Spruch:
Wer einen Wechsel als Annehmer unterschreibt, auf dem er zur Zeit der Unterschrift nicht als Bezogener genannt ist, der aber in dem für dessen Adresse vorgesehenen Vordruck eine freigelassene Zeile aufweist, muß damit rechnen, daß sein Name auch als jener des Bezogenen eingesetzt wird.
Entscheidung vom 6. März 1962, 4 Ob 501/62.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Der eingeklagte Wechsel sieht folgendermaßen aus:
Wien, den 3. Jänner 1961 Zahlungsort Wien Gegen diesen Wechsel - erste Ausfertigung - zahlen Sie am 25. Februar 1961 an Georg und Helli R., Argos - Griechenland, $ 660,-, Dollar sechshundertsechzig -.-.-.-.-.-.-.-.-. Angenommen: Kleadis E.
Bezogener: Georg & Helli R. Wien IV, Kleandis E. A.-
Straße 20 in Argos - Griechenland Stamp.: E. eh. Spinning Unterschrift Zahlbar bei Creditanstalt Bankverein Weaving Mills des
"Laloukiotis" Annehmers in Wien I, Schottengasse Georg & Helli Argos (Greece) G. R. eh.
Das Erstgericht erließ wegen 660 $ samt Nebengebühren den Wechselzahlungsauftrag. In seinen Einwendungen machte der Beklagte geltend, zur Zeit seiner Unterschrift sei in der Adresse bloß der Name des Ausstellers und nicht sein Name eingesetzt gewesen. In der nachträglichen Einsetzung seines Namens liege eine ihm gegenüber nicht wirksame Änderung des Wechsels (Art. 69 WG.), er sei daher bloß Bürge des Ausstellers, so daß er dem Aussteller nicht hafte. Überdies stunden ihm - in derzeit nicht interessierender Weise ausgeführte - Einwendungen aus dem Grundgeschäft zu.
Die Klägerin führte demgegenüber aus, nach der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung hätte der Beklagte Bezogener und Akzeptant sein sollen; dieser habe den Wechsel selbst ausgefüllt und entweder irrigerweise oder mala fide die Klägerin als Bezogene eingesetzt, die hievon zunächst nichts bemerkt habe. Der Wechsel sei bei Verfall vorgelegt und protestiert worden, ohne daß auf ihm der Beklagte als Bezogener aufgeschienen sei. Aus dem Grundgeschäft schulde der Beklagte dem Kläger für Orangenlieferungen noch das Wechselkapital.
Das Erstgericht schloß sich im wesentlichen der Rechtsmeinung des Beklagten an, hob den Wechselzahlungsauftrag auf und wies das Klagebegehren ab.
Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht dahin Folge, daß es das angefochtene Urteil unter Rechtskraftvorbehalt aufhob und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwies. Nach Auffassung des Berufungsgerichts soll geprüft werden, ob der Kläger den Wechsel im Sinn einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung, daß der Beklagte als Annehmer haften solle, ausgefüllt habe und bejahendenfalls auf die Einwendungen aus dem Grundgeschäft eingegangen werden.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes liegt der Rekurs des Beklagten vor.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Auszugehen ist vom Wechselbild. Dieses zeigt, daß der Beklagte als Annehmer unterschreiben wollte und unterschrieben hat. Anders kann seine Unterschrift unter dem Wort "Angenommen" und noch dazu über dem vorgedruckten Text "Unterschrift des Annehmers" links quer auf dem Wechsel nicht verstanden werden. Richtig ist nun nach dem Parteienvorbringen, daß der Beklagte zur Zeit seiner Unterschrift auf dem Wechsel nicht als Bezogener genannt war. Wohl aber war in dem für die Adresse vorgesehenen Vordruck eine Zeile freigelassen. Wenn nun der Beklagte diesen Wechsel als Annehmer unterschrieben hat, mußte er damit rechnen und hat schlüssig seine Genehmigung dazu erteilt, daß sein Name auch als jener des Bezogenen eingesetzt werde. Eine andere Deutung läßt das Wechselbild nicht zu. Damit, daß er nicht die Absicht gehabt habe, eine solche Ausfüllung des Wechsels zuzulassen, kann der Beklagte nicht gehört werden; er hätte in einem solchen Fall den Wechsel nicht als Annehmer unterschreiben dürfen oder zumindest die freie Zeile ausstreichen müssen. Mit der hier gegebenen rechtlichen Beurteilung der Streitsache stimmt es dem Sinne nach überein, daß eine schlüssig erteilte Ausfüllungsbefugnis auch dann angenommen wurde, wenn die Wechselsumme bloß in Ziffern angegeben und der Vordruck für eine Angabe in Buchstaben freigelassen war. Wird in diesem Fall ein höherer Betrag in Buchstaben eingesetzt, so haften auch die Schuldner, die früher unterschrieben haben, nicht nur für den von ihnen unterschriebenen Betrag (Art. 69 WG.), sondern im Rahmen des Art. 10 WG. für die größere Summe Art. 6 (1) WG.). Für den Verkehr ergibt sich aus dieser Rechtslage, daß unbeschriebene Vordruckteile im Wechselformular durchstrichen werden sollen (Stanzl, Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht, 47 f., mit weiteren Zitaten).
Gegen die Haftung des Beklagten als Wechselannehmer bestehen nach dem Vorgesagten keine Bedenken. Beweise brauchen in dieser Richtung nicht mehr aufgenommen zu werden. Eine mangelnde Ausfüllungsbefugnis hätte bei dem vorliegenden Wechselbild und dem dazu außer Streit gestellten Sachverhalt der Beklagte dem Kläger, dem er den Wechsel unmittelbar gegeben hat, nur dann einwenden können, wenn ausdrücklich zwischen den Parteien vereinbart worden wäre, daß der Kläger den Namen des Beklagten als Bezogenen nicht in den Wechsel hätte einsetzen dürfen. Solches ist aber vom Beklagten gar nicht behauptet worden und wäre auch offenbar sinnlos gewesen.
Da sohin von einer gültigen Annehmerverpflichtung des Beklagten auszugehen ist, steht ihm nur offen, die Stichhältigkeit seiner aus dem Grundgeschäft abgeleiteten Einwendungen darzutun. Zu diesem Zweck ist die Aufhebung des Ersturteiles und die Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht richtigerweise erfolgt.
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