Normen
JN §1
Mietengesetz §12 (3)
Mietengesetz §24 (1) Z1
JN §1
Mietengesetz §12 (3)
Mietengesetz §24 (1) Z1
Spruch:
Der Außerstreitrichter hat die Frage der Rechtsgültigkeit der über den eingehobenen Zins geschlossenen Vereinbarung als Vorfrage zu prüfen.
Entscheidung vom 13. September 1962, 5 Ob 181/62.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Antragstellerin ist Mieterin in dem den Antragsgegnern gehörigen Haus Wien I, N.-Gasse 8. Mit dem Mietvertrag vom 16. April 1948 verpflichtete sie sich unter § 3 Punkt 1, monatlich einen Hauptmietzins von 71.60 S und einen Neuvermietungszuschlag von 47.73 S, unter Punkt 2 die auf sie anteilsmäßig entfallenden Betriebskosten und öffentlichen Abgaben und unter Punkt 4 im Sinne des § 16 (1) MietG. einen Zuschlag von 20 g für jede Mietkrone zu bezahlen, wobei unter Punkt 3 ausdrücklich festgehalten wurde, daß "Grundlage der Mietberechnung die Jahresfriedensmiete von 4296 Kronen bilde". Die Antragsgegner haben mit Schreiben vom 16. Februar 1961 von der Antragstellerin die Bezahlung eines Betrages von 3863.88 S als Zuschlag zum Hauptmietzins von 30 g für jede Krone des Jahresmietzinses für 1914 vom 1. März 1958 bis 28. Februar 1961 begehrt.
Das Erstgericht hat auf Antrag der Mieterin im Punkt 1 seines Beschlusses ausgesprochen, daß die Antragsgegner durch das in dem Schreiben vom 16. Februar 1961 gestellte Begehren das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten haben. Gemäß § 1 der Verordnung vom 17. März 1938, DRGBl. I, S. 253, und § 4 StGBl. Nr. 231/1945, betrage die Höhe des gemäß § 16 (1) MietG. zulässigen Zuschlages von 20 g (alt) nunmehr 13 1/3 g (neu). Dadurch löse sich auch der scheinbare Widerspruch im Mietvertrag, welcher im § 3 Z. 1 von einem Neuvermietungszuschlag von 47.73 S monatlich (= 13 1/2 g/Kr) und im § 3 Z. 4 von einem Zuschlag von 20 g/Kr gemäß § 16 (1) MietG. spreche, in dem Sinne, daß es sich um ein und denselben Zuschlag von 20 g (alt) = 13 1/3 g (neu) handle.
Soweit das Erstgericht in den Punkten 2 und 3 über die weitergehenden Anträge der Antragstellerin teils im stattgebenden, teils im abweislichen Sinn entschieden hat, erwuchs der erstgerichtliche Beschluß in Rechtskraft.
Aus Anlaß des von den Antragsgegnern hinsichtlich des Punktes 1 ergriffenen Rekurses hob das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes im angefochtenen Umfang auf und wies den Antrag der Mieterin wegen Unzuständigkeit des Gerichtes zurück, weil das Erstgericht über die Zulässigkeit der Einhebung eines Zuschlages nach § 16 (1) MietG. entschieden habe, eine solche Entscheidung aber auf den Rechtsweg gehöre. Gleichzeitig sprach es aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig erklärt werde.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und trug dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach § 12 (3) MietG. kann der Mieter, wenn er den von ihm begehrten Mietzins (Zuschlag) für höher hält, als nach den §§ 2 bis 5, 7 und 11 zulässig ist, und keine rechtsgültige Vereinbarung (§ 7 (1), §§ 16 und 16a) vorliegt, die Entscheidung des Gerichtes beantragen, die nach § 24 (1) Z. 1 MietG. im Außerstreitverfahren zu treffen ist. Damit wurde klar zum Ausdruck gebracht, daß die Überprüfung des Zinses auch dann begehrt werden kann, wenn er vereinbart wurde, weil nach der zwingenden Vorschrift des Gesetzes ein höherer als der nach §§ 2 bis 5, 7 und 11 zulässige Zins nicht vereinbart werden darf, es wäre denn, es läge eine rechtsgültige Vereinbarung nach §§ 7 (1), 16 und 16a MietG. vor. Daraus folgt aber, daß der Außerstreitrichter die Frage der Rechtsgültigkeit der über den eingehobenen Zins geschlossenen Vereinbarung als Vorfrage zu prüfen hat. Der Oberste Gerichtshof kann sich daher der Ansicht des Rekursgerichtes nicht anschließen, daß zur Entscheidung über den gegenständlichen Antrag der Außerstreitrichter nicht zuständig ist.
Es mußte daher der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht die sachliche Entscheidung aufgetragen werden. Gelangt dieses zu dem Ergebnis, daß eine rechtsgültige Vereinbarung vorliegt, dann wird der Antrag der Antragstellerin abzuweisen sein, weil der begehrte Mietzins gesetzlich zulässig ist. Ist jedoch eine Vereinbarung, daß neben dem Neuvermietungszuschlag von monatlich 47.73 S nach § 3 Punkt 1 des Mietvertrages ein Zuschlag von 20 g nach § 3 Punkt 4 des Mietvertrages bezahlt werden soll, nicht getroffen worden oder ist diese Vereinbarung nicht rechtswirksam, weil der Neuvermietungszuschlag nach § 16 (1) MietG. nicht doppelt vereinbart werden kann und die Voraussetzungen für eine rechtsgültige Vereinbarung nach § 16 (2) MietG. nicht vorliegen, dann wird das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß zu bestätigen haben, da die Antragsgegner durch ihr im Schreiben vom 16. Februar 1961 gestelltes Begehren auf Zahlung von 3863.88 S das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten haben.
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