OGH 6Ob127/62

OGH6Ob127/6217.5.1962

SZ 35/53

Normen

ABGB §586
ABGB §586

 

Spruch:

Beeidigung der Zeugen ist kein unbedingtes Wirksamkeitserfordernis eines mündlichen Testamentes.

Entscheidung vom 17. Mai 1962, 6 Ob 127/62.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Aus dem Akteninhalt geht hervor, daß die Erstklägerin die Gattin - bzw. Witwe -, die Zweitklägerin und die Beklagte Töchter des am 12. Februar 1960 verstorbenen X. sind.

Mit der vorliegenden Klage begehrten die beiden Klägerinnen die Feststellung, daß der Erblasser kein mündliches Testament errichtet habe und daß den Klägerinnen der gleiche Erbrechtstitel - auf Grund des Gesetzes - zustehe wie der Beklagten.

Das Erstgericht wies dieses Klagebegehren ab; nach seinen wesentlichen Feststellungen erklärte der Erblasser am 6. Februar 1960 in einem Kaffeehaus in Gegenwart des A., des B. und des eigens als Zeugen noch herbeigeholten C. überlegt und mit vollem Ernst, wenn auch in ziemlicher Aufregung, als seinen letzten Willen, daß für den Fall, als ihm etwas passiere - er sei sehr abergläubisch gewesen und habe sich gefürchtet, ausdrücklich vom Tod zu sprechen - , alles die Beklagte bekommen solle. Dieses am 6. Februar 1960 mündlich erklärte Testament des Erblassers sei infolge Beachtung aller Formvorschriften rechtsgültig.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach gemäß § 500 (2) ZPO. aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 10.000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsrüge bringt vor, beide Vorinstanzen hätten völlig übersehen, daß entsprechend der Vorschrift des § 586 ABGB. eine mündliche letztwillige Anordnung durch übereinstimmende eidliche Aussage der drei Testamentszeugen bestätigt werden müßte, widrigenfalls die Erklärung des letzten Willens unwirksam sei. Die drei Testamentszeugen seien vom Erstgericht aber unbeeidet vernommen worden, so daß das von der Beklagten behauptete mündliche Testament nicht nur nicht nachgewiesen, sondern gemäß § 586 ABGB. sogar unwirksam sei.

Die Rüge greift nicht durch. Die Bestimmung des § 586 ABGB. wurde in ihrer alten und in der Fassung, die sie durch die erste Teilnovelle erhielt, nie dahin ausgelegt, daß die Beeidigung der Zeugen ein unbedingtes Wirksamkeitserfordernis des mündlichen Testamentes bilde. Nur auf Verlangen einer Person, der daran gelegen ist, hat die eidliche Vernehmung der Zeugen zu erfolgen und nur, wenn nach einem solchen Verlangen die übereinstimmende eidliche Aussage zweier Zeugen nicht mehr produziert werden kann, ist das Testament ungültig (Weiß in Klang[2] III. S. 324 ff.). Die Klägerinnen als gesetzliche Erben hätten wohl die Beeidigung der Testamentszeugen verlangen können, und zwar auch - wenn sie dies wie im vorliegenden Falle im Verlassenschaftsverfahren nicht getan haben - noch vor dem Prozeßgericht; diese Möglichkeit stand ihnen aber nicht durch unbegrenzte Zeit zur Verfügung. Sie hätten von ihr spätestens vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz Gebrauch machen müssen. Im vorliegenden Fall haben sie dies nicht nur nicht getan, sondern, da nach dem Inhalt des Protokolls über die mündliche Streitverhandlung vom 24. November 1961 die drei Zeugen "einverständlich unbeeidet" vernommen wurden, sogar darauf verzichtet. Im Revisionsverfahren können sie sich daher nicht mehr mit Erfolg darauf berufen, daß die Testamentszeugen nicht beeidet worden seien. Die Beklagte konnte sich aber auf das mündliche Testament auch berufen, ohne selbst die Beeidigung der Zeugen zu verlangen.

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