OGH 6Ob41/62

OGH6Ob41/6229.3.1962

SZ 35/40

Normen

ABGB §785 (1)
ABGB §785 (1)

 

Spruch:

Bewertung vorempfangener Liegenschaften unter Bedachtnahme auf den Zweck der Bestimmungen der §§ 785 ff. ABGB.

Entscheidung vom 29. März 1962, 6 Ob 41/62.

I. Instanz: Bezirksgericht Groß-Enzersdorf; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Ehegatten Josef und Juliane K., Landwirte in L., hatten insgesamt sechs Kinder, und zwar die Söhne Josef jun. (d. i. der Beklagte), Hubert und Hermann sowie die Töchter Gottfrieda, verehelichte T. (d. i. die Klägerin), Anna und Emma.

Die Klägerin heiratete im Jahr 1925; damals waren noch alle Kinder daheim. Sie erhielt von den Eltern eine aus Möbeln, Wäsche, Kleidung und Hausratsgegenständen bestehende Ausstattung, für welche rund 4000 S (alt) aufgewendet wurden. Außerdem versprachen die Eltern der Klägerin deren Bräutigam ein Heiratsgut von 8000 S (alt), das sie auch tatsächlich nach zwei Jahren auszahlten.

Dem Beklagten, der schon seit seiner Rückkehr aus dem ersten Weltkrieg auf die Überschreibung von Liegenschaften gedrängt hatte, weil er selbständig wirtschaften wollte, gestanden die Eltern im Jahre 1926 zu, daß er einen Teil ihrer Besitzungen selbständig bewirtschaften dürfe. Mit Übergabsvertrag vom 5. Februar 1927 wurde der so faktisch geschaffene Zustand auch rechtlich fixiert. Danach übertrugen die Eltern dem Beklagten unentgeltlich die Liegenschaften EZ. 22 Gb. L. und EZ. 269 Gb. M. Zum Gutsbestand der EZ. 22 Gb. L. gehörte das im Jahr 1897 erbaute und in einem dementsprechenden Bauzustand befindliche Haus Nr. 22 sowie Garten- und Ackergrundstücke guter Bonität und in ebener Lage im Ausmaß von rund

85.800 m2; zum Gutsbestand der EZ. 269 Gb. M. gehörte Ackerland gleicher Qualität im Ausmaß von rund 71.900 m2. Der Erhaltungszustand der Wirtschaftsgebäude war sehr unterschiedlich. Dieser Übergabsvertrag enthielt die Bestimmung, daß sich der Übernehmer den Wert dieser Wirtschaft in den väterlichen und mütterlichen Erbteil bzw. in seinen Pflichtteil einrechnen lassen müsse.

Im Jahre 1929 trennten sich die Eltern der Streitteile, lösten die zwischen ihnen bestandenen Ehepakte auf und teilten ihr gemeinsames Vermögen unter sich auf. Beide Eltern übernahmen es, je einen nichtversorgten Sohn und eine nichtversorgte Tochter abzufinden. Anna und Hermann blieben beim Vater, Hubert und Emma kamen zur Mutter. Anläßlich der Teilung der Wirtschaft verpflichteten sich die Eltern auch, diesen Töchtern als Heiratsgut einen bestimmten Anteil des Grundbesitzes zu übertragen oder nach Wunsch einen Betrag von 12.000 S (alt) zu bezahlen.

Die beim Vater verbliebene Tochter Anna ist schon vor Jahren gestorben, der bei ihm gebliebene Sohn Hermann noch vor dem Jahr 1944 im zweiten Weltkrieg gefallen. Der Vater, Josef K. sen., lebt noch heute.

Die Mutter Juliane K. übergab ihr Anwesen unter Vorbehalt des Fruchtgenußrechtes im Jahre 1930 an den bei ihr gebliebenen Sohn Hubert. Schon vorher hatte sie mit der bei ihr verbliebenen Tochter Emma eine Regelung getroffen, wonach diese jedenfalls 12.000 S (alt) erhalten sollte. Anläßlich der Übergabe übernahm nun Hubert K. auf Verlangen seiner Schwester Emma die Verpflichtung, ihr die 12.000 S (alt) auszubezahlen. Sowohl Hubert als auch Emma blieben unverheiratet, bewirtschafteten dieses Anwesen gemeinsam und sorgten für die Mutter, der ja das Fruchtgenußrecht zustand. Als Hubert im Jahre 1942 einrücken mußte, führte Emma die Wirtschaft weiter. Hubert K. ist seit 1944 vermißt und wurde mit Beschluß vom 26. Mai 1950 für tot erklärt, wobei der 29. Februar 1945 als Zeitpunkt seines Todes festgestellt wurde.

Als Erben nach Hubert K. traten die Eltern Josef und Juliane K. auf, denen der Nachlaß auch am 15. Dezember 1950 je zur Hälfte eingeantwortet wurde. Die Mutter Juliane K. starb am 25. Juli 1959.

Im Verlassenschaftsverfahren nach Juliane K. gaben nun die drei noch lebenden Kinder, also die Klägerin, der Beklagte und Emma K., bedingte Erbserklärungen ab. Der Nachlaß bestand laut Inventar neben praktisch wertlosen Habseligkeiten aus einer Hälfte der Liegenschaft EZ. 85 KG. L. und 1/70-Anteil an der Liegenschaft EZ. 271 M. Mit Beschluß vom 22. Dezember 1959 wurde der Nachlaß nach Juliane K. den drei Erben eingeantwortet.

Mittlerweile hatte die Klägerin aber bereits den vorliegenden Prozeß anhängig gemacht, mit dem sie dem Beklagten gegenüber die Anrechnung des Vorausempfanges geltend machte. Ihr nach Einantwortung des Nachlasses nach Juliane K. modifiziertes Klagebegehren lautet 1. dahin, die Verlassenschaft sei so zu teilen, daß sie eine Hälfteanteil zu erhalten habe, und 2. auf Verurteilung des Beklagten in die Einwilligung zur Verbücherung ihres Eigentumsrechtes ob einer Hälfte der ihm zugefallenen Anteile an den in den Nachlaß nach Juliane K. gefallenen Liegenschaften.

Im ersten Rechtsgang gab der Erstrichter dem Klagebegehren nur teilweise, nämlich dahin statt, daß der Klägerin 5/21 von den dem Beklagten laut Einantwortungskunde zugefallenen Liegenschaftsanteilen zuzukommen hätten, und wies das Mehrbegehren ab. Dieses Urteil wurde vom Berufungsgericht aber - ohne Rechtskraftvorbehalt - aufgehoben.

Im zweiten Rechtsgang gab der Erstrichter dem Klagebegehren statt.

Die Begründung seines Urteils läßt sich wie folgt zusammenfassen:

Die Klausel im Übergabsvertrag vom 5. Februar 1927 sei zustande gekommen, weil außer dem Beklagten noch zwei Söhne da gewesen seien und für den Fall, daß ein Elternteil sterben sollte, für eine gerechte Verteilung von Grund und Boden gesorgt werden sollte; an eine besondere Art der Anrechnung oder einen Ausschluß der Anrechnung unter besonderen Umständen, z. B. bei Rückfall schon übergebener Liegenschaften an die Eltern, sei nicht gedacht worden; Gegenstand der Anrechnung sei einerseits alles, was die Klägerin anläßlich ihrer Eheschließung von den Eltern erhalten habe, andererseits das, was der Beklagte zufolge des Übergabsvertrages vom Jahre 1927 bekommen habe, und schließlich das, was der Emma K. als Heiratsgut zugezählt bzw. versprochen worden sei; für die Berechnung des Wertes der anrechenbaren Vorausempfänge sei nach dem vom Berufungsgericht in seinem im ersten Rechtsgang gefaßten Aufhebungsbeschluß der Tag maßgebend, an dem die Höhe der einzelnen Erbteile gerichtlich festgesetzt werde, also der Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung I. Instanz; dabei komme es aber sowohl bezüglich der seinerzeit der Klägerin übergebenen Fahrnisse als auch bezüglich der seinerzeit dem Beklagten übergebenen Liegenschaften auf ihren Zustand im Zeitpunkt der Übergabe an; soweit die Klägerin Bargeld empfangen habe, sei die Geldwertänderung bis zum gleichen Stichtag zu berücksichtigen; richtigerweise sei auch der Heiratsgutanspruch der Emma K. zu berücksichtigen, obgleich es in Anbetracht des hohen Vorausempfanges des Beklagten für die Prozeßentscheidung praktisch darauf nicht ankäme; wenn sie, der seit 1930 gegen Hubert K. die (goldklauselgesicherte) Forderung auf 12.000 S (alt) zugestanden sei, von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht habe, müsse sie die sich daraus ergebenden Nachteile selbst tragen; keinesfalls könne dies den anderen Geschwistern zum Schaden gereichen; es sei bei der Anrechnung daher ebenso vorzugehen, wie wenn Emma K. schon im Jahre 1930 Bargeld bekommen hätte, wobei allerdings wieder die seither erfolgte Geldwertänderung zu berücksichtigen sei; andernfalls würde das Prinzip der grundsätzlichen Gleichbehandlung aller Kinder verletzt; da die Vorempfänge der beiden Streitteile von beiden Eltern stammten, seien die zu ermittelnden Wertbeträge nur je zur Hälfte anzusetzen; auch bezüglich des Vorempfanges der Emma K. sei nur die Hälfte des zu ermittelnden Betrages anzusetzen, obgleich sich die Eltern damals bereits getrennt gehabt hätten; dies deshalb, weil jeder Elternteil die gleich große Verpflichtung zur Ausstattung der noch unversorgten Kinder übernommen habe und die Grundlage dieser Verpflichtung das früher gemeinsame und damals aufgeteilte Vermögen der Eltern gewesen sei; bei Ermittlung der Berechnungsgrundlage für die Erbteile der drei Geschwister sei auch noch zu erwägen, ob nicht der Wert des Nachlasses nach Juliane K. durch die erst nach ihrem Tod eingebrachte Ernte 1959 eine Erhöhung zu erfahren habe; daraus ergebe sich folgende Zusammenstellung:

Vorausempfang der Klägerin: Ausstattung (Möbel, Kleidung, Wäsche,

Hausrat), lt. Gutachten der Sachverständigen; dafür seinerzeit

aufgewendet zirka 4000 S (alt); heutiger Wert der Sachen im Zustand

von 1925 unter Berücksichtigung von Modeeinflüssen 2000 S; davon die

Hälfte ...................................... 1.000,- S Barempfang

8000 S (alt); davon die Hälfte 4000 S (alt), unter Berücksichtigung

der Geldwertänderung mit dem vom Österreichischen Institut für

Wirtschaftsförderung für 1925 bekanntgegebenen Faktor von 7.588 (lt.

Lebenshaltungskostenindex, verkettet mit Verbraucherpreisindex II)

............................. 30.352,- S ---------- zusammen

.................. 31.352,- S

Vorausempfang des Beklagten: EZ. 22 Gb. L. und EZ. 269 Gb. M.; Wert

im Jahre 1927 lt. Gutachten der Sachverständigen 64.560 S (alt),

heutiger Wert im damaligen Zustand lt. Gutachten der

Sachverständigen unter Heranziehung gerichtsbekannter Umstände

1.043.151.50 S, davon die Hälfte ............ 521.575.75 S

Vorausempfang der Emma K. 12.000 S (alt), davon die Hälfte 6000 S

(alt), unter Berücksichtigung der Geldwertänderung mit dem vom

Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung für 1930

bekanntgegebenen Faktor von 7.183 ............ 43.098,- S

Wert des Nachlasses nach der Mutter Juliane K: EZ. 85 Gb. L. lt.

Gutachten der Sachverständigen 1.341.630 S; davon die in den Nachlaß

gehörige Hälfte 670.815 S; EZ. 271 Gb. M. lt. Gutachten der

Sachverständigen 755.957.70 S; davon der in den Nachlaß gehörige

1/70-Anteil rund 10.800 S; unter Berücksichtigung der angemeldeten

Nachlaßpassiva von 10.000 S ........................................

671.215,- S Berechnungsgrundlage für die Erbteilung..............

1.267.240.75 S daher für jeden der drei Erben 422.413.58 S;

daraus ergebe sich zunächst, daß der Beklagte nichts mehr zu empfangen habe, weil sein Vorausempfang den Erbteil überschritten habe; durch die Einantwortung des Nachlasses nach Juliane K. habe die Klägerin ein Drittel von 671.215 S, sohin Werte im Betrage von 223.738.33 S erhalten; sie dürfe daher vom Beklagten nur die Differenz zwischen diesem Betrag und ihrem Erbteil, vermindert um den Wert ihres eigenen Vorausempfanges begehren; dies ergebe eine Summe von 167.323.25 S; da ihr Klagebegehren sich aber nur auf die Hälfte der dem Beklagten zufolge der Einantwortung des Nachlasses nach Juliane K. zugekommenen Werte beziehe, also auf Werte im Betrag von 111.869.16 S, ergebe sich seine volle Berechtigung; ob man nun den Vorausempfang der Emma K. unvalorisiert lasse oder ihn valorisiert sogar zur Gänze anrechne, sei für die Prozeßentscheidung unerheblich, weil auch dann das Klagebegehren der Klägerin Werte beträfe, die noch immer unter der Grenze jener Summe läge, die sich für ihre berechtigten Ansprüche errechnen würden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstrichters.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist in Lehre und Rechtsprechung unbestritten, daß Zweck der Bestimmungen der §§ 785 ff. die grundsätzliche Gleichstellung aller Kinder ist; es ist aber ebenso unbestritten, daß diese Bestimmungen für sich allein nicht ausreichen, um diesen Zweck zu erreichen. Dies beruht z. T. darauf, daß eine Vorschrift, wie bare Vorempfänge anzurechnen sind, überhaupt fehlt (§ 794 ABGB.), z. T. darauf, daß die im § 794 ABGB. für bewegliche und unbewegliche Sachen enthaltene Regelung unterstellt, erstere unterlägen stets einer Wertminderung, bei letzteren blieben die Werte aber stets konstant (vgl. dazu Weiß in Klang[2] III zu §§ 790 - 794 ABGB. unter II, B, b und c), z. T. schließlich darauf, daß Fälle, die nicht von Todes wegen erbrechtliche Ansprüche auslösen, aber auf andere Weise zu ähnlichen Verhältnissen und Problemen führen (Übergabsverträge - vorgreifende Erbfolge), im Gesetz gar nicht erwähnt erscheinen. Abgesehen von der Frage einer valorisierten Berücksichtigung barer Vorempfänge (vgl. dazu Weiß a. a. O. unter II, B, a), hat die Judikatur unter analoger Anwendung der Bestimmung des § 786/2. Satz ABGB. über die sogenannte "wirkliche Zuteilung" darum auch bei Geldansprüchen, die sich nicht als Pflichtteilsansprüche darstellten, insbesondere bei solchen Ansprüchen, die dritten Personen auf Grund von Übergabsverträgen zustanden, wiederholt auf den Schluß der Verhandlung I. Instanz als den maßgebenden Bewertungszeitpunkt abgestellt. Soweit es bei den vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes nicht schlechthin um Fragen ging, die mit der Berechnung von Pflichtteilen (unter Berücksichtigung von Barvorempfängen) und dem Problem der "wirklichen Zuteilung" im Zusammenhang standen (JBl. 1956 S. 403, EvBl. 1957 Nr. 396), handelte es sich um Fälle, in denen es um die Bezahlung von Geldforderungen auf Grund von Übergabsverträgen ging und auch Fragen von Wertsicherungsvereinbarungen eine Rolle spielten (1 Ob 118/58, 3 Ob 48, 49/60). Dem Beklagten ist nun zuzugeben, daß damit allein die Meinung des Berufungsgerichtes, es komme auf den Schätzwert an, den die dem Beklagten im Jahr 1927 übergebenen Liegenschaften zur Zeit des Schlusses der Verhandlung I. Instanz hatten, nicht begrundet werden kann, weil im § 794 ABGB. ausdrücklich normiert erscheint, bei Liegenschaften komme es auf den Wert nach dem Zeitpunkt des Empfanges an. Dessenungeachtet kann ihm bei seiner Argumentation, es sei nun nichts anderes denkbar, als den Wert, den die ihm übergebenen Liegenschaften hatten, auf das Jahr 1927 in Schilling alt festzustellen und diesen Betrag mit dem für dieses Jahr festgestellten Faktor auf den Todestag der Juliane K. bzw. den Schluß der Verhandlung I. Instanz zu valorisieren, nicht beigepflichtet werden. Rechnet man diesen Lösungsvorschlag durch so kommt man, selbst wenn man zugunsten der Klägerin von einem Wert der dem Beklagten übergebenen Liegenschaften für 1927 von 64.560 S alt ausgeht - der Beklagte bekämpfte dies ja als zu hoch - und den Betrag mit dem Faktor von 7.521 valorisiert, der für die Relation zu 1927 ermittelt wurde, auf einen Gesamtwert von 485.555.76 S bzw. auf einen im vorliegenden Prozeß berücksichtigbaren Hälftewert von

242.777.88 S, während die Wertermittlung durch die Unterinstanzen auf den Schluß der Verhandlung für die kollationspflichtige Hälfte 521.575.75 S ergab, wobei aber der Zustand vom Jahre 1927 bewertet wurde, also nicht etwa wertvermehrende Investitionen des Beklagten berücksichtigt wurden. Die große Divergenz läßt erkennen, daß nicht allein der seit 1927 eingetretene Währungsverfall die Höhe der von den Unterinstanzen für den Schluß der Verhandlung ermittelten Bewertungsziffern verursacht hat, sondern daß dafür noch andere Faktoren maßgebend sein müssen, die bei der Preisbildung anläßlich von Transaktionen im Jahre 1927 - auf ihr beruht ja im wesentlichen die nachträgliche Ermittlung des Wertes in Schilling alt für 1927 - keine Rolle spielten.

Andererseits steht aber fest, daß die in den Nachlaß nach Juliane K. gehörigen Grundstücke jenen, die der Beklagte im Jahre 1927 übergeben erhielt, benachbart und völlig gleichwertig sind. Es erscheint darum mit dem Prinzip der Gleichstellung aller Kinder bzw. dem Prinzip der Gleichheit des Wertmessers (vgl. auch dazu Weiß a. a. O.) unvereinbar, daß bei der Bewertung der in den Nachlaß nach Juliane K. gehörigen Grundstücke von einem jetzt erzielbaren Preis von S 30.000 pro Joch bei jener der dem Beklagten im Jahr 1927 übergebenen Grundstücke aber von damals erzielbaren Preisen von 1200 bis 1400 S alt pro Joch ausgegangen und dann eine Valorisierung mit dem Faktor 7.521 vorgenommen werden soll, was nicht einmal die Hälfte des jetzt erzielbaren Jochpreises ergibt. Das Problem besteht dabei nur in der Frage, wie dabei doch der Vorschrift des § 794 ABGB. genüge getan werden kann, es komme bei Liegenschaften auf den Wert im Zeitpunkt des Vorempfanges an. Die Lösung ist darin zu erblicken, daß der Wertermittlung auf den Zeitpunkt des Vorempfanges, hier also für 1927, auch gewisse, damals nicht unmittelbar realisierbare Chancen einer anderen oder doch leichteren Verwertbarkeit der in Rede stehenden Grundstücke mitzuunterziehen sind, als jene, die sich unmittelbar aus der damaligen und sogar noch heutigen Nutzung ergeben, Chancen, die damals in der Preisbildung bei Transaktionen übergangen wurden. Man denke z. B. daran, die z. T. übergebenen, z. T. nicht übergebenen, jetzt aber völlig gleichwertigen Grundstücke lägen in einem Gebiet, in dem seit der Übergabe des einen Teils Gold, Erdöl o. dgl. gefunden worden wäre; die Chancen, die sich daraus ergäben, kämen heute beiden Gruppen gleichmäßig werterhöhend zugute, wären aber bei Verkäufen zur Zeit des Übergabsvertrages noch nicht erkannt und vernachlässigt worden; in einem solchen Fall ließe sich doch ernsthaft nicht bestreiten, daß der wahre Wert der übergebenen Grundstücke schon damals wesentlich höher war, als der bei einem Verkauf unter Vernachlässigung solcher Chancen erzielbare Preis. Aber auch aus anderen, weniger krassen Bewertungskomponenten ist die Notwendigkeit einer Mitberücksichtigung anderer Verwertungschancen ableitbar. So hat das Verfahren gerade im vorliegenden Fall ergeben, daß um das Jahr 1927 ein sehr bedeutendes Angebot von Grundstücken im Marchfeld bestand, die verkäuflich waren. Für den Fall von Verschiebungen im Verhältnis von Angebot und Nachfrage mußten sich also auch Chancen für eine leichtere und bessere Verwertung der Grundstücke ergeben, die durch eine Berücksichtigung der Geldwertänderungen, die seither eingetreten sind, allein noch keineswegs abgegolten werden. Auch aus der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, der Motorisierung und Technisierung der Landwirtschaft, ihrer Umstellung auf moderne Dünge- und sonstige Bearbeitungsmethoden sind wertsteigernde Umstände hinlänglich ableitbar, die bei einem Verkauf im Jahr 1927 wohl nicht die Preisbildung beeinflußt hätten, aber nun, da es sich nur darum handelt, nachträglich den wahren Wert der Grundstücke einschließlich der mit ihrem Besitz verbundenen Chancen für 1927 zu schätzen und den so ermittelten - und nicht etwa einen bei einem fiktiven Verkauf seinerzeit erzielbaren - Betrag dann zu valorisieren, sehr wohl mitberücksichtigt werden können und - um den Zweck des Gesetzes zu erreichen - mitberücksichtigt werden müssen. Damit kommt man im Ergebnis zur Erkenntnis, daß für den Zeitpunkt des Vergleiches des Wertes der seinerzeit dem Beklagten übergebenen Grundstücke mit dem Wert der Grundstücke, welche die Streitteile und Emma K. im Zuge der Abhandlung nach ihrer Mutter Juliane K. erhalten haben - praktisch nicht differenziert werden kann. Es muß darum bei der Einsetzung des Betrages von 521.575.75 S als Wert des Vorempfanges des Beklagten in die Berechnungsgrundlage sein Bewenden haben, dessen Ermittlung nach den Verhältnissen, wie sie nunmehr vorliegen, nicht in Zweifel gezogen erscheint und durchaus unbedenklich ist.

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