OGH 6Ob340/62

OGH6Ob340/629.1.1963

SZ 36/5

Normen

ABGB §886
ABGB §936
EO §390
WEG §4
ABGB §886
ABGB §936
EO §390
WEG §4

 

Spruch:

Ein ohne Einhaltung der Schriftform abgeschlossener Vertrag auf Einräumung des Wohnungseigentums ist zwischen den Parteien weder als Haupt- noch als Vorvertrag verbindlich und berechtigt nicht zur Klage auf Vertragsabschluß, Unterfertigung des Vorvertrages oder Einräumung des Wohnungseigentums.

Entscheidung vom 9. Jänner 1963, 6 Ob 340/62.

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Mit einstweiliger Verfügung vom 9. Juli 1962 hat das Erstgericht zur Sicherung des mit der vorliegenden Klage erhobenen Anspruches auf Übertragung von 77/2930 mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung top. 18 verbundenen Anteilen an der Liegenschaft in EZ. X. an den Kläger der Beklagten verboten, diese Miteigentumsanteile zu veräußern, zu belasten und über die genannte Wohnung zu verfügen. Hiebei nahm das Erstgericht eine wenn auch nicht ausreichende Bescheinigung in der Richtung an, daß zwischen den Streitteilen ein Kaufvertrag hinsichtlich des vorerwähnten, mit der Einräumung des Wohnungseigentums an der gegenständlichen Wohnung verbundenen Miteigentumsanteiles zum Preise von 33.000 S zustandegekommen und dieser mit der Vertragserrichtung fällige Kaufpreis bereits bezahlt worden sei. Wegen nicht ausreichender Bescheinigung sei jedoch für die der Beklagten aus einer allenfalls unberechtigten Verfügung erwachsenen Nachteile eine Sicherheit zu bestimmen, die mit 30.000 S ausreichend erscheine. Dem dagegen von der Beklagten erhobenen Widerspruch wurde keine Folge gegeben und die einstweilige Verfügung aufrechterhalten.

Dem dagegen seitens der Beklagten erhobenen Rekurs wurde Folge gegeben und der erstgerichtliche Beschluß dahin abgeändert, daß in Stattgebung des Widerspruches der Beklagten die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben wurde. Der Anspruch des Klägers sei auf Einräumung eines Miteigentumsanteiles am gegenständlichen Hause sowie des Wohnungseigentumes, also des ausschließlichen Nutzungs- und Verfügungsrechtes, gerichtet und werde von ihm aus einer Vereinbarung mit der Beklagten abgeleitet. Eine solche Vereinbarung sei nur gültig, wenn sie schriftlich geschlossen werde (§ 4 WEG.). Daß dies geschehen sei, behaupte der Kläger nicht, sondern führe vielmehr selbst in der Klagserzählung aus, daß der verfaßte Kaufvertragsentwurf nicht unterschrieben worden sei. Schon aus diesem Gründe sei das Vorbringen des Klägers in der Klage bzw. der Antrag auf einstweilige Verfügung ungeeignet, den mit der Klage geltend gemachten und durch die Verfügung zu sichernden Anspruch zu begrunden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem dagegen vom Kläger erhobenen Revisionsrekurs nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Wohnungseigentum kann nur durch Vertrag sämtlicher Miteigentümer eingeräumt werden, wobei eine Ausnahme von dem Erfordernis der einverständlichen Bestellung des Wohnungseigentums durch sämtliche Miteigentümer nur insofern besteht, als Miteigentümer, die bereits Wohnungseigentümer sind, ihre Zustimmung nicht verweigern können (§ 4 WEG.). Das Gesetz verlangt jedoch ausdrücklich schriftliche Zustimmung. Solange daher nicht die Unterschriften der Vertragspartner selbst, im gegenständlichen Fall also der Beklagten und des Klägers, dessen Miteigentum nach dem behaupteten Vertragsinhalt erst begrundet werden soll, vorliegen, ist der Vertrag im Sinne des § 886 ABGB. nicht zustandegekommen, der mündliche Vertrag demnach ohne Wirkung (vgl. Klang[2] III S. 1167). Bestunde nicht das besondere Erfordernis der Schriftform, so könnte auf schriftliche Ausfertigung des mündlich geschlossenen Vertrages bzw. Unterfertigung der Vertragsurkunde geklagt werden, wogegen angesichts des Erfordernisses der Schriftlichkeit der mündliche Vertrag Rechtswirkungen überhaupt nicht hervorzurufen vermag. Nun stellt sich allerdings das Versprechen, Wohnungseigentum an physischen Bestandteilen einer Liegenschaft einzuräumen, analog dem Pfandbestellungsvertrag (§ 1368 ABGB.) als Vorvertrag zu einem sachenrechtlichen Vertrag dar (Klang[1] zu § 936 ABGB., S. 597). Selbst dann aber, wenn hierin entgegen dieser Rechtsmeinung ein Vorvertrag im technischen Sinn nicht zu erblicken wäre, müßten jedenfalls die Grundsätze des § 936 ABGB. analog angewendet werden (vgl. SZ. XXV 273). Nun entspricht es jedoch der überwiegenden Lehre und Rechtsprechung (Ehrenzweig, Obligationenrecht 1920, S. 142; Borotha, WEG., S. 22; SZ. XIII 146; teilweise abweichend: Gschnitzer bei Klang[2] IV zu § 936, S. 579), daß die für den Hauptvertrag (die Übertragung des Wohnungseigentums nach § 4 WEG.) vorgeschriebene Form auch für den Vorvertrag Anwendung finden muß, soweit sie Bedingung der Verpflichtung selbst ist und nicht nur der Begründung besonderer Rechtswirkungen dient. Da aber der Kläger in seiner Klage selbst ausführt, daß die Beklagte die Unterfertigung des von ihr verfaßten, von ihm durch die Einfügung eines Wortes ergänzten Kaufvertragsentwurfes verweigert habe, wobei er sich auch im übrigen auf eine schriftlich getroffene Vereinbarung nicht zu berufen vermag, liegt nach seinem eigenen Vorbringen weder ein formgültiger Hauptvertrag noch Vorvertrag, somit der Fall des völligen Mangels einer Bescheinigung des zu sichernden Anspruches vor, welcher durch Sicherheitsleistung nicht ersetzt werden kann (§ 390 (1) EO.; E. 20. März 1922, ZBl. 1924 Nr. 69; 23. März 1921, ZBl. 1921 Nr. 48; 3. November 1914, GlUNF. 7094; 15. März 1898, GlUNF. 62). Das Rekursgericht hat sohin rechtlich zutreffend in Stattgebung des Widerspruches der Beklagten die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben.

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