OGH 5Ob311/62

OGH5Ob311/627.2.1963

SZ 36/21

Normen

ABGB §1233
ABGB §1235
ABGB §1238
ABGB §1266
ABGB §1233
ABGB §1235
ABGB §1238
ABGB §1266

 

Spruch:

Im Falle der Aufhebung der Gütergemeinschaft durch Scheidung erstreckt sich die Haftung für die vom anderen Ehegatten eingegangenen Schulden auf diejenigen Vermögenswerte, die der eine Ehegatte aus der Auseinandersetzung zu erwarten hat. Für Schulden, die der Ehemann zugunsten des Gesamtgutes begrundet hat, haftet die Frau mit ihrem Eigenvermögen, insoweit diese Geschäfte vom Ehemann im Rahmen des § 1238 ABGB. getätigt wurden.

Entscheidung vom 7. Februar 1963, 5 Ob 311/62.

I. Instanz: Bezirksgericht Leibnitz; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Nachdem bereits am 19. Jänner 1959 gegen den Erstbeklagten ein Versäumungsurteil auf Bezahlung des Betrages von 7571 S 34 g ergangen war, verurteilte nun das Erstgericht die zweitbeklagte Partei, bei Exekution in das ihr durch den Übergabsvertrag vom 17. August 1958 (richtig 17. Juni 1958) zugewiesene Vermögen und die viertbeklagte Partei, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von 7571 S 34 g s. A. zu bezahlen. Hinsichtlich der drittbeklagten Partei wies das Erstgericht das Klagebegehren auf Bezahlung des Betrages von 7571 S 34 g ab.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes stellt der Betrag von 7571 S 34 g eine Kaufpreisrestforderung für gelieferte landwirtschaftliche Maschinen, insbesondere einen Traktor mit Zusatzgeräten dar. Der Erstbeklagte stand nämlich mit den Klägern seit langem in ständiger Geschäftsverbindung und hat von diesen laufend landwirtschaftliche Maschinen und Geräte bezogen. Der Betrag von 7571 S 34 g stellt die noch offene und vom Erstbeklagten anerkannte Saldoforderung aus den Lieferungen von Maschinen, Ersatzteilen und den Reparaturen dar. Gegenüber den Klägern ist der Erstbeklagte als alleiniger Käufer aufgetreten und hat den Eindruck eines Alleineigentümers der Landwirtschaft erweckt. Der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte, deren Ehe im Jahre 1959 geschieden wurde, waren bis zum 9. April 1959 zu je 3/8-Anteilen grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ. 17 Katastralgemeinde Gl. mit dem Wohnhaus Gl. Nr. 19, vulgo Sch. Die Drittbeklagte ist seit 11. Mai 1937 grundbücherliche Eigentümerin von 2/8-Anteilen dieser Liegenschaft. Der Erst- und die Zweitbeklagte haben am 17. Juli 1936 Ehepakte und einen Erbvertrag über ihr gesamtes beiderseitiges, gegenwärtiges und künftiges Vermögen in der Form einer allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden geschlossen. In diese Gütergemeinschaft brachte die Zweitbeklagte ihren 3/4-Anteil an der Liegenschaft EZ. 17 KG. Gl. ein und überließ dem Erstbeklagten die Hälfte ihres Eigentumsanteiles an dieser Liegenschaft. Mit Übergabsvertrag vom 17. Juni 1958 übergaben der Erst- und die Zweitbeklagte ihr gesamtes unbewegliches Vermögen, wozu auch die Anteile an der Liegenschaft EZ. 17, KG. Gl. gehörten, dem Viertbeklagten gegen Entrichtung eines Übernahmspreises von 160.000 S und die Leistung eines vollständigen Ausgedinges an die Zweitbeklagte. Mit den von ihm übernommenen Liegenschaften übernahm der Viertbeklagte auch sämtliche Fahrnisse, worunter sich auch der seinerzeit dem Erstbeklagten von den Klagern verkaufte Steyr-Traktor samt allen Zusatzgeräten befand. Dieser Traktor wurde dann von dem Viertbeklagten weiterverkauft. Die Drittbeklagte hat auf dem Besitz vulgo Sch. niemals Fahrnisse oder lebendes oder totes Inventar besessen. Sie war Zeit ihres Lebens krank und hat ihren Miteigentumsanteil an der EZ. 17 deshalb erhalten, damit ihre Zukunft gesichert werde und sie einen Platz habe, wo sie essen und schlafen könne. Sie war niemals eine vollwertige Arbeitskraft und hatte deshalb bei der Bewirtschaftung der Liegenschaften nichts mitzureden. Sie hat sich auch tatsächlich an der Verwaltung der Liegenschaften und ihrer Bewirtschaftung nicht beteiligt.

Die auf § 1409 ABGB. gegrundete Verurteilung des Viertbeklagten ist in Rechtskraft erwachsen. Den Grund der sachlichen Haftung der Zweitbeklagten sah das Erstgericht in der zwischen der Zweitbeklagten und dem Erstbeklagten bestandenen Gütergemeinschaft unter Lebenden. Diese Haftung erstrecke sich über die Auflösung der Gütergemeinschaft hinaus auf jenen Vermögensteil, der den Ehegatten aus der aufgelösten Gütergemeinschaft zugewiesen werde. Die Haftung beziehe sich daher auf die Vermögenswerte, welche der Zweitbeklagten durch den Übergabsvertrag vom 17. Juni 1958 zugewiesen wurden. Für die Haftung der Drittbeklagten sah das Erstgericht keinen Rechtsgrund und wies daher das Klagebegehren hinsichtlich dieser Beklagten ab.

Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich der drittbeklagten Partei und änderte hinsichtlich der zweitbeklagten Partei den Urteilsspruch dahin ab, daß er zu lauten habe: "Die Zweitbeklagte ist bei Exekution in die ihr auf Grund der Auflösung der mit Karl K. sen. am 17. Juli 1936 abgeschlossenen allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden und auf den Todesfall zustehende Vermögensmasse schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von 7571 S 34 g s. A. samt 9% Zinsen seit 31. Mai 1958 zu bezahlen". Das Berufungsgericht ergänzte das Beweisverfahren durch Verlesung der Einantwortungsurkunden nach Karl O. und Maria O. und zog daraus den Schluß, es mache der Umstand, daß in der Verlassenschaft Karl O. die Drittbeklagte, nicht aber ihre ebenfalls zu Erben berufenen Schwestern Joseffa Sch. und Maria K. einen Liegenschaftsanteil erhielten, es durchaus wahrscheinlich, daß tatsächlich nur eine Sicherung für die fernere Lebensführung der Drittbeklagten erreicht werden sollte. In rechtlicher Beziehung gelangte das Berufungsgericht lediglich hinsichtlich des Umfanges der Haftung der Zweitbeklagten zu einer anderen Beurteilung als das Erstgericht. Das Berufungsgericht vertrat nämlich den Standpunkt, daß die zwischen dem Erstbeklagten und der Zweitbeklagten bestehende Gütergemeinschaft noch nicht mit dem Übergabsvertrag vom 17. Juni 1958 ihr Ende gefunden habe, sondern erst die Tatsache der Ehescheidung es mit sich brachte, daß der Zweitbeklagten ein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben hinsichtlich des der beendeten Gütergemeinschaft mit dem Erstbeklagten unterzogenen Vermögens zustehe. Dieses Guthaben bilde jenen Befriedigungsfonds, mit dem die Zweitbeklagte weiterhin nach Zulänglichkeit für die aus der Zeit des Bestandes der Gütergemeinschaft noch herrührenden Schulden sachlich zu haften habe. In diesem Sinn änderte das Berufungsgericht den Urteilsspruch der ersten Instanz ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Einen Mangel des Berufungsverfahrens erblicken die Kläger darin, daß das Berufungsgericht sich nicht mit der Frage befaßt habe, aus welchem Verschulden die Ehe zwischen dem Erstbeklagten und der Zweitbeklagten geschieden wurde, sowie ob und welche Vereinbarungen über eine Beendigung der Gütergemeinschaft getroffen wurden. Ein Mangel des Berufungsverfahrens kann aber hier nicht gesehen werden, weil im Fall der Scheidung, gleichgültig, aus welchem Verschulden sie erfolgte, die Gütergemeinschaft aufgehoben wird (§ 1266 ABGB., Weiss in Klang[2] Komm. V., S. 979 und 980) und nach Aufhebung der Gemeinschaft der eine Ehegatte den Gläubigern für die Schulden des anderen wie ein Vorbehaltserbe nach Zulänglichkeit des ihm aus der Gemeinschaft zugewiesenen Vermögensanteiles haftet (Weiss a. a. O. S. 793, Ehrenzweig, Familienrecht, S. 158). Der Vorbehaltserbe haftet allerdings nicht cum viribus sondern pro viribus; dies gilt aber erst für die Zeit nach der Einantwortung. Vor der Einantwortung dagegen berührt die Haftung für Nachlaßschulden die Vermögenssphäre des Vorbehaltserben nur insoferne als sich die Haftung auf die Vermögenswerte erstreckt, die der Vorbehaltserbe aus der Verlassenschaft zu erwarten hat. Da nun bei analoger Anwendung des § 802 ABGB. auf den Ehegatten nach aufgehobener Gütergemeinschaft der Auseinandersetzung des gemeinsamen Vermögens die gleiche Bedeutung beigemessen werden muß, wie der Einantwortung und in der Revision selbst davon ausgegangen wird, daß die Auseinandersetzung noch nicht erfolgt ist, muß gesagt werden, daß die Haftung der Zweitbeklagten aus der Gütergemeinschaft sich nur auf diejenigen Vermögenswerte erstreckt, die die Zweitbeklagte aus der Auseinandersetzung zu erwarten hat. Die Verurteilung der zweitbeklagten Partei erfolgte daher mit Recht mit der Beschränkung der Exekution auf die ihr auf Grund der Auflösung der mit dem Erstbeklagten abgeschlossenen allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden und auf den Todesfall zustehenden Vermögensmasse.

Nun wird aber in der Revision unter Berufung auf Weiss a. a. O. S. 792 behauptet, daß die Zweitbeklagte nicht nur mit dem der Gütergemeinschaft unterworfenen Vermögen, sondern mit ihrem Gesamtvermögen, für die zugunsten des Gesamtgutes begrundete Schuld hafte. Dem kann nicht gefolgt werden. Bei einer allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden und auf den Todesfall haftet jeder Gatte für die Schulden des anderen sachlich nur mit seinem Anteil am Gemeinschaftsgut (JBl. 1962, S. 515, SZ. XII 101, SZ. XVI 135, SZ. XXX 65 u. a.). Auch Weiss a. a. O. S. 792 steht auf diesem Standpunkt, jedoch mit der Maßgabe, daß dann, wenn ein Ehegatte nach Eingehung der ehelichen Gütergemeinschaft Schulden gemacht habe, die für das Gesamtgut begrundet worden sind, das Gesamtgut und das Eigenvermögen eines jeden der beiden Ehegatten haften. Weiss begrundet diese Einschränkung nicht, sondern weist nur - außer auf die Entscheidung GlUNF. 3341, die hier gar nicht verwertbar ist, weil in dem Falle dieser Entscheidung offenbar die Frau als Mitbestellerin aufgetreten ist - auf Ehrenzweig. Ehrenzweig (System, II/2 S. 157), sagt dazu, es haften beide Ehegatten unbeschränkt, wenn sie sich gemeinsam verpflichtet haben, sowie wenn der Mann die Schuld als Verwalter des gemeinsamen Vermögens (§ 1238 ABGB.) oder zu dessen Nutzen (§ 1235 ABGB.) aufgenommen hat. § 1235 ABGB. sagt aber über die Haftungsfrage überhaupt nichts aus, sondern bestimmt nur, welche Schulden zwischen den Ehegatten bei der Teilung zu berücksichtigen sind (GlUNF. 7010). Eine über die sachliche Haftung für die Schulden des anderen Ehegatten hinausgehende persönliche Haftung läßt sich aus der Bestimmung des § 1235 ABGB. nicht ableiten (GlUNF. 2803). Eine persönliche Haftung der Ehegattin aus den von ihrem Gatten abgeschlossenen Geschäften wird allerdings auch im Falle einer zugunsten des Gesamtgutes begrundeten Schuld, wie in allen anderen Fällen, in welchen der Gatte für seine Frau handelnd auftritt, begrundet, insoweit diese Geschäfte vom Gatten im Rahmen seiner ihm durch § 1238 ABGB. erteilten gesetzlichen Vollmacht getätigt wurden (SZ. XXIV 246, Ehrenzweig II/2 S. 157). Richtigerweise müßte daher der zitierte, von Weiss aufgestellte Rechtssatz lauten, daß die Ehefrau auch mit ihrem Eigenvermögen für Schulden haftet, welche der Mann für das Gesamtgut im Rahmen seiner durch § 1238 ABGB. begrundeten Legalvollmacht gemacht hat. Eine solche Haftung kommt aber hier nicht in Frage, weil der Erstbeklagte bei Tätigung seiner Geschäfte mit den Klägern nur im eigenen Namen und nicht auch im Namen der Zweitbeklagten aufgetreten ist und auch bei den Klägern nicht den Eindruck erweckt hat, daß er die Geschäfte auch als Vermögensverwalter seiner Frau abschließe. Die Frage, ob der Erstbeklagte eine über die aus den Ehepakten entspringende Sachhaftung hinausgehende persönliche Haftung der Zweitbeklagten für die mit den Klägern abgeschlossenen Geschäfte begrunden konnte, muß daher verneint werden.

Verfehlt ist auch der Versuch der Kläger, eine Haftung sowohl der Zweitbeklagten wie auch der Drittbeklagten aus einer stillschweigenden Bevollmächtigung des Erstbeklagten durch diese beiden Beklagten, bzw. aus dem durch die Wirtschaftsführung des Erstbeklagten geschaffenen äußeren Tatbestand zu konstruieren. Wenn auch die Zweit- und Drittbeklagten die Wirtschaftsführung durch den Erstbeklagten geduldet haben, so haben sie ihn damit noch nicht bevollmächtigt, umfangreiche Käufe von landwirtschaftlichen Geräten für ihre Rechnung zu tätigen. Die Berufung auf den äußeren Tatbestand aber ist nur dann zulässig, wenn derjenige, der sich auf diesen Tatbestand beruft, davon ausgehen durfte, daß der als Bevollmächtigte Handelnde eine Vollmacht zum Abschluß des betreffenden Geschäftes hatte, wobei dieses Vertrauen seine Grundlage in dem Verhalten des Vollmachtgebers haben muß (JBl. 1962, S. 381, RiZ. 1956, S. 93, EvBl. 1957 Nr. 129, EvBl. 1957 Nr. 201 u. a.). Davon kann hier schon deshalb keine Rede sein, weil der Erstbeklagte bei Abschluß seiner Geschäfte mit den Klägern gar nicht behauptet hat, Vollmachten von der Zweitbeklagten und der Drittbeklagten zu haben und immer als alleiniger Käufer aufgetreten ist.

Verfehlt ist schließlich auch die Heranziehung des § 1041 ABGB. als Haftungsgrund. Dies schon deshalb, weil der Versionsanspruch nach § 1041 ABGB. immer nur dann in Frage kommt, wenn dem Verkürzten ein vertraglicher Anspruch nicht zusteht; nur dann, wenn ein Vertragsverhältnis oder ein vertragsähnliches Verhältnis, auf Grund dessen der Anspruch geltend gemacht werden kann, nicht besteht, kann ein Anspruch auf § 1041 ABGB. gegrundet werden. Davon kann hier keine Rede sein, weil den Klagern der Anspruch auf Bezahlung der Restschuld gegen den Erstbeklagten auf Grund des Vertrages und gegen den Viertbeklagten auf Grund des § 1409 ABGB. zusteht.

Richtigerweise wäre allerdings auszusprechen gewesen, daß die Zweitbeklagte den von ihr unter der Haftungsbeschränkung auf die ihr zustehende Vermögensmasse geschuldeten Betrag "zur ungeteilten Hand mit dem Erstbeklagten und dem Viertbeklagten" schulde. Da sich aber die Unterlassung dieses Beisatzes niemals zum Nachteil der Kläger auswirken kann und die Beklagten eine Revision nicht erhoben haben, besteht kein Anlaß und auch keine Möglichkeit zur Ergänzung des Urteilsspruches in diesem Sinne.

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