OGH 8Os102/61

OGH8Os102/6129.9.1961

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. September 1961 unter dem Vorsitze des Senatspräsidenten Dr. Mironovici, in Gegenwart der Räte des Obersten Gerichtshofs Dr. Mayer, Dr. Bröll, Dr. Möller und Dr. Reiter als Richter, dann des Richteramtsanwärters Dr. Gottlich als Schriftführer, in der Strafsache gegen Friedrich H***** und Franz G***** wegen des Verbrechens des Raubes nach den §§ 190, 192, 194 StG bzw §§ 5, 190, 192, 194 StG und des Verbrechens der Teilnehmung am Raube nach dem § 196 StG über die von der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten Franz G***** gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Kreisgericht Wiener Neustadt vom 13. Dezember 1960, GZ 5 Vr 792/60-34, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Rat des Obersten Gerichtshofs Dr. Möller, Verlesung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Wilmar, und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Ferdinand Koch zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten Franz G***** und der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Franz G***** wegen des Verbrechens der Teilnehmung am Raube nach dem § 196 StG und im Ausspruch über die Strafe dieses Angeklagten aufgehoben, der erstangeführte Ausspruch aus dem Urteil ausgeschieden und gemäß dem § 351 StPO in der Sache selbst erkannt:

Der Angeklagte Franz G***** wird für das Verbrechen der Anstiftung zum Raub nach den §§ 5, 190, 192, 194 StG gemäß dem § 194 StG unter Anwendung des § 339 StPO zur Strafe des schweren Kerkers in der Dauer von sechs Jahren, verschärft durch ein hartes Lager vierteljährlich und eine einsame Absperrung in dunkler Zelle an jedem 3. Juli, und gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Verwahrungs- und Untersuchungshaft wird aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen.

Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten Franz G***** und der Staatsanwaltschaft verworfen.

Gemäß dem § 390a StPO fallen dem Angeklagten Franz G***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Franz G***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem Urteil des Geschwornengerichts beim Kreisgericht Wr. Neustadt vom 13. 12. 1960 wurde der Angeklagte Friedrich H***** des Verbrechens des vollbrachten Raubes nach den §§ 190, 192, 194 StG, der Angeklagte Franz G***** des Verbrechens des vollbrachten Raubes als „mitschuldiger Anstifter“ nach den §§ 5, 190, 192, 194 StG und des Verbrechens der Teilnehmung am Raube nach dem § 196 StG schuldig erkannt.

Dem Urteil liegt der Wahrspruch der Geschwornen zugrunde, die die an sie gerichteten Fragen wie folgt beantwortet hatten:

A) Fragen für den Erstangeklagten Friedrich H*****:

I) Hauptfrage (wegen Raubes): Hat Friedrich H***** am 3. 7. 1960 in B***** dem Karl Hi***** durch Niederwerfen und mehrere Faustschläge ins Gesicht Gewalt angetan, um sich seines Bargeldes zu bemächtigen? 8 ja

Zusatzfrage (wegen Vollbringung des Raubes): Hat Friedrich H***** den zu 1) bezeichneten Raub durch Wegnahme eines Geldbetrags von rund 420 S, einer Metallarmbanduhr, einer Lederbrieftasche mit verschiedenen Urkunden und eines Schlüsselbundes auch vollbracht? 8 ja

Zusatzfrage: Hat Friedrich H***** dem Karl Hi***** bei der zu 1) bezeichneten Tat eine schwere körperliche Beschädigung, nämlich einen mit starker Schleimhautblutung verbundenen Nasenbeinbruch zugefügt? 1 ja, 7 nein.

B) Fragen für den Zweitangeklagten Franz G*****:

I) Hauptfrage (wegen Raubes): Hat Franz G***** im vereinbarten Zusammenwirken mit Friedrich H***** als seinem Raubgenossen an dessen zu 1) bezeichneter Gewalttat dadurch mitgetan, dass er den Alfred S***** und den Karl P***** davon abhielt, zu Karl Hi***** zu gehen? 8 nein

II) Eventualfragen (nur zu beantworten bei Verneinung der Hauptfrage und der jeweils vorausgegangenen Eventualfrage):

Erste Eventualfrage (wegen Anstiftung zum Raube): Hat Franz G***** den Friedrich H***** zu dessen in Frage 1) bezeichneter Raubhandlung durch Überredung vorsätzlich veranlasst, das ist angestiftet? 8 ja

Zweite Eventualfrage (wegen Anstiftung zu einem Diebstahl): Hat Franz G***** den Friedrich H***** nach seinen Vorstellungen - durch Überredung dazu veranlasst, das ist angestiftet, dass er die im Besitz des Karl Hi***** befindlichen Sachen - ohne Gewaltanwendung ihm entziehe? Nicht beantwortet.

Dritte Eventualfrage (wegen Teilnehmung am Raube): Hat Franz G***** einen Bargeldbetrag von 200 S und die Metallarmbanduhr des Karl Hi***** um Bewusstsein, dass sie ihm geraubt worden sind, an sich gebracht? 8 ja

Das Urteil ist in Ansehung des Angeklagten Friedrich H***** in Rechtskraft erwachsen. In Ansehung des Angeklagten G***** wird es mit Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft angefochten.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz G*****:

Der Angeklagte macht die Nichtigkeitsgründe nach § 345 Z 5, 6, 7, 8, 9, 11 lit a und 13 StPO geltend.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt er in der Ablehnung seines Antrags auf Stellung einer weiteren Eventualfrage betreffend Diebstahlsteilnehmung.

Damit macht er der Sache nach den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Z 6 StPO geltend, da Verletzungen von Vorschriften über die Fragestellung auch dann den speziellen Nichtigkeitsgrund nach Z 6, nicht aber den der Z 5 des § 345 StPO darstellen, wenn ein die Fragestellung betreffender Antrag einer Partei vom Schwurgerichtshof abgewiesen wird (SSt VI 132).

Der Nichtigkeitsgrund liegt jedoch nicht vor. Wie bereits der Schwurgerichtshof in seinem Zwischenerkenntnis zutreffend erklärt hat, sind, im Verfahren keine Umstände vorgebracht worden, die eine solche Frage gerechtfertigt hätten; insbesondere wurde auch vom Angeklagten G***** selbst in seiner Verantwortung nichts derartiges vorgebracht, er hat vielmehr in diesem Zusammenhange angegeben, H***** habe schon vorher gesagt, er stiere den Hi***** ab, und habe ihm, als er ihm dann die 100 S und die Armbanduhr gegeben habe, auch gesagt, dass er dem Hi***** „ein paar geklescht“ habe. In der Richtung, dass er angenommen habe, H***** habe dem Hi***** die Schläge erst versetzt, nachdem er sich bereits in den Besitz des Geldes und der Uhr gesetzt gehabt habe, wie in der Beschwerdeschrift angedeutet wird, hat sich der Beschwerdeführer nicht verantwortet.

Unter Berufung auf § 345 Z 6 StPO bringt der Beschwerdeführer vor, es seien die Geschwornen lediglich gefragt worden, ob er den Friedrich H***** zu dessen in Frage 1) bezeichneter Raubhandlung angestiftet habe. Die Frage 1) sei aber nur auf den Tatbestand des vollendeten Raubes gerichtet gewesen, während die Frage nach vollbrachtem Raub in der Frage 2) gestellt worden sei. Die Geschwornen seien aber hinsichtlich des Beschwerdeführers nicht gefragt worden, ob er den Friedrich H***** zu der unter 1) und 2) angeführten Raubhandlung angestiftet habe, sondern lediglich, ob er zu der unter 1) angeführten Raubhandlung angestiftet habe. Der Beschwerdeführer hätte daher aufgrund der Bejahung der Frage nur wegen des Tatbestands des § 193 und nicht nach dem § 194 StG verurteilt werden dürfen.

Damit macht der Beschwerdeführer in Wahrheit den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Z 13 StPO geltend, weil er damit ebenso wie später unter ausdrücklicher Anrufung dieses Nichtigkeitsgrundes behauptet, dass die Unterstellung seiner Tat unter die Bestimmung des § 192 StG und damit die Anwendung des Strafsatzes des § 194 StG durch den Wahrspruch der Geschwornen nicht gedeckt sei.

Dieser Einwand ist nicht stichhältig. Grundsätzlich haftet der Anstifter für alle Folgen der von ihm veranlassten Tat, soweit sie von seinem Vorsatz umfasst sind. Da beim Tatbestand des Raubes der Vorsatz des Anstifters ebenso wie der des unmittelbaren Täters immer auf die Bemächtigung einer fremden Sache gerichtet sein muss, weil dies die Voraussetzung für die Beurteilung der Tat als Raub ist, haftet demnach der Anstifter auch immer, wenn die von seinem Vorsatz erfasste Bemächtigung der fremden Sache tatsächlich erfolgt ist, für Anstiftung zum vollbrachten Raub, ohne dass es einer Fragestellung in dieser Richtung in Ansehung seiner Person bedarf, sondern es genügt, wenn durch den Wahrspruch - so wie im vorliegenden Falle - festgestellt ist, dass er den Raub durch Befehl, Anraten, Unterricht, Lob eingeleitet oder vorsätzlich veranlasst hat und dass das fremde Gut auch wirklich geraubt, der Raub somit vollbracht worden ist.

Den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Z 7 StPO führt der Beschwerdeführer dahin aus, dass die Anklage gegen ihn gelautet habe, als Raubgenosse des Friedrich H***** durch Leistung von Aufpasserdiensten an dem von H***** begangenen Raub mitgewirkt zu haben. Schließlich sei er wegen Anstiftung zu dem in der Anklage bezeichneten Raub und wegen Teilnehmung am Raub gemäß dem § 196 StG verurteilt worden. Die Verurteilung wegen Teilnehmung am Raub und die diesbezügliche Fragestellung an die Geschwornen sei durch Überschreitung der Anklage erfolgt, da das Delikt der Teilnehmung am Raub nach dem § 196 StG ein vom Raub selbst unabhängiges Delikt sui generis sei, deshalb einer Anklage bedürfe und nicht mit der Haupttat gleichgestellt werden könne, da sie ein zeitlich und örtlich von der Haupttat getrenntes Verbrechen darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund ist nicht gegeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bildet den Gegenstand der Anklage die Beteiligung des Angeklagten an einem bestimmten Vorfall, der in der Anklagebegründung geschildert ist und der irgendeinen nach Ansicht des Anklägers strafbaren Erfolg herbeigeführt hat. Gegenstand von Anklage und Urteil ist demnach das gesamte Verhalten des Angeklagten, wie es sich aus der Anklagebegründung ergibt. Da in der Begründung der Anklage auch erwähnt ist, dass der nunmehrige Beschwerdeführer einen Teil des geraubten Gutes erhielt, ist auch diese Phase des Vorfalls von der Anklage umfasst und es war daher das Geschwornengericht formell und ohne sich einer Anklageüberschreitung schuldig zu machen, auch zur Urteilsfällung über diese Handlungsweise des Beschwerdeführers berechtigt. Materiell ist allerdings der sohin gefällte Schuldspruch wegen Teilnehmung am Raube, wie später noch dargelegt werden wird, unrichtig.

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes nach § 345 Z 8 StPO rügt der Beschwerdeführer zunächst, es sei die Rechtsbelehrung hinsichtlich des Tatbestands der Teilnehmung am Raube insofern unrichtig, als den Geschwornen nicht mitgeteilt worden sei, dass Teilnehmung gemäß dem § 6 StG überhaupt nur dann vorliege, wenn ohne vorläufiges Einverständnis erst nach begangenem Verbrechen dem Täter Hilfe und Beistand geleistet oder von dem bekanntgewordenen Verbrechen Gewinn und Vorteil gezogen werde.

Es kann dahingestellt bleiben, ob der sicherlich sehr knapp gehaltenen Rechtsbelehrung nicht ohnedies entnommen werden kann, dass Teilnehmung am Raube verantwortet, wer nach vollbrachtem Raub mit dem unmittelbaren Täter in Verbindung tritt und geraubtes Gut an sich bringt, nicht aber auch, wer sich schon vor vollbrachter Tat mit dem Täter über einen Anteil an Gewinn und Vorteil einverstanden hat, oder ob durch die Unterlassung einer ausdrücklichen Belehrung in dieser Richtung die Geschwornen zu einer unrichtigen Gesetzesauslegung veranlasst werden konnten und die Rechtsbelehrung deshalb als unrichtig anzusehen ist. Der Angeklagte kann sich jedenfalls über diese Rechtsbelehrung nicht beschweren. Denn da Rechtsmittel eine Beeinträchtigung dessen voraussetzen, zu dessen Gunsten sie erhoben werden, kann der Angeklagte den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Z 8 StPO aus einer unrichtigen Rechtsbelehrung nicht ableiten, wenn sie eine für ihn günstigere Meinung zum Ausdruck brachte und daher nicht geeignet war, den Wahrspruch der Geschwornen zu seinem Nachteil zu beeinflussen. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, da das Unterbleiben der vom Beschwerdeführer vermissten Belehrung nur eine Gesetzesauslegung in der Richtung zur Folge haben konnte, dass auch Handlungen, die richtigerweise als Teilnahme im Sinne des § 5 StG zu beurteilen sind, der milderen Bestimmung der Teilnehmung am Raube nach dem § 196 StG unterstellt werden. Überdies durfte aber, wie bereits erwähnt und auch vom Beschwerdeführer selbst geltend gemacht wurde, aus rechtlichen Gründen ein Schuldspruch wegen Teilnehmung am Raub nicht gefällt werden, sodass der Angeklagte auch durch eine unrichtige Rechtsbelehrung über diesen strafbaren Tatbestand nicht beeinträchtigt werden konnte.

Der Beschwerdeführer bringt weiter vor, dass in der Rechtsbelehrung der Begriff der Anstiftung nicht richtig definiert worden sei, da nicht erklärt worden sei, dass der Anstifter die Übeltat durch Befehl, Anraten, Unterricht, Lob oder dergleichen einleiten und der Willensentschluss des Täters auf der Anstiftung basieren müsse.

Die Rüge ist nicht begründet. Die Frage lautete dahin, ob Franz G***** den Friedrich H***** zu dessen Raubhandlung durch Überredung vorsätzlich veranlasst, das ist angestiftet, hat. Schon durch den Wortlaut der Frage ist somit zum Ausdruck gebracht, dass als Anstifter anzusehen ist, wer einen anderen vorsätzlich zur Begehung eines Verbrechens bestimmt. Weitere Erörterungen über den Begriff der Anstiftung waren nicht erforderlich, da Rechtsbegriffe, die im täglichen Leben vorkommen, keiner näheren Erläuterung bedürfen. Im Übrigen konnte sich das Unterbleiben der vom Beschwerdeführer offenbar vermissten Erklärung des Unterschieds zwischen Anstiftung und sogenannter intellektueller Beihilfe nicht zu seinem Nachteil auswirken, da Anstiftung und Beihilfe nur verschiedene Erscheinungsformen der Mitschuld nach dem § 5 StG sind und derselben Bestrafung unterliegen.

Der weiteren Rüge des Beschwerdeführers, es sei die Rechtsbelehrung auch hinsichtlich der Frage der Beihilfe unrichtig, ist entgegenzuhalten, dass die Rechtsbelehrung nur insoferne angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die an die Geschwornen tatsächlich gestellt wurden (EvBl 1951 Nr 392). Eine Frage auf Beihilfe zum Raub wurde aber im vorliegenden Fall gar nicht gestellt, sondern die vom Beschwerdeführer beanständete Belehrung findet sich im Rahmen der Rechtsbelehrung zur Hauptfrage wegen Raubes, zu welcher Frage aber eine Belehrung über Beihilfe zum Raub zu unterbleiben hatte.

Der Beschwerdeführer rügt schließlich, dass die Rechtsbelehrung auch hinsichtlich des anzuwendenden Strafsatzes insofern unrichtig sei, als erklärt werde, dass Milderung jeweils bis zu einem Jahr schweren Kerkers herunter möglich sei, was aber nur hinsichtlich der Strafen zutreffe, die nach dem Gesetz zwischen 10 und 20 Jahren oder mit lebenslangem schweren Kerker zu bemessen seien, nicht jedoch hinsichtlich des in der Rechtsbelehrung aufscheinenden Strafsatzes für Anstiftung zum Diebstahl und Teilnehmung am Raub, in welchen Fällen das außerordentliche Milderungsrecht noch weitgehender angewendet werden könne.

Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, dass dieses Vorbringen an sich richtig ist; doch konnte ihm die aufgezeigte Unrichtigkeit nicht zum Nachteil gereichen, weil die Strafe nicht nach den für Anstiftung zum Diebstahl oder Teilnehmung am Raub geltenden Strafsätzen, sondern nach dem Strafsatz des § 194 StG bemessen wurde. Dazu kommt noch im gegebenen Falle die Erwägung, dass eine Verurteilung wegen Teilnehmung, sei es nun am Raub, sei es am Diebstahl begrifflich nicht erfolgen konnte.

Unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Z 9 StPO bringt der Beschwerdeführer in längeren Ausführungen vor, dass die Begründung der Geschwornen für die von ihnen gegebenen Antworten auf die Fragen 5 und 7 in sich widersprechend, undeutlich und unvollständig sei.

Bei diesem Vorbringen verkennt der Beschwerdeführer den Begriff des Wahrspruchs der Geschwornen und damit das Wesen des angerufenen Nichtigkeitsgrundes. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (SSt XXII 41, XXVI 8, JBl 1955 S 629), sind unter dem Wahrspruch der Geschwornen die an die Geschwornen gerichteten Fragen und die von ihnen darauf gegebenen Antworten zusammengenommen zu verstehen. Die gemäß dem § 331 Abs 3 StPO zu verfassende Niederschrift bzw deren Inhalt gehört nicht zum Wahrspruch und fällt daher nicht unter den Begriff „Antwort“ im Sinne des § 345 Z 9 StPO. Dieser Nichtigkeitsgrund kann vielmehr ausschließlich aus dem Wahrspruch der Geschwornen selbst abgeleitet werden. Dass aber im vorliegenden Fall dem Wahrspruch der Geschwornen selbst ein im § 345 Z 9 StPO angeführter Mangel anhaftet, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Z 11a StPO führt der Beschwerdeführer dahin aus, dass die Verurteilung wegen Anstiftung zum Raub eine Verurteilung wegen Teilnehmung am Raub ausschließe, da sich in einem solchen Falle das Teilen der Beute als straflose Nachtat darstelle.

Der Rechtsrüge kommt im Sinne des § 345 Z 12 StPO Berechtigung zu.

Nach übereinstimmender Auffassung von Rechtsprechung und Rechtslehre (s zB SSt XIX/116, XXIII 30, EvBl 1956 Nr 116 und die in der letztangeführten Entscheidung zitierte Literatur) kann sich der Teilnehmung an einem Verbrechen - wie sich aus dem Wortlaut des § 6 StG ergibt - immer nur eine Person schuldig machen, die mit jener Person nicht wesensgleich ist, die die Vortat begangen hat. Kann also eine an einem Diebstahl, einer Veruntreuung oder einem Raub als unmittelbarer Täter beteiligte Person wegen der Verwertung der Beute nicht gesondert bestraft werden, so muss Gleiches auch für den Mitschuldigen im Sinne des § 5 StG gelten, da das österreichische Recht keine wertende Unterscheidung zwischen Täterschaft und Mitschuld kennt, sondern diese Beteiligungsformen an einer strafbaren Handlung grundsätzlich gleich behandelt. Es kann sich demnach der an der Vortat als Täter oder Mitschuldiger Beteiligte keinesfalls einer Teilnehmung an derselben strafbaren Handlung schuldig machen und es wäre insbesondere die Ansicht verfehlt, dass die Verwertung der Beute dann gesondert als Teilnehmung zu ahnden sei, wenn, vor der Tat eine Verabredung über die Teilung der Beute nicht stattgefunden hat. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Wahrspruch der Geschwornen mit voller Deutlichkeit, dass der Angeklagte Franz G***** den Friedrich H***** zu einem Raub an Karl Hi***** angestiftet und dann einen Teil des von Friedrich H***** dem Karl Hi***** geraubten Gutes an sich gebracht hat. Diese Handlungsweise des Franz G***** begründet, wie auch das Erstgericht zutreffend ausgesprochen hat, den Tatbestand der Anstiftung zum Raub nach den §§ 5, 190, 192, 194 StG, doch war es nach dem oben Gesagten verfehlt, den Angeklagten G***** wegen des Ansichbringens eines Teils des geraubten Gutes außerdem noch der Teilnehmung am Raube schuldig zu erkennen; dieses Ansichbringen der Beute aus einem Raube, an dem er als Mitschuldiger beteiligt war, stellt vielmehr eine straflose Nachtat (nach anderer Terminologie: vorbestrafte Nachtat) dar, die durch den Schuldspruch wegen Anstiftung zum Raub konsumiert ist.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe nach § 345 Z 8 und 12 StPO wird - der Sache nach zu Gunsten des Angeklagten Franz G***** - gerügt, es seien in der Rechtsbelehrung die Geschwornen nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Bestrafung des Täters wegen des Verbrechens des Raubes als Haupttäter oder Mitschuldiger die gleichzeitige Bestrafung wegen Teilnehmung am Raube durch Aneignung einer aus demselben Raub stammenden Sache ausschließe, sondern diese spätere Verhehlung beim unmittelbaren Täter oder Anstifter eine straflose Nachtat darstelle und nur einer vom unmittelbaren Täter oder Mitschuldigen am Raube verschiedenen Person als Teilnehmung am Raube zugerechnet werden könne. Da der Angeklagte G***** nach den §§ 5, 190, 192, 194 StG schuldig erkannt worden sei, beruhe die gleichzeitige Unterstellung der Tat dieses Angeklagten auch unter die Bestimmung des § 196 StG auf einer unrichtigen Gesetzesauslegung.

Diesem Vorbringen kommt aus den bereits bei Behandlung der inhaltlich gleichen Rüge des Angeklagten Franz G***** angeführten Gründen Berechtigung zu. Die Geschwornen hätten tatsächlich zur Vermeidung einer unrichtigen Gesetzesauslegung in der erwähnten Richtung belehrt werden müssen und es hätte auch aufgrund des Wahrspruchs der Geschwornen neben dem Schuldspruch wegen Anstiftung zum Raube nicht auch noch wegen des Ansichbringens eines Teiles der aus diesem Raub stammenden Beute ein Schuldspruch nach dem § 196 StG erfolgen dürfen.

In der Nichtigkeitsbeschwerde wird noch - offenbar zum Nachteil des Angeklagten G***** - gerügt, dass die Rechtsbelehrung auch insofern unrichtig sei, als erklärt werde, es sei die in der Richtung einer Teilnehmung am Raub nach dem § 196 StG, gestellte Eventualfrage 7 nur dann zu beantworten, wenn die erkennbar in Richtung der Anstiftung zur Übertretung des Diebstahls nach den §§ 5, 460 StG gestellte vorangegangene Eventualfrage 6 verneint werde; richtigerweise schließe aber die Bestrafung wegen Übertretung des Diebstahls als Mitschuldiger die Bestrafung wegen Teilnehmung am Raube nicht aus.

Aus dieser behaupteten Unrichtigkeit kann aber die Staatsanwaltschaft den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Z 8 StPO nicht ableiten, da, wie bereits erwähnt, Rechtsmittel eine Beeinträchtigung dessen voraussetzen, zu dessen Gunsten sie ergriffen werden, die behauptete Unrichtigkeit sich aber nicht zum Nachteil der Anklagebehörde (im Übrigen auch nicht zum Nachteil des Angeklagten) auswirken konnte, da ja eine Bejahung der Eventualfrage wegen Anstiftung zum Diebstahl nicht erfolgt ist und überdies auch der Schuldspruch wegen Teilnehmung am Raube zu Unrecht ergangen und deshalb auszuscheiden ist.

Es war daher den Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten Franz G***** und der Staatsanwaltschaft teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil im Schuldspruch des Angeklagten Franz G***** wegen des Verbrechens der Teilnehmung am Raub nach dem § 196 StG und im Ausspruch über die Strafe dieses Angeklagten aufzuheben, der erstangeführte Ausspruch aus dem Urteil auszuscheiden und sohin die Strafe des Angeklagten Franz G***** neu zu bemessen. Im Übrigen waren die Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.

Diese Entscheidung hat eine Neubemessung der Strafe beim Nichtigkeitswerber zur Folge. Diese hatte, wie bisher, nach dem § 194 StG zu erfolgen. Hiebei hat der Oberste Gerichtshof als mildernd das teilweise Geständnis und die Fürbitte des Beraubten, als erschwerend hingegen die wiederholten Vorstrafen wegen Vermögens- und Gewalttätigkeitsdelikten, die Anstiftung des Angeklagten H***** zum Raub sowie den Umstand angenommen, dass der Angeklagte einen Teil der Beute aus den von ihm angestifteten Raub erhalten hat.

Da sich durch den Freispruch des Angeklagten vom Verbrechen der Teilnehmung am Raube am Unrechtsgehalt der Tat nichts geändert hat, hat der Oberste Gerichtshof in Anwendung des § 339 StPO wie das Erstgericht die über den Angeklagten Franz G***** verhängte Strafe als schuldangemessen erachtet.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

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