OGH 6Ob68/61

OGH6Ob68/6115.3.1961

SZ 34/42

Normen

ABGB §183
AußStrG §9
AußStrG §260
ABGB §183
AußStrG §9
AußStrG §260

 

Spruch:

Die für den Adoptionsbewilligungsbeschluß gemäß § 260 Z. 3, 4 und 5 AußstrG. zwingend vorgeschriebenen "Angaben" sind im Rechtsmittelweg anfechtbar.

Entscheidung vom 15. März 1961, 6 Ob 68/61.

I. Instanz: Bezirksgericht Pregarten; II. Instanz: Landesgericht Linz.

Text

Der am 18. Februar 1900 geborene, verwitwete Landwirt Karl M. hat mit der am 25. Juni 1930 geborenen Ludmilla R., geborenen A., am 5. Juli 1960 einen Adoptionsvertrag geschlossen; das Wahlkind war in erster Ehe mit Josef M., dem Sohn des Wahlvaters, verheiratet gewesen; Josef M. ist am 11. Juli 1954 gestorben. Seit 29. Mai 1956 ist Ludmilla R., geborene A., mit Johann R. verheiratet und führt nun dessen Familiennamen.

Das Erstgericht bewilligte die Annahme an Kindesstatt und sprach im vorletzten Absatz seines Beschlusses aus, daß das Wahlkind gemäß § 183 ABGB. weiterhin den Namen "Ludmilla R." zu führen habe. Aus dem Akt ergibt sich, daß dem Erstgericht damals das im Erlaß des Bundesministeriums für Justiz vom 20. Juni 1960. JABl. 1960 S. 61 ff., empfohlene Muster eines Bewilligungsbeschlusses noch nicht vorlag.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung - mit dem Antrag, den Bewilligungsbeschluß dahin zu ergänzen, daß sich der Geschlechtsname des Wahlkindes von "A." auf "M." ändere - mit der Begründung keine Folge, daß nach § 260 AußStrG. in der Fassung des BG. vom 17. Februar 1960, BGBl. Nr. 58, zwischen "Aussprüchen" und "Angaben" im Bewilligungsbeschluß zu unterscheiden sei; dem trage auch der Erlaß des Bundesministeriums für Justiz, JABl. 1960 S. 61 ff., Rechnung; nur "Aussprüche" seien im Rechtsmittelweg anfechtbare Entscheidungen des Gerichtes, nicht aber die "Angaben" von Folgen, welche die Annahme an Kindesstatt kraft Gesetzes nach sich ziehe. Halte der Standesbeamte die "Angaben" für unrichtig, dann habe er die entsprechende Eintragung abzulehnen oder so vorzunehmen, wie er sie für richtig halte, bzw. sich im Sinn des im JABl. 1960 S. 84 ff. verlautbarten Erlasses des Bundesministeriums für Inneres vom 27. Juli 1960 an das Amt der Landesregierung zu wenden. Gegen die Eintragung oder die Ablehnung der Eintragung könnten sich die Parteien dann gemäß §§ 45, 47 PersStG. zur Wehr setzen: ein daraus resultierendes Verfahren könne aber nicht im Weg eines Rechtsmittels gegen den Bewilligungsbeschluß vorweggenommen werden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und änderte zugleich den Beschluß des Erstrichters auf Bewilligung der Annahme an Kindesstatt dahin ab, daß der vorletzte Absatz zu lauten hat:

Das Wahlkind hat durch die Annahme an Kindesstatt dem Geschlechtsnamen "M." erhalten, behält jedoch gemäß § 183 Abs. 1, 2. Satz, ABGB. den Familiennamen "R."

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Vorweggenommen sei, daß die Form, welche das Rekursgericht seiner Erledigung gab, verfehlt ist. Die mit dem Fehlen einer im Rechtsmittelweg anfechtbaren Gerichtsentscheidung begrundete Verneinung des Rekursrechtes des Amtes der Landesregierung hätte mit einer Zurückweisung ihres Rechtsmittels zum Ausdruck gebracht werden müssen. Dem Obersten Gerichtshof liegt also in Wahrheit nicht ein außerordentlicher Revisionsrekurs gegen Konformatbeschlüsse der Unterinstanzen (§ 16 AußStrG.), sondern ein Rekurs gegen einen Beschluß der zweiten Instanz vor, mit dein ein Rekurs gegen einen Beschluß des Erstrichters als unzulässig zurückgewiesen wurde. Der rechtlichen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses stehen daher die im § 16 AußStrG. gezogenen Schranken nicht entgegen.

Die Bedeutung von Erlässen des Bundesministeriums für Justiz für die praktische Handhabung gesetzlicher Bestimmungen soll nicht verkannt werden, doch können und wollen sie der Judikatur keinesfalls vorgreifen. Bei der Frage der Möglichkeit und Zulässigkeit eines Rechtsmittels kann es auf Differenzierungen in der Ausdrucksweise des Gesetzes allein nicht ausschlaggebend ankommen; maßgebend ist vielmehr Natur und Tragweite der vom Gericht getroffenen Verfügung (§ 9 AußStrG.).

Daß der Bewilligungsbeschluß gemäß § 260 Z. 1 AußStrG. eine Reihe bestimmt genannter Personaldaten enthalten muß, dient unzweifelhaft der einwandfreien Identifizierung der Vertragspartner. Daß neben den rechtsgestaltenden Verfügungen des Gerichtes, das sind die sogenannten "Aussprüche" über die Bewilligung der Annahme an Kindesstatt und allenfalls über das Erlöschen der Rechtsbeziehungen des Wahlkindes zu einem Elternteil im Sinn des § 182 Abs. 2, letzter Halbsatz, ABGB. (Z. 2 und 5), noch sogenannte "Angaben" über die Namensführung des Wahlkindes (Z. 3), über den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme (Z. 4) und allenfalls des Wirksamwerdens des Erlöschens der Rechtsbeziehungen zwischen dem Wahlkind und einem Elternteil (Z. 5) zwingend vorgeschrieben sind, läßt erkennen, daß einerseits den Vertragspartnern eindeutig und möglichst endgültig in solenner Form gesagt werden soll, welche konkreten Folgen die Annahme an Kindesstatt (auf den hier in Betracht kommenden Gebieten) nach sich gezogen hat, und daß anderseits dem Standesbeamten eine eindeutige und möglichst vollständige Grundlage für die Ersichtlichmachung der Personenstandsänderungen in den Registern geboten werden soll. Parteien und Standesbeamter sollen nicht erst an Hand der abstrakten Gesetzesbestimmungen diese Folgen der Annahme an Kindesstatt für den konkreten Einzelfall selbst ermitteln müssen. Die im § 260 Z. 3, 4 und zum Teil auch 5 als Inhalt des Bewilligungsbeschlusses vorgeschriebenen "Angaben" sind darum nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes als gerichtliche Verfügungen feststellender Natur zu werten und nach § 9 AußStrG. im Rechtsmittelweg anfechtbar. Es ist auch nicht einzusehen, warum den Partnern eines Adoptionsvertrages, wenn das Gericht etwa versehentlich die Angabe über das Wirksamwerden der Adoption auf die Rechtskraft seines Beschlusses abgestellt hätte (vgl. dazu § 179a ABGB.), dagegen kein Rekurs zustehen sollte. Das gleiche gilt bei einem Gerichtsfehler in der "Angabe" der Adoptionsfolgen für die Namensführung. Wird aber den Vertragspartnern in solchen Fällen das Rekursrecht zugestanden, dann kann es - im Rahmen eines Aufgabenbereiches - auch das Amt der Landesregierung für sich in Anspruch nehmen. Es kann hier unerörtert bleiben, ob die Bestimmungen des Personenstandsgesetzes zuverlässige Handhaben bieten, um fehlerhafte bzw. überhaupt unterbliebene Registereintragungen unter allen Umständen ausmerzen bzw. nachtragen zu können. Selbst wenn dies der Fall wäre, ist nicht einzusehen, warum derartige Unzukömmlichkeiten nicht von vornherein vermieden werden sollten. Der Oberste Gerichtshof erachtet es darum als verfehlt, Verstöße gegen die zwingenden Vorschriften des § 260 AußStrG. durch eine Negierung des Entscheidungscharakters der sogenannten "Angaben" sanktionslos zu lassen.

Ist somit der Rekurs des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung gegen den Beschluß erster Instanz als zulässig erkannt, dann kann er im Sinn ständiger Judikatur vom Obersten Gerichtshof selbst sogleich sachlich erledigt werden (vgl. dazu SZ. XXIII 87, SZ. XXIII 390, RiZ. 1956 S. 79 u. a.). Die Diktion des erstrichterlichen Beschlusses, das Wahlkind habe den Namen "Ludmilla R." weiterzuführen, wird der Bestimmung des § 183 Abs. 1, 2. Satz, ABGB. nicht gerecht. Wohl bleibt bei Adoption einer verheirateten Frau deren (vom Ehemann) abgeleiteter Familienname unverändert, es ändert sich aber ihr Geschlechtsname, worunter hier jedenfalls der Geburtsname des Wahlkindes (A.) zu verstehen ist (vgl. dazu auch den bereits zitierten Erlaß des Bundesministeriums für Inneres, Abschnitt III). Dies zum Ausdruck zu bringen ist im § 260 Z. 3 AußStrG. zwingend vorgeschrieben. Die vom Amt der Oberösterreichischen Landesregierung unbekämpft gelassene "Angabe" der Weiterführung des Familiennamens R. ist darum durch die "Angabe" der Änderung des Geschlechtsnamens "A." in "M." zu ergänzen.

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