Spruch:
Bei Zusage der Behebung von Mängeln beginnt die vereinbarte Frist für die Mängelrüge mit dem erfolglosen Versuch der Verbesserung.
Entscheidung vom 3. November 1961, 6 Ob 405/61.
I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Die Beklagte hat bei der klagenden Partei am 22. April 1960 eine Speiseeismaschine um 17.800 S bestellt und dabei eine Anzahlung geleistet. Mit Zustimmung der Beklagten lieferte die klagende Partei am 23. bzw. 24. Mai 1960 an Stelle einer fabriksneuen Maschine eine sogenannte Vorführmaschine und gewährte dafür einen Preisnachlaß von 10% im Betrag von 1780 S. In der Folge verweigerte die Beklagte die Zahlung des restlichen Kaufpreises. Sie erklärte mit Schreiben vom 17. Juli 1960, das am 20. Juli 1960 bei der klagenden Partei eintraf, daß sie vom Vertrag zurücktrete, weil die Maschine verschiedene Mängel aufweise, vor allem die zugesagte Leistung nicht erbringe.
Die klagende Partei begehrt von der Beklagten die Zahlung des restlichen Kaufpreises von 12.220 S s. A. mit der Behauptung, daß die Beklagte den Mangel nicht rechtzeitig gerügt habe. Gemäß den der Beklagten übermittelten Verkaufs-, Liefer- und Zahlungsbedingungen seien Mängelrügen spätestens innerhalb von acht Tagen nach Erhalt der Ware schlüssig geltend zu machen. Diese Frist habe die Beklagte versäumt, da sie die am 24. Mai 1960 aufgestellte Maschine erstmals am 17. Juli 1960 schriftlich beanstandet habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging hiebei von folgenden Feststellungen aus: Die Beklagte habe mit einem Vertreter der klagenden Partei besprochen, daß sie eine Speiseeismaschine für ihren Kaffeehausbetrieb bestelle. Die Maschine sei am 24. Mai 1960 durch einen Monteur der klagenden Partei aufgestellt worden und habe von Anfang an nicht funktioniert. Nach 4 bis 5 Wochen sei ein beauftragter Monteur der klagenden Partei gekommen und habe festgestellt, daß an der Maschine Verschiedenes zu richten sei. Diese versprochenen Verbesserungsarbeiten seien aber erst am 15. Juli 1960 durchgeführt worden; insbesondere seien dabei der Thermostat und zwei Konservatorendeckel ausgetauscht worden. Dennoch habe die Maschine noch immer nicht funktioniert. Sie habe einen halben Liter Speiseeis in 3/4 Stunden erzeugt, weshalb die Beklagte mit Schreiben vom 17. Juli 1960 den Rücktritt vom Vertrag erklärt habe.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß sich die Maschine zu dem von der Beklagten und für die klagende Partei erkennbar bestimmten, in Aussicht genommenen Gebrauch nicht eigne, daß daher ein Gewährleistungsmangel vorliege, der wesentlich und schon deshalb unbehebbar sei, weil die klagende Partei eine Verbesserung ablehne. Der Mangel sei rechtzeitig angezeigt worden, weil infolge der Zusage, den Mangel zu verbessern, die achttägige Frist zur Mängelrüge erst nach Vollendung der Verbesserung, somit am 15. Juli 1960, zu laufen begonnen habe.
Der dagegen von der klagenden Partei erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht nicht Folge.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach dem festgestellten Sachverhalt durfte die Beklagte den nach seiner eigenen Erklärung auch mit der Überprüfung des mangelfreien Funktionierens der Maschine befaßten Monteur, der die Montage der bereits von Anfang an nicht funktionierenden Maschine vornahm, nach den Grundsätzen des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand (§ 1029 ABGB.) jedenfalls als Beauftragten der klagenden Partei ansehen. Sie konnte daher annehmen, daß dieser Mangel dann, wenn er sich nicht, der Zusicherung des Monteurs entsprechend, nach einiger Zeit geben sollte, jedenfalls nach der angekundigten neuerlichen Überprüfung behoben werde. Das gleiche gilt von dem der Beklagten abgestatteten zweiten Besuch eines Monteurs der klagenden Partei, der nach der Feststellung von Mängeln die notwendigen Verbesserungsarbeiten zusagte. Die Beklagte durfte also auch damals noch annehmen, daß die klagende Partei bemüht sei, die von ihrem Monteur selbst festgestellten Mängel zu beheben. Es war ihr daher bis zur Vornahme der am 15. Juli 1960 tatsächlich, allerdings erfolglos, vorgenommenen Verbesserungsarbeiten die Möglichkeit genommen, auf Gewährleistung zu klagen, da der Verkäufer ein Zuwarten des Käufers bis zur Vollendung der zugesagten Mängelbehebung erwarten kann. Erst von diesem Zeitpunkt an (Vornahme der Verbesserungsarbeiten am 15. Juli 1960) hat demnach im vorliegenden Fall die Gewährleistungsfrist neu zu laufen begonnen. Die Auffassung der Vorinstanzen ist daher zutreffend, daß auch der Lauf der nach den Verkaufsbedingungen vereinbarten, gegenüber der Vorschrift des § 377 HGB. mit acht Tagen fixierten Bemängelungsfrist erst mit diesem Zeitpunkt neu begonnen hat. Die der vereinbarten Form entsprechende schriftliche Mängelrüge vom 17. Juli 1960, welche bei der klagenden Partei bereits am 20. Juli 1960 eingelangt ist, wurde daher rechtzeitig erstattet.
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