OGH 6Ob92/62

OGH6Ob92/6221.3.1962

SZ 35/37

Normen

ABGB §1325
ABGB §1325

 

Spruch:

Hat der Kläger ein Schmerzengeld in bestimmter Höhe begehrt, so kann er sich nicht darüber beschweren, daß ihm ohne Rücksicht auf einen tatsächlich bestehenden höheren Schmerzengeldanspruch nur unter Bedachtnahme auf die Verschuldensteilung der entsprechende Teil des verlangten Schmerzengeldes zugesprochen worden ist.

Entscheidung vom 21. März 1962, 6 Ob 92/62.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Das Erstgericht erkannte dem Kläger den Betrag von 150 S an Schmerzengeld zu, wobei es das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von 1850 S s. A. abwies. Es hielt ein Schmerzengeld von 300 S für angemessen, das es zufolge 50%igen Mitverschuldens des Klägers auf die Hälfte kürzte.

Der dagegen seitens des Klägers erhobenen Berufung wurde teilweise Folge gegeben und der Beklagte unter Annahme einer Verschuldensteilung zuungunsten des Beklagten im Verhältnis 3 : 1, somit unter Kürzung des Schmerzengeldanspruches um ein Viertel, zur Zahlung eines Betrages von 1500 S samt Anhang verurteilt, wogegen das Mehrbegehren auf Zahlung eines weiteren Betrages von 500 S samt Anhang abgewiesen wurde. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, das Verschulden des Beklagten stehe zwar für den Zivilrichter bindend fest, da er wegen schwerer Körperverletzung verurteilt worden sei, doch liege ein provozierendes Verhalten des Klägers vor, das allerdings wesentlich weniger schwer wiege als die vom Beklagten daraufhin gesetzte schwere Körperverletzung. Es erscheine daher eine Verschuldens- und Schadensteilung von 1/4 : 3/4 zugunsten des Klägers angemessen. Dem Erstgericht könne aber auch insoweit nicht gefolgt werden, als es das Schmerzengeld nur mit insgesamt 300 S bemessen habe. Wenn auch die physischen Schmerzen des Klägers nicht besonders stark und anhaltend gewesen sein mögen, so sei dem Kläger doch ein Trommelfellriß verblieben, der nicht abheilte, also immerhin eine anhaltende Beeinträchtigung der Hörfähigkeit seines linken Ohres. Dies müsse um so unangenehmer empfunden werden, als auch sein Gehör am rechten Ohr durch schon früher eingetretene Umstände etwas beeinträchtigt sei. Mit dem Schmerzengeld seien aber nicht nur die rein physischen Schmerzen, sondern alle mit der Verletzung verbundenen Unbilden abzugelten. Der begehrte Schmerzengeldbetrag von 2000 S erscheine daher durchaus angemessen. Dieser Betrag sei lediglich durch das Mitverschulden des Klägers um 1/4 zu kürzen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten mit welcher das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem abändernden Teil, insoweit ein 150 S s. A. übersteigender Betrag zugesprochen wurde, angefochten und der Antrag gestellt wird, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde, weiters die Revision des Klägers, mit welcher das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem abweislichen Teil angefochten und der Antrag gestellt wird das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde, in eventu das angefochtene Urteil, allenfalls auch das Ersturteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eines der beiden Vorgerichte zurückzuverweisen.

Der Oberste Gerichtshof gab beiden Revisionen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Zur Revision des Beklagten:

Dem festgestellten, in wörtlichen Beleidigungen der Mutter des Beklagten und dieses selbst bestehenden provozierenden Verhalten des Klägers, welches aber wesentlich weniger schwer wiegt als die vom Beklagten daraufhin gesetzte schwere Körperverletzung, wurde durch die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis 3 : 1 hinreichend Rechnung getragen. Die Rechtsrüge des Beklagten ist aber auch insoweit unbegrundet, als sie sich gegen die Bemessung des Schmerzengeldes wendet. Die Ausführung des Berufungsgerichtes, wonach auch bei Annahme nicht besonders starker anhaltender physischer Schmerzen der durch die Verletzung herbeigeführten anhaltenden Beeinträchtigung der Hörfähigkeit des Klägers an seinem linken Ohr um so mehr Bedeutung beizumessen sei, als sein Gehör am rechten Ohr schon durch früher eingetretene Umstände beeinträchtigt war, entspricht durchaus der Lebenserfahrung und steht auch mit dem Gutachten des Sachverständigen keineswegs in Widerspruch. Im übrigen kann zur Vermeidung von Wiederholungen diesbezüglich auf die durchaus zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils verwiesen werden.

II. Zur Revision des Klägers:

Daß aber die vom Beklagten gesetzte schwere Körperverletzung wesentlich schwerer wiegt als das festgestellte provozierende Verhalten des Klägers, wurde vom Berufungsgericht durch die vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis 3 : 1 zugunsten des Klägers ohnehin bereits angemessen berücksichtigt.

Was die Bemessung des Schmerzengeldes anbelangt, ist den Ausführungen des Klägers entgegenzuhalten, daß er lediglich ein Schmerzengeld von 2000 S begehrt hat. Hat er sich aber mit einem Schmerzengeld in dieser Höhe zufriedengegeben, so vermag er sich nicht darüber zu beschweren, daß ihm an Stelle des auf Grund der Verschuldensteilung verringerten Zuspruches an Schmerzengeld dieses, und zwar mit Rücksicht auf einen tatsächlich bestehenden höheren Schmerzengeldanspruch auch unter Bedachtnahme auf die Verschuldensteilung nicht im begehrten vollen Betrag von 2000 S zugesprochen worden sei.

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