OGH 3Ob95/61

OGH3Ob95/613.5.1961

SZ 34/71

Normen

EheG §66
EheG §68
EO §35
EheG §66
EheG §68
EO §35

 

Spruch:

Im Oppositionsprozeß wegen Erlöschens des Unterhaltsanspruches nach § 66 EheG. zufolge bewilligter Wiederaufnahme des Ehescheidungsverfahrens und darauffolgender Scheidung der Ehe aus gleichem Verschulden beider Gatten ist auf Grund entsprechender Einwendungen der beklagten Partei das Vorliegen eines Unterhaltsanspruches nach § 68 EheG. zu prüfen.

Entscheidung vom 3. Mai 1961, 3 Ob 95/61.

I. Instanz: Bezirksgericht Bruck an der Mur; II. Instanz:

Kreisgericht Leoben.

Text

Die Beklagte führt als betreibende Partei gegen den Kläger als Verpflichteten zu E 4059/53 des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur Exekution durch Lohnpfändung zur Hereinbringung von Unterhaltsbeträgen, die ihr mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur vom 26. Juni 1953, C 226/53 -12, nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe zwischen den Streitteilen aus dem überwiegenden Verschulden des Mannes gemäß § 66 EheG. zugesprochen wurden.

Der Verpflichtete wendet mit Oppositionsklage gemäß § 35 EO. ein, der Anspruch der Beklagten aus dem Exekutionstitel sei deshalb erloschen, weil nach Wiederaufnahme des Ehescheidungsverfahrens mit rechtskräftigem Urteil, des Kreisgerichtes Leoben vom 19. Mai 1959, 7 Cg 33/59-34, das gleichteilige Verschulden der Streitteile festgestellt worden sei.

Die Beklagte gibt zwar diese Tatsache und das Erlöschen ihres Unterhaltsanspruches nach § 66 EheG. zu, beantragt aber Klageabweisung wegen Bestehens eines Anspruches auf einen Unterhaltsbeitrag nach § 68 EheG.

Der Erstrichter gab der Klage statt, weil nach dem Inhalt der Ehescheidungs- und Wiederaufnahmeakten 6 Cg 305/52 und 7 Cg 33/59 des Kreisgerichtes Leoben der ursprüngliche Verschuldensausspruch über das überwiegende Verschulden des Ehemannes im Wiederaufnahmeverfahren in ein gleichteiliges Verschulden beider Ehegatten umgewandelt wurde und der Unterhaltsanspruch der beklagten Partei aus dem Rechtsgrund des § 66 EheG., auf dem der Exekutionstitel beruhe, erloschen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und bewertete den Streitgegenstand mit mehr als 10.000 S.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und hob beide untergerichtlichen Urteile auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung EvBl. 1959 Nr. 296 ausführte, betrifft die Frage, ob der Unterhaltsanspruch nach § 66 EheG oder nach § 68 EheG. gebührt, an sich den Grund des Anspruches. Für die Richtigkeit dieser Ansicht spricht vor allem die Tatsache, daß § 66 EheG. unter den dort bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich von einer Unterhaltspflicht des allein oder überwiegend schuldigen Ehepartners ausgeht, während bei gleichteiligem Verschulden nach § 68 EheG. grundsätzlich jeder der geschiedenen Ehegatten für seinen eigenen Unterhalt zu sorgen hat und nur in dem Ausnahmsfall, daß ein Ehegatte sich nicht selbst erhalten kann, den anderen die Pflicht zur Leistung eines Beitrages zum Unterhalt nach Billigkeitsgrundsätzen trifft. Daraus folgt, daß bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Unterhaltsbeitrag nach § 68 EheG. die geschuldete Leistung ebenso grundsätzlich Unterhaltscharakter hat wie eine Leistung nach § 66 EheG. und daß zur Erreichung der geschuldeten Unterhaltsleistung ohne zwingende Notwendigkeit in keinem Fall eine Unterbrechung der Unterhaltsleistung eintreten soll. Nur mit dieser Einschränkung kann daher von einer Verschiedenheit des Unterhaltsanspruches nach § 66 EheG. von dem nach § 68 EheG. gesprochen werden.

Im vorliegenden Fall ist der Exekutionstitel auf der Grundlage des § 66 EheG. geschaffen worden. Nachdem unstreitig im wieder aufgenommenen Ehescheidungsprozeß das überwiegende Verschulden des Ehemannes in ein gleichteiliges Verschulden beider Ehegatten rechtskräftig umgewandelt wurde, kann zwar der Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht mehr auf den Rechtsgrund des § 66 EheG. gestützt werden. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß der Unterhaltsanspruch der Beklagten nicht in einen solchen nach § 68 EheG. übergegangen ist. Wie schon ausgeführt wurde, muß die Möglichkeit eines solchen unmittelbaren Überganges bejaht werden, damit dem Unterhaltsanspruch als einem lebensnotwendigen Dauerbedürfnis entsprochen werden kann (7 Ob 181/57).

Im vorliegenden Fall hat die in erster Instanz nicht durch einen Rechtsanwalt vertretene beklagte Partei das Vorliegen, der Voraussetzungen für einen Unterhaltsbeitrag nach § 68 EheG. behauptet. Die erste und die zweite Instanz sind aus einem Rechtsirrtum auf diese Behauptung nicht eingegangen, wobei es auch der Erstrichter, entsprechend der Mängelrüge in der Berufung, unterlassen hat, die beklagte Partei zu einem entsprechenden Beweisantrag anzuleiten (§ 432 ZPO.).

Da es noch einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, waren beide vorgerichtlichen Urteile aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte