OGH 3Ob378/61

OGH3Ob378/6110.10.1961

SZ 34/141

Normen

EO §308
Lohnpfändungsgesetz §10 Abs2
EO §308
Lohnpfändungsgesetz §10 Abs2

 

Spruch:

Über das Bestehen und die Höhe der gepfändeten fingierten Forderung (§ 10 Abs. 2 LohnpfändungsG.) kann nur im Prozeßweg entschieden werden.

Entscheidung vom 10. Oktober 1961, 3 Ob 378/61.

I. Instanz: Bezirksgericht Mattighofen; II. Instanz: Kreisgericht Ried im Innkreis.

Text

Der betreibende Gläubiger beantragte auf Grund des Urteiles des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 11. März 1960, 5 Cg 617/59, unter Berufung auf § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. wider den Verpflichteten mit der Behauptung, daß der Verpflichtete in der Landwirtschaft seiner Gattin Anna L. unbezahlte Arbeit leiste, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 14.861 S 40 g und der Kosten die Exekution durch Pfändung der der verpflichteten Partei als ständig unentgeltlich Arbeit Leistendem bei dem Dienstgeber Anna L. gemäß § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. anzunehmenden Forderung auf in Geld zahlbares Arbeitseinkommen aus dem Arbeitsverhältnis und Überweisung zur Einziehung.

Das Erstgericht führte von Amts wegen Erhebungen über die Arbeitsleistung des Verpflichteten bei der Drittschuldnerin durch Vernehmung verschiedener Personen, darunter auch des Verpflichteten und der Drittschuldnerin, sowie Einholung einer Äußerung des Gemeindeamtes Sch. durch. Es bewilligte mit Beschluß vom 22. Juni 1961, E 263/61-12, der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei die Pfändung der der verpflichteten Partei als ständig unentgeltlich Arbeit Leistender gegen die Arbeitgeberin Anna L. gemäß § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. anzunehmenden Forderung auf in Geld zahlbares Arbeitseinkommen aus dem Arbeitsverhältnis, ferner die Überweisung der gepfändeten Bezüge zur Einziehung bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung, unbeschadet etwa früher erworbener Rechte anderer Personen, in dem sich aus § 5 LohnpfändungsG. in der Fassung des Bundesgesetzes vom 21. April 1961, BGBl. Nr. 118, ergebenden Einschränkung, und erließ auch das Zahlungsverbot an die Drittschuldnerin. Außerdem fügte es dem Bewilligungsbeschluß als letzten Absatz bei: "Gemäß § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. gilt im Verhältnis der betreibenden Partei zur Drittschuldnerin als angemessene Vergütung für die Arbeitsleistungen der verpflichteten Partei ein ortsüblicher Lohn von monatlich 650 S (und zwar 400 S für die in natura geleistete Verpflegung und Unterkunft und 250 S Barlohn) geschuldet."

Das Rekursgericht gab dem von der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Erstgerichtes wegen der Festsetzung eines fiktiven Einkommens des Verpflichteten mit nur 650 S monatlich statt mit 950 S monatlich erhobenen Rekurs Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der letzte Absatz zu lauten habe: "Gemäß § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG, gilt im Verhältnis der betreibenden Partei zur Drittschuldnerin als angemessene Vergütung für die Arbeitsleistungen der verpflichteten Partei ein ortsüblicher Lohn von monatlich 950 S (und zwar 700 S für die in natura geleistete Verpflegung und Unterkunft und 250 S Barlohn) geschuldet."

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Drittschuldnerin Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß der letzte Absatz der Exekutionsbewilligung über die Festsetzung des fingierten Anspruches des Verpflichteten gegenüber der Drittschuldnerin auf Vergütung zu entfallen hat.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

§ 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. fingiert den Anspruch des Verpflichteten gegen den Drittschuldner. Diese Bestimmung ist materiellrechtlicher Natur. In diesem Fall ist es dem Exekutionsgericht verwehrt, über Bestand und Höhe des Anspruches im Exekutionsverfahren zu entscheiden. Hätte der Gesetzgeber gewollt, daß über die Höhe des nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. fingierten Arbeitseinkommens bereits im Exekutionsverfahren mit Wirkung zwischen den Parteien und dem Drittschuldner entschieden werden kann, so hätte dies ausdrücklich bestimmt werden müssen. Dem steht auch die Vorschrift des § 55 Abs. 2, Satz 2, EO. nicht entgegen, da sich diese Bestimmung nur auf die nach der Exekutionsordnung möglichen Fälle, nicht aber auch auf die z. B. nach dem Unterhaltsschutzgesetz oder nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. vorgesehene Pfändungsmöglichkeit eines fingierten Arbeitseinkommens bezieht. Über Bestand und Höhe der gepfändeten Forderung und daher auch der fingierten Forderung kann mit bindender Wirkung für den Drittschuldner nur im Wege der Drittschuldnerklage zwischen dem Überweisungsgläubiger und dem Drittschuldner entschieden werden. Die damit zum Teil im Widerspruch stehende Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. XXIII 369 kann nicht aufrechterhalten werden (vgl. Heller, Exekutionsordnung, 10. Aufl. S. 1707 f. E. Nr. 2 zu § 10 LohnpfändungsG.).

Da die im Exekutionsverfahren getroffene und in den Bewilligungsbeschluß aufgenommene Festsetzung des fingierten Arbeitseinkommens nach § 10 Abs. 2 LohnpfändungsG. mit Rücksicht auf ihre Bedeutungslosigkeit im Drittschuldnerprozeß nicht nur irreführend, sondern auch durch die gesetzlichen Bestimmungen nicht gedeckt ist, mußte dem Revisionsrekurs der hiezu als Beteiligte berechtigten Drittschuldnerin Folge gegeben und dieser Teil des Bewilligungsbeschlusses zur Gänze beseitigt werden.

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