OGH 8Ob255/62

OGH8Ob255/6211.9.1962

SZ 35/88

Normen

AußStrG §16
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §19
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §20
HGB §17
HGB §30
HGB §108 (2)
HGB §162
AußStrG §16
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §19
Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung §20
HGB §17
HGB §30
HGB §108 (2)
HGB §162

 

Spruch:

Zulässigkeit der Beteiligung einer Ges. m. b. H. an einer Kommanditgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin; Firma und Vertretung bei dieser Kommanditgesellschaft.

Entscheidung vom 11. September 1962, 8 Ob 255/62.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Die Antragsteller haben sich zu einer Kommanditgesellschaft unter der Firma Lackfabrik Gesellschaft m. b. H. B. & Co., Kommanditgesellschaft, Klebstoffwerk, vereinigt. Persönlich haftende und allein vertretungsbefugte Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft ist die Erstantragstellerin, eine Gesellschaft m. b. H.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Eintragung der Firma in das Handelsregister ab. Es war der Ansicht, daß eine Gesellschaft m. b. H. überhaupt nicht persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft sein könne, wozu im vorliegenden Falle noch komme, daß einerseits auch dem Zweit- und dem Drittantragsteller in ihrer Eigenschaft als alleinvertretungsbefugte Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. eine Vertretungsbefugnis auch hinsichtlich der Kommanditgesellschaft eingeräumt werden müßte, während sie andererseits als Kommanditisten von der Vertretungsbefugnis ausgeschlossen seien. Schließlich unterscheide sich der Firmenwortlaut der Kommanditgesellschaft nicht deutlich von dem der Gesellschaft m. b. H.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller keine Folge. Es bejahte wohl die Zulässigkeit der Beteiligung einer Gesellschaft m. b. H. als persönlich haftender Gesellschafterin an einer Kommanditgesellschaft in der hier vorgesehenen Form. Es hielt auch die Gefahr der Verwechslung der beiden Firmenbezeichnungen nicht für gegeben. Es war aber der Ansicht, daß der Zweit- und Drittantragsteller dadurch, daß sie in der der Anmeldung zum Handelsregister beiliegenden Firmenbezeichnung nicht aufscheinen, von der Vertretung der Gesellschaft m. b. H. in deren Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft ausgeschlossen seien, was mit der Bestimmung des § 20 GesmbHG. nicht vereinbar sei.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der Antragsteller zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Daß eine Gesellschaft m. b. H. persönlich haftende Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft sein kann, steht weder mit der Rechtsprechung (vgl. E. v. 20. Juni 1906, SprR. Nr. 194, AC 2589 u. a.) noch mit der herrschenden Lehre im Widerspruch. Der Beck'sche Kurzkommentar zum HGB., der noch in der Ausgabe vom Jahre 1941 die gegenteilige Ansicht vertrat, hat sich inzwischen auch dieser Auffassung angeschlossen (Baumbach - Duden[14] zu § 105 HGB., l C).

Bejaht man aber die Zulässigkeit einer solchen Gesellschaftsform, dann kann auch aus der Tatsache allein, daß im Firmenwortlaut der Name der Gesellschaft m. b. H. aufscheint, noch nicht ein Verstoß gegen § 30 HGB. abgeleitet werden. Muß doch in den Fällen, in denen die Gesellschaft m. b. H. die einzige persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft ist, die Firma aus dem Firmenwortlaut der Gesellschaft m. b. H. mit einem das Gesellschaftsverhältnis andeutenden Zusatz bestehen. Durch die Hinzufügung der Gesellschaftsform (Kommanditgesellschaft) und des Betriebsgegenstandes (Klebstoffwerk) kommt die Unterscheidung zwischen der Gesellschaft m. b. H. und der Kommanditgesellschaft, soweit dies in derartigen Fällen möglich ist, mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck.

Im Vordergrund steht daher die Frage, ob darin, daß das Rekursgericht dennoch den abweislichen Beschluß der ersten Instanz bestätigte, weil es die der Anmeldung zum Handelsregister beiliegende Firmenzeichnung als unvereinbar mit der Bestimmung des § 20 GesmbHG. erachtete, eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinn des § 16 AußStrG. gelegen ist.

Gewiß sind die Kommanditgesellschaft einerseits und deren persönlich haftende Gesellschafterin, die Gesellschaft m. b. H., andererseits selbständige Gesellschaften, die weiterhin nach den für sie geltenden Vorschriften zu beurteilen sind. Die Anmeldung der Kommanditgesellschaft zum Handelsregister muß daher auch der Bestimmung der §§ 108 (2), 161, 170 HGB. entsprechen, während die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. in den §§ 19 ff. GesmbHG. geregelt ist. § 108 (2) HGB. sieht nun vor, daß alle Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten sollen, die Firma nebst ihrer Namensunterschrift zur Aufbewahrung bei dem Gerichte zu zeichnen haben. Aus der Anmeldung zum Handelsregister muß also auch die Namensunterschrift aller Personen, welche die Firma der Kommanditgesellschaft zu zeichnen berechtigt sind, zu ersehen sein. Hat nun die der Kommanditgesellschaft als vertretungsbefugte Gesellschafterin angehörende Gesellschaft m. b. H. mehrere für sich allein vertretungsbefugte Geschäftsführer, dann kann entgegen der Meinung der Antragsteller nicht gesagt werden, daß dies bei der Festsetzung der Vertretungsbefugnis der Kommanditgesellschaft ohne jede Bedeutung sei. Wer die Gesellschaft m. b. H., und zwar auch in ihrer Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafterin der Kommanditgesellschaft, vertritt, ist ausschließlich nach den Bestimmungen der §§ 19 ff. GesmbHG. zu beurteilen. Die Annahme der Vorinstanzen, daß im vorliegenden Falle auch die beiden Kommanditisten er Kommanditgesellschaft einzeln vertretungsbefugte Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. sind, wurde nicht bekämpft. In der Firmenzeichnung, die der gegenständlichen Anmeldung zum Handelsregister beiliegt, scheinen aber die beiden vorerwähnten Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. nicht auf. Ihre Unterschrift wäre daher aus den die Kommanditgesellschaft betreffenden Handelsregisterakten nicht zu ersehen. Es kann den Antragstellern zugegeben werden, daß damit noch keine gegen die Bestimmung des § 20 GesmbHG. verstoßende Beschränkung der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. herbeigeführt wird. Darauf kommt es aber nicht an. Entscheidend ist, ob die Anmeldung der Kommanditgesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister den Bestimmungen der §§ 106 ff. HGB. entspricht. Das Rekursgericht hat, wenn es auch in der Begründung seiner Entscheidung nur von einer gegen die Bestimmung des § 20 GesmbHG. verstoßenden Beschränkung der Vertretungsmacht der Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. spricht, damit implicite zum Ausdruck gebracht, daß die der Anmeldung zum Handelsregister beiliegende Firmenzeichnung der Bestimmung des § 108 (2) HGB. nicht entspricht, weil nicht die Namensunterschriften aller Personen aufscheinen, welche unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 20 GesmbHG. die Firma der Kommanditgesellschaft zu zeichnen befugt sind. Die Ansicht, daß in derartigen Fällen alle vertretungsbefugten Geschäftsführer der Gesellschaft m. b. H. die Firma der Kommanditgesellschaft unter Beifügung ihrer Namensunterschrift zeichnen müssen, ist vertretbar (vgl. Hiesmayr, NotZ. 1961, S. 165 ff.). Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt daher nicht vor.

Es kann auch der Meinung der Antragsteller nicht beigetreten werden, daß die Vorinstanzen, statt den Antrag abzuweisen, mit einem Auftrag, den Antrag in der angeführten Richtung durch Ergänzung der Firmenzeichnung zu verbessern, hätten vorgehen sollen. Es wurde nicht etwa bloß offenkundig etwas übersehen, was einer aufrechten Erledigung des Antrages entgegensteht. Es handelt sich vielmehr darum, ob die der Anmeldung beiliegende Firmenzeichnung der Bestimmung der §§ 108 (2), 161 HGB. entspricht.

Der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens eines der im § 16 AußStrG. angeführten Anfechtungsgrunde zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte