ihm später ohne Wissen des Beklagten mit einer Hypothek von 105.000 S belastet worden. M. habe die Elektroinstallationsarbeiten für beide Haushälften beim Kläger bestellt und ihm erklärt, daß die eine Haushälfte ihm gehöre, die andere dem Beklagten, mit dem die Arbeiten an dieser Hälfte zu verrechnen seien. Der Kläger könne den Beklagten nicht in Anspruch nehmen, weil dieser dem Architekten M. den Bauauftrag nicht als Gründeigentümer erteilt habe, vielmehr habe der Beklagte nur einen Anspruch auf Übertragung einer realen Haushälfte gegen Kostenbeteiligung zugesichert erhalten. Damit habe er keinen äußeren Tatbestand im Sinne eines Bauauftrages gesetzt. Es könne keine Rede davon sein, daß der Beklagte den Vorteil aus dem Geschäft sich zugewendet habe, weil er zwar nach der realen Teilung des Hauses in dieses eingezogen sei, aber im Grundbuch noch nicht als Miteigentümer aufscheine.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge und stellte das Ersturteil wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes hat M. die Elektroinstallationsarbeiten für die Haushälfte des Beklagten in dessen Namen und auf dessen Rechnung bestellt, obwohl er die Verträge mit den Professionisten als indirekter Stellvertreter abzuschließen gehabt hätte, damit nicht höhere Preise verrechnet würden, wenn bekannt werde, daß die eine Haushälfte dem Beklagten als Ausländer gehört. Es steht demnach fest, daß M. den Werkvertrag mit dem Kläger ohne Vollmacht, sohin als falsus procurator, abgeschlossen hat. Damit gewinnt die Frage, ob dem Kläger das Vertrauen auf den äußeren Tatbestand zustatten kommt, Bedeutung. Der Schutz des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand setzt nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes voraus, daß Umstände vorhanden sein müssen, die geeignet sind, in dem Dritten nicht nur die Überzeugung von dem Vorhandensein einer Vertretungsmacht hervorzurufen, sondern auch den begrundeten Glauben daran zu erwecken, daß diese Vertretungsmacht die Befugnis zum Abschluß des vom Vertreter oder angeblichen Vertreter vorgenommenen Geschäftes in sich schließt. Doch muß das Vertrauen auf den äußeren Tatbestand seine Grundlage in dem Verhalten des Vertretenen haben, das diesen äußeren Tatbestand schafft und die Überzeugung des Dritten von dem Vorhandensein dieser Vertretungsmacht begrundet (Swoboda im Klang-Komm.[1], II/2, zu § 1016 ABGB., S. 830, HS., Band II, Entscheidungen bei Nr. 512). Der Oberste Gerichtshof hat schon in der Entscheidung EvBl. 1953, Nr. 136, ausgesprochen, daß der Architekt im Fall seiner Betrauung mit der Bauführung vom Bauherrn üblicherweise beauftragt und bevollmächtigt wird, die zur Herstellung des von ihm übernommenen und auszuführenden Baues nötigen Werkverträge mit den Professionisten abzuschließen, denn auch diese Tätigkeit gehört zum normalen, typischen Wirkungskreis des Architekten. Die Betrauung eines Architekten mit der Bauführung steht den im § 1029 ABGB. genannten Fällen gleich. Darin ist ein vom Bauherrn selbst geschaffener äußerer Tatbestand gelegen, auf den sich der Dritte mangels gegenteiliger Kenntnis und Prüfungspflicht verlassen darf. Das Berufungsgericht meint, daß der vorliegende Fall von dem der Entscheidung EvBl. 1953, Nr. 136, zugrundeliegenden verschieden sei, weil der Beklagte weder einen Bauauftrag erteilt habe noch als Bauherr aufgetreten sei, sohin keinen äußeren Tatbestand im Sinne dieser Entscheidung gesetzt habe. Dieser Ansicht kann der Oberste Gerichtshof nicht beitreten. Daß M. nach außen als Bauherr aufzutreten hatte, damit die Baukosten verbilligt werden, schließt die Annahme nicht aus, daß er die eine Hälfte der Liegenschaft treuhändig für den Beklagten zu erwerben hatte, daß dieser im Innenverhältnis hinsichtlich der einen Hälfte des zu erbauenden Doppelhauses Bauherr sein sollte und daß dem Architekten M. die Stellung eines Generalunternehmers eingeräumt wurde, so daß dieser die gesamten Bauarbeiten bis zur Kollaudierung selbständig gegen einen Werklohn durchzuführen hatte. Auf dieses Innenverhältnis nahm das Berufungsgericht überhaupt nicht Bedacht. Daß die Vereinbarung in dem dargelegten Sinn auszulegen ist, ergibt sich eindeutig aus den Feststellungen des Berufungsgerichtes im Zusammenhang mit der Tatsache, daß der Name des Beklagten als Bauherr nach außen hin verborgen bleiben sollte, um den Baugrund billiger erwerben und die Baukosten geringer gestalten zu können. Dem Berufungsgericht kann zwar zugegeben werden, daß dem Beklagten ein Anspruch auf Übertragung einer der beiden realen Haushälften zusteht. Denn M. ist gegen Ersatz seiner Auslagen verpflichtet, dem Beklagten den Besitz an dieser Haushälfte einzuräumen und in die Einverleibung des Miteigentums für den Beklagte einzuwilligen, was aus der Stellung des Architekten M. als dessen Treuhänder folgt. Wenn der Beklagte das Rechtsverhältnis dahin auffaßt, daß er an dem Hausbau bloß finanziell beteiligt gewesen sei, weil er keinen bestimmten Auftrag zur Ausführung gegeben habe, viel abwesend sei und auf die Bauführung weiter keinen Einfluß habe nehmen können, so kann darunter nur seine Verpflichtung verstanden werden, dem Architekten M. die Auslagen zu ersetzen. Daß etwa ein auf Gewinn berechnetes Gesellschaftsverhältnis hätte begrundet werden sollen, kann nicht einmal dem Vorbringen des Beklagten entnommen werden. Im übrigen obliegt die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes nicht den Parteien, sondern dem Gericht. Soweit der Beklagte darauf verweist, daß er keinen bestimmten Auftrag zur Ausführung gegeben habe, setzt er sich mit seinen eigenen Angaben als Partei in Widerspruch, wonach er mit dem Vorschlag des Architekten M. einverstanden war und ihm der Plan des Doppelhauses gefallen hat (S. 44). Daß er viel abwesend war und daher auf die Bauführung keinen Einfluß nehmen konnte, steht der Erteilung eines Bauauftrages ebensowenig entgegen, wie der Umstand, daß er nicht Gründeigentümer war, weil auch auf fremden Grund gebaut werden kann, ohne daß sich deshalb der Bauherr der Bezahlung des Entgeltes entziehen könnte. Hier wurde aber nicht einmal auf fremden Grund gebaut, sondern auf dem von M. für den Beklagten treuhändig erworbenen. Aus dem Gesagten ergibt sich daher, daß der Beklagte den Architekten M. zumindest konkludent mit der Bauführung seiner Haushälfte betraut hat (§ 863 ABGB.).

Hat der Beklagte aber einen Architekten mit der Bauführung der ihm gehörigen Hälfte des Doppelhauses beauftragt, dann hat er einen äußeren Tatbestand gesetzt, der in einem gutgläubigen Dritten nach der Verkehrssitte die begrundete Meinung hervorrufen muß, daß der Architekt auch als Machthaber des Bauherrn anzusehen ist. Will ihm der Bauherr nur die Stellung eines Generalunternehmers zuteilen, dann muß er dies dem Dritten deutlich erkennbar machen, etwa durch Zeitungsankündigung oder individuelle Verständigung. Daß der Kläger gutgläubig war, hat schon das Erstgericht zutreffend bejaht. Nach den Feststellungen der Untergerichte hatte er ohne sein Verschulden von den Vereinbarungen zwischen dem Beklagten und M. keine Kenntnis gehabt.

Er mußte nach der Verkehrssitte annehmen, daß es sich auch hier um einen typischen Bauauftrag handelt, bei welchem der Architekt bevollmächtigt ist, mit den Professionisten Werkverträge abzuschließen. Der Kläger konnte daher dem Architekten M. vertrauen, wenn sich dieser ihm gegenüber als Bevollmächtigter des Beklagten ausgab. Entgegen der Meinung des Beklagten traf den Kläger keine Erkündigungspflicht, weil der äußere Tatbestand eindeutig der Verkehrssitte entsprach.

Es war demnach das erstgerichtliche Urteil wieder herzustellen, ohne daß auf die weiteren Revisionsgrunde einzugehen und zu der Frage Stellung zu nehmen war, ob der Beklagte nicht etwa dadurch das Vorgehen des Architekten M. genehmigt hat, daß er in Kenntnis, daß dieser als falsus procurator auftrat, in die ihm übergebene Haushälfte eingezogen ist, sohin sich den Vorteil aus dem Geschäft gemäß § 1016 ABGB. zugewendet hat.

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